OGH 8Ob35/13z

OGH8Ob35/13z29.4.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** K*****, vertreten durch Rechtsanwälte Summer, Schertler, Stieger, Droop in Bregenz, gegen die beklagte Partei S***** S*****, vertreten durch Achammer Mennel Welte Achammer Kaufmann Rechtsanwälte GmbH in Feldkirch, wegen 66.652,84 EUR sA und Feststellung (Interesse 15.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 31. Jänner 2013, GZ 1 R 232/12w-85, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Nach den Feststellungen ist dem Beklagten vorzuwerfen, dass er beim Zünden von Feuerwerkskörpern der Klasse II des zum Schädigungszeitpunkt geltenden PyrotechnikG 1974 einen weitaus zu geringen Sicherheitsabstand eingehalten hat.

Das in der Revision gebrauchte Argument, der Beklagte habe nicht mit einer Explosion des Feuerwerkskörpers aufgrund eines Produktfehlers rechnen müssen, ist nicht zielführend. Aufgrund des an der Verpackung angebrachten und vom Beklagten gelesenen Hinweises, dass ein Sicherheitsabstand einzuhalten sei, musste ihm klar sein, dass von dem Pyrotechnikartikel auch bei sachgerechter Handhabung eine grundsätzliche Gefahr für die körperliche Unversehrtheit der herumstehenden Zuseher ausging. Für die Beurteilung, ob ein dennoch in unmittelbarer Nähe von Zuschauern getätigter Raketenabschuss Fahrlässigkeit begründete, kommt es daher auf die konkrete Ursache der Explosion nicht an.

Da von einem Verschulden des Beklagten auszugehen war, hatten sich die Vorinstanzen mit der Frage einer allfälligen verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung nicht zu befassen.

2. Ob dem Geschädigten eine Sorglosigkeit in eigener Sache iSd § 1304 ABGB vorzuwerfen ist, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und bildet daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0087606 [T11]). Eine krasse Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts, die dessen ungeachtet die Zulässigkeit der Revision rechtfertigen könnte, zeigt der Beklagte nicht auf.

Der Einwand, der Kläger hätte selbst erkennen können, dass er zu nahe an den aufgestellten Feuerwerkskörpern stand, ist mit dem festgestellten Sachverhalt nicht vereinbar. Die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen kann aber im Revisionsverfahren nicht mehr angefochten werden.

3. Bei der Bemessung des Schmerzengeldes ist jede Verletzung in ihrer Gesamtauswirkung nach den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu betrachten und auf dieser Basis eine Bemessung vorzunehmen (RIS-Justiz RS0125618). Vergleiche mit anderen Fällen sind hier immer problematisch, weil ein identer Sachverhalt kaum möglich ist. Der von der Judikatur ganz allgemein gezogene Rahmen darf zwar im Einzelfall nicht gesprengt werden, tendenziell erscheint es aber geboten, das Schmerzengeld nicht zu knapp zu bemessen (RIS-Justiz RS0031075 [T4]).

Ausgehend von diesen Grundsätzen vermag die Revision im vorliegenden Fall keine eklatante Fehlbemessung aufzuzeigen, die völlig aus dem Rahmen der oberstgerichtlichen Rechtsprechung fallen und eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufwerfen würde (RIS-Justiz RS0031075; RS0042887 [T5, T6]).

Der zuerkannte Betrag erscheint im Vergleich mit früheren höchstgerichtlichen Entscheidungen zu mehr oder weniger ähnlichen Verletzungsfolgen zwar hoch, was allerdings darin begründet ist, dass bei dem im Unfallszeitpunkt erst 24-jährigen Kläger nicht nur der bloße Funktionsverlust eines Auges, sondern lebenslang ständig wiederkehrende unfallskausale Schmerzen und Missempfindungen als medizinisch gesicherte Prognose in die Entscheidung einzubeziehen waren. Da das Schmerzengeld einmalig und global auch für alle bereits absehbaren zukünftigen Folgen zu bemessen ist, mussten diese Langzeitfolgen ebenso wie die damit einhergehende psychische Belastung entsprechend berücksichtigt werden, sodass den Vorinstanzen im vorliegenden Einzelfall noch keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Überschreitung ihres Ermessensspielraums vorgeworfen werden kann.

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