OGH 8ObA21/13s

OGH8ObA21/13s29.4.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, den Hofrat Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johanna Biereder und Harald Kohlruss als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei G***** T*****, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Annemarie Stipanitz-Schreiner und Dr. Helmut Klement, Rechtsanwälte in Graz, wegen 47.914,27 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14. Februar 2013, GZ 6 Ra 94/12h-29, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Rechtsausführungen der Vorinstanzen zum Beginn der Verfallsfrist nach § 34 AngG für erst nach der fristwidrigen Beendigung des Dienstverhältnisses fällig werdende Teilbeträge einer Kündigungsentschädigung stehen im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung und Lehre (RIS-Justiz RS0028739; RS0029690; Pfeil in ZellKomm² § 34 AngG Rz 9 mwN; zuletzt etwa Haider in Reissner [Hrsg] AngG § 34 Rz 11). Ausgehend von der fristgerechten Geltendmachung bestand kein rechtliches Interesse und keine Notwendigkeit für eine Feststellungsklage zur Verhinderung eines Verfalls.

Der in der Revision zitierte Rechtssatz (RIS-Justiz RS0029906 = 1 Ob 1012/25 [!]) geht - unabhängig von der Frage seiner Aktualität - von einem völlig anderen Sachverhalt aus. Im vorliegenden Fall wurde ja der bei Beendigung des Dienstverhältnisses der Klägerin fällige erste Teilbetrag der Kündigungsentschädigung von der Beklagten unstrittig bezahlt.

2. Die nach § 29 Abs 1 AngG vorzunehmende Anrechnung des anderweitigen Verdienstes, den der Angestellte „absichtlich“ zu erwerben versäumt hat, hängt nach herrschender Auffassung von einem auf Schädigung des fortzahlungspflichtigen Arbeitgebers gerichteten Vorsatz ab (ua Pfeil aaO § 29 AngG Rz 38; Grillberger in Löschnigg, AngG9 § 29 Rz 28). Wird dem Angestellten eine konkrete Ersatzbeschäftigung angeboten, so kommt eine Anrechnung des fiktiven Verdienstes aus einer Ablehnung dieses Anbots nur in Frage, wenn diese Beschäftigung dem Arbeitnehmer zumutbar gewesen wäre (Schrammel, Arbeitsrecht II6, 162; Haider aaO § 29 Rz 95 f mwN). Die Beurteilung der Zumutbarkeit einer Tätigkeit hängt aber grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl RIS-Justiz RS0113667) und wirft, außer im Fall einer krassen Fehlbeurteilung, keine erhebliche Rechtsfrage auf.

Die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, dass der Klägerin die angebotene Wiederaufnahme eines Dienstverhältnisses zur Beklagten wegen des schlechten Arbeitsklimas, der wiederholt rechtswidrig ausgesprochenen Kündigungen und der Notwendigkeit, ihre fälligen Forderungen im Exekutionsweg einzubringen, sowie der mangelnden Bestimmtheit bzw des geringeren Entgelts insgesamt unzumutbar war. Diese Rechtsansicht ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls jedenfalls nicht unvertretbar; ob allenfalls auch eine andere Beurteilung vertretbar gewesen wäre, begründet noch keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO.

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