OGH 3Ob102/13s

OGH3Ob102/13s19.6.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am ***** geborenen M***** infolge des außerordentlichen Revisionsrekurses des Vaters W*****, vertreten durch Mag. Jürgen Zouplna, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 17. Jänner 2011, GZ 43 R 27/11f‑328, womit über Rekurs des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 13. Dezember 2010, GZ 4 PS 283/10x‑279, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0030OB00102.13S.0619.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters wird zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der ***** geborene M***** lebt bei seinem Vater, dem die Obsorge für ihn zukommt (siehe Amtsbestätigung Band III, ON 200).

Am 11. März 2009 (Band II, ON 97) stellte der Vater den Antrag, die Geltendmachung eines Amtshaftungsanspruchs durch M***** gegen das Land Wien als Jugendwohlfahrtsträger pflegschaftsgerichtlich zu genehmigen. Durch die Verweigerung der Krankenhilfe (Psychotherapie) für M***** durch die Organe der Jugendwohlfahrt sei diesem ein Schaden entstanden.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Da ein rechtswidriges Verhalten des Jugendwohlfahrtsträgers nicht erkennbar sei, sei eine Klageführung aussichtslos und daher nicht zu genehmigen. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ den Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zu. Der Jugendwohlfahrtsträger habe den ihm zukommenden Ermessensspielraum bei einer Betrachtung ex ante nicht überschritten. Abgesehen davon, dass nur ein Klageentwurf genehmigungsfähig wäre, verbleibe auch bei inhaltlicher Prüfung kein ausreichendes Tatsachensubstrat, das die Einbringung einer Schadenersatzklage ‑ im Hinblick auf das damit verbundene Kostenrisiko ‑ rechtfertigen könnte.

In seinem außerordentlichen Revisionsrekurs macht der Vater keine erhebliche Rechtsfrage geltend.

1. Ob die Voraussetzungen für die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung einer Rechtshandlung vorliegen, kann immer nur an Hand des konkreten Einzelfalls beurteilt werden (RIS‑Justiz RS0048176 [T2]). Eine Einzelfallentscheidung ist für den Obersten Gerichtshof nur dann überprüfbar, wenn im Interesse der Rechtssicherheit ein grober Fehler bei der Auslegung der anzuwendenden Rechtsnorm korrigiert werden müsste (RIS‑Justiz RS0044088).

2. Laut dem Antrag soll erreicht werden, dass Schadenersatzansprüche des Pflegebefohlenen gegen den Jugendwohlfahrtsträger durchgesetzt werden. Zweifellos hat dann, wenn der Klageanspruch als Amtshaftungsanspruch zu qualifizieren ist, der Klage ein Aufforderungsverfahren voranzugehen (§ 8 Abs 1 AHG). Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dem Jugendwohlfahrtsträger sei in Bezug auf die einzuleitende Therapie ein Ermessensspielraum zugekommen, der bei einer Betrachtung ex ante nicht überschritten worden sei, weshalb eine Haftung mangels Rechtswidrigkeit voraussichtlich nicht zu begründen sein werde, ist durchaus vertretbar. Aus diesem Grund besteht kein Anlass, die angefochtene Einzelfallentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigieren.

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