OGH 2Ob19/13b

OGH2Ob19/13b25.4.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Kalivoda, Dr. Veith, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI P***** N*****, vertreten durch Mag. Eric Breiteneder, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei M***** AG, *****, vertreten durch die Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 285.852,19 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. November 2012, GZ 5 R 225/12p‑35, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.

Text

Begründung

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts, welches die beklagte Bank verpflichtete, dem klagenden Anleger aufgrund erfolgreicher Irrtumsanfechtung den geltend gemachten Teil des Kaufpreises der erworbenen Zertifikate Zug um Zug gegen Rückstellung derselben zu zahlen.

Die Beklagte bezeichnet in ihrer außerordentlichen Revision als erhebliche Rechtsfragen das Fehlen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage, ob bei der Beurteilung der Irreführungseignung der Werbebroschüre für einen Akademiker ein anderer Maßstab anzulegen sei als für den typischen Sparbuchsparer, sowie ob ein vermögender, erfahrener Anleger als schutzwürdig für den Irrtumsanfechtungsanspruch zu beurteilen sei.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Themen kommt jedoch keine Relevanz im Sinn von § 502 Abs 1 ZPO zu:

1. Der Oberste Gerichtshof hat in jüngerer Zeit ‑ im Rahmen von Anlegerprozessen ‑ wiederholt ausgesprochen, dass bei der Irrtumsanfechtung der dem Kläger konkret unterlaufene Irrtum und nicht die Irreführungseignung des Verkaufsprospekts im Allgemeinen zu beurteilen ist (4 Ob 65/10b; 8 Ob 25/10z; 5 Ob 18/11z; 10 Ob 10/11k; 5 Ob 222/10y). Es kommt daher nur darauf an, ob dem Kläger konkret ein Irrtum unterlaufen ist. Dies ist jedoch eine ‑ von den Vorinstanzen bejahte ‑ Tatfrage, an die der Oberste Gerichtshof gebunden ist (RIS‑Justiz RS0042903 [T5, T7]; RS0084563 [T6]).

2. Die von der Rechtsmittelwerberin wiederholt zitierte Entscheidung 4 Ob 188/08p ist zur Irreführungseignung nach allgemeinem Lauterkeitsrecht und nicht zu einer konkreten Irrtumsanfechtung ergangen. In § 871 ABGB sind die Voraussetzungen der Irrtumsanfechtung eindeutig und umfassend geregelt. Die Anfechtungsvoraussetzungen können auch als Konkretisierung der Schutzwürdigkeit des Irrenden aufgefasst werden.

3. Der Oberste Gerichtshof hat dem Revisionsgegner die Beantwortung der von der Beklagten erhobenen außerordentlichen Revision nicht im Sinn des § 508a Abs 2 Satz 1 ZPO freigestellt. Die dennoch erstattete Revisionsbeantwortung gilt daher gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.

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