OGH 3Ob93/13t

OGH3Ob93/13t19.6.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*****, vertreten durch Dr. Klaus Herunter, Rechtsanwalt in Köflach, gegen die beklagte Partei B*****, vertreten durch Peissl & Partner Rechtsanwälte OG in Köflach, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), über die Revision und den darin enthaltenen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 8. Februar 2013, GZ 4 R 257/12m-11, womit über Berufung und darin enthaltenem Rekurs der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Voitsberg vom 10. August 2012, GZ 5 C 46/12g-7, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision und der darin enthaltene Revisionsrekurs werden zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 768,24 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 128,04 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin brachte am 19. Juni 2012 im Elektronischen Rechtsverkehr (ERV) eine Oppositionsklage beim Erstgericht ein, die aus der elektronischen Eingabe (die sich auf die Nennung der Parteien und ihrer Vertreter sowie den Streitwert beschränkte) samt zwei PDF-Anhängen bestand, darunter die als herkömmlicher Schriftsatz samt Rubrum abgefasste Oppositionsklage, die auch Aufschiebungsanträge enthält. Während in der Eingabe als Beklagter (2. Partei) „B*****1983“ (in Hinkunft: Einschreiter) genannt war, scheint in der angeschlossenen Oppositionsklage als beklagte Partei „B*****“ kein Geburtsdatum auf. Die Klageerzählung beginnt damit, dass die „beklagte Partei“ zu 8 E 1368/11w und 8 E 564/08f des Erstgerichts Exekutionen gegen die Klägerin führe. Als Oppositionsgrund wird ein nachträglicher Vergleich über die titulierte Forderung und dessen Erfüllung behauptet.

Das Erstgericht gab den Aufschiebungsanträgen zum Teil gegen Erlag einer Sicherheitsleistung statt und schrieb eine vorbereitende Tagsatzung aus.

Die Zustellung der Klage samt Ladung zur Tagsatzung erfolgte an den Einschreiter, der in einem vorbereitenden Schriftsatz einwendete, da die Klage „ihn nichts angehe“ habe er seinen namensgleichen und unter derselben Anschrift wohnhaften Vater, geboren ***** 1958, (in Hinkunft: Gläubiger) beauftragt, sich um die Angelegenheit zu kümmern; er verfüge über keinen betriebenen Anspruch gegenüber der Klägerin, tatsächlich führe der Gläubiger die genannten Exekutionen. Die Klage sei auch in der Sache nicht berechtigt, weil ein Vergleich nicht zustande gekommen sei und die geleistete Teilzahlung die titulierte Forderung nicht zum vollständigen Erlöschen gebracht habe.

In der vorbereitenden Tagsatzung argumentierte die Klägerin im Zuge eingehender Erörterungen durch die Erstrichterin zur Frage, wer als Beklagter gemeint sei, zusammengefasst, sie habe die Oppositionsklage ohne Angabe eines Geburtsdatums eingebracht, wobei der Beklagte mit jener Person ident sei, die in den beiden Exekutionsverfahren als betreibende Partei aufgetreten sei; nur diese könne im Oppositionsverfahren als beklagte Partei gemeint sein. Da die beklagte Partei behaupte, dabei handle es sich um den Gläubiger, werde das Klagevorbringen dahin „präzisiert“, dass als beklagte Partei der Gläubiger unter Nennung seines Geburtsdatums ***** 1958 in Anspruch genommen werde. Die Angaben in der elektronischen Eingabe („Kuvert“) würden keine Klageangaben und kein Klagevorbringen darstellen, derartiges sei nur der Klage (gemeint: dem als Oppositionsklage bezeichneten PDF-Anhang) zu entnehmen. In der Folge relativierte der Klagevertreter seine „Präzisierung“ dahin, dass diese „ausschließlich aufgrund des Vorbringens der beklagten Partei“ erfolgt sei und dass B*****, geb. am ***** 1958, der betreibende Gläubiger zu sein scheine, „sofern keine Zession stattgefunden hat“.

Der Beklagte hielt dem entgegen, durch die Nennung des Geburtsdatums in der elektronischen Eingabe sei der Einschreiter zur beklagten Partei geworden; eine Änderung der Partei sei daher unzulässig.

Das Erstgericht erachtete in seinem Urteil den Einschreiter als beklagte Partei und wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, dass im Titelverfahren der Gläubiger als Kläger auftrat, der die Titelschuld in den Verfahren 8 E 564/08f (darin ausdrücklich mit Geburtsdatum ***** 1958 als betreibende Partei bezeichnet) und 8 E 1368/11w je des Erstgerichts gegen die Klägerin betrieb. Rechtlich führte die Erstrichterin aus, die als PDF-Anhang eingebrachte Oppositionsklage stelle einen Bestandteil der verfahrenseinleitenden elektronischen Eingabe dar, in der der Einschreiter von der Klägerin als beklagte Partei bezeichnet worden sei; das sei für das Gericht bindend und habe zur Zustellung von Klage und Ladung an den Einschreiter geführt. Im Oppositionsverfahren könne aber als Beklagter nur die betreibende Partei im anhängigen Exekutionsverfahren belangt werden. Da dies unzweifelhaft der Gläubiger sei, fehle dem Einschreiter die Passivlegitimation, weshalb die Klage abzuweisen sei.

Dagegen erhob die Klägerin Berufung, mit der sie die Annahme des Erstgerichts, die Oppositionsklage sei gegen den Einschreiter gerichtet gewesen, mit Beweisrüge bekämpfte und in der Rechtsrüge ihren in erster Instanz vertretenen Rechtsstandpunkt zur Frage, wer als Beklagter anzusehen ist, aufrecht erhielt. Die von ihr vorgenommene Präzisierung der Bezeichnung der beklagten Partei sei daher zulässig gewesen. Ausführungen gegen die Sachentscheidung finden sich in der Berufung nicht.

Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel keine Folge und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Es qualifizierte die Beweis- als Rechtsrüge und hielt die bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils für zutreffend, die Rechtsmittelausführungen hingegen für nicht stichhältig (§ 500a ZPO). Dem Einwand, das auf der elektronischen Eingabe ersichtliche Geburtsdatum stelle keinen Bestandteil des Klagevorbringens dar, werde nicht gefolgt, vielmehr seien die elektronische Eingabe und das PDF-Dokument als Einheit zu betrachten. Ein Widerspruch zwischen der elektronischen Eingabe und dem PDF-Anhang liege nicht vor, sodass auch keine Verbesserungssituation gegeben sei. Ausgehend von den in (zitierter) Lehre und Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur Klageänderung bzw Berichtigung der Parteienbezeichnung gemäß § 235 Abs 5 ZPO sei dem Standpunkt der Klägerin, dass es sich um keine Klageänderung, sondern um eine zulässige bloße Präzisierung gehandelt habe, nicht zu folgen. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil die Frage, wie das „Deckblatt“ der elektronischen Eingabe rechtlich einzuordnen sei, vom Obersten Gerichtshof bisher noch nicht zu lösen gewesen sei.

Die Klägerin erhob eine Revision mit dem Antrag, die Berufungsentscheidung im Sinne einer Stattgebung der Klage abzuändern, hilfsweise die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung aufzutragen. In seiner Ausführung setzt sich das Rechtsmittel mit der Sache (Passivlegitimation des Einschreiters) gar nicht auseinander, sondern enthält nur Ausführungen dazu, warum die elektronische Eingabe selbst (das „Deckblatt“/„Kuvert“) nicht als Bestandteil der Klageangaben und des Klagevorbringens und deshalb der Gläubiger als beklagte Partei anzusehen sei. Selbst wenn eine Einheit anzunehmen sei, habe für das Erstgericht eine offensichtliche Widersprüchlichkeit bestanden, welcher Mangel mit einem Verbesserungsverfahren zu beheben gewesen wäre, ohne das die Klage nicht zurückgewiesen hätte werden dürfen.

Dem tritt der Einschreiter in seiner Revisionsbeantwortung entgegen, mit der er sowohl die Unzulässigkeit als auch die mangelnde Berechtigung der Revision geltend macht. Darüber hinaus verweist der Einschreiter darauf, das Rechtsmittel sei als jedenfalls unzulässiger Revisionsrekurs gegen die von beiden Vorinstanzen konform (schlüssig) vorgenommene Abweisung des Antrags der Klägerin auf Berichtigung der Parteienbezeichnung des Beklagten zu behandeln.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision und der Revisionsrekurs sind unzulässig:

Die Vorinstanzen haben übereinstimmend und jeweils in Urteilsform 1. über die strittige Frage der Zulässigkeit einer Berichtigung des Parteinamens (Präzisierung) bzw die Unzulässigkeit einer Klageänderung entgegen dem Standpunkt der Klägerin entschieden und 2. die Klage (demgemäß folgerichtig) wegen fehlender Passivlegitimation des Beklagten abgewiesen. Bei der ersten Entscheidung handelt es sich um eine implicite (konkludente) Beschlussfassung (zur Zulässigkeit und Anfechtbarkeit einer solchen in verfehlter Entscheidungsform ergangenen Entscheidung RIS-Justiz RS0039450; RS0039273; RS0046339). Die vom Berufungsgericht bestätigte Ablehnung der Berichtigung der Parteibezeichnung ist ungeachtet der verfehlten Urteilsform wegen des Rechtsmittelausschlusses des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO mit der als Revisionsrekurs zu behandelnden Revision nicht anfechtbar (RIS-Justiz RS0039253; RS0039278; 3 Ob 49/10t). Dies gilt bei konformen Entscheidungen auch dann, wenn sie nur in den Entscheidungsgründen erfolgten (RIS-Justiz RS0044080).

Gegen die zweite Entscheidung, also die Abweisung des Klagebegehrens wegen fehlender Passivlegitimation, wird in der Revision, die nur das Thema der Berichtigung der Parteibezeichnung releviert, nichts ausgeführt, sodass auch die Revision mangels erheblicher Rechtsfragen als unzulässig zurückzuweisen ist (3 Ob 267/04t).

Kosten für die Revisionsbeantwortung sind zuzusprechen, weil der Beklagte auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat (§§ 41 und 50 ZPO).

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