OGH 6Ob79/13f

OGH6Ob79/13f6.6.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** AG, *****, vertreten durch Dr. Wilhelm Schlein Rechtsanwalt GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei B***** C*****, vertreten durch Dr. Verena Schmid, Rechtsanwältin in Wien, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 26. Februar 2013, GZ 40 R 282/12k‑20, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0060OB00079.13F.0606.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Den ersten, die gegenständliche Eigentumswohnung betreffenden Mietvertrag schlossen die Parteien (ihre Rechtsvorgänger) am 5. 11. 1996; er war mit 14. 11. 1999 befristet. Nach § 49b Abs 9 MRG war auf diesen Mietvertrag somit (auch) § 29 Abs 4a MRG idF WRN 1997 anzuwenden (vgl 1 Ob 286/98k).

Nach § 29 Abs 4 MRG idF WRN 1997 konnten die Parteien diesen Mietvertrag schriftlich und grundsätzlich um jede Vertragsdauer erneuern. Wurde ein derartiger Vertrag hingegen nicht ausdrücklich und schriftlich verlängert, so verlängerte er sich nach § 29 Abs 4a MRG idF WRN 1997 um ein Jahr, sofern der Vermieter (etwa) nicht frühestens sechs Monate und spätestens drei Monate vor Ablauf der bedungenen Zeit dem Mieter schriftlich mitteilte, dass er eine Verlängerung ablehnt. Die Klägerin gab eine derartige Erklärung am 26. 5. 1999 ab, womit sie die Verlängerungsfiktion verhinderte (vgl 1 Ob 286/98k).

2. Nachdem sich die Klägerin bereits Ende August 1999 entschieden hatte, den Mietvertrag mit dem Beklagten über dessen Ersuchen um drei Jahre zu verlängern, war zwischen den Parteien noch vor dem 14. 11. 1999 klar, dass es zur Verlängerung bis 14. 11. 2002 kommen sollte. Eine diesbezügliche schriftliche Vereinbarung unterfertigte der Beklagte jedoch frühestens am 16. 11. 1999; eine Unterfertigung der Klägerin oder der Hausverwaltung vor dem 25. 11. 1999 steht nicht fest. Von diesem Sachverhalt geht auch der Beklagte in seiner außerordentlichen Revison aus.

Nach § 569 ZPO sind Bestandverträge, welche durch den Ablauf der Zeit erlöschen, ohne dass es einer Aufkündigung bedarf, dadurch, dass der Bestandnehmer fortfährt, den Bestandgegenstand zu gebrauchen oder zu benützen und der Bestandgeber es dabei bewenden lässt, dann als stillschweigend erneuert anzusehen, wenn binnen vierzehn Tagen nach Ablauf der Bestandzeit vom Bestandgeber keine Klage auf Rückstellung erhoben wird. Ob dies auch dann galt, wenn der Vermieter bereits nach § 29 Abs 4a MRG erklärt hatte, das Bestandverhältnis nicht fortsetzen zu wollen, kann hier dahin gestellt bleiben: Tatsächlich erfolgte noch vor Ablauf der Zweiwochenfrist des § 569 ZPO (ggt 1 Ob 286/98k, wo ohne nähere Begründung unter Berufung auf Iro, MRG: Die neuen Regelungen für Zeitmietverhältnisse, RdW 1997, 57 FN 4 eine Vierwochenfrist angenommen wird), eine schriftliche Vertragsverlängerung. Warum ‑ wie das Erstgericht meint ‑ diese Vereinbarung einen „Formfehler“ aufwies und sich deshalb das Bestandverhältnis „in eines auf unbestimmte Zeit erneuert“ haben sollte, ist nicht nachvollziehbar. Da die Frist des § 569 ZPO noch nicht abgelaufen war, war es ‑ wie bereits dargestellt ‑ im Zeitpunkt des Abschlusses des zweiten Mietvertrags entgegen der Auffassung der Beklagten weder zu einer Verlängerung um ein Jahr nach § 29 Abs 4a MRG noch zu einer Verlängerung auf unbestimmte Zeit nach § 569 ZPO gekommen.

Der am 25. 11. 1999 wiederum befristet auf (knapp) drei Jahre abgeschlossene (zweite) Mietvertrag war somit zulässig und endete vereinbarungsgemäß am 14. 11. 2002 (§ 29 Abs 1 Z 3 MRG). Zu diesem Ergebnis würde man im Übrigen auch gelangen, folgte man der in der außerordentlichen Revision vertretenen Meinung: Die Beklagte geht nämlich davon aus, dass die Klägerin durch ihre Erklärung, mit einer Verlängerung des Mietverhältnisses einverstanden zu sein, die Wirkungen ihrer Erklärung vom 26. 5. 1999 (Ausschluss der Verlängerungsfiktion) wieder beseitigt habe. Damit hätte sich dann aber das Mietverhältnis nach § 29 Abs 4a MRG zunächst um ein Jahr und sodann vereinbarungsgemäß bis 14. 11. 2002 verlängert (vgl Würth/Zingher/Kovanyi, Miet‑ und Wohnrecht22 [2009] § 29 MRG Rz 20 [„kann sich an die stillschweigende Verlängerung eine neue ausdrückliche schriftliche Verlängerung anschließen“]).

3. Der Abschluss mehrerer befristeter Mietverträge hintereinander schadet dem Vermieter im Hinblick auf die Durchsetzbarkeit der letzten Befristung nicht (vgl Würth/Zingher/Kovanyi aaO Rz 10); davon geht auch die Beklagte in ihrer außerordentlichen Revision aus. Damit ist aber die von der Klägerin binnen der Zweiwochenfrist des § 569 ZPO nach Verstreichen der letzten Befristung (14. 11. 2011) eingebrachte Räumungsklage berechtigt.

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