OGH 6Ob246/12p

OGH6Ob246/12p8.5.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Linz zu FN ***** eingetragenen K***** Gesellschaft m.b.H. in Liquidität mit dem Sitz in L*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Gesellschafters Dkfm. Dr. ***** E*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Rumpl, Rechtsanwalt in Mödling, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 11. Oktober 2012, GZ 6 R 119/12f‑18, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 15 Abs 1 FBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit rechtskräftigem Beschluss des Landesgerichts Linz vom 1. 9. 2011 wurde der am 3. 7. 2008 über das Vermögen der Gesellschaft eröffnete Konkurs nach Verteilung des Massevermögens gemäß § 139 KO aufgehoben.

Im Konkursverfahren behauptete der Revisionsrekurswerber, dass die Gesellschaft Bestandnehmerin eines bestimmten Grundstücks sei, sie dieses einer Gesellschaft m.b.H. in Unterbestand gegeben habe und gegen diese Unterbestandzinsforderungen bestünden. Ihr stünden gegen den Bestandgeber und zwei weiteren Personen Schadenersatzansprüche zu, weil ihr diese die Ausübung der Bestandrechte verwehrt hätten. Der Masseverwalter schloss deshalb mit dem Revisionsrekurswerber einen Abtretungsvertrag, mit dem dem Gesellschafter gegen Zahlung von 10.000 EUR die von ihm behaupteten Ansprüche und Forderungen der Gesellschaft aus dem Bestandvertrag gegen den Bestandgeber bzw dessen Rechtsnachfolger und aus dem Unterbestandvertrag gegen den Unterbestandnehmer, welcher Rechtsnatur auch immer diese Ansprüche sein mögen, und die von ihm behaupteten Schadenersatzansprüche abgetreten wurden, sofern derartige Anspruchsübertragungen ohne Zustimmung des vom Gesellschafter behaupteten Bestandgebers bzw des von ihm behaupteten Unterbestandnehmers rechtlich möglich sind. Im Vertrag wurde klargestellt, dass das vom Gesellschafter behauptete Bestandrecht der Gesellschaft nicht übertragen wird. Sowohl der Liquidator als auch der Masseverwalter vertraten die Ansicht, dass der Gesellschaft ein Bestandrecht nicht zusteht. Der Abtretungsvertrag wurde am 22. 6. 2011 nach konkursgerichtlicher Genehmigung wirksam.

Mit dem angefochtenen Beschluss bestätigte das Rekursgericht die vom Firmenbuchgericht gemäß § 40 FBG angeordnete Löschung der Liquidationsgesellschaft. Das Rekursgericht vertrat die Auffassung, das Bestandrecht der Gesellschaft stehe einer Löschung nicht entgegen. Soweit der Gesellschaft Ansprüche oder Forderungen aus dem Unterbestandsverhältnis entstanden sein sollten, seien sie dem Revisionsrekurswerber bereits rechtswirksam abgetreten worden. Ein bilanzierungsfähiges und verwertbares Vermögen der Liquidationsgesellschaft liege daher nicht mehr vor.

Der außerordentliche Revisionsrekurs zeigt keinen zulassungsrelevanten Fehler der angefochtenen Entscheidung auf:

Rechtliche Beurteilung

Ein Bestandrecht stelle, so führt der Rechtsmittelwerber aus, nicht bloß eine leere rechtliche Hülle dar, sondern sei mit dem Recht „befüllt“, eine Sache zu gebrauchen. Solange nicht gewährleistet sei, dass aus diesem Benützungsrecht keine Vermögenswerte entspringen könnten, sei eine Löschung nicht gerechtfertigt. Durch eine Löschung nähme man der Gesellschaft die Möglichkeit, ihre Rechte einzuziehen.

Nach den zu § 40 FBG entwickelten Grundsätzen entspricht es völlig einhelliger Auffassung, dass Vermögen nur ist, was bilanzierungsfähig und verwertbar ist (6 Ob 88/10z; OLG Wien NZ 1996, 314; Koppensteiner/Rüffler , GmbHG 3 § 84 Rz 13; G. Nowotny in Kodek/Nowotny/Umfahrer , FBG § 40 Rz 8). Vermögen ist, was bei kaufmännisch‑wirtschaftlicher Betrachtungsweise verwertbar, was zur Gläubigerbefriedigung oder gegebenenfalls zur Ausschüttung an die Gesellschafter geeignet ist, somit verteilungsfähige Aktiva (6 Ob 88/10z; RIS‑Justiz RS0060128; G. Nowotny aaO). Eine Aufhebung des Konkurses gemäß § 139 KO indiziert die Vermögenslosigkeit (6 Ob 88/10z; OLG Wien 28 R 276/04w).

Wenngleich die Rechtsprechung Nutzungsrechte einer Gesellschaft als Bestandnehmerin oder Leasingnehmerin als Aktivvermögen in Gestalt vertraglicher Rechte gegen Dritte angesehen hat (7 Ob 116/05t; 1 Ob 116/06b; vgl 6 Ob 262/02a mwN), so ist doch das vom Rekursgericht angenommene Bestandrecht bei der gebotenen kaufmännisch-wirtschaftlichen Betrachtungsweise vor dem Hintergrund des festgestellten Abtretungsvertrags kein verwertbares und verteilungsfähiges Vermögen. Wie das vom Liquidator ohnehin für nicht bestehend erachtete Bestandrecht noch kapitalbringend verwertet werden könnte, vermag auch der Revisionsrekurswerber nicht aufzuzeigen (anzumerken ist im Übrigen: worauf sich dessen Ableitung aus der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 10 Ob 1/12p durch das Rekursgericht stützt, ist unklar, war doch die Gesellschaft nicht Partei dieses Verfahrens). Der auf die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs 9 ObA 17/98k und 6 Ob 262/02a gestützte Beurteilung des Rekursgerichts, dass die bloße Existenz von Rechtsverhältnissen zu Dritten nicht zur Annahme der Weiterexistenz der Gesellschaft ausreicht, ist jedenfalls nach den Umständen des zu entscheidenden Falls nicht entgegenzutreten. Da der zu beurteilende Sachverhalt mit jenem der Entscheidungen 7 Ob 116/05t und 1 Ob 116/06b nicht vergleichbar ist, liegt auch keine uneinheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor.

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