OGH 2Ob251/12v

OGH2Ob251/12v25.4.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

 Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach Paula U*****, verstorben am *****, zuletzt wohnhaft *****, über den I. Revisionsrekurs von 1. Erika M*****, *****, 2. Ingeborg B*****, 3. Anna P*****, 4. Rosa T*****, 5. Herbert N*****, 6. Herbert S*****, 7. Herta S*****, 8. Berta Gertrude L*****, 9. Karl S*****, 10. Maria B*****, 11. Irmgard H*****, und 12. Gertrude P*****, alle vertreten durch Dr. Walter Fleissner, Rechtsanwalt in Wien, sowie den II. Revisionsrekurs von 1. Dietmar G*****, und 2. Nina P*****, beide vertreten durch Mag. Heinz Wolfbauer, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 25. April 2012, GZ 42 R 25/12f‑143, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 16. November 2011, GZ 9 A 17/08t‑134, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0020OB00251.12V.0425.000

 

Spruch:

Den Revisionsrekursen wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die Verlassenschaft nach Christine B*****, sowie Maria R*****, Gertrude G***** und Dimitrije S***** sind schuldig, den Revisionsrekurswerbern zu I. die mit 7.722,24 EUR (darin enthalten 1.286,30 EUR USt) sowie den Revisionsrekurswerbern zu II. die mit 6.433,73 EUR (darin enthalten 1.072,19 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Christine B*****, Maria R*****, Gertrude G***** und Dimitrije S***** gaben je zu einem Viertel des Nachlasses nach Paula U***** bedingte Erbantrittserklärungen auf Basis eines mündlichen Testaments vom 1. 11. 1999 ab. Danach hatte die Erblasserin an diesem Tag in Anwesenheit der vier genannten Personen erklärt: „Ihr seid die einzigen, die sich um mich kümmern und die mich bei allem unterstützen. Aus diesem Grund will ich euch jetzt sagen, dass ihr meine Erben sein sollt und alles was ich habe, gleichteilig untereinander aufteilen sollt. Niemand sonst soll etwas bekommen, weil ihr die einzigen seid, die mir helfen.“ Außer den vier Bedachten war niemand anwesend. In einem von den vier genannten Personen dazu verfassten und unterschriebenen Aufsatz wird auch ausgeführt, dass als Testamentszeugen zu jeweils einem Erben die drei weiteren Miterben fungierten. Sie seien weder verwandt noch verschwägert noch verheiratet und somit taugliche Testamentszeugen für die jeweils drei anderen.

Daneben liegen Erbantrittserklärungen aufgrund des Gesetzes ua der nunmehrigen Rechtsmittelwerber vor.

Das Erstgericht wies die Erbantrittserklärungen der vier genannten Personen ab. Nach der Formulierung des behaupteten mündlichen Testaments vom 1. 11. 1999 lägen unbestimmte Erbeinsetzungen vor. Wunsch der Erblasserin sei die gleichmäßige Verteilung des Nachlasses und nicht die Zuordnung von bestimmten Anteilen gewesen. Die Personen könnten daher nicht einen bestimmten Anteil für sich reklamieren und hinsichtlich der anderen Teile Zeuge sein. Sie seien vielmehr bis zur Erbteilung als Gemeinschaft zu sehen und iSd § 595 ABGB jeweils kein fähiger Zeuge für die anderen.

Das Rekursgericht hob diese Entscheidung auf. Der Rechtsansicht des Erstgerichts könne nicht gefolgt werden. Die Anwesenheit von vier Zeugen sei für die Gültigkeit eines mündlichen Testaments grundsätzlich ausreichend, auch wenn alle von ihnen auch als Erben bedacht sein sollten. Jeder der vier Zeugen sei zwar unfähig den ihm zugesicherten Erbteil zu bezeugen, er könne jedoch für die übrigen drei Erben sehr wohl Zeuge sein, sodass insgesamt von einer ausreichenden Zahl von Zeugen und damit der Gültigkeit eines auf diesem Wege zustandegekommenen Testaments auszugehen sei. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren Beweise zur Frage aufnehmen müssen, ob die von den Rekurswerbern geschilderte Erbeinsetzung tatsächlich erfolgt sei, insbesondere auch unter Bedachtnahme auf den Umstand, dass sie im Verlassenschaftsverfahren vorerst eine Forderung von je 30.000 EUR geltend gemacht und erst in der Folge ein mündliches Testament behauptet hätten.

Der Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil zur hier zu entscheidenden Rechtsfrage keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionsrekurse der gesetzlichen Erben jeweils mit dem Antrag, die Erbantrittserklärungen der vier genannten Personen ab‑ bzw zurückzuweisen. In eventu wird jeweils ein Aufhebungsantrag gestellt. Einem Rechtsmittel liegt ein Rechtsgutachten Vonkilchs bei, womit sich der Oberste Gerichtshof nicht befassen muss; es gilt der Grundsatz: iura novit curia (vgl RIS‑Justiz RS0043585).

Die Verlassenschaft nach Christine B***** beantragt in ihren Revisionsrekursbeantwortungen den Revisionsrekursen nicht Folge zu geben.

Die Revisionsrekurse sind mangels einschlägiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zulässig, sie sind auch berechtigt.

1. Die Bestimmungen über das mündliche Testament in den §§ 584 bis 586 ABGB wurden durch das Familien‑ und Erbrechtsänderungsgesetz (FamErbRÄG 2004, BGBl I 2004/58) wegen Missbrauchsgefahr und zum Schutz der gesetzlichen Erben abgeschafft bzw auf die bloße Notform gemäß § 597 ABGB nF reduziert (471 BlgNR 22 GP 11). Dass aber auf vor dem 1. 1. 2005 errichtete letztwillige Verfügungen diese neue Gesetzeslage noch nicht anzuwenden ist, sondern die §§ 584 bis 586 ABGB aF gelten, wird von den Parteien nicht in Frage gestellt.

2. § 594 ABGB bestimmt im Zusammenhang mit unfähigen Zeugen bei letztwilligen Anordnungen, dass ua ein Erbe oder Legatar in Rücksicht des ihm zugedachten Nachlasses kein fähiger Zeuge ist. Die Verfügung muss, um gültig zu sein, vom Erblasser eigenhändig geschrieben oder von drei von den bedachten Personen verschiedenen Zeugen bestätigt werden.

3. In der Judikatur wurde bisher ausgesprochen, dass die Ungültigkeit der letztwilligen Verfügung jeweils nur die Zuwendung erfasst, auf die sich die Unfähigkeit des Zeugen bezieht. Die Zuwendung ist daher gültig, wenn insoweit noch andere Zeugen in ausreichender Zahl beigezogen wurden (RIS‑Justiz RS0012507). Den in dieser Rechtssatzkette angeführten höchstgerichtlichen Entscheidungen liegen aber jeweils nicht vergleichbare Sachverhalte zugrunde:

3.1. In 5 Ob 620/82 wurde eine Person zur Erbin eingesetzt und dem Bruder des Erblassers ein Legat vermacht. Testamentszeugen waren die Mutter der eingesetzten Erbin sowie zwei Bekannte des Erblassers. In dieser Konstellation erkannte der Oberste Gerichtshof, dass ein gültiges mündliches Testament deshalb vorliege, weil zwar die Mutter der eingesetzten Erbin keine fähige Zeugin für die Erbeinsetzung ihrer Tochter sei, wohl aber der Legatar und die beiden Bekannten des Erblassers und umgekehrt für die Bestellung des Legatars die beiden Bekannten und die Mutter der eingesetzten Erbin fähige Zeugen seien.

3.2. In 1 Ob 600/89 dagegen ging es um die Frage der Fähigkeit als Testamentszeuge im Zusammenhang mit Verwandtschaft bzw Schwägerschaft. Der Oberste Gerichtshof ging davon aus, dass die Schwägerin der als Alleinerbin eingesetzten Witwe zwar nicht deren Erbeinsetzung bezeugen könne, wohl aber die ausdrückliche Verweisung der Kinder des Erblassers auf die Pflichtteile, weil sich die vom Gesetz angenommene Befangenheit der Testamentszeugin auf sie nicht erstrecke und daher insoweit auch nicht ungültig sei.

3.3. Zuletzt war in 1 Ob 77/08t über die Zuweisung der Parteirollen in einem noch gemäß §§ 125 ff AußStrG 1854 zu führenden Erbrechtsstreit zu entscheiden. Der erste Senat legte dar, dass ein Testamentszeuge, der (überdies nur ersatzweise) einen Wohnungsanteil zugedacht erhalten habe, nur in Rücksicht dieses Nachlassgegenstands als unfähiger Zeuge angesehen werden könne, nicht aber in Ansehung der sonstigen Verfügung über den Nachlass. Er sei daher durchaus als fähiger Zeuge zu betrachten.

3.4. Zu der hier entscheidungswesentlichen Spezialfrage, ob von drei in diesem Sinne fähigen Testamentszeugen auch dann auszugehen ist, wenn ein Erblasser vier Personen als Erben einsetzt, sodass jeder eingesetzte Erbe jeweils über die Erbeinsetzung der anderen drei Bedachten Zeugnis ablegen kann, besteht dagegen keine oberstgerichtliche Judikatur.

4. In der Lehre wird die Frage der Zeugnisfähigkeit im hier entscheidungsrelevanten Zusammenhang seit langem diskutiert:

4.1.  Winiwarter , Das österreichische bürgerliche Recht, 3. Teil, 100, vertritt den Standpunkt, aus den Worten des Gesetzbuches ergebe sich, dass die Verfügung nicht gilt, wenn in einem nicht eigenhändig geschriebenen Testament zwei oder drei Zeugen bedacht würden, wenn auch zu diesen Verfügungen ein vierter unbedenklicher Zeuge zugezogen wird. Denn das Gesetz fordere drei von den in § 594 als unfähig erklärten verschiedene Zeugen. In dem gesetzten Falle wären aber nur zwei oder gar nur ein unbedenklicher Zeuge vorhanden. „Es wäre auch in der Tath zu gefährlich, jenen Glauben beizumessen, deren Aussagen zu ihrem wechselseitigen Vortheile dienen sollen.“

4.2.  Pfaff/Hofmann , Excurse über österreichisches allgemeines bürgerliches Recht, 2. Band, §§ 123 ff meinen unter Darstellung der Entstehungsgeschichte der §§ 594, 595 ABGB, dass nach § 594 ABGB die Eigenschaften „Zeuge“ und „Honorierter“ nicht geradezu unverträglich seien. Es seien in diesem Fall nur gesteigerte Kautelen zu fordern, die in der gesetzlichen Bestimmung selektiv nebeneinander gestellt würden. Entweder müsse die fragliche Verfügung vom Erblasser eigenhändig geschrieben werden oder durch drei von den bedachten Personen verschiedene Zeugen bestätigt werden. Der Honorierte und ihm nahestehende Personen seien nach der Auffassung des Gesetzes befangen und darum untaugliche Zeugen, aber nur hinsichtlich der eigenen Honorierung. Keineswegs werde dadurch ihre Zeugeneigenschaft in Bezug auf das ganze Testament ungültig. Wenn also jedem der drei Zeugen ein Legat hinterlassen und ein vierter Zeuge zugezogen würde, so wäre alles in Ordnung, weil für jedes der Legate drei von den Legataren verschiedene Zeugen vorhanden seien. Es müsse sogar behauptet werden, dass wenn es in einem Testament hieße, „Mein ganzes Vermögen soll an A, B, C, D zu gleichen Teilen fallen“ und A, B, C, D die Zeugen dieses Testaments wären, der § 594 ABGB seiner Gültigkeit nicht entgegenstünde - „das ist nicht gut, aber es ist so“ (aaO, 128; ebenso Pfaff/Hofmann, Commentar zum österreichischen allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch, 2. Band, 196).

4.3.  Ehrenzweig , System II/2 2 §§ 430 ff vertritt ebenfalls die Ansicht, dass der Befangene nur hinsichtlich der einzelnen Verfügung unfähig ist, also nur in Bezug auf die Zuwendung, die dem Zeugen selbst oder seinen Angehörigen gemacht worden ist. Zur Frage, was zu gelten hat, wenn der Erblasser vor vier Zeugen testiert und alle vier zu Erben einsetzt, meint er, dass dann jede einzelne Erbeinsetzung von drei vom Befangenen verschiedenen Zeugen bestätigt werde und „nach dem Wortlaute des Paragraphen“ die Erbeinsetzung gültig sei, wofür sich auch die „neueren Ausleger“ entschieden hätten.

4.4.   Auch Weiß in Klang , 3. Band, 339, zählt als relativ unfähig zur Bezeugung letztwilliger Anordnungen befangene Personen auf, denen oder deren nahen Angehörigen in der den Gegenstand des Zeugnisses bildenden Anordnungen ein Erbteil oder Vermächtnis zugedacht ist. Die Bestimmungen über die Unfähigkeit zum Testamentszeugnis seien zwingendes Recht. Die Beiziehung eines relativ unfähigen Zeugen habe absolute Wirkung in Bezug auf die zugunsten jenes Bedachten ergangenen Verfügungen (aaO 340). Der Testator könne solchen Verfügungen die Gültigkeit unter anderem dadurch sichern, dass er sie durch drei von den ausgeschlossenen Personen verschiedene fähige Zeugen bestätigen lasse. Bei dieser Variante sei zweifelhaft, ob eine spezielle Bestätigung erforderlich sei oder schon eine Vermehrung der Zeugenzahl genüge. Nach JB 55 solle es genügen, dass drei fähige Zeugen den letzten Willen in gesetzlicher Form unterschrieben hätten. Demzufolge sei ein vor vier Zeugen, von denen jeder bedacht sei, errichteter letzter Wille in all diesen Anordnungen formgültig, weil jede Zuwendung von drei anderen bestätigt erscheine (aaO 341).

4.5 . Gschnitzer/Faistenberger , Österreichisches Erbrecht² 38, sind der Ansicht, dass die Befangenheit die Verfügung nicht zur Gänze ungültig macht, sondern nur in Rücksicht des den Befangenen zugedachten Nachlasses. Die nicht unbedenkliche Folge sei, dass vier Befangene ein Testament gültig bezeugen könnten, in dem jeweils drei die Bedenkung des Vierten bezeugten.

4.6. In diesem Sinn legt auch Kralik in Ehrenzweig, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts³, 4. Buch, 144, dar, dass die Beteiligung eines wegen Befangenheit unfähigen Zeugen die letztwillige Anordnung nicht ungültig macht, sondern nur die zugunsten des Bedachten, auf den sich die Unfähigkeit bezieht, getroffene Verfügungen - und auch das nicht, wenn die Form auch ohne Anwesenheit des unfähigen Zeugen gewahrt wäre, wenn also zB noch wenigstens drei fähige Zeugen vorhanden waren. Daraus ziehe die herrschende Meinung den teleologisch nicht unbedenklichen Schluss, dass der Erblasser, der vier Personen bedenke, die in keinen der in § 594 ABGB genannten Verhältnissen zueinander stünden, die vier Bedachten wirksam als Zeugen heranziehen könne, weil drei von ihnen hinsichtlich der Zuwendung an den vierten fähige Zeugen seien.

4.7. In neuerer Zeit vertreten Koziol/Welser , Grundriss II 13, 509 die Ansicht, dass eine Verfügung gültig ist, wenn noch andere Zeugen in ausreichender Zahl vorhanden sind. Daher könne der Erblasser jeden Zeugen bedenken, wenn jede Zuwendung nur einen Zeugen begünstige und der Erblasser nicht drei, sondern vier Zeugen beiziehe, sodass jeweils die drei nicht Bedachten die Zuwendung des vierten bezeugen könnten.

4.8.  Welser in Rummel 3 § 596 ABGB Rz 7 meint, dass die Beiziehung weiterer Zeugen auch bei mündlichen Testamenten in Betracht komme und dann, wenn alle Zeugen bedacht seien, jede Verfügung gültig sei, wenn insgesamt vier Zeugen zugezogen würden.

4.9.  Eccher in Schwimann/Kodek , Praxiskommentar III 4 § 594 ABGB Rz 6 führt aus, in der neueren Literatur werde überwiegend abgelehnt, dass bei Zuziehung von vier Zeugen drei jeweils die Zuwendung an den vierten gültig bezeugen könnten und zitiert dazu Kralik sowie Gschnitzer/Faistenberger.

4.10. Letztlich vertritt auch Knechtel in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON § 594 ABGB Rz 8 f die Auffassung, dass dann, wenn der Testator einen der drei Zeugen bedenken wolle, er alternativ zur eigenhändigen Verfassung der gesamten Verfügung einen weiteren, nicht ausgeschlossenen Zeugen zuziehen könne. Strittig sei, ob der Testator, der vier Personen bedenken wolle, die in keinem der in § 594 ABGB genannten Verhältnisse zueinander stünden, diese zugleich als Zeugen seines letzten Willens heranziehen könne. Welser und Koziol/Welser erachteten eine solche Verfügung für gültig, weil jeweils drei nicht bedachte Zeugen die Zuwendung des vierten bezeugen könnten. Kralik und Pfaff/Hofmann hielten dies dagegen für ausgeschlossen, weil teleologisch bedenklich.

5. Der erkennende Senat hat erwogen:

5.1. Bei der Einsetzung von Erben ist grundsätzlich zwischen der unbestimmten, die nach § 554 Satz 1 ABGB die gesetzliche Erbfolge ausschließt, und der bestimmten Erbeinsetzung, bei der der Testamentserbe neben den gesetzlichen Erben zum Zuge kommt, zu unterscheiden ( Apathy in KBB³ § 554 ABGB Rz 2).

Gemäß § 555 ABGB teilen mehrere Erben, die ohne Vorschrift einer Teilung eingesetzt worden sind, zu gleichen Teilen; nach § 556 ABGB dagegen fallen, wenn mehrere Erben mit bestimmten Erbteilen, die aber das Ganze nicht erschöpfen, eingesetzt worden sind, die übrigen Teile den gesetzlichen Erben zu, wohingegen, wenn der Erblasser die Erben zum ganzen Nachlass berufen hat, die gesetzlichen Erben keinen Anspruch haben, auch wenn der Erblasser bei Berechnung der Beträge oder in der Aufzählung der Erbstücke etwas übergangen hätte.

Gemäß § 557 ABGB erhalten bei gemischter Erbseinsetzung die unbestimmt Eingesetzten den nicht bestimmten Teil zu gleichen Teilen.

5.2. Mehrere auf bestimmte Quoten oder gemeinsam auf eine Quote eingesetzte Erben teilen somit entsprechend § 554 Satz 2 ABGB mit den gesetzlichen Erben, wenn der Erblasser nicht über den gesamten Nachlass verfügt hat. Wollte der Erblasser hingegen über den gesamten Nachlass verfügen, hat er sich aber verrechnet, schließt dies die gesetzlichen Erben aus und die Quoten der Testamentserben erhöhen sich proportional ( Apathy in KBB 3 § 556 ABGB Rz 1 und 2).

Eine Einsetzung zu gleichen Teilen ist dann eine bestimmte iSd § 562 ABGB, wenn die Quoten ziffernmäßig festgesetzt sind (RIS‑Justiz RS0012375).

5.3. Voraussetzung für eine gültige mündliche Erbeinsetzung ist aber darüber hinaus, dass die Zeugenaussagen über ihren Inhalt übereinstimmen, weil ansonsten nach der Entscheidung 6 Ob 177/74 = SZ 47/129 eine in der gehörigen Form errichtete letztwillige Erklärung nicht angenommen werden kann.

5.4. Bei unbestimmter Erbeinsetzung ist es für die korrekte Bestimmung der Portionen der einzelnen Erben unabdingbare Voraussetzung, die Anzahl der insgesamt eingesetzten Personen zu kennen. Um daher in diesem Fall Zeugnis vom korrekten Inhalt des Testaments geben zu können, muss ein Zeuge in der Lage sein, sämtliche unbestimmten Erbeinsetzungen zu bezeugen und müssen im Sinne der Entscheidung 6 Ob 177/74, um einen übereinstimmenden Inhalt und damit ein in gültiger Form errichtetes mündliches Testament zu erhalten, drei Zeugen dazu in der Lage sein.

Lediglich bei einer bestimmten Erbeinsetzung mit jeweils konkreter unveränderlicher Quote könnten aber jeweils drei Zeugen übereinstimmend die Einsetzung eines vierten Erben für die bestimmte Portion, zB zu 25 %, bezeugen und daher insoweit übereinstimmendes Zeugnis über den selbstständig und unabhängig bestandskräftigen (Teil‑)Inhalt des Testaments geben.

Bei der hier vorliegenden unbestimmten Erbeinsetzung könnte dagegen jeder Einzelne gültig jeweils nur Zeugnis über die Einsetzung von drei Erben abgeben und somit weder über den wahren Inhalt des Testaments, nämlich die Einsetzung von vier Erben, noch über die richtige Quote der eingesetzten Erben. Auch würden entgegen den zu 6 Ob 177/74 aufgestellten Erfordernissen die Aussagen der Zeugen über den Inhalt der mündlichen Erbeinsetzung nie übereinstimmen, weil jeder Zeuge die Erbseinsetzungen unterschiedlicher Personen bestätigen würde.

5.5. Dieser Befund wird auch durch die Regelung des Gesetzes über den erbrechtlichen Zuwachs gestärkt:

Nach § 560 ABGB wächst, wenn alle Erben ohne Bestimmung der Teile oder in dem allgemeinen Ausdruck einer gleichen Teilung zur Erbschaft berufen werden und einer von ihnen vom Erbrecht keinen Gebrauch machen kann oder will, der „erledigte“ Teil den übrigen eingesetzten Erben zu. Nach § 562 ABGB gebührt dagegen einem bestimmt eingesetzten Erben in keinem Fall das Zuwachsrecht, sondern fällt ein „erledigter“ Erbteil den gesetzlichen Erben zu.

Bedenkt man nun, dass nach § 594 ABGB ein Erbe in Rücksicht des ihm zugedachten Nachlasses kein fähiger Zeuge sein kann, muss dies in der hier zu beurteilenden Konstellation auch insoweit gelten, als die Bezeugung der unbestimmten Erbeinsetzung der anderen drei Erben automatisch auch jeweils das eigene Zuwachsrecht bezeugt und damit einen ‑ zumindest indirekt und bedingt ‑ dem jeweiligen Zeugen „zugedachten“ Nachlassteil.

Die Zuwendung der Erblasserin begünstigt damit im vorliegenden Fall nicht nur jeweils ausschließlich einen bestimmten Zeugen sondern aufgrund der unbestimmten Einsetzung jeweils alle Zeugen untrennbar gemeinsam.

5.6. Der erkennende Senat ist daher im Hinblick auf die vorliegende unbestimmte Erbeinsetzung der Personen, die gleichzeitig als Testamentszeugen dienen sollen, der Ansicht, dass mangels Unabhängigkeit der Anteile von einander und selbstständiger Bestandskraft der einzelnen Erbeinsetzung ohne Auswirkung auf die übrigen Erben nicht davon ausgegangen werden kann, dass hier drei „von den gedachten Personen“ verschiedene Zeugen iSd § 594 letzter Satz ABGB vorhanden sind.

Mangels formgültigen Testaments waren in Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung die Erbantrittserklärungen der vier das Bestehen eines mündlichen Testaments behauptenden Einschreiter abzuweisen.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 AußStrG.

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