OGH 15Os55/13x

OGH15Os55/13x22.5.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Mai 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Dr. Michel-Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Müller als Schriftführerin in der Strafsache gegen Manfred H***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 18. Oktober 2012, GZ 29 Hv 59/12v-10, zur Wahrung des Gesetzes erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Mag. Holzleithner, des Verurteilten Manfred H***** und seines Verteidigers Dr. Ozlberger sowie des Verurteilten Hannes T***** zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts Krems an der Donau vom 18. Oktober 2012, GZ 29 Hv 59/12v-10, verletzt in den Schuldsprüchen I./1./ und II./ § 107 Abs 1 StGB und im Schuldspruch I./3./ § 107 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB.

Das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird in diesen Schuldsprüchen sowie demzufolge auch in den Aussprüchen über die Strafen (bei Manfred H***** einschließlich der Vorhaftanrechnung) und die privatrechtlichen Ansprüche ebenso wie die gemeinsam gefassten Beschlüsse gemäß § 494a StPO sowie auf Anordnung der Bewährungshilfe für Hannes T***** aufgehoben und es wird die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Krems an der Donau verwiesen.

Text

Gründe:

Mit rechtskräftigem (auch einen Freispruch enthaltenden) Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts Krems an der Donau vom 18. Oktober 2012, GZ 29 Hv 59/12v-10, wurden - soweit im Folgenden von Relevanz - Manfred H***** zweier Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (I./1./ und II./) und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (I./3./) sowie Hannes T***** des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (II./) schuldig erkannt.

Danach hat (bzw haben) in R*****

I./ Manfred H*****

1./ am 5. August 2012 Markus D*****, indem er ihn „in die Thaya warf, zumindest mit einer Verletzung am Körper gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen“;

3./ am 29. September 2012 Hatice To***** „durch die telefonischen Äußerungen, er werde ihre beiden Kinder überfahren, er schieße dem Schaki eine 8 mm in den Schädel und schneide ihr den Hals ab, mit dem Tod gefährlich bedroht“;

II./ Manfred H***** und Hannes T***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) am 5. August 2012 Markus D***** und Viktoria S***** durch die Äußerung, dass sie sie umbringen werden, zumindest mit einer Verletzung am Körper gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen;

Zum Schuldspruch I./1./ stellte der Erstrichter im Wesentlichen nur fest, dass H***** am 5. August 2012 D***** nach einem Streit in Richtung des Flusses Thaya zerrte und ihn schließlich über den dortigen Holzzaun in die Thaya warf, wodurch „er ihn mit einer Verletzung am Körper bedrohte“; dabei hielt es H***** „zumindest ernstlich für möglich, durch diese Handlung D***** in Furcht und Unruhe zu versetzen, und fand sich damit ab“ (US 5 f).

Zu den Schuldsprüchen I./3./ und II./ wurde in Betreff der subjektiven Tatseite konstatiert, dass es die Angeklagten bei Ausstoßen der eingangs wiedergegebenen Drohungen jeweils ernstlich für möglich hielten, den/die jeweiligen Adressaten dieser Äußerungen in Furcht und Unruhe zu versetzen, wobei sie sich damit abfanden (US 6 und 8).

Rechtliche Beurteilung

Diese Schuldsprüche stehen - wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Beim Tatbestand des § 107 StGB besteht die Tathandlung in einer gefährlichen Drohung iSd § 74 Abs 1 Z 5 StGB. Drohung ist die Ankündigung eines zukünftigen Übels; das setzt voraus, dass zwischen Ankündigung und denkbarer Ausführung wenigstens eine geringe Zeitspanne liegt (vgl Jerabek in WK² § 74 Rz 23 ff, insbesondere 26; Schwaighofer in WK² § 107 Rz 4; RIS-Justiz RS0092676). Die Anwendung von Gewalt (als gegenwärtiges Übel) ist in der Regel keine Begehungsform einer - das Übel erst in Aussicht stellenden - Drohung (Jerabek in WK² § 74 Rz 25). Sie kann eine gefährliche Drohung darstellen, sofern die Gewalt den Umständen nach als Drohung mit der Fortsetzung oder der Steigerung der Gewalttätigkeit zu verstehen ist (vgl RIS-Justiz RS0108344, RS0092386).

In Bezug auf die gefährliche Drohung genügt bedingter Vorsatz; darüber hinaus muss der Täter mit der Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) handeln, den Bedrohten in Furcht und Unruhe zu versetzen; hinsichtlich des mit der Tathandlung verfolgten Zwecks der Bedrohung genügt demnach bedingter Vorsatz nicht (Schwaighofer in WK² § 107 Rz 10).

Zum Schuldspruch I./1./ enthält das Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts Krems an der Donau vom 18. Oktober 2012 keinerlei Feststellungen zur Ankündigung eines zukünftigen Übels (vgl US 5 f).

Weiters sind dem in Rede stehenden Urteil sowohl in Bezug auf den Schuldspruch I./1./ als auch zu den weiteren Schuldsprüchen I./3./ und II./ keinerlei Feststellungen zur Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) des H***** bzw des T*****, die jeweils Bedrohten durch die gefährliche Drohung in Furcht und Unruhe zu versetzen, zu entnehmen; die insoweit vom Erstrichter jeweils getroffenen Konstatierungen, wonach die Angeklagten dies zumindest ernstlich für möglich hielten und sich damit abfanden (US 6 und 8), reichen für die rechtliche Annahme des Tatbestands der gefährlichen Drohung nicht hin. Die Tatbeschreibung im Urteilsspruch (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) vermag im Übrigen die fehlenden Feststellungen auf Tatsachenebene nicht zu ersetzen (RIS-Justiz RS0114639, RS0098936; vgl auch Lendl, WK-StPO § 260 Rz 8 und Ratz, WK-StPO § 281 Rz 580).

Den Schuldsprüchen I./1./ und 3./ sowie II./ mangelt es sohin an der erforderlichen Tatsachengrundlage.

Da sich die aufgezeigten Rechtsfehler mangels Feststellungen zum Nachteil der Angeklagten H***** und T***** auswirken, sah sich der Oberste Gerichtshof zu einer konkreten Maßnahme iSd § 292 letzter Satz StPO veranlasst. Weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass Feststellungen in der aufgezeigten Richtung in einem neuen Rechtsgang getroffen werden können, hatte eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in der Sache nicht zu erfolgen.

Im zweiten Rechtsgang wird zu beachten sein, dass bei Anordnung der Bewährungshilfe in der Hauptverhandlung ein gesonderter (förmlicher und begründeter) Beschluss zu fassen ist, der nicht gemeinsam mit dem Urteil auszufertigen ist (Danek, WK-StPO § 270 Rz 50; Fabrizy, StPO11 § 494 Rz 1).

Damit ist die Beschwerde des Manfred H***** gegen den gemeinsam mit dem gegenständlichen Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau gefassten Beschluss auf Widerruf bedingter Strafnachsicht gegenstandslos.

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