OGH 10ObS72/13f

OGH10ObS72/13f25.6.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter ADir Brigitte Augustin und Dr. Peter Zeitler (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei E*****, vertreten durch Dr. Heimo Lindner, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1031 Wien, Ghegastraße 1, wegen Betriebsrente, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 14. Februar 2013, GZ 11 Rs 1/13s‑8, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Linz als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 24. Oktober 2012, GZ 11 Cgs 164/12s‑4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Entscheidungsgründe:

Der Kläger, der gemeinsam mit seiner Ehegattin bis Dezember 2011 einen land‑ und forstwirtschaftlichen Betrieb führte, verletzte sich am 4. 6. 2011 bei Holzarbeiten für seinen Betrieb. Aus diesem Arbeitsunfall resultiert eine Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers im Ausmaß von derzeit 30 %. Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 28. 3. 2012 wurde dem Kläger ab 1. 2. 2012 eine Invaliditätspension in Höhe von 1.661,69 EUR monatlich zuerkannt, wobei diese Pension mit 1. 4. 2012 angefallen ist.

Mit Bescheid vom 23. 8. 2012 gewährte die beklagte Sozialversicherungsanstalt der Bauern dem Kläger für die Folgen seines Arbeitsunfalls vom 4. 6. 2011 aufgrund einer Bemessungsgrundlage von 5.594,75 EUR (§ 148f Abs 3 BSVG) und einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 % ab 5. 6. 2012 eine vorläufige Betriebsrente von 82,08 EUR monatlich.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger rechtzeitig Klage mit dem Begehren auf Gewährung einer Betriebsrente bei einer Erwerbsminderung von 30 % im gesetzlichen Ausmaß gemäß § 148f Abs 2 BSVG ab 5. 6. 2012. Er begründete sein Begehren im Wesentlichen damit, dass für die Berechnung der vorläufigen Betriebsrente nicht die verminderte Bemessungsgrundlage nach § 148f Abs 3 BSVG von 5.594,75 EUR heranzuziehen sei, sondern eine Bemessungsgrundlage nach § 148f Abs 2 BSVG unter Heranziehung der ASVG‑Bemessungsgrundlage zu bilden sei, weil er zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalls aufgrund seiner Beschäftigung als Industriearbeiter auch nach dem ASVG versichert gewesen sei. Bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung sei der Ausnahmetatbestand für die verminderte Bemessungsgrundlage nach § 148f Abs 3 Z 2 BSVG nicht erfüllt, weil der Kläger eine Invaliditätspension beziehe und die Invaliditätspension keine Pension aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit nach § 253d ASVG sei. Im Übrigen sei die Stichtagsregelung, welche auf den Bezug einer Invaliditätspension bei Anfall der Betriebsrente abstelle, sachlich nicht gerechtfertigt.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im Wesentlichen ein, nach § 148f Abs 3 Z 2 BSVG gelte für nach § 3 Abs 1 BSVG Versicherte, die zum Zeitpunkt des Rentenanfalls nach dem § 149d BSVG bereits eine Pension aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit nach dem ASVG oder Erwerbsunfähigkeit nach dem GSVG bzw einen Ruhegenuss wegen Dienstunfähigkeit beziehen, als Bemessungsgrundlage für die Betriebsrente ‑ Schwerversehrte, Versehrtengeld und Witwen‑(Witwer‑)Rente ausgenommen ‑ ein Betrag von 5.097,99 EUR jährlich, welcher ab dem 1. Jänner eines jeden Jahres unter Bedachtnahme auf § 47 BSVG mit dem jeweiligen Anpassungsfaktor zu vervielfachen sei. Diese Bestimmung finde im vorliegenden Fall Anwendung, weil es sich auch bei der vom Kläger zum Zeitpunkt des Rentenanfalls bereits bezogenen Invaliditätspension um eine Pension aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit nach dem ASVG handle.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei in Wiederholung des durch die Klage außer Kraft getretenen Bescheids schuldig, dem Kläger die vorläufige Betriebsrente bei einer Erwerbsminderung von 30 % in Höhe von 82,08 EUR monatlich zu gewähren und wies das darüber hinausgehende Mehrbegehren ab. Es vertrat in rechtlicher Hinsicht die Auffassung, die Betriebsrente des Klägers sei von der beklagten Partei zutreffend nach der verminderten Bemessungsgrundlage nach § 148f Abs 3 BSVG festgesetzt worden, weil es sich bei der vom Kläger bezogenen Invaliditätspension nach § 254 ASVG um eine Leistung aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit handle. Die vom Kläger weiters geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken könnten vom Erstgericht nicht an den Verfassungsgerichtshof herangetragen werden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge. Es schloss sich im Wesentlichen der Rechtsansicht des Erstgerichts an, wonach für die Berechnung der Höhe der dem Kläger gebührenden vorläufigen Betriebsrente die verminderte Bemessungsgrundlage nach § 148f Abs 3 Z 2 BSVG heranzuziehen sei, weil es sich bei der vom Kläger bezogenen Invaliditätspension nach § 222 Abs 1 Z 2 ASVG um eine Leistung der Pensionsversicherung aus dem „Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit“ handle. Es teilte auch nicht die vom Kläger gegen die geltende Gesetzeslage vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil der Oberste Gerichtshof zu den vom Kläger gegen die Bestimmung des § 148f Abs 3 Z 2 BSVG vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken noch nicht Stellung genommen habe.

Die vom Kläger dagegen erhobene und auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Kläger macht in seinem Rechtsmittel inhaltlich ausschließlich verfassungsrechtliche Bedenken gegen die hier maßgebende Bestimmung des § 148f Abs 3 Z 2 BSVG geltend. Diese Bestimmung verstoße vor dem Hintergrund der Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs vom 10. 3. 2005, G 147/04 (zur Frage des Anspruchs auf Betriebsrente gemäß § 149d BSVG) und vom 19. 6. 2006, G 16/06 (zur Frage des Wegfalls der Betriebsrente gemäß § 148i BSVG) gegen den Gleichheitsgrundsatz. Es werde daher, wenn eine Gewährung der Betriebsrente gemäß § 148f Abs 2 BSVG mit verfassungskonformer Auslegung nicht möglich sei, eine Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der genannten Bestimmung des § 148f Abs 3 Z 2 BSVG beim Verfassungsgerichtshof angeregt.

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:

1. Das Kernstück des mit der 22. Nov zum BSVG, BGBl I 1998/140, grundlegend reformierten Rechts der bäuerlichen Unfallversicherung bildete die Ausformung eines auf das bäuerliche Berufsleben abgestimmten eigenständigen Leistungsrechts. Als Leistung der Unfallversicherung wurde unter anderem die Betriebsrente eingeführt. Nach den Gesetzesmaterialien (RV 1236 BlgNR 20. GP 30 f) bezweckt die Unfallversicherung im bäuerlichen Bereich primär die Aufrechterhaltung der Betriebsführung durch Ersatz jenes Teils des Erwerbseinkommens, der infolge des Arbeitsunfalls bzw der Berufskrankheit nicht mehr erworben werden kann. Betriebsrenten sollen daher vor allem der Weiterführung des Betriebs dienen und einen echten Ausgleich für den unfallsbedingten, auf Dauer eingetretenen Einkommensverlust bieten. Der Anfallszeitpunkt der Betriebsrente (nach einem Zeitraum von zwölf Monaten nach dem Eintritt des Versicherungsfalls) wird aus den Produktionsabläufen in der Landwirtschaft abgeleitet; ein früherer konkreter Einkommensabfall soll durch das Versehrtengeld sowie durch Betriebs‑ und Rehabilitationshilfe aufgefangen werden. Bei bereits in Pensionsbezug stehenden Unfallopfern soll wegen des bereits vollzogenen Ausstiegs aus dem Erwerbsleben eine Betriebsrente nicht mehr anfallen; bei Pensionsanfall bzw Betriebsaufgabe sollen Betriebsrenten durch Kapitalisierung abgelöst werden (vgl 10 ObS 194/08i, SSV‑NF 23/12).

1.1 Weiters wurde durch die 22. Nov zum BSVG, BGBl I 1998/140, eine gesamtsolidarische Bemessungsgrundlage für Voll‑ und Nebenerwerbslandwirte von 204.000 ATS pro Jahr, die dem durchschnittlichen Jahreseinkommen in der Land‑ und Forstwirtschaft inklusive außerlandwirtschaftlicher Einkünfte entsprach, eingeführt (§ 148f Abs 1 BSVG). Diese Höhe der gesamtsolidarischen Bemessungsgrundlage nach § 148f Abs 1 BSVG ist so festgesetzt, dass damit alle in der Land‑(Forst‑)wirtschaft erzielbaren Erwerbseinkommen inklusive aller von Land‑(Forst‑)wirten üblicherweise ausgeübten Erwerbskombinationen berücksichtigt sind. Die Bemessungsgrundlage stellt somit ein durchschnittlich erzielbares Einkommen für Landwirte unter Einschluss aller im Neben‑ und im Zuerwerb erzielbarer Einkommen dar. Die gesamtsolidarische Bemessungsgrundlage schließt auch Neben‑ und Zuerwerbssituationen ein, für die eine eigene Pflichtversicherung in der Unfallversicherung besteht. Sie konsumiert damit die Konstruktion der gemischten Bemessungsgrundlage gemäß §§ 178 ff ASVG. Im Ergebnis hat die neue Bemessungsgrundlage eine Verdreifachung der monatlichen Rentenleistung zur Folge. Erleidet also beispielsweise ein Nebenerwerbslandwirt einen landwirtschaftlichen Arbeitsunfall, kommt die gesamtsolidarische Bemessungsgrundlage zur Anwendung, während ein außerlandwirtschaftlicher Arbeitsunfall von der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt nach dem bisherigen System der „gemischten Bemessungsgrundlage“ gemäß §§ 178 ff ASVG abzugelten ist. Durch das Günstigkeitsprinzip des § 148f Abs 2 BSVG sollen Benachteiligungen für jene Versicherte, die nach damals geltender Rechtslage aufgrund der Zusammenrechnungsregel der §§ 178 Abs 1 iVm 181 ASVG eine höhere Bemessungsgrundlage hätten als nach § 148f Abs 1 BSVG verhindert werden (vgl Figl , Die neue bäuerliche Unfallversicherung, SozSi 1999, 102 [110 f]; Riedl , Die bäuerliche Unfallversicherung 100).

2. Mit Erkenntnis vom 10. 3. 2005, G 147/04, hob der Verfassungsgerichtshof die Regelung in § 149d Abs 1 BSVG, wonach ein Anspruch auf Betriebsrente bestehe, wenn für den Versehrten zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls noch kein Pensionsbezug aus einer eigenen Pension gegeben ist, als verfassungswidrig auf. Der Verfassungsgerichtshof begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Bezug einer Direktpension nach dem ASVG ‑ wie im Anlassfall ‑ keine sachliche Rechtfertigung dafür biete, einen Leistungsanspruch aus einer bestehenden Unfallversicherung zu verweigern. Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofs bestehe zwischen einer Pensionsleistung aufgrund einer anderen Beschäftigung und dem Bezug einer Betriebsrente aufgrund eines Arbeitsunfalls nach dem BSVG kein Sachzusammenhang.

2.1 In Reaktion auf dieses Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs erfolgte mit der Nov zum BSVG, BGBl I 2006/60, eine Neuregelung des Anspruchs auf Betriebsrente nach § 149d BSVG sowie der Bemessungsgrundlage für die Geldleistungen nach § 148f BSVG. So wurde § 149d Abs 1 BSVG dahin geändert, dass Anspruch auf Betriebsrente besteht, wenn 1. die Erwerbsfähigkeit der/des Versicherten durch die Folgen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit über ein Jahr nach dem Eintritt des Versicherungsfalls hinaus um mindestens 20 % vermindert ist und 2. die/der Versehrte zum Zeitpunkt des Rentenanfalls nach Abs 3 noch keine Pension aus eigener Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz bezieht. Weiters wurde dem § 148f BSVG ein Abs 3 angefügt, wonach für die nach § 3 Abs 1 BSVG Versicherten ... 2. die zum Zeitpunkt des Rentenanfalls nach § 149d BSVG bereits eine Pension aus eigener Pensionsversicherung nach dem ASVG oder GSVG beziehen, ... als Bemessungsgrundlage für die Betriebsrente ‑ Schwerversehrte und Witwen‑(Witwer‑)Rente ausgenommen ‑ jährlich ein Betrag von 5.097,99 EUR gilt.

2.2 Nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (RV 1280 BlgNR 22. GP 2) soll mit Wirksamkeit vom 1. 4. 2006 eine den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs entsprechende Rechtslage geschaffen werden, wobei grundsätzlich am Prinzip der Konzentration der Betriebsrente auf die aktiv im Erwerbsleben stehenden Personen festgehalten werden soll. Es sollen daher Versicherte, die aufgrund einer anderen als nach dem BSVG versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit (zB nach dem ASVG) eine Pension beziehen, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen einen Anspruch auf eine Betriebsrente nach dem BSVG haben. Für diese Personengruppe wird die nach § 148f Abs 3 BSVG verminderte Bemessungsgrundlage vorgesehen. Die Höhe der Bemessungsgrundlage nach § 148f Abs 1 BSVG (Wert 2006: 16.050,54 EUR) entspricht im Wesentlichen dem durchschnittlichen Arbeitseinkommen der einzelnen Arbeitskraft im bäuerlichen Betrieb. Darin sind auch sämtliche Einkünfte aus einem Zu‑ und Nebenerwerb berücksichtigt, wobei davon auszugehen ist, dass für diese Einkünfte auch Pensionsversicherungsbeiträge geleistet werden. Es ist daher sachlich nicht gerechtfertigt, diese Bemessungsgrundlage auch für jene Personen anzuwenden, bei denen eine Gewährung einer Betriebsrente neben einem Pensionsbezug möglich ist. Die verminderte Bemessungsgrundlage nach § 148f Abs 3 BSVG entspricht der festen Bemessungsgrundlage für diese Personengruppe nach § 181 Abs 2 ASVG (vgl dazu AB 110 BlgNR 23. GP 8).

3. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 19. 6. 2006, G 16/06, wurden die Regelungen der §§ 148i Abs 1 und 148j Abs 2 BSVG idF der 22. Nov insoweit als verfassungswidrig aufgehoben, als beim Wegfall der Betriebsrente bzw deren Abfindung nicht danach differenziert wird, ob beim/bei der Versicherten eine Pension aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit nach dem ASVG (bzw Erwerbsunfähigkeit nach dem GSVG) anfällt oder eine Pension der geminderten Erwerbsfähigkeit nach dem BSVG. Die zentrale Aussage des Verfassungsgerichtshofs besteht darin, dass der Gesetzgeber seinen rechtspolitischen Spielraum nicht überschreitet, wenn er einen angefallenen Betriebsrentenanspruch nicht nur im Falle einer Betriebsaufgabe, sondern auch im Falle der Inanspruchnahme einer Alterspension nach dem ASVG, GSVG oder BSVG bei Erreichen des Regelpensionsalters (womit die Betriebsaufgabe häufig Hand in Hand gehen wird, aber nicht muss) enden lässt. Mit einem solchen System steht auch eine Regelung in Einklang, wonach die Betriebsrente mit dem Anfall eines Anspruchs auf eine Eigenpension endet, sofern dieser eine Betriebsaufgabe voraussetzt. Dies ist aufgrund des gesetzlichen Erfordernisses der Aufgabe der Erwerbstätigkeit Voraussetzung für den Anfall einer Pension aus dem Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit nach dem BSVG und wegen des Erfordernisses des Ausscheidens aus der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung in jedem der Sozialversicherungsgesetze ebenso Voraussetzung für eine sogenannte vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer nach dem ASVG, GSVG oder BSVG. Hingegen könne mit diesen Überlegungen eine vorzeitige Beendigung des Anspruchs auf Betriebsrente bei Anfall von Pensionen aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit unter anderem auch nach dem ASVG und dem GSVG nicht gerechtfertigt werden.

3.1 Die mit dem Sozialrechts‑Änderungs-gesetz 2007, BGBl I 2007/31, erfolgte Neuregelung der Gewährung von Betriebsrenten nach dem BSVG trägt den im zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 19. 6. 2006, G 16/06, dargelegten Grundsätzen Rechnung. So hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 2. 3. 2011, G 246/09, einen Ausschluss vom Anspruch auf Betriebsrente, wenn der Versehrte zum Zeitpunkt des Rentenanfalls ‑ ein Jahr und einen Tag nach dem Eintritt des Versicherungsfalls ‑ bereits eine Alterspension nach dem BSVG, ASVG oder GSVG oder einen Ruhegenuss bezieht oder im Falle eines Pensionsanspruchs aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit nach dem ASVG oder der Erwerbsunfähigkeit nach dem GSVG oder eines Ruhegenusses wegen Dienstunfähigkeit das Regelpensionsalter bereits erreicht hat (vgl § 149d Abs 1 Z 2 BSVG), als verfassungskonform beurteilt. Der Verfassungsgerichtshof verwies insbesondere darauf, dass der Gesetzgeber im Rahmen einer Durchschnittsbetrachtung zulässigerweise davon ausgehen dürfe, dass mit dem Erreichen des Regelpensionsalters, das für alle Versicherungszweige gleich sei, und dem Bezug einer Pensionsleistung aus eigener Pensionsversicherung die Aufgabe des land‑(forst‑)wirtschaftlichen Betriebs in der Regel einhergehe. Es könne dem Gesetzgeber daher aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden, wenn er ‑ in Verfolgung seines Konzepts der Gewährung einer Betriebsrente anstelle einer lebenslangen Unfallrente ‑ davon ausgehe, dass Personen mit Erreichen des Regelpensionsalters und dem Anfall eines Pensionsbezugs aus der gesetzlichen Sozialversicherung nur mehr durch diesen versorgt werden und daher des besonderen sozialpolitischen Schutzes der Betriebsrente für den Fall eines Arbeitsunfalls in einer über das Pensionsalter hinaus weiter betriebenen Landwirtschaft nicht mehr bedürfen. Zutreffend verweise die Sozialversicherungsanstalt der Bauern darauf, dass ab diesem Zeitpunkt in aller Regel das Pensionssystem den Lebensunterhalt sichere. Vor dem Hintergrund der Funktion einer Betriebsrente, nämlich einerseits die Fortführung des Betriebs bzw eine ordnungsgemäße Übergabe sicherzustellen, andererseits einen angemessenen Ausgleich des durch die Unfallfolgen erlittenen Einkommensverlusts zu schaffen, erscheine es daher nicht unsachlich, im Falle eines Arbeitsunfalls ‑ bei Beibehaltung der übrigen Leistungsansprüche aus der Unfallversicherung ‑ nach Erreichen des Pensionsalters und nach dem Anfall einer Pensionsleistung aus eigener Pensionsversicherung einen Anspruch auf den Bezug einer Betriebsrente nicht mehr entstehen zu lassen.

4. Im vorliegenden Fall bezog der Kläger zum Zeitpunkt des Rentenanfalls nach § 149d BSVG (5. 6. 2012) eine Invaliditätspension gemäß § 254 ASVG. Es wird vom Kläger zu Recht nicht mehr in Zweifel gezogen, dass es sich dabei um eine „Pension aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit nach dem ASVG“ handelt (vgl § 222 Abs 1 Z 2 lit b ASVG). Es kommt daher für die Berechnung des Anspruchs des Klägers auf Betriebsrente nach zutreffender Rechtsansicht der Vorinstanzen die Sonderbemessungsgrundlage nach § 148f Abs 3 Z 2 BSVG idF BGBl I 2007/31 zur Anwendung. Soweit der Kläger demgegenüber die Ansicht vertritt, bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung sei die allgemeine Bemessungsgrundlage nach § 148f Abs 2 BSVG heranzuziehen, hat ihm bereits das Berufungsgericht zutreffend entgegengehalten, dass eine verfassungskonforme Auslegung nur insoweit in Betracht kommt, als dies mit dem Wortlaut vereinbar ist (vgl MGA, ABGB 37 § 6 E 48, 48a mwN) und ihr der Wille des historischen Gesetzgebers nicht entgegensteht. Die vom Kläger angestrebte „verfassungskonforme Auslegung“ kommt daher im vorliegenden Fall schon im Hinblick auf den eindeutigen gegenteiligen Gesetzeswortlaut und die erklärte Absicht des Gesetzgebers nicht in Betracht.

4.1 Der erkennende Senat teilt aber auch nicht die vom Kläger gegen die geltende Gesetzeslage vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Höhe der gesamtsolidarischen Bemessungsgrundlage nach § 148f Abs 1 BSVG so festgesetzt ist, dass damit alle in der Land‑(Forst‑)wirtschaft erzielbaren Erwerbseinkommen inklusive aller von Land‑(Forst‑)wirten üblicherweise ausgeübten Erwerbskombinationen berücksichtigt sind und die gesamtsolidarische Bemessungsgrundlage somit auch Neben‑ und Zuerwerbssituationen einschließt, für die eine eigene Pflichtversicherung in der Unfallversicherung besteht. Es wurde ebenfalls bereits dargelegt, dass mit der BSVG‑Nov BGBl I 2006/60 in Umsetzung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs vom 10. 3. 2005, G 147/04, der Kreis der Bezieher einer Betriebsrente erweitert und für diesen erweiterten Kreis der Rentenbezieher eine im Vergleich zur allgemeinen Bemessungsgrundlage verminderte Bemessungsgrundlage geschaffen wurde. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (RV 1280 BlgNR 22. GP 2) wird diesbezüglich ausgeführt, dass in der allgemeinen Bemessungsgrundlage nach § 148f Abs 1 BSVG auch sämtliche Einkünfte aus einem Zu‑ und Nebenerwerb berücksichtigt sind, wobei davon auszugehen sei, dass für diese Einkünfte auch Pensionsversicherungsbeiträge geleistet werden. Es sei daher sachlich nicht gerechtfertigt, diese Bemessungsgrundlage auch für jene Personen anzuwenden, bei denen eine Gewährung einer Betriebsrente neben einem Pensionsbezug möglich sei.

4.2 Vor dem Hintergrund der Funktion einer Betriebsrente, nämlich einerseits die Fortführung des Betriebs bzw eine ordnungsgemäße Übergabe sicherzustellen, andererseits einen angemessenen Ausgleich des durch die Unfallfolgen erlittenen Einkommensverlusts zu schaffen, erscheint es auch unter Berücksichtigung der erwähnten Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs in den zitierten Erkenntnissen nicht unsachlich, bei jenen Pensionisten, die zwar grundsätzlich Anspruch auf eine Betriebsrente nach dem BSVG haben, aber das Regelpensionsalter noch nicht erreicht haben, dieses Pensionseinkommen insofern zu berücksichtigen, als die Bemessungsgrundlage im Falle eines Arbeitsunfalls nach dem BSVG geringer ist als bei Versicherten, die über kein Pensionseinkommen verfügen. Eine unsachliche Differenzierung kann darin nach Ansicht des erkennenden Senats nicht erblickt werden. Soweit feste Bemessungsgrundlagen das Erwerbseinkommen pauschalieren, sorgen sie für eine gleichmäßige Versorgung und sind unabhängig von den tatsächlichen Einkommensentwicklungen. Soweit eine solche Pauschalierung nicht in einem unvertretbaren Missverhältnis zu den realen Verhältnissen steht, was aber auch vom Kläger gar nicht behauptet wird, ist sie auch verfassungsrechtlich nicht bedenklich. Der erkennende Senat sieht sich daher zu der vom Kläger angeregten Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof nicht veranlasst.

Der Revision musste somit ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Berücksichtigungswürdige Einkommens‑ und Vermögensverhältnisse, die einen ausnahmsweisen Kostenzuspruch nach Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden nicht bescheinigt und sind auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich.

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