Spruch:
I. Hinsichtlich des Erstantragsgegners wird der Akt dem Erstgericht zurückgestellt.
II. Hinsichtlich der Zweitantragsgegnerin und dem Drittantragsgegner wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht die Einleitung des Verfahrens über den Unterhaltsherabsetzungsantrag aufgetragen.
Begründung
I) Hinsichtlich des Erstantragsgegners K***** ist eine Entscheidung über den Revisionsrekurs derzeit nicht möglich:
Wie sich aus dem Akt ergibt, waren dem (damals) mj K***** Unterhaltsvorschüsse bewilligt worden (ON 12). Im Laufe des vorliegenden Verfahrens wurde er am 1. 9. 2012 ‑ somit noch vor Ergehen der Rekursentscheidung ‑ volljährig. Mit Erreichung der Volljährigkeit ist die nach § 9 Abs 2 UVG mit Zustellung des Beschlusses über die Vorschussgewährung bestehende Vertretungsbefugnis des Jugendwohlfahrtsträgers in Bezug auf alle Unterhalts‑ und Unterhaltsvorschussangelegenheiten erloschen, ohne dass es dafür einer formellen Enthebung bedürfte. Der volljährig gewordene Unterhaltsberechtigte wäre ab diesem Zeitpunkt persönlich dem Verfahren beizuziehen gewesen (RIS‑Justiz RS0123997). Laut Aktenlage (ON 56) ist die Rekursentscheidung aber nicht an ihn persönlich, sondern lediglich an den Jugendwohlfahrtsträger zugestellt worden. Die erforderliche Zustellung wird daher vom Erstgericht nachzuholen sein; auch der Revisionsrekurs wird ihm zur allfälligen Revisionsrekursbeantwortung zuzustellen sein. Zu diesem Zweck ist der Akt an das Erstgericht zurückzustellen.
II) Hinsichtlich der weiteren Antragsgegner, der mj F***** und dem mj R***** steht folgender Sachverhalt fest:
Im Rahmen der am 2. 7. 2010 vor dem Bezirksgericht Leibnitz zu GZ 11 Fam 51/10h‑5 abgeschlossenen Vereinbarung nach § 55a Abs 2 EheG verpflichtete sich der Antragsteller ab 1. 7. 2010 zu monatlichen Unterhaltsleistungen in Höhe von jeweils 340 EUR monatlich für die aus der Ehe entstammende mj F***** und den mj R*****.
Mit Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 2. 9. 2011, GZ 24 E 4827/11x, wurde den beiden Kindern gegen den Antragsteller für im Zeitraum 1. 5. 2011 bis 31. 8. 2011 entstandene Unterhaltsrückstände die Forderungs‑ und Fahrnisexekution sowie zur Sicherung des laufenden Unterhalts (ab 1. 9. 2011) die Sicherstellungsexekution nach § 372 EO bewilligt.
Eine vom Antragsteller zu 1 C 1/12t des Bezirksgerichts Döbling eingebrachte Oppositionsklage wurde vor Entscheidung des Erstgerichts (in dieser Pflegschaftssache) zurückgezogen und ist nicht mehr anhängig.
Mit Beschluss vom 29. 10. 2012 (somit nach Ergehen der Rekursentscheidung im vorliegenden Verfahren) wurde das Exekutionsverfahren mit Zustimmung der betreibenden Parteien (der mj F***** und des mj R*****) gemäß § 39 Abs 1 Z 6 EO zur Gänze eingestellt (ON 16 im Akt 24 E 4827/11x des Bezirksgerichts Döbling). Aus der Begründung dieses Beschlusses ergibt sich, dass die Einstellung dem Wunsch des Verpflichteten entspricht und die Klärung seines Begehrens auf Unterhaltsherabsetzung im außerstreitigen Verfahren ermöglichen soll.
Mit seinem beim Bezirksgericht Fünfhaus als Pflegschaftsgericht im außerstreitigen Verfahren eingebrachten Antrag vom 17. 3. 2012 begehrt der Antragsteller die Herabsetzung seiner Unterhaltspflicht gegenüber der mj F***** und dem mj R***** für die Jahre 2010, 2011 und 2012. Im Hinblick auf das laut seinen Einkommenssteuerbescheiden gesunkene Einkommen und die gegenüber seiner geschiedenen Ehegattin bestehende weitere Unterhaltsverpflichtung beantrage er die Herabsetzung der monatlichen Unterhaltspflicht für 2010 für F***** auf 167 EUR und für R***** auf 145 EUR; für 2011 für F***** auf 160 EUR und für R***** auf 139 EUR; für 2012 für F***** auf 210 EUR und für R***** auf 182 EUR.
Das Erstgericht wies den Unterhaltsherabsetzungsantrag ab. Nach Einleitung eines Exekutionsverfahrens könne der verpflichtete Unterhaltsschuldner die Einwendung, der Unterhaltsanspruch sei ganz oder teilweise erloschen, ausschließlich mittels Oppositionsklage gemäß § 35 EO geltend machen. Für einen nach Einleitung des Exekutionsverfahrens im außerstreitigen Verfahren gestellten Unterhaltsherabsetzungsantrag sei das Pflegschaftsgericht unzuständig.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts, nach der das Gesetz ab Exekutionsbewilligung nur die Oppositionsklage zur Feststellung des Erlöschens oder der Hemmung des Anspruchs zulasse. Die sich in der Lehre und im Schrifttum mehrenden Stimmen, nach denen es wünschenswert wäre, den Oppositionsstreit aufgrund eines außerstreitigen Titels in das Außerstreitverfahren zu überstellen, rechtfertigten kein Abgehen von der ständigen Rechtsprechung.
Das Rekursgericht sprach aus, im Hinblick auf diese in Schrifttum und Lehre zunehmend vertretene Meinung, wonach für ein „Überstellen“ der Oppositionsklage aufgrund außerstreitiger Titel in das Außerstreitverfahren überlegenswerte Gründe sprächen, hänge die Entscheidung von einer wesentlichen Rechtsfrage ab, der zur Wahrung der Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukomme.
Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.
Das umfangreiche Revisionsrekursvorbringen lässt sich dahin zusammenfassen, auch nach Einleitung eines Exekutionsverfahrens solle die Wahl zwischen einem Unterhaltsenthebungs‑ bzw Herabsetzungsantrag und einer Oppositionsklage offen stehen. Es sei der Absicht des Gesetzgebers des AußStrG 2003 zum Durchbruch zu verhelfen, nach der Unterhaltsansprüche zwischen in gerader Linie verwandten Personen im außerstreitigen Verfahren abzuhandeln seien. Die Beschränkung auf die Oppositionsklage würde im Hinblick auf die im Oppositionsverfahren geltende Eventualmaxime zu einer Schlechterstellung für die verpflichtete Partei führen und sei mit Art 6 EMRK nicht vereinbar. Was das Rechtsschutzziel der Oppositionsklage betreffe, sei nicht der sogenannten „Kombinationstheorie“, sondern der „Einzelwirkungstheorie“ der Vorzug zu geben. Ausgehend davon, dass der Oppositionsklage kein weitreichenderes Rechtsschutzziel als der Feststellungsklage innewohne, sei das Aufeinandertreffen von streitigem und außerstreitigem Verfahren über das Zuvorkommen zu lösen.
Rechtliche Beurteilung
Dazu ist auszuführen:
1. Nach § 114 Abs 1 JN idF des AußStr‑BegleitG BGBl I Nr. 2003/112 ist das zur Führung der Pflegschaft für das minderjährige Kind berufene Gericht auch zur Entscheidung über gesetzliche Unterhaltsansprüche und sonstige dem minderjährigen Kind aus dem Verhältnis zwischen Eltern und Kindern gesetzlich zustehende Ansprüche zuständig, die nach dem 1. 1. 2005 gerichtsanhängig gemacht werden. Aus der systematischen Einordnung dieser Bestimmung (Dritter Teil der JN: „Von der Gerichtsbarkeit in Geschäften außer Streitsachen“) ergibt sich ebenso wie aus § 101 AußStr‑BegleitG BGBl I Nr. 2003/111, dass das nach § 114 JN zuständige Gericht im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden hat (vgl Fucik/Kloiber, AußStrG [2005] § 101 Rz 6). Zu den gesetzlichen Unterhaltsansprüchen im Sinne des § 114 JN gehören auch die Ansprüche auf Herabsetzung oder Feststellung des Erlöschens des gesetzlichen Unterhalts (Maurer/Schrott/Schütz, AußStrG [2006] Vor § 101 Rz 1).
2. Nach § 35 Abs 2 EO sind den Anspruch aufhebende oder hemmende Einwendungen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind, unbeschadet eines allfälligen Rekurses gegen die Exekutionsbewilligung, im Wege der Klage bei dem Gerichte geltend zu machen, bei dem die Bewilligung der Exekution in erster Instanz beantragt wurde.
3. Nach ständiger Rechtsprechung kann der Unterhaltsverpflichtete jedenfalls vor Exekutionsbewilligung die Verminderung seiner Leistungsfähigkeit mit einem im außerstreitigen Verfahren gestellten Herabsetzungsantrag geltend machen. Ist ein Exekutionsverfahren bereits anhängig, kann der Verpflichtete das gänzliche oder teilweise Erlöschen eines vollstreckbaren Unterhaltsanspruchs mit Oppositionsklage einwenden (RIS‑Justiz RS0000824), wobei gerade das Recht auf Herabsetzung oder Aufhebung des Unterhaltsanspruchs wegen wesentlicher Veränderung der maßgebenden Umstände ein Oppositionsklagegrund ist (RIS‑Justiz RS0000824 [T5]).
4. Zum Verhältnis der Oppositionsklage zu einem außerstreitigen Antrag auf Unterhaltsherabsetzung hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach Stellung genommen.
4.1. Die Rechtssatzkette RIS‑Justiz RS0000816 [T3] betrifft den Fall, dass der Unterhaltsschuldner bereits vor Einleitung des Exekutionsverfahrens einen Antrag auf Herabsetzung des Unterhaltstitels (oder eine Feststellungsklage) anhängig gemacht hat. Die Einleitung des Exekutionsverfahrens könne ihn nicht daran hindern, dieses Verfahren mit dem Ziel fortzusetzen, die gänzliche oder teilweise Aufhebung des Exekutionstitels zu erreichen. Es steht dem Unterhaltsverpflichteten auch frei, zusätzlich eine Oppositionsklage einzubringen.
4.2. Die jüngst ergangenen Entscheidungen 4 Ob 17/11w und 10 Ob 100/11w beziehen sich auf die Frage der Zulässigkeit einer Oppositionsklage und eines späteren Enthebungsantrags. Demnach ist, sofern die Oppositionsklage und ein später eingebrachter Antrag auf Enthebung von der Unterhaltspflicht das gleiche Rechtsschutzziel haben, der spätere Antrag zurückzuweisen. Dies wurde vor allem mit dem Grundsatz der Prozessökonomie begründet. Die Frage des Verhältnisses zwischen Oppositionsklage und Herabsetzungsantrag stellt sich aber nur dann, wenn es jeweils um den Unterhaltsanspruch für denselben Zeitraum geht (10 Ob 100/11w; vgl 6 Ob 103/12h; Dullinger in Burgstaller/Deixler‑Hübner, EO § 35 Rz 42; Fucik/Kloiber, Paralleler Rechtsweg und „Streitanhängigkeit“, iFamZ 2012, 11 [16]). Da sich nach ständiger Rechtsprechung Einwendungen nach § 35 EO unmittelbar gegen den betriebenen Anspruch richten und das der Oppositionsklage stattgebende Urteil über den materiell‑rechtlichen Anspruch unmittelbar abspricht, wird mit ihr alles erreicht, was auch mit einer (negativen) Feststellungsklage erreichbar ist (RIS‑Justiz RS0000833, RS0001715 [T8]). Nach den Rechtssatzketten RIS‑Justiz RS0001715 [T1, T2]; RS0000960 lässt das Gesetz ab Exekutionsbewilligung daher nur mehr die Oppositionsklage zur Feststellung des Erlöschens oder der Hemmung des Anspruchs zu.
5. Im vorliegenden Fall hat der Unterhaltsverpflichtete den Herabsetzungsantrag zwar erst nach Einleitung des Exekutionsverfahrens eingebracht; der im Exekutionsverfahren betriebene Anspruch umfasst aber (nur) ab 1. 5. 2011 entstandene Unterhaltsrückstände sowie die Sicherung laufenden Unterhalts, während der Unterhaltsverpflichtete die Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung auch schon für den vor dem 1. 5. 2011 liegenden Zeitraum (rückreichend bis zum Titel, also ab Juli 2010) erreichen will.
5.1. Allein der Umstand der Anhängigkeit eines Exekutionsverfahrens für ab 1. 5. 2011 entstandene Unterhaltsrückstände vermag hier den Unterhaltsverpflichteten nicht von der Möglichkeit auszuschließen, eine Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung mittels (außerstreitigen) Herabsetzungsantrags auch für den bereits vor dem 1. 5. 2011 liegenden Zeitraum geltend zu machen:
Der Verpflichtete kann mit der Oppositionsklage einen sowohl bereits fälligen Unterhaltsanspruch ‑ selbst wenn er einen vor Einbringung der Oppositionsklage liegenden Zeitraum betrifft ‑ wie auch erst in Hinkunft fällig werdenden Unterhalt bekämpfen, aber nur insoweit als er in der Anlassexekution betrieben wird (3 Ob 12/82, EFSlg 41.850; SZ 22/2; 8 Ob 564/90; Jakusch in Angst, EO2 § 35 EO Rz 20 mwN). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall für den Zeitraum bis 1. 5. 2011 nicht gegeben. Um eine Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung für diesen Zeitraum durchzusetzen, steht dem Unterhaltsverpflichteten die Oppositionsklage demnach nicht offen. Wollte man ihm unter Berufung auf die zitierte Rechtsprechung (siehe oben Pkt 4.2.) auch den (außerstreitigen) Herabsetzungsantrag verwehren, wäre ein Rechtsschutzdefizit gegeben. Das Argument der weitergehenden Wirkungen einer Oppositionsklage trifft in der vorliegenden Konstellation demnach gerade nicht zu, vielmehr erweist sich der Herabsetzungsantrag als der weitergehendere Rechtsbehelf. Er muss deshalb für den Gesamtzeitraum zulässig sein und kann nicht von der Möglichkeit der Einbringung einer einen späteren Zeitraum (ab 1. 5. 2011) betreffenden Oppositionsklage „(teil‑)konsumiert“ werden.
5.2. Ausgehend von diesen ‑ lediglich den vorliegenden Sonderfall betreffenden ‑ Überlegungen muss nicht weiter darauf eingegangen werden, ob (im Allgemeinen) ab Einleitung des Exekutionsverfahrens ein Wahlrecht zwischen einem (idente Zeiträume) betreffenden außerstreitigen Herabsetzungsantrag und der (im streitigen Weg einzubringenden) Oppositionsklage besteht (siehe dazu Fucik/Kloiber Paralleler Rechtsweg und „Streitanhängigkeit“, iFamZ 2012, 11 [13, 16]; Neuhauser, Unterhaltsenthebungsantrag oder Oppositionsklage‑ oder doch beides?, Zak 2011/425; Deixler‑Hübner, Probleme im Zusammenhang mit der Feststellungsklage bei der Unterhaltsenthebung bzw Unterhaltsherabsetzung, ÖJZ 2012/101 [901 f]; K. Binder JBl 2012, 388 [389]; Gitschthaler, Unterhaltsenthebungsantrag oder Oppositionsklage? EF‑Z 2011/121; B. Schneider, Die Abänderung der Unterhaltsentscheidungen, JBl 2012, 705 [714]).
5.3. Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass ‑ wie sich aus dem Exekutionsakt ergibt ‑ nach Ergehen der Rekursentscheidung das Exekutionsverfahren eingestellt wurde. Nach Einstellung des Exekutionsverfahrens stünde der Zulässigkeit eines Herabsetzungsantrags bzw der Anwendbarkeit des außerstreitigen Verfahrens auch deshalb kein Hindernis (mehr) entgegen, weil die Anbringung einer Oppositionsklage gar nicht mehr möglich wäre.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren aufzuheben und dem Erstgericht die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über den Herabsetzungsantrag aufzutragen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)