OGH 10ObS179/12i

OGH10ObS179/12i25.6.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Harald Kohlruss (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in den verbundenen Sozialrechtssachen der klagenden Partei M*****, vertreten durch Dr. Michael Brandauer, Rechtsanwalt in Feldkirch, gegen die beklagte Partei Vorarlberger Gebietskrankenkasse, 6850 Dornbirn, Jahngasse 4, vertreten durch Kaufmann Thurnher Rechtsanwälte GmbH in Dornbirn, wegen Feststellung und Kostenerstattung (Gesamtstreitwert 15.177,16 EUR sA), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. August 2012, GZ 25 Rs 96/12x‑61, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 15. Dezember 2011, GZ 35 Cgs 222/07z (35 Cgs 280/08f, 35 Cgs 31/09i)‑57, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen. Die Kosten der Rekursbeantwortung sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Die beklagte Vorarlberger Gebietskrankenkasse lehnte mit Bescheid vom 12. 9. 2007 den Antrag des Klägers vom 5. 9. 2007 auf Kostenübernahme einer Krankenbehandlung im Ausland mittels Formblatt E 112, und zwar einer Epikeratophakie (im Folgenden: „EPI“) im Keratokonus‑Center Bochum bei Dr. Jörg K*****, Facharzt für Augenheilkunde, ab.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger zur AZ 35 Cgs 222/07z beim Erstgericht rechtzeitig Klage mit dem Begehren, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihm „die Kosten der EPI am linken Auge in der Praxis und Klinik Dr. K***** in Bochum/Deutschland vom 20. 9. 2007 samt Folgekosten im Betrag von 5.878,32 EUR ... zu ersetzen bzw zu zahlen“.

Das Erstgericht wies diese Klage in Ermangelung eines mit dem Klagebegehren korrelierenden Bescheids wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.

Der Oberste Gerichtshof hob in Stattgebung des Revisionsrekurses des Klägers mit Beschluss vom 14. 10. 2008, 10 ObS 119/08k, SSV‑NF 22/67, die Beschlüsse der Vorinstanzen auf und verwies die Sozialrechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Der Oberste Gerichtshof führte im Wesentlichen aus, nach dem in Sozialrechtssachen geltenden Grundsatz der sukzessiven Kompetenz sei es dem Versicherten verwehrt, gegen einen Bescheid des Krankenversicherungsträgers, mit dem ein Antrag auf Krankenbehandlung im Ausland im Rahmen der Sachleistungsaushilfe abgewiesen worden sei, eine auf Kostenerstattung für die dem Versicherten für diese Behandlung entstandenen Auslagen gerichtete Klage einzubringen. Auch eine Klageänderung in diesem Sinne sei nicht zulässig. Das verfehlte Klagebegehren sei von den Vorinstanzen jedoch zurückgewiesen worden, ohne dem Kläger die Möglichkeit einer dem von ihm verfolgten Rechtsschutzziel entsprechenden Klagsführung durch Umformulierung des Klagebegehrens einzuräumen. Werde die vom Versicherten beantragte Genehmigung einer Krankenbehandlung im Ausland vom Versicherungsträger bescheidmäßig abgelehnt, stehe es dem Versicherten offen, auf der Grundlage dieses Bescheids klagsweise auf die ‑ und sei es nachträgliche ‑ Genehmigung der Behandlung durch das Gericht zu dringen oder das Begehren auf Genehmigung nicht weiter zu verfolgen und eine dahingehende Feststellungsklage zu erheben, dass die Voraussetzungen für eine Krankenbehandlung des Versicherten in einem anderen Mitgliedstaat gemäß Art 22 Abs 1 lit c Z i VO 1408/71 vorgelegen hätten.

Der Kläger modifizierte in der Folge in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 15. 1. 2009 sein Klagebegehren dahin, dass er nunmehr die Feststellung begehrt, dass im September 2007 die Voraussetzungen für seine Krankenbehandlung in einem anderen Mitgliedstaat (Deutschland) gemäß Art 22 Abs 1 lit c Z i VO 1408/71 vorgelegen hätten und die beklagte Partei die vom Kläger beantragte Sachleistungsaushilfe in Form einer notwendigen Behandlung (EPI zur Erhaltung der Hornhaut am linken Auge des Klägers) unberechtigt verweigert habe.

Mittlerweile hatte die beklagte Partei mit einem weiteren Bescheid vom 14. 10. 2008 einen neuerlichen Antrag des Klägers vom 15. 11. 2008 (richtig: 2007) auf Kostenübernahme einer Krankenbehandlung im Ausland in Form einer EPI in der Praxis und Klinik von Dr. Jörg K***** in Bochum mittels Formblatt E 112 sowie die Übernahme der Kosten für die beim Kläger am 28. 11. 2007 (neuerlich) durchgeführte EPI sowie für sämtliche damit im Zusammenhang stehenden und im Einzelnen näher angeführten Behandlungen, Heilbehelfe und Heilmittel, Reisekosten sowie Kosten für Unterkunft und Verpflegung abgelehnt. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vom Kläger rechtzeitig zur AZ 35 Cgs 280/08f beim Erstgericht eingebrachte und auf die Zahlung von 5.874,89 EUR sA an Kosten und Folgekosten der EPI am linken Auge in der Praxis und Klinik von Dr. K***** in Bochum für den Zeitraum vom 30. 11. 2007 bis 5. 2. 2008 gerichtete Klage.

Mit weiterem Bescheid vom 19. 1. 2009 lehnte die beklagte Partei die Übernahme der Kosten der beim Kläger am 19. 9. 2007 durchgeführten EPI sowie für sämtliche damit im Zusammenhang stehenden und im Einzelnen näher angeführten Behandlungen, Heilbehelfe und Heilmittel, Reisekosten sowie Kosten für Unterkunft und Verpflegung ab. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vom Kläger rechtzeitig zur AZ 35 Cgs 31/09i beim Erstgericht eingebrachte und auf die Zahlung von 5.702,32 EUR sA an Kosten und Folgekosten der EPI am linken Auge in der Praxis und Klinik von Dr. K***** in Bochum für den Zeitraum vom 19. 9. 2007 bis 24. 9. 2007 gerichtete Klage.

In der Tagsatzung am 20. 4. 2009 wurden die drei genannten Sozialrechtssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Der Kläger stützte sein Begehren in den genannten Verfahren im Wesentlichen darauf, dass er am linken Auge unter einem massiven Keratokonus (Grad III bis IV) leide, wobei ihm sein behandelnder Augenfacharzt empfohlen habe, sich beim Augenspezialisten Dr. K***** in Bochum einer operativen EPI zu unterziehen. Der Kläger habe daher mit Dr. K***** für 19. 9. 2007 einen Operationstermin vereinbart und mit Antrag vom 3. 9. 2007 bei der Beklagten die Genehmigung dieser Behandlung begehrt. Obgleich ihm die beklagte Partei die Genehmigung mit Bescheid vom 12. 9. 2007 versagt habe, habe er sich dennoch am 19. 9. 2007 der in Rede stehenden ambulanten Operation unterzogen, deren Nachbehandlung bis 24. 9. 2007 angedauert habe. Da es in der Folge zu einem Transplantatversagen gekommen sei, habe Dr. K***** am 28. 11. 2007 eine weitere, letztlich zum Erfolg führende Operation vorgenommen, hinsichtlich derer eine Nachbehandlung bis 5. 2. 2008 erforderlich gewesen sei. Bereits bei der Operation vom 19. 9. 2007 habe es sich um eine Notoperation bzw einen Notfall gehandelt, wobei die Durchführung der medizinisch dringend erforderlichen EPI in Österreich nicht möglich gewesen sei. In Österreich sei ein solches Leiden zur damaligen Zeit vielmehr mittels Hornhauttransplantation, also dem operativen Austausch der Eigen‑Hornhaut durch eine fremde Hornhaut, behandelt worden, während im Rahmen einer EPI auf die erhalten bleibende Eigen‑Hornhaut eine Spender‑Hornhaut aufgenäht werde. Die Behandlungsmethode der EPI sei in Österreich seit vielen Jahren nicht mehr gebräuchlich, von Dr. K***** aber mit großem Erfolg weiterentwickelt worden und in dieser weiterentwickelten Form bezüglich des spezifischen Leidens des Klägers die medizinisch einzig zweckmäßige, das Maß des Notwendigen nicht überschreitende und letztlich auch erfolgreiche Behandlungsart gewesen. Die tatsächlich gewählte Operation sei für den Kläger mit weit geringeren Risken und Nebenwirkungen sowie weit höheren Erfolgschancen verbunden gewesen als eine Hornhauttransplantation, wobei die Anwendung beider Methoden mit in etwa gleich hohen Kosten verbunden gewesen wäre. Die EPI habe beim Kläger sehr rasch zum Erfolg geführt, während eine Hornhauttransplantation einen vorübergehenden gänzlichen Verlust des Sehvermögens für ca ein Jahr, also eine höchst belastende lange Rekonvaleszenzphase mit ungewissem Ausgang, bedingt hätte und noch dazu nach fünf bis fünfzehn Jahren hätte wiederholt werden müssen. Weiters brachte der Kläger vor, bei der durchgeführten EPI handle es sich um eine Form der sogenannten „lamellären Keratoplastik“, welche zur fraglichen Zeit sowohl in Österreich als auch in Deutschland bereits gebräuchlich gewesen sei und inklusive der Kosten der hiefür erforderlichen Spender‑Hornhaut in beiden Ländern eine Kassenleistung gebildet habe. Die beklagte Partei wäre bei dieser Sachlage gemäß Art 22 Abs 1 lit c Z i VO 1408/71 verpflichtet gewesen, die beantragte Krankenbehandlung in Bochum zu genehmigen. Gemäß dieser Bestimmung und der in Art 49 EGV statuierten Dienstleistungsfreiheit sei der Kläger aber auch zur faktischen Inanspruchnahme dieser Behandlung berechtigt gewesen und die beklagte Partei sei dem Versicherten nach den einschlägigen Bestimmungen des ASVG für die gesamten für die Behandlung tatsächlich aufgewendeten Kosten, zumindest aber für jene Kosten, die sie einem Vertragspartner für die entsprechende Leistung zu bezahlen gehabt hätte, ersatzpflichtig.

Die beklagte Partei bestritt sämtliche Klagebegehren, beantragte die Abweisung dieser Begehren und wendete im Wesentlichen ein, dass das Leiden des Klägers in Österreich zeitgerecht und zweckmäßig durch eine Hornhauttransplantation hätte behandelt werden können, welche Operationsmethode 2007 beispielsweise an allen österreichischen Universitätskliniken angeboten worden sei. Die sogenannte EPI sei zwar in der Vergangenheit einige Jahre lang in Österreich praktiziert worden, aber in einem Maß mit Behandlungsmisserfolgen verbunden gewesen, dass man von dieser Methode, die deshalb seit ca 1995 auch nicht mehr dem Leistungskatalog der österreichischen Krankenversicherungsträger unterfalle, längst abgegangen sei. Die EPI bilde im Übrigen auch in der Bundesrepublik Deutschland keine Kassenleistung. Die im Fall des Klägers aus medizinischer Sicht indizierte Behandlungsmethode sei jene der Hornhauttransplantation gewesen. Bei dieser Sachlage hätten die Voraussetzungen für die Genehmigung der vom Kläger beantragten Behandlung bei Dr. K***** in Bochum nicht vorgelegen und es bestünde auch kein Anspruch auf Kostenerstattung. Ein dennoch bejahter Kostenerstattungsanspruch würde sich gemäß den einschlägigen Bestimmungen der Satzung der Beklagten zudem nur auf 50 EUR (anteilige Ambulanzgebühr bei ambulanter Behandlung) bis maximal 150 EUR (Pflegekostenzuschuss bei Anstaltspflege) pro Behandlungstag belaufen.

Richtig sei zwar, dass die sogenannte „lamelläre Keratoplastik“ und „perforierende Keratoplastik“ Kassenleistungen seien. Dabei handle es sich jedoch um von der EPI völlig verschiedene Operationsmethoden, weshalb etwa auch Dr. K***** im Jahr 2007 auf seiner Homepage ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass die Kosten einer EPI von den gesetzlichen Kassen nicht übernommen würden. Das Klagsvorbringen erweise sich im Übrigen insoweit als unschlüssig, als daraus nicht ersehen werden könne, welchen Behandlungen sich der Kläger nun tatsächlich unterzogen habe, zumal in den vorgelegten Honorarnoten von wiederholt durchgeführten EPI, nunmehr aber auch von einer „lamellären Keratoplastik“ die Rede sei. Ferner hätte sich der Kläger zur besagten Zeit in Österreich neben einer Hornhauttransplantation auch einer adäquaten Behandlung in Form eines ‑ ebenfalls eine Kassenleistung bildenden ‑ sogenannten „cross‑linkings“ unterziehen können. Er habe auch diese Behandlungsmethode nicht in Anspruch genommen, sich vielmehr für eine in Österreich wegen Erfolglosigkeit seit langem nicht mehr praktizierte, keine ausreichende und zweckmäßige Krankenbehandlung darstellende Operationsform entschieden, deren Kosten daher nicht von der Versichertengemeinschaft zu tragen seien.

Das Erstgericht wies alle vom Kläger in den drei verbundenen Verfahren erhobenen Klagebegehren ab.

Es stellte im Wesentlichen fest, dass die „erste EPI“ beim Kläger von Dr. K***** einwandfrei ausgeführt wurde. Es handelte sich um keine Notoperation. Das primäre Behandlungsziel, nämlich „das Verbleiben der fremden Hornhaut, um den Keratokonus niederzudrücken“, wurde aber nicht erreicht, weshalb eine weitere Operation notwendig wurde.

In Österreich wird die EPI nicht mehr durchgeführt. Die Behandlung des Keratokonus erfolgt in österreichischen Krankenhäusern durch Transplantation einer Spender‑Hornhaut. Im Unterschied zur EPI wird dabei die eigene Hornhaut des Patienten zuvor entfernt. Patienten mit Keratokonus im Stadium II‑IV erhalten in österreichischen Kliniken eine Behandlung durch Hornhauttransplantation.

B***** bzw die Gemeinschaftspraxis B*****/Dr. Jörg K***** sind laut Auskunft der AOK Westfalen‑Lippe Vertragsärzte der gesetzlichen (deutschen) Krankenversicherung. Laut Auskunft der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung‑Ausland sowie der AOK Westfalen‑Lippe handelt es sich bei der EPI um eine Behandlung, für die deutsche gesetzliche Krankenkassen grundsätzlich keine Kosten übernehmen.

Dem Kläger entstanden durch die erste EPI näher bezeichnete Behandlungskosten sowie sonstige Kosten in Höhe von insgesamt 5.702,32 EUR. Wegen eines Transplantatversagens musste die ambulante Operation bei Dr. K***** in Bochum am 28. 11. 2007 wiederholt werden. Dem Kläger entstanden dadurch weitere näher bezeichnete Behandlungs‑ und sonstige (Folge‑)Kosten in Höhe von insgesamt 5.874,89 EUR.

In rechtlicher Hinsicht gelangte das Erstgericht zu dem Ergebnis, der Kläger habe selbst bei Zutreffen seines Rechtsstandpunkts, wonach die Ablehnung der Genehmigung seiner Behandlung in Bochum durch die beklagte Partei unberechtigt gewesen sei, keinen Anspruch auf Kostenerstattung, weil die Kosten für den bei ihm vorgenommenen Eingriff nach Auskunft des ausländischen Versicherungsträgers von diesem nicht übernommen werden. Sollte der Kläger nunmehr der Ansicht sein, dass Dr. K***** keine EPI, sondern eine „lamelläre Keratoplastik“ durchgeführt habe, so sei eine derartige Operation bisher noch nicht Gegenstand eines Bescheids der Beklagten gewesen und dem Versicherten hinsichtlich darauf bezogener Ansprüche der Rechtsweg verschlossen. Das Feststellungsbegehren sei abzuweisen, weil der Kläger bereits ein Leistungsbegehren erhoben habe.

Das Berufungsgericht verwarf die Nichtigkeitsberufung des Klägers, gab der Berufung aber im Übrigen Folge, hob das Ersturteil auf und verwies die verbundenen Sozialrechtssachen zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es verneinte die geltend gemachte Nichtigkeit des Verfahrens, erachtete aber das erstinstanzliche Verfahren im Hinblick auf die vom Erstgericht unterlassene Einvernahme der beiden vom Kläger zur Frage der Erstattungsfähigkeit einer EPI in der deutschen Krankenversicherung beantragten Zeugen für mangelhaft. Es vertrat weiters die Rechtsansicht, dass bei einer Konstellation wie der vorliegenden sowohl das Feststellungs‑ als auch beide Leistungsbegehren nebeneinander bestehen und verfolgt werden könnten, da die unterschiedlichen Klagebegehren auf strikt zu trennenden unterschiedlichen tatsächlichen Gegebenheiten und Anspruchsgrundlagen sowie unterschiedlichen Bescheiden beruhten. Im Rahmen der Kostenerstattung komme ein Ersatz der Kosten der ambulanten Krankenbehandlungen des Klägers im Ausland nach der Bestimmung des § 131 Abs 1 ASVG in Betracht. Eine Beurteilung der Berechtigung des Feststellungs‑ bzw beider Leistungsbegehren sei aber schon deshalb noch nicht möglich, weil sowohl aus den vom Kläger erstatteten Prozessbehauptungen und Sachanträgen als auch aus den vom Erstgericht bisher getroffenen Feststellungen nicht einmal hinreichend deutlich und schlüssig hervorgehe, wie viele und welcher Art Augenoperationen sich der Kläger ab 19. 9. 2007 in Bochum überhaupt unterzogen und welche konkreten Anträge der Kläger darauf bezogen zu welchen Zeitpunkten im Versicherungsverfahren gestellt habe bzw auf welche Antragsinhalte sich die drei in Rede stehenden Bescheide jeweils bezogen haben.

Das Erstgericht sei auch auf das entscheidungswesentliche Prozessvorbringen des Klägers, wonach es sich bei den bei ihm vorgenommenen Eingriffen um die nach der besonderen Lage des Falls aus medizinischer Sicht einzig zweckmäßige Behandlung gehandelt habe und diese Behandlungsmethode erheblich schonender und erfolgversprechender als die im Jahr 2007 in Österreich gebräuchliche Methode der Hornhauttransplantation gewesen sei, ebensowenig eingegangen wie auf das Argument der Beklagten, wonach 2007 bereits eine adäquate und schonende Behandlung des Leidens des Klägers mittels eines behauptetermaßen schon damals eine Kassenleistung bildenden sogenannten „cross‑linkings“ möglich gewesen wäre. Es habe auch eine Auseinandersetzung mit der Prozessbehauptung des Klägers, wonach es sich bei den bei ihm konkret angewendeten und von ihm als EPI bezeichneten Operationsmethoden um bloße Unterformen der sogenannten „lamellären Keratoplastik“ ‑ einer schon damals in Österreich und der Bundesrepublik Deutschland gebräuchlichen und in beiden Staaten eine Kassenleistung bildenden Behandlungsart ‑ gehandelt habe, bisher noch nicht einmal ansatzweise stattgefunden. Der vom Erstgericht gezogene Schluss, wonach eine „lamelläre Keratoplastik“ nie Gegenstand der den verbundenen Verfahren zu Grunde liegenden Bescheide gewesen sei und daher hinsichtlich der Ansprüche aus einer solchen Behandlung der Rechtsweg nicht zulässig sei, sei unzutreffend, zumal die beklagte Partei sowohl die damalige Gebräuchlichkeit der besagten Methode in Österreich und Deutschland ausdrücklich außer Streit gestellt und lediglich eine Vergleichbarkeit dieser Methode mit der beim Kläger zum Einsatz gekommenen Methode bestritten habe. Die verbundenen Sozialrechtssachen erwiesen sich daher in mehrfacher Hinsicht als noch nicht spruchreif.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs gegen seinen Aufhebungsbeschluss zulässig sei, weil sich der Oberste Gerichtshof mit einer Konstellation wie der gegenständlichen, nämlich der zeitgleichen Geltendmachung einer auf Art 22 Abs 1 lit c VO 1408/71 gestützten Feststellungsklage und zumindest eines damit korrelierenden Kostenerstattungsbegehrens und der damit verbundenen Frage, ob das Kostenerstattungsbegehren die Feststellungsklage ausschließe, bisher noch nicht befasst habe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteils. Hilfsweise wird die Abänderung dahin beantragt, dass die Abweisung der Klagebegehren in den Verfahren 35 Cgs 222/07z und 35 Cgs 31/09i durch das Erstgericht wiederhergestellt und lediglich das Verfahren 35 Cgs 280/08f an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werde.

Der Kläger beantragt in seiner Rekursbeantwortung, den Rekurs der Beklagten als unzulässig zurückzuweisen bzw ihm keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, im Ergebnis aber nicht berechtigt.

Die beklagte Partei macht im Wesentlichen geltend, das Kostenerstattungsbegehren des Klägers für den Zeitraum vom 19. 9. 2007 bis 24. 9. 2007 im Verfahren 35 Cgs 31/09i schließe entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts die Feststellungsklage im Verfahren 35 Cgs 222/07z aus, da nach ständiger Rechtsprechung die Feststellungsklage immer dann unzulässig sei, wenn eine Leistungsklage erhoben werden könne. Diese Grundsätze seien auch in sozialgerichtlichen Verfahren anzuwenden. Im vorliegenden Fall habe der Kläger für den identen Sachverhalt, nämlich die Behandlung in der Praxis von Dr. K***** im September 2007 sowohl ein Feststellungs‑ als auch ein Leistungsbegehren geltend gemacht, weshalb jedenfalls das Feststellungsbegehren endgültig abzuweisen sei.

Weiters macht die beklagte Partei eine unrichtige Abgrenzung von Tat‑ und Rechtsfragen durch die Vorinstanzen geltend. Diese seien hinsichtlich der entscheidungswesentlichen Frage, ob die gegenständliche Behandlungsmethode der EPI in Deutschland von den gesetzlichen Sozialversicherungsträgern bezahlt werde, der Ansicht, dass diese als Tatsachenfrage in einem Beweisverfahren geklärt werden müsse. Tatsächlich handle es sich bei dieser Frage jedoch um eine Rechtsfrage, die nach dem deutschen SGB V (insbesondere §§ 12 ff und 27 ff SGB V) zu beantworten sei. Es handle sich dabei somit um die Ermittlung ausländischen Rechts, welche grundsätzlich von Amts wegen zu erfolgen habe. Da die EPI in Deutschland von den gesetzlichen Krankenversicherungsträgern nicht zu erstatten sei, habe der Kläger schon deshalb keinen Anspruch auf Leistungen gemäß Art 22 VO 1408/71 , weshalb das Klagebegehren insgesamt nicht berechtigt sei.

Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:

A) Anzuwendende Rechtslage:

1. Zur anzuwendenden Rechtslage hat bereits das Berufungsgericht zutreffend festgehalten, dass die mittlerweile in Geltung stehende VO (EG) Nr 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. 4. 2004 zur Koordinierung der Systeme der Sozialen Sicherheit erst mit 1. 5. 2010 in Geltung getreten ist und die VO (EWG) 1408/71 („Wanderarbeiter‑VO“) abgelöst hat. Die VO (EG) 883/2004 begründet gemäß ihrem Art 87 Abs 1 für den Zeitraum vor ihrer Geltung keine Ansprüche, sodass vor dem 1. 5. 2010 liegende Ereignisse, die im Zeitpunkt des Geltungsbeginns der VO (EG) 883/2004 bereits abgeschlossen waren, von dieser Verordnung nicht erfasst werden. Auf solche Ereignisse gelangt weiterhin die VO (EWG) 1408/71 (im Folgenden: VO 1408/71 ) zur Anwendung, was auch auf die verfahrensgegenständlichen Ansprüche, welche auf in den Jahren 2007 und 2008 verwirklichten Sachverhalten beruhen, zutrifft (vgl 10 ObS 166/10z, SSV‑NF 25/12 mwN).

B) Zum Kostenerstattungsbegehren (Verfahren 35 Cgs 280/08f und 35 Cgs 31/09i):

1. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in seinem im ersten Rechtsgang gefassten Aufhebungsbeschluss vom 14. 10. 2008, 10 ObS 119/08k, SSV‑NF 22/67, DRdA 2010/22, 295 [ M. Binder ], dargelegt hat, gibt es für die gezielte grenzüberschreitende Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen in einem anderen EU‑Mitgliedstaat zwei Wege, nämlich die Sachleistungsaushilfe gemäß Art 22 Abs 1 VO 1408/71 und die Kostenerstattung einer Behandlung im Ausland wegen fehlender Vertragsbeziehungen im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit (Art 49 EGV ‑ nunmehr Art 56 AEUV):

1.1 Nach Art 22 Abs 1 lit c VO 1408/71 hat ein Versicherter, der vom zuständigen Träger die Genehmigung erhalten hat, sich in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates zu begeben, um dort eine seinem Zustand angemessene Behandlung zu erhalten, Anspruch auf Sachleistungen, die der Träger des Aufenthalts‑ oder Wohnorts nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften für Rechnung des zuständigen Trägers gewährt. Die Dauer der Leistungsgewährung richtet sich jedoch nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates. Die erforderliche Genehmigung darf gemäß Art 22 Abs 2 VO 1408/71 nicht verweigert werden, wenn die betreffende Behandlung zu den Leistungen gehört, die nach dem Recht des Wohnsitzstaates vorgesehen sind, und wenn der Betreffende in Anbetracht seines Gesundheitszustands und des voraussichtlichen Verlaufs der Krankheit die Behandlung nicht innerhalb des im Wohnsitzstaat üblichen Zeitraums erhalten kann.

1.2 Art 22 Abs 1 lit c VO 1408/71 gewährt also dem Versicherten einen Anspruch auf jene Sachleistung, die der Versicherungsträger des Aufenthaltsorts nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften für Rechnung des zuständigen Trägers gewährt (sogenannte aushelfende Sachleistungserbringung).

1.3 Nach Art 22 Abs 1 und 3 der VO (EWG) 574/72 (Durchführungsverordnung) hat ein Versicherter auch für den Bezug von Sachleistungen nach Art 22 Abs 1 lit c Z i VO 1408/71 dem Träger des Aufenthalts‑ oder Wohnorts eine Bescheinigung darüber vorzulegen, dass er zum Weiterbezug dieser Leistungen berechtigt ist. Der zuständige Träger stellt diese Bescheinigung aus und gibt darin gegebenenfalls insbesondere die Höchstdauer an, für die die Sachleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates noch gewährt werden dürfen. Die Bescheinigung kann auch nach der Abreise der betreffenden Person auf deren Antrag ausgestellt werden, wenn ihre vorherige Ausstellung aus Gründen höherer Gewalt nicht möglich war. Der Vordruck E 112 stellt die für die Anwendung von Art 22 Abs 1 lit c Z i VO 1408/71 erforderliche Bescheinigung dar.

1.4 Aus Art 22 Abs 1 lit c VO 1408/71 ergibt sich somit, dass einem Versicherten, dem eine Genehmigung (durch Ausstellung des Vordrucks E 112) erteilt wurde, grundsätzlich Sachleistungen für Rechnung des zuständigen Sozialversicherungsträgers vom Träger des Aufenthaltsorts nach den Rechtsvorschriften des Staates der Leistungserbringung so zu gewähren sind, als ob er dort versichert wäre. Er hat damit Anspruch auf die gleiche Behandlung wie Personen, die dem nationalen System der Sozialen Sicherheit des Aufenthalts‑ oder Wohnorts angeschlossen sind. Demnach sind die nach den Rechtsvorschriften des behandelnden Mitgliedstaates geltenden Modalitäten der Kostenübernahme anzuwenden und hat der zuständige Träger später dem Träger des Aufenthaltsorts unter den in Art 36 VO 1408/71 vorgesehenen Voraussetzungen dessen Aufwendungen zu ersetzen.

1.5 Nach Art 36 Abs 1 VO 1408/71 sind die Aufwendungen für solche Sachleistungen in voller Höhe zu erstatten. Diese Erstattungen werden nach Maßgabe der Durchführungsverordnung 574/72 gemäß Art 98 entweder gegen Nachweis der tatsächlichen Aufwendungen oder unter Zugrundelegung von Pauschalbeträgen festgestellt und vorgenommen (Art 36 Abs 2 VO 1408/71 ).

1.6 Daraus folgt, dass der Versicherte eines Wohnsitzmitgliedstaates nur dann von einer direkten Kostenbelastung befreit ist, wenn ihm vom zuständigen Wohnsitz‑Sozialversicherungsträger mittels Vordruck E 112 die Genehmigung zur Vornahme einer Krankenbehandlung in einem anderen Mitgliedstaat erteilt wurde und im vorgesehenen Behandlungsstaat die Krankenbehandlung als Sachleistung zu erbringen hat. Bei diesem System der Sachleistungsaushilfe gemäß Art 22 Abs 1 VO 1408/71 wird der Versicherte weitergehend als bei der Kostenerstattung in das Krankenversicherungssystem des Aufenthaltslandes integriert und diese Integration auch durch zahlreiche Gebote der Kostenerstattung und Zusammenarbeit zwischen den Trägern der unterschiedlichen Mitgliedstaaten garantiert. Der Versicherte braucht in diesem Fall keine Zahlung vorzustrecken und Kostenerstattung zu beantragen, wenn dies im Aufenthaltsland nicht üblich ist (vgl Bieback in Fuchs , Europäisches Sozialrecht 4 Art 22 VO 1408/71 Rz 60).

1.7 Von der Sachleistungsaushilfe nach Art 22 Abs 1 VO 1408/71 zu unterscheiden ist das System der schlichten Kostenerstattung einer Behandlung im Ausland wegen fehlender Vertragsbeziehungen im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit (Art 49 EGV). So berechtigt Art 49 EGV alle Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten aufgrund der Tatsache, dass sie in der Gemeinschaft niedergelassen sind, die Erstattung der in einem anderen Mitgliedstaat entstandenen Kosten ärztlicher Behandlung nach den Tarifen des Versicherungsstaates zu verlangen, auch wenn sie nicht über eine Genehmigung verfügen. Es können daher die Versicherten wählen, ob sie auf das in Art 22 Abs 1 lit c VO 1408/71 geregelte Verfahren zurückgreifen oder sich innerhalb der durch die Rechtsprechung des EuGH gesetzten Grenzen auf Art 49 EGV berufen (vgl Schlussanträge des Generalanwalts Colomer vom 21. 1. 2003, C‑56/01, Inizan , Rn 30 f mwN). Zu einer Direktverrechnung iSd Art 36 VO 1408/71 kann es daher nur bei einem Anspruch auf Sachleistungsaushilfe kommen (vgl Binder , Krankenbehandlung im Ausland, DRdA 2001, 383 ff und 518 ff [518 f] mwN).

1.8 Nach der Rechtsprechung des EuGH steht Art 22 Abs 1 lit c Z i VO 1408/71 im Einklang mit den Art 49 und 50 EGV über den freien Dienstleistungsverkehr, da er dadurch, dass er für die Sozialversicherten, die unter die Rechtsstellung eines Mitgliedstaates fallen und mit einer Genehmigung versehen sind, einen Zugang zur Behandlung in den anderen Mitgliedstaaten unter Voraussetzungen der Kostenübernahme garantiert, die ebenso günstig sind wie für die unter die Rechtsvorschriften der letztgenannten Staaten fallenden Sozialversicherten, dazu beiträgt, die Freizügigkeit der Sozialversicherten zu fördern und die Erbringung von grenzüberschreitenden medizinischen Dienstleistungen zu erleichtern (vgl EuGH C‑56/01 Inizan Rn 21 ff).

2. Neben diesen vom Obersten Gerichtshof bereits im Aufhebungsbeschluss vom 14. 10. 2008, 10 ObS 119/08k, SSV‑NF 22/67, DRdA 2010/22, 295 [ M. Binder ], dargelegten Erwägungen sind im vorliegenden Fall noch folgende weitere Grundsätze zu berücksichtigen:

2.1 Ein Anspruch auf eine Genehmigung von Gesundheitsdienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat nach Art 22 Abs 1 lit c Z i und Abs 2 VO 1408/71 wird somit nur für den Fall gewährt, dass zwei Voraussetzungen erfüllt sind:

2.1.1 Die erste Voraussetzung für einen Anspruch auf eine Genehmigung ist, dass die in dem anderen Mitgliedstaat nachgefragte Leistung zu den Leistungen gehört, auf die der Versicherte in seinem Wohnsitzstaat Anspruch hat. Die in einem anderen Mitgliedstaat angestrebte Behandlung muss daher im Leistungskatalog des Wohnsitzstaates enthalten sein. Für den Fall, dass eine vom Versicherten angestrebte Leistung im Wohnsitzstaat nicht vorgesehen ist, enthält die VO 1408/71 keine Koordinierungsvorschrift. Diese Voraussetzung ist sachgemäß, da das soziale Sicherungsniveau der einzelnen Marktbürger jeweils von dem sozialen Sicherungssystem abhängt, in dem sie Mitglied sind. Dieses Sicherungsniveau soll nicht dadurch erhöht werden können, dass die Leistungen in einem anderen Mitgliedstaat beschafft werden.

2.1.2 Die zweite Voraussetzung für einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung liegt darin, dass der Versicherte die Leistung in seinem Wohnsitzstaat unter Berücksichtigung seiner Erkrankung nicht in der normalerweise erforderlichen Zeit erhalten kann (vgl Windisch‑Graetz , Europäisches Krankenversicherungsrecht [2003] 241 ff mwN). Daraus folgt, dass diese Voraussetzung immer dann nicht erfüllt ist, wenn sich ergibt, dass die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame Behandlung rechtzeitig im Wohnsitzmitgliedstaat erlangt werden kann (EuGH C‑56/01, Inizan , Rn 45 mwN).

2.2 In dieser zuletzt zitierten Entscheidung hat der EuGH auch allgemeine Anforderungen an das Verfahren der vorherigen behördlichen Genehmigung aufgestellt, das die Mitgliedstaaten nach Art 22 Abs 1 lit c Z i und Abs 2 der VO 1408/71 einzuhalten haben. Es muss sich insbesondere auf eine leicht zugängliche Verfahrensregelung stützen und geeignet sein, den Betroffenen zu garantieren, dass ihr Antrag innerhalb angemessener Frist sowie objektiv und unparteiisch behandelt wird, wobei eine Versagung der Genehmigung im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens anfechtbar sein muss. Daraus folgt unter anderem, dass Ablehnungen einer Genehmigung oder Gutachten, auf die diese Ablehnungen gegebenenfalls gestützt sind, die spezifischen Vorschriften bezeichnen müssen, auf denen sie beruhen und in Bezug auf diese ordnungsgemäß begründet sein müssen. Auch müssen die Gerichte, bei denen eine Klage gegen derartig ablehnende Entscheidungen anhängig ist, unabhängige Sachverständige, die alle Garantien für Objektivität und Unparteilichkeit bieten, hinzuziehen können, wenn sie dies für die Ausübung der ihnen obliegenden Kontrolle für erforderlich halten.

2.3 Da das Verfahren der Genehmigung in Österreich den verfahrensrechtlichen Bestimmungen des ASVG (§§ 357 ff ASVG) und dem allgemeinen Verfahrensrecht (AVG) sowie der sukzessiven Zuständigkeit der Arbeits‑ und Sozialgerichte nach dem ASGG unterliegt, sind diese Anforderungen eingehalten (vgl Bieback in Fuchs , Europäisches Sozialrecht 4 Art 22 VO 1408/71 Rz 19a zur vergleichbaren deutschen Rechtslage). Es besteht daher für den erkennenden Senat kein Anlass zu der vom Kläger in seiner Rekursbeantwortung in diesem Zusammenhang angeregten Einholung einer Vorabentscheidung durch den EuGH.

2.4 Will daher ein Versicherter in einem anderen als seinem Wohnsitzstaat eine medizinische Behandlung in Anspruch nehmen, hat er zunächst um Genehmigung bei seinem zuständigen Träger anzusuchen. Die einzuhaltenden Verfahrensvorschriften richten sich hiebei nach dem nationalen Recht des zuständigen Staates. Der Versicherte hat sich dann mit dem Vordruck E 112 zum aushelfenden Träger zu begeben, womit er diesem nachweist, dass er zum Bezug der Leistungen berechtigt ist ( Windisch‑Graetz , Europäisches Krankenversicherungsrecht 249). Der aushelfende Träger hat in der Folge den in einem anderen Mitgliedstaat Versicherten wie einen eigenen Versicherten zu behandeln. Der Versicherte wird somit in das dortige Behandlungssystem integriert (= aushelfende Sachleistungserbringung). Für die Definition des Leistungsfalls (Krankheit), die Art und Weise und den Umfang der Leistungen ist dabei das Leistungsrecht des aushelfenden Trägers maßgeblich. Es müssen auch die nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates, in dem die Behandlung erfolgt, geltenden Modalitäten der Kostenübernahme angewandt werden und der zuständige Versicherungsträger hat dem Träger des Aufenthaltsortes unter den in Art 36 der VO 1408/71 vorgesehenen Voraussetzungen seine Aufwendungen zu ersetzen.

2.5 Wurde ein Genehmigungsantrag, den ein Versicherter gemäß Art 22 Abs 1 lit c VO 1408/71 gestellt hat, durch den zuständigen österreichischen Krankenversicherungsträger abgelehnt, hat der Versicherte nach der bereits im Aufhebungsbeschluss vom 14. 10. 2008, 10 ObS 119/08k, SSV‑NF 22/67, DRdA 2010/22, 295 [ M. Binder ], dargestellten Rechtslage die Möglichkeit, gegen den ablehnenden Bescheid des Krankenversicherungsträgers Klage beim Arbeits‑ und Sozialgericht zu erheben. Die Klage wird in der Regel auf die Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung einer bestimmten Krankenbehandlung in einem anderen Mitgliedstaat gerichtet sein. Eine solche Genehmigung kann vom Gericht aber insbesondere in einem ‑ vom Kläger geltend gemachten ‑ Notfall auch nachträglich erteilt werden. Eine Genehmigung des Sachleistungsanspruchs auf Krankenbehandlung im ausländischen Mitgliedstaat verbunden mit der Ausstellung des Formulars E 112 wird aber dann nicht mehr zielführend sein, wenn die vorgesehene Behandlung im ausländischen Mitgliedstaat bereits erfolgt ist. Ab diesem Zeitpunkt tritt an die Stelle der Bescheinigung E 112 das Surrogat der Kostenerstattung (vgl M. Binder in seiner Entscheidungsbesprechung in DRdA 2010/22, 300 ff [301]).

2.6 Wurde daher ein Genehmigungsantrag, den ein Versicherter gemäß Art 22 Abs 1 lit c VO 1408/71 gestellt hat, durch den zuständigen Träger abgelehnt und wird die Unbegründetheit dieser Ablehnung später entweder vom zuständigen Träger selbst oder durch gerichtliche Entscheidung festgestellt, so hat der Betroffene einen unmittelbaren Anspruch gegen den zuständigen Träger auf eine Erstattung der Kosten in der Höhe, wie sie zu tragen gewesen wären, wenn die Genehmigung ordnungsgemäß erteilt worden wäre. Damit sind lediglich jene Kosten iSd Art 36 VO 1408/71 zu erstatten, die der aushelfende Träger bei Erbringung einer Sachleistung aufzuwenden gehabt hätte und die vom zuständigen Träger daher zu erstatten gewesen wären (vgl 10 ObS 137/04a, ZAS 2005/37, 224 [zust Wolligger ] mwN). Die in der Literatur teilweise aus rechtspolitischen Motiven vertretene Ansicht, der Versicherungsträger wäre im Falle einer ungerechtfertigten Verweigerung der Genehmigung dazu zu verpflichten, die Versicherten so zu stellen, wie sie im Fall einer erteilten Genehmigung gestanden wären, sodass für den Fall einer vereitelten Sachleistungserbringung, wo den Versicherten keinerlei Zahlungspflichten getroffen hätten, vom Versicherungsträger alle Kosten zu ersetzen seien, die den Versicherten entstanden sind, steht mit der Judikatur des EuGH, wonach der Versicherungsträger auch im Fall ungerechtfertigter Verweigerung nicht mehr zu leisten hat, als er im Sachleistungsfall gewähren hätte müssen, nicht im Einklang (vgl EuGH C‑368/98, Vanbraekel, Rn 56; Wolligger in ihrer Entscheidungsbesprechung in ZAS 2005/37, 227 ff [228 f] mwN).

2.7 Hat jedoch ein Versicherter in dem zuständigen Mitgliedstaat Anspruch auf einen Betrag, der höher ist als der Betrag, auf den er in dem Mitgliedstaat der Behandlung Anspruch hätte, so hat der Versicherte im Hinblick auf die Dienstleistungsfreiheit Anspruch auf eine ergänzende Erstattung gemäß dem Unterschied zwischen den Beteiligungsregelungen beider Mitgliedstaaten (vgl EuGH C‑368/98, Vanbraekel, Rn 34 und 53 ua; 10 ObS 137/04a, ZAS 2005/37, 224 [ Wolligger ]; Bieback in Fuchs , Europäisches Sozialrecht 4 Art 22 VO 1408/71 Rz 28). Ist ein Versicherter im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit berechtigt, Auslandsleistungen in Anspruch zu nehmen, darf er nicht durch geringere Kostenersätze davon abgehalten werden, von dieser Grundfreiheit Gebrauch zu machen. Aus Art 49 EGV (nunmehr Art 56 AEUV) folgt deshalb ein Anspruch des Versicherten auf die Erstattungssätze des Staates der Versicherung, wenn diese höher sind als diejenigen des ausländischen Mitgliedstaates der Behandlung.

3. Von der Sachleistungsaushilfe nach Art 22 Abs 1 VO 1408/71 zu unterscheiden ist das System der Kostenerstattung einer Behandlung im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit (Art 49 EGV, nunmehr Art 56 AEUV). Es besteht daher direkt aus der Dienstleistungsfreiheit ein Recht auf grenzüberschreitende Leistungsbeanspruchung nach dem Recht des zuständigen Versicherungsträgers und ‑ wird dieses Recht nicht gewährt ‑ auf Erstattung der Kosten der Leistungsbeanspruchung im ausländischen Mitgliedstaat in Höhe der Sätze, die der zuständige Versicherungsträger nach dem für ihn geltenden Recht zu zahlen gehabt hätte (vgl Bieback in Fuchs , Europäisches Sozialrecht 4 Art 22 VO 1408/71 Rz 2 mwN). Es kann somit durch die Dienstleistungsfreiheit nach Art 56 AEUV zwar ein im innerstaatlichen Krankenversicherungsrecht entstandener Anspruch mit Hilfe von Leistungserbringern in einem anderen Mitgliedstaat realisiert werden, die sonstigen Voraussetzungen für diesen Anspruch und seine Begrenzungen, insbesondere auch in Form von Selbstbeteiligungen sind aber nach dem jeweils nationalen Recht zu beurteilen (vgl Pfeil in seiner Entscheidungsbesprechung in DRdA 2011/13, 129 [135] mwN). Es bleibt daher auch in diesem Fall die Kostenerstattung auf jene Leistungen beschränkt, die auch auf dem inländischen Behandlungsmarkt erstattungsfähig sind, und es sind auch höchstens die im Inland zu vergütenden Kosten erstattungsfähig, sodass dem zuständigen Versicherungsträger auch in diesem Fall grundsätzlich keine zusätzlichen Kosten erwachsen können. Eine Verpflichtung zur Übernahme der gesamten im ausländischen Mitgliedstaat entstandenen Kosten leitet der EuGH auch aus der Dienstleistungsfreiheit nicht ab. Lässt sich somit ein Versicherter ohne Genehmigung in einem anderen Mitgliedstaat medizinisch behandeln, so tut er dies mit dem Risiko einer allenfalls erheblichen finanziellen Eigenbelastung (10 ObS 49/12x mwN ua).

3.2 Voraussetzung für ein Recht auf grenzüberschreitende Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen zu Lasten der eigenen Versicherung ist somit stets, dass die Voraussetzungen für die Gewährung dieser Leistungen nach dem nationalen Recht der Sozialen Sicherheit vorliegen. Dies gilt vor allem für die Erfüllung des Versichertenstatus, die Beschreibung des Leistungstypus und den Umfang der Leistung. Es ist nämlich allein Sache der Mitgliedstaaten, den Umfang des Krankenversicherungsschutzes für die Versicherten zu bestimmen, die deshalb, wenn sie sich ohne vorige Genehmigung zur Versorgung in einem anderen Mitgliedstaat als den der Niederlassung ihrer Krankenkasse begeben, die Übernahme der Kosten für ihre Versorgung nur insoweit verlangen können, als das Krankenversicherungssystem des Mitgliedstaates der Versicherungszugehörigkeit eine Deckung garantiert (vgl EuGH C‑385/99, Müller‑Faure und van Riet , Rn 98).

4. Bei Anwendung der dargelegten Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich somit vorrangig die Notwendigkeit der Klärung der Frage, welche konkreten operativen Eingriffe im Rahmen der medizinischen Behandlung des Klägers in Bochum tatsächlich stattgefunden haben und ob diese medizinische Behandlung zu den Leistungen gehört, für die das österreichische Sozialversicherungssystem eine Kostenübernahme vorsieht. Es kann nämlich, wie bereits dargelegt, der zuständige Mitgliedstaat durch das Ausweichen eines Versicherten auf eine Auslandsbehandlung nicht dazu gezwungen werden, sein Leistungsangebot nur wegen der Leistungsbesorgung im Ausland zu erweitern (vgl EuGH C‑173/09, Elchinov , Rn 58 f mwN). Dabei wird insbesondere auch zum Vorbringen des Klägers, wonach es sich bei der bei ihm konkret angewendeten und von ihm als „EPI“ bezeichneten Operationsmethode aus fachmedizinischer Sicht um eine bloße Unterform der sogenannten „lamellären Keratoplastik“, einer schon damals in Österreich und Deutschland gebräuchlichen und in beiden Ländern eine Kassenleistung bildenden Behandlungsart gehandelt habe, inhaltlich Stellung zu nehmen sein.

4.1 Auch für Auslandsbehandlungen gilt der Maßstab des § 133 Abs 2 ASVG. Auch die Auslandsbehandlung muss daher ausreichend und zweckmäßig sein, darf jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Stehen Behandlungsalternativen im Raum, wie im konkreten Fall eine Hornhauttransplantation oder ein sogenanntes „cross‑linking“, sind diese ebenfalls an den genannten Kriterien des § 133 Abs 2 ASVG zu messen. Es wird diesbezüglich vor allem auf die Patientenbetroffenheit mit Blick auf die Schwere des Eingriffs in die Menschenwürde (§ 16 ABGB) abgestellt. Hiezu kommen die Erfolgschancen und die Nachhaltigkeit der Heilbehandlung, wobei die Art der Gesundheitsfestigung, die Vermeidung weiterer Operationen und beeinträchtigender Nebenwirkungen sowie die Dauer anhaltenden Wohlbefindens den Ausschlag geben. Nicht zuletzt wird auch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise angelegt, wenn es etwa um den Einsatz von Außenseitermethoden geht. Hiebei werden vor allem die Kosten, Dauer und Intensität der Heilbehandlung sowie eine allenfalls notwendige Wiederholung von ärztlichen Eingriffen eine Rolle spielen. Ob unter Anlegung dieser Gesichtspunkte das vom Kläger angestrebte Verfahren der Hornhauterhaltung mittels „EPI“ gegenüber der in Österreich empfohlenen Hornhauttransplantation oder eines ‑ ebenfalls eine Kassenleistung bildenden ‑ sogenannten „cross‑linkings“ derart gewichtige Vorteile bildet, dass im konkreten Fall bloß die erstgenannte Behandlung als „angemessene Behandlung“ iSd § 133 Abs 2 ASVG qualifiziert werden kann, lässt sich aufgrund der dazu fehlenden Feststellungen derzeit noch nicht beurteilen (vgl in diesem Sinne auch M. Binder in seiner Entscheidungsbesprechung in DRdA 2010/22, 295 [302 f] mwN).

4.2 Sollte die vom Kläger angestrebte Behandlungsmethode („EPI“) dem Leistungskatalog des beklagten österreichischen Krankenversicherungsträgers zuzurechnen sein, wird für einen Anspruch des Klägers auf Sachleistungsaushilfe bzw Kostenerstattung nach Art 22 VO 1408/71 zu erheben sein, ob diese Behandlung dem Kläger in Österreich nicht oder jedenfalls nicht in einem „medizinisch vertretbaren Zeitraum“ gewährt wird, wobei auf den Gesundheitszustand und den voraussichtlichen Verlauf der Krankheit Bedacht zu nehmen ist (vgl M. Binder aaO 302 mwN). Wenn auch diese Voraussetzung erfüllt ist, hätte dem Kläger die Genehmigung zur Behandlung in Bochum nach Art 22 Abs 1 lit c Z i und Abs 2 VO 1408/71 nicht verweigert werden dürfen. Der Kläger hätte in diesem Fall Anspruch auf „aushelfende Sachleistungserbringung“ durch den Träger des Aufenthalts‑(und Behandlungs‑)ortes gehabt. Für den Umfang der Leistungen ist dabei das Leistungsrecht des aushelfenden Trägers maßgeblich. Es wird daher in diesem Zusammenhang gegebenenfalls auch die Frage zu prüfen sein, ob die gesetzliche Sozialversicherung (Krankenversicherungsträger) als aushelfender Träger in Deutschland verpflichtet ist, nach den maßgebenden deutschen Rechtsvorschriften Behandlungskosten für die „EPI“ zu übernehmen. Dabei handelt es sich, wie die beklagte Partei in ihrem Rekurs zutreffend aufzeigt, um keine Tatsachen‑, sondern um eine Rechtsfrage, die von Amts wegen nach den entsprechenden Bestimmungen des deutschen SGB V zu prüfen sein wird. Wenn auch diese Voraussetzung im Sinne des Prozessstandpunkts des Klägers erfüllt ist, wird anhand der oben zu Punkt 2.6 und 2.7 dargelegten Grundsätze die Frage der Kostenerstattung wegen einer vom beklagten Krankenversicherungsträger zu Unrecht abgelehnten Genehmigung der Auslandskrankenbehandlung iSd Art 22 VO 1408/71 zu prüfen sein.

4.3 Sollte der Kostenerstattungsanspruch des Klägers nicht mit Erfolg auf Art 22 VO 1408/71 gestützt werden können, wird im Sinne der oben zu Punkt 3, 3.1 und 3.2 dargelegten Grundsätze ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers aufgrund der Dienstleistungsfreiheit nach Art 56 AEUV bei einer ambulanten Behandlung nach § 131 Abs 1 ASVG bzw bei einer stationären Behandlung nach § 150 ASVG zu prüfen sein. Zutreffend hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass beim derzeitigen Verfahrensstand vom Vorliegen einer ambulanten Behandlung des Klägers in der Klinik/Gemeinschaftspraxis in Bochum auszugehen ist. Die Kostenerstattung nach § 131 Abs 1 ASVG erfordert keine Vorgenehmigung und kommt bei allen Auslandsbehandlungen in Betracht. Dies erklärt sich daraus, dass diese Kostenerstattungen auf Basis des österreichischen Leistungs‑(tarif‑)rechts ermittelt werden. Nicht das ausländische Leistungsrecht des Aufenthalts‑ und Behandlungsorts, sondern das österreichische Krankenversicherungsrecht bildet die Leistungsgrundlage. Der Kostenersatz bestimmt sich somit nach den inländischen Kassentarifen (vgl M. Binder in seiner Entscheidungsbesprechung in DRdA 2010/22, 295 [302] mwN).

4.4 Das Verfahren über die vom Kläger begehrte Kostenerstattung erweist sich daher in mehrfacher Hinsicht als erörterungs‑ und ergänzungsbedürftig.

C) Zum Feststellungsbegehren (Verfahren 35 Cgs 222/07z):

1. Es wurde bereits zu Punkt 2.5 dargelegt, dass der Versicherte die Möglichkeit hat, gegen einen ablehnenden Bescheid des österreichischen Krankenversicherungsträgers eine auf die Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung einer bestimmten Krankenbehandlung in einem anderen Mitgliedstaat gerichtete Klage beim zuständigen Arbeits‑ und Sozialgericht einzubringen. Eine solche Genehmigung kann vom Gericht insbesondere in einem ‑ vom Kläger geltend gemachten ‑ Notfall auch nachträglich erteilt werden. Eine Genehmigung des Sachleistungsanspruchs auf Krankenbehandlung im ausländischen Mitgliedstaat verbunden mit der Ausstellung des Formulars E 112 wird aber dann nicht mehr zielführend sein, wenn die vorgesehene Behandlung im ausländischen Mitgliedstaat bereits tatsächlich erfolgt ist. Ab diesem Zeitpunkt tritt nämlich an die Stelle der Bescheinigung E 112 das Surrogat der Kostenerstattung. Die Erteilung einer vorherigen Genehmigung einer Krankenbehandlung in einem anderen Mitgliedstaat, wie derjenigen in Form des Formulars E 112, ist daher nicht mehr notwendig, wenn der Versicherte die Behandlung bereits erhalten hat, es sei denn, sie wurde dem Betroffenen noch nicht in Rechnung gestellt oder ist noch nicht bezahlt worden. Von diesen Fällen abgesehen, hat der Versicherte, wie bereits dargelegt wurde, gegen den zuständigen Träger Anspruch auf unmittelbare Erstattung in Höhe des normalerweise von diesem Träger übernommenen Betrags, wenn die Genehmigung ordnungsgemäß vor Beginn der Behandlung erteilt worden wäre (vgl EuGH C‑173/09, Elchinov , Rn 75).

2. Im vorliegenden Fall hat der Oberste Gerichtshof in seinem Aufhebungsbeschluss vom 14. 10. 2008, 10 ObS 119/08k, SSV‑NF 22/64, DRdA 2010/22, 295 [ M. Binder ], ausgesprochen, dass ein Versicherter, der sein ursprüngliches Begehren auf Genehmigung einer Krankenbehandlung in einem anderen Mitgliedstaat iSd Art 22 Abs 1 lit c Z i VO 1408/71 (Sachleistungsaushilfe) nicht weiterverfolgen möchte, sondern stattdessen eine Kostenerstattung (wegen unberechtigter Verweigerung der Sachleistungsaushilfe) anstrebt, die Möglichkeit hat, den Bescheid des Sozialversicherungsträgers über das Nichtbestehen eines Anspruchs des Versicherten auf Krankenbehandlung in einem anderen Mitgliedstaat mittels Feststellungsklage zu bekämpfen. Dieser Rechtsansicht lag zu Grunde, dass der Kläger zum damaligen Zeitpunkt nach der Aktenlage noch keinen Antrag auf Kostenerstattung bei der beklagten Partei gestellt und die beklagte Partei daher über einen solchen Antrag auch noch nicht bescheidmäßig abgesprochen hatte.

3. Tatsächlich hat die beklagte Partei mit einem weiteren Bescheid vom 14. 10. 2008 einen neuerlichen Antrag des Klägers vom 15. 11. 2008 (richtig: 2007) auf Kostenübernahme einer Krankenbehandlung im Ausland sowie die Übernahme der Kosten für die beim Kläger am 28. 11. 2007 (neuerlich) durchgeführte EPI sowie für sämtliche damit im Zusammenhang stehenden und im Einzelnen näher angeführten Behandlungen, Heilbehelfe und Heilmittel, Reisekosten sowie Kosten für Unterkunft und Verpflegung abgelehnt. Mit einem weiteren Bescheid vom 19. 1. 2009 lehnte die beklagte Partei auch die Übernahme der Kosten der beim Kläger am 19. 9. 2007 durchgeführten EPI sowie für sämtliche damit im Zusammenhang stehenden und im Einzelnen näher angeführten Behandlungen, Heilbehelfe und Heilmittel, Reisekosten sowie Kosten für Unterkunft und Verpflegung ab. Gegen diese beiden Bescheide erhob der Kläger zur AZ 35 Cgs 280/08f und 35 Cgs 31/09i beim Erstgericht rechtzeitig Klage mit dem Begehren auf Kostenerstattung.

4. Eine mit diesem Kostenerstattungsbegehren des Klägers korrelierende Feststellungsklage wäre nach Ansicht des erkennenden Senats nur dann zulässig, wenn dem Kläger die Kosten seiner ‑ als einheitliche Behandlung zu betrachtenden ‑ Krankenbehandlung in Bochum noch nicht zur Gänze in Rechnung gestellt oder von ihm noch nicht vollständig bezahlt worden wären. Ist hingegen die Behandlung bereits abgeschlossen und hat der Kläger die ihm für diese Behandlung entstandenen und in Rechnung gestellten Kosten bereits zur Gänze bezahlt, besteht grundsätzlich kein Anspruch des Klägers mehr auf eine nachträgliche Ausstellung der Bescheinigung E 112, sondern nur noch ein Anspruch gegen den zuständigen Träger auf Kostenerstattung. Nach ständiger Rechtsprechung ist aber eine Feststellungsklage immer dann unzulässig, wenn eine Leistungsklage erhoben werden kann, deren Erfolg die Feststellung des Rechtsverhältnisses gänzlich erübrigt (vgl Rechberger/Klicka in Rechberger , ZPO³ § 228 Rz 11 mwN). Diese Grundsätze sind auch im sozialgerichtlichen Verfahren anzuwenden (vgl Neumayr in ZellKomm² § 65 ASGG Rz 26 mwN; RIS‑Justiz RS0038817 [T12]).

5. Das Erstgericht wird daher im fortzusetzenden Verfahren unter Berücksichtigung der dargelegten Ausführungen auch das Vorliegen eines Feststellungsinteresses des Klägers im Verfahren 35 Cgs 222/07z im Hinblick auf sein gleichzeitig erhobenes Kostenerstattungsbegehren mit den Parteien zu erörtern und dazu die notwendigen Feststellungen zu treffen haben.

Aufgrund der dargelegten Erwägungen musste dem Rekurs der beklagten Partei im Ergebnis ein Erfolg versagt bleiben.

Die beklagte Partei hat als Versicherungsträger iSd § 77 Abs 1 Z 1 ASGG die Kosten ihres Rekurses ohne Rücksicht auf den Ausgang des Verfahrens selbst zu tragen. Der Kostenvorbehalt hinsichtlich der Kosten des Klägers beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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