OGH 9ObA55/13y

OGH9ObA55/13y29.5.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Peter Schönhofer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A***** N*****, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei J***** T***** GmbH, *****, vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 1.444,29 EUR brutto sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 14. März 2013, GZ 7 Ra 102/12t‑12, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 9. November 2012, GZ 36 Cga 119/12s‑8, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 336,82 EUR (darin 56,14 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von einer Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO abhängt. Die Begründung dieser Entscheidung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

2. Wenn der Arbeitgeber durch regelmäßige, vorbehaltslose Gewährung bestimmter Leistungen an die Gesamtheit seiner Arbeitnehmer eine betriebliche Übung begründet, die seinen Willen, sich diesbezüglich auch für die Zukunft zu verpflichten, unzweideutig zum Ausdruck bringt, wird diese Übung durch die ‑ gleichfalls schlüssige (§ 863 ABGB) ‑ Zustimmung der Arbeitnehmer zum Inhalt der einzelnen Arbeitsverträge (zB RIS‑Justiz RS0014543, RS0014539). Für das Entstehen eines vertraglichen Anspruchs aufgrund einer Betriebsübung ist entscheidend, welchen Eindruck die Arbeitnehmer bei sorgfältiger Überlegung von dem schlüssigen Erklärungsverhalten des Arbeitgebers haben durften (RIS‑Justiz RS0014154; RS0014489 [T2]; RS0028297 [T2]). Die Frage, ob der Arbeitgeber durch die regelmäßige, vorbehaltlose Gewährung bestimmter Leistungen an die Gesamtheit der Arbeitnehmer eine Betriebsübung begründete, die zum Inhalt der einzelnen Arbeitsverträge wurde, kann stets nur anhand der konkreten Umstände begründet werden (RIS‑Justiz RS0014539 [T24]).

3. Die Beklagte gewährte dem Kläger rund acht Jahre lang 50%ige Nachtstundenzuschläge. Da die Lohnverrechnung der Beklagten im Zuge einer GPLA‑Prüfung beanstandet wurde, nahm sie Änderungen der Lohnverrechnung vor und reduzierte einseitig die Zuschläge auf das im Kollektivvertrag für die „Nachtzulage“ vorgesehene Ausmaß von 1,35 EUR pro Stunde. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass der Kläger durch betriebliche Übung einen vertraglichen Anspruch auf die Nachtstundenzuschläge erworben hat, ist vertretbar.

4. Die Beklagte hält dem entgegen, dass die „Nachtstundenzuschläge“ eine Pauschalposition dargestellt hätten, die etwa bei der Entgeltfortzahlung für Nichtleistungszeiten oder bei den Sonderzahlungen keine Berücksichtigung gefunden habe, während dies bei der nun gewährten Nachtzulage schon der Fall sei. Für den Kläger ergäbe sich daraus insgesamt nur eine Entgeltdifferenz von 30 EUR. Einem solchen Verständnis der Nachtstundenzuschläge steht allerdings entgegen, dass weder eine entsprechende Pauschalierungsvereinbarung getroffen wurde noch sonst Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Nachtstundenzuschläge nach dem Eindruck des Klägers als Pauschalposition verstanden werden konnten.

5. Die weiter relevierte Frage, ob es nicht ausreicht, im Rahmen der Lohnabrechnung die Auszahlungsdifferenz im Ergebnis sowie die Modalitäten der Lohnabrechnung darzustellen, stellt sich danach nicht, geht aber auch am festgestellten Sachverhalt vorbei.

6. Mangels einer erheblichen Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen (s RIS‑Justiz RS0035979).

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