OGH 7Ob5/13f

OGH7Ob5/13f18.2.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** GmbH, *****, Deutschland, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und andere Rechtsanwälte in Wels, und der Nebenintervenientin R***** AG, *****, Deutschland, vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtsanwalts‑Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei P***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Dominik Schärmer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 58.488,74 EUR und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Oktober 2012, GZ 2 R 164/12w‑41, womit das Teil‑ und Zwischenurteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 29. Mai 2012, GZ 24 Cg 14/11s‑32, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Über die Kosten des Revisionsverfahrens hat das Erstgericht zu entscheiden.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin wurde als Hauptfrachtführerin von der Nebenintervenientin beauftragt, ein Rotorblatt vom Hersteller in Dänemark zu einem Windpark in Italien zu transportieren. Am 21. 1. 2010 beauftragte die Klägerin die Beklagte als Unterfrachtführerin mit dem Transport des etwa 40 m langen Rotorblattes. Im Auftragsschreiben hält die Klägerin Folgendes fest: „Genehmigung und Begleitung DK (in Dänemark) durch uns.“

Der Transport wurde von den dänischen Behörden unter Zugrundelegung von Transportskizzen, die die Beklagte anfertigte, genehmigt. Die Transportgenehmigung holte die Klägerin ein. Bei diesen Transportskizzen scheint eine maximale Höhe von 4,3 m auf. Die von der Beklagten angefertigte Skizze basierte auf den ihr von der Klägerin übermittelten Verladungsplänen. Darin ist die Höhe des Rotorblattes, das in einer bestimmten Neigung in das Transportgestell eingespannt wird, mit 2.739 mm angegeben. Wo sich die höchste Stelle des Rotorblattes exakt befindet, geht daraus nicht hervor. Tatsächlich liegt sie etwa in einen ‑ je nach Drehung variierenden ‑ Bereich von 8 m vom Befestigungsring an der Rotornabe entfernt.

Die Rotorblätter werden in Transportgestellen, in denen sie befestigt sind, transportiert. Aufgrund der Konstruktion der Rotorblätter, die einen kreisrunden Querschnitt mit einer Reihe von Befestigungsbolzen aufweisen, können diese um ihre Längsachse gedreht montiert werden und weisen somit unterschiedliche Höhen auf.

Die Transportgestelle, die auf internationalen Containerschiffen ebenfalls Verwendung finden, sind genormt. Neben solchen Transportgestellen kommen auch halbrunde, ausschließlich für den Transport per LKW verwendete Transportgestelle zum Einsatz. Ein derartiges Transportgestell wurde auch beim Transport des Rotorblattes verwendet. An der Höhe der Ladung ändert sich dadurch grundsätzlich nichts.

Ein Mitarbeiter der Beklagten (und Lenker des LKW) holte die Fracht beim Hersteller in Dänemark ab. Die Fracht wurde auf einem unbefestigten Feld durch Leute des Herstellers auf dem Sattelauflieger abgestellt und dort vom Mitarbeiter der Beklagten festgezurrt und gesichert. Damals herrschte starker Wind, der Verladeplatz musste erst vom Schnee geräumt werden und es lag stellenweise auch noch Schnee. Da dem Mitarbeiter der Beklagten keine Messlatte zur Verfügung stand, versuchte er, durch eine provisorisch zusammengenagelte Holzlatte zu ermitteln, ob die Höhe des Transports von 4,3 m auch eingehalten wird. Er ging an die von ihm vermutete höchste Stelle, hielt die Latte an und war sich in der Folge dessen sicher. Er erkundige sich bei den Mitarbeitern der Herstellerin, ob der Transport „so sei wie immer“, was ihm versichert wurde. Er hatte bereits in der Vergangenheit drei bis vier derartige Transporte durchgeführt, die alle mit einer bewilligten maximalen Höhe von 4,3 m ausgeführt wurden. Eine weitere Messung auf befestigtem Untergrund führte der Lenker nicht aus, weil der von der Klägerin beigestellte Begleiter, dem eine Messlatte zur Verfügung gestanden wäre, auf eine rasche Abfahrt drängte. Tatsächlich wies das Transportfahrzeug eine Gesamthöhe von rund 4,6 bis 4,65 m auf.

Nachdem das vom Mitarbeiter der Beklagten gelenkte Transportfahrzeug auf die Autobahn gefahren war, kam es beim Durchfahren der ersten Autobahnbrücke zu einer Kollision des höchsten Punktes des Rotorblattes mit der Brückenunterkante. Dadurch wurde das Rotorblatt an der Kante durch Aufbrechen des Glasfaserverbundes beschädigt. Der Lenker hielt zunächst eine (auf der Autobahn zulässige) Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h ein und ging unmittelbar vor der Kollision vom Gas, wodurch sich die Geschwindigkeit des Transportfahrzeugs auf rund 75 km/h verringerte. Die Brücke wies auf dem benutzten ersten Fahrstreifen eine lichte Durchfahrtshöhe von rund 4,54 m auf. Am zweiten Fahrstreifen beträgt diese Höhe rund 4,64 m. Für den Lenker des Fahrzeugs ist es nicht möglich, vom Führerhaus aus ‑ ohne anzuhalten und nachzumessen ‑ die Höhe einer Brücke einzuschätzen.

Nachdem die Nebenintervenientin gegenüber der Klägerin zunächst ein höheres Schadenersatzbegehren stellte und sich die Geltendmachung eines weiteren Schadens vorbehalten hatte, begehrte sie am 25. 2. 2011 von der Klägerin den Totalschaden des Rotorblattes, begrenzt „mit dem Basisschaden“ von 58.488,74 EUR. Die Klägerin lehnte die Haftung nicht ab.

Die Klägerin machte im Weg der Drittschadensliquidation den Sachschaden am Rotorblatt in Höhe des (eingeschränkten) Zahlungsbegehrens geltend und erhob weiters ein Feststellungsbegehren. Die Beklagte hafte gemäß Art 17 und Art 29 CMR; sie habe grob fahrlässig außer Acht gelassen, dass die Transport‑Sondergenehmigung auf eine Maximalhöhe von 4,3 m gelautet, das beladene Fahrzeug jedoch eine Höhe von 4,5 m erreicht habe.

Die Beklagte wendete ‑ soweit für das Revisionsverfahren relevant ‑ den Haftungsausschluss nach Art 17 Abs 4 lit c CMR infolge Beladungsfehlers der Absenderin ein.

Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren (unrichtig mit dem Zusatz „dem Grunde nach“) statt und bejahte mit Zwischenurteil dem Grunde nach die Zahlungsverpflichtung der Beklagten gegenüber der Klägerin. Rechtlich führte es zur Verantwortlichkeit für die schadenskausale Überhöhe zusammengefasst aus, der LKW‑Lenker der Beklagten hätte sich vor Fahrtantritt von der Einhaltung der Maximalhöhe überzeugen müssen. Ungeachtet der Widrigkeiten, eine entsprechende Messung rein faktisch überhaupt durchführen zu können, sowie ungeachtet des Fehlverhaltens des ‑ außerhalb der Sphäre der Beklagten stehenden ‑ Transportbegleiters wäre der Lenker beim Passieren der Brücke zu besonderen Vorsichtsmaßnahmen veranlasst gewesen. Insgesamt sei der Beklagten grobe Fahrlässigkeit anzulasten. Ein durchaus vorliegendes Mitverschulden des Verladers oder des Begleitunternehmens, die jeweils der Klägerin zuzurechnen seien, sei unbeachtlich, weil Art 29 CMR den Mitverschuldenseinwand nicht zulasse.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und wies das Klagebegehren ab. Die Beklagte sei weder mit der Verladung vertraglich betraut gewesen, noch habe ihr Lenker faktisch die Oberaufsicht hiefür übernommen. In einem solchen Fall hafte der Frachtführer für die Beschädigung des Frachtgutes, die auf das Verladen zurückzuführen sei, gemäß Art 17 Abs 4 lit c CMR auch dann nicht, wenn der Schaden nach Übernahme des Gutes als Folge mangelhafter Verladung oder Stauung während der Fahrt eintrete. Für die Klägerin sei auch aus allfälligen straßenpolizeilichen (dänischen) Vorschriften „etwa nach Art des § 102 öKFG“ über die Verantwortlichkeit des Lenkers für die Betriebssicherheit nichts zu gewinnen. Diese Vorschriften kämen im Verhältnis der Parteien des Frachtvertrags nicht zum Tragen, weil es sich hiebei um Pflichten des öffentlichen Rechts und nicht um solche aus dem Beförderungsvertrag handle, sodass es insofern am Rechtswidrigkeitszusammenhang fehle. Die nicht fachgerechte bzw unterbliebene Höhenmessung des LKW‑Lenkers und des Transportbegleiters sei mangels entsprechender Vereinbarung nicht der Beklagten, sondern dem Versender oder der Klägerin zuzurechnen, welche ‑ je nach deren Vereinbarung untereinander ‑ für die verkehrssichere Beladung verantwortlich gewesen seien. Grundsätzlich brauche der Frachtführer die Ladung nicht auf Beförderungssicherheit hin zu überprüfen, weil der Absender der Warenfachmann sei und die Transporttauglichkeit des Gutes besser kenne. Das Verladen eines zu hohen Geräts sei in der Regel ein Verladefehler im Sinn des Art 17 Abs 4 (lit c) CMR. Weder für den Versender, noch für die Klägerin, die selbst die Transportgenehmigung eingeholt habe, habe zweifelhaft sein können, dass beim Verladevorgang auf die behördlich bewilligte Transporthöhe Bedacht zu nehmen sei. Die Höhe des Ladegutes bestimme sich letztlich danach, wie es im Transportgestell fixiert werde, also je nach Drehung und Neigung eine ordnungsgemäße oder gefahrträchtige Höhe erreiche. Dies liege gänzlich außerhalb der Sphäre der Beklagten. Der Verlader könne die behördlich genehmigte Transporthöhe (durch Addieren der Höhe des Ladegutes im Transportgestell mit der Höhe der Ladefläche) unverhältnismäßig „zielführender erreichen“ als der Frachtführer durch nachträgliche Messung, der aufgrund der unregelmäßigen geometrischen Form eines derartigen Rotorblattes vor der Schwierigkeit stehe, dessen höchsten Punkt zu eruieren. Der Verlader habe das Transportgut auf eine solche Weise auf den LKW geladen, dass eine nicht mehr verkehrssichere ‑ dem Verladeplan und der Transportbewilligung widersprechende ‑ Überhöhe erzielt worden sei. Dies verwirkliche den Haftungsausschlussgrund des Art 17 Abs 4 lit c CMR.

Dem LKW‑Fahrer sei keine Warnpflichtverletzung anzulasten, welche bei tatsächlich erkannten oder evidenten Ladefehlern befürwortet werde. Eine solche Situation sei nicht vorgelegen. Neben der unregelmäßigen Form des Ladegutes, dessen höchster Punkt nicht ohne weiteres erkennbar gewesen sei, sei dem LKW‑Lenker am Verladeplatz schon auf Grund der äußeren Verhältnisse (unbefestigtes schneebedecktes Gelände) eine fehlerhafte Verladung nicht erkennbar gewesen. Für ihn habe kein Grund bestanden, die Richtigkeit der Auskunft anzuzweifeln, wonach der Ladevorgang im beigestellten Transportgestell „wie bisher“ ‑ und damit innerhalb der Höhe von 4,3 m gemäß der Transportbewilligung ‑ erfolgt sei.

Die Beklagte habe davon ausgehen dürfen, dass die nicht in ihrer Sphäre gelegene Verladung entsprechend „dem Verladeschema“ und der Transportbewilligung nur bis zu einer Höhe von 4,3 m vorgenommen werde. Ob diese Höhe dem Verladepersonal konkret bekannt gewesen oder die Klägerin nur unzureichende Informationen weitergegeben habe, habe keinen Einfluss darauf, dass im Verhältnis zur Beklagten der Haftungsausschlussgrund verwirklicht sei. Die Verladung habe jedenfalls zur schadensursächlichen Gefahr geführt. Für einen weisungswidrigen Zustand des von der Beklagten beigestellten LKW (zB zu hohe Ladefläche) und damit einen Fahrzeugmangel im Sinn des Art 17 Abs 3 CMR bestünden keine Anhaltspunkte.

Der Vorwurf einer überhöhten Fahrgeschwindigkeit sei nicht gerechtfertigt. Der Lenker habe für die Wahl seiner Fahrgeschwindigkeit die Einhaltung der kraft Sondergenehmigung zulässigen Gesamthöhe von 4,3 m zugrunde legen dürfen. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern die eingehaltene Geschwindigkeit von 75 km/h unfallkausal, gefahrerhöhend oder sonst sorgfaltswidrig gewesen wäre.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision im „Hinblick auf das Spannungsverhältnis“ zur Entscheidung 1 Ob 675/86 für zulässig.

Gegen das Berufungsurteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens mit dem Antrag, das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, die Revision der Klägerin zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig. Sie ist aber nicht berechtigt.

1. Gemäß Art 1 Abs 1 gilt das „Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr“ (CMR; BGBl 1961/138 idF BGBl 1981/192) für jeden Vertrag über die entgeltliche Beförderung von Gütern auf der Straße mittels Fahrzeugen, wenn der Ort der Übernahme des Gutes und der für die Ablieferung vorgesehene Ort, wie sie im Vertrage angegeben sind, in zwei verschiedenen Staaten liegen, von denen mindestens einer ein Vertragsstaat ist. Sowohl Dänemark als auch Italien sind Vertragsstaaten (de la Motte/Temme in: Thume, CMR‑Kommentar2, Vor Art 1 Rn 7), sodass die CMR auf den zu beurteilenden grenzüberschreitenden Transport anzuwenden ist. Dass die Klägerin als Hauptfrachtführerin gegenüber der beklagten Unterfrachtführerin zur „Drittschadensliquidation“ berechtigt ist (dazu 7 Ob 216/10f mwN), ist im Revisionsverfahren nicht strittig. Den Einwand der Verjährung hat die Beklagte im Berufungsverfahren nicht mehr aufrechterhalten.

2. Für den zwischen den Parteien im Jänner 2010 abgeschlossenen Güterbeförderungsvertrag ist subsidiär die Verordnung (EG) Nr 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. 6. 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I‑VO) zu beachten. Nach deren Art 28 wird die Verordnung auf Verträge angewandt, die ab dem 17. 12. 2009 geschlossen wurden. Die CMR genießt als internationales Einheitsrecht Vorrang, soweit darin eine Frage sachlich selbst geregelt oder eine Kollisionsnorm bereitgestellt wird (Art 25 Rom I‑VO; Rudolf, Europäisches Kollisionsrecht für vertragliche Schuldverhältnisse ‑ Rom I‑VO, ÖJZ 2011/17, 149 [150, 154]; Spickhoff in Bamberger/Roth, BeckOK, Art 5 VO [EG] 593/2008 Rn 8, 14; Staudinger in Ferrari/Kieninger/Mankowski, Internationales Vertragsrecht² [2011], Art 5 VO [EG] 593/2008 Rn 68; Martiny in Münchener Kommentar zum BGB5 [2010], Art 5 VO [EG] 593/2008 Rn 3, 43). Hingegen richten sich einzelne nicht von der CMR geregelte Fragen, die sich nicht durch Auslegung schließen lassen und für die auch nicht die Anwendung einer bestimmten Rechtsordnung für das jeweilige Problem vorgeschrieben ist, nach dem aufgrund internationalen Privatrechts anwendbaren Recht. Greift die CMR nicht ein, so gilt für einen Vertrag über die Beförderung von Gütern die kollisionsrechtliche Regelung des Art 5 Abs 1 Rom I‑VO (Martiny aaO Art 5 VO [EG] 593/2008 Rn 3, 45 und 46). Da die Parteien keine Rechtswahl getroffen haben und sich in Österreich, dem Sitz der Hauptverwaltung der beklagten Beförderin, weder der Übernahmeort (Dänemark) noch der Ablieferungsort (Italien) noch der Sitz der Hauptverwaltung der deutschen Absenderin (Klägerin) befindet, ist nach Art 5 Abs 1 zweiter Satz Rom I‑VO das Recht des Staates des von den Parteien vereinbarten Ablieferungsortes anzuwenden. Da der vereinbarte Ablieferungsort in Italien liegt, kommt insofern italienisches Recht zur Anwendung. Aus der „Gesamtheit der Umstände“ ergibt sich kein Anhaltspunkt, dass der Beförderungsvertrag eine offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen Staat aufweist (Art 5 Abs 3 Rom I‑VO).

Die CMR gilt als zwingendes (Art 41 CMR) Einheitsrecht für die Beziehungen zwischen Absender und Frachtführer, ohne dass zuvor das Vertragsstatut bestimmt werden müsste. Soweit die CMR eine abschließende Regelung trifft, kommt somit daneben nicht noch nationales Recht nach den nationalen Kollisionsregeln zur Anwendung (Martiny aaO Art 5 VO [EG] 593/2008 Rn 43). Der Umstand, dass der italienische Corte di Cassazione (Kassationshof) die CMR, auch wenn die Voraussetzungen des Art 1 CMR erfüllt sind, nur im Fall einer dahingehenden Parteienvereinbarung anwendet (dazu Zucconelli, Die Reform des italienischen Güterkraftverkehrsrechts, TranspR 2007, 177 [180]; Kindler, Italienisches Handels‑ und Wirtschaftsrecht [2002] § 5 Rz 148 f; Jesser‑Huß in Münchener Kommentar zum HGB² [2009], Art 1 CMR Rn 1; abl Bahnsen in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch² [2009] Art 41 CMR Rn 6; Otte in Ferrari/Kieninger/Mankowski, Internationales Vertragsrecht² [2011] Art 41 CMR Rn 2), ist im Hinblick auf den zwingenden Charakter der Bestimmungen der CMR (Art 41 CMR) nicht von Bedeutung. Das nationale italienische Recht ist nur ergänzend anwendbar, wenn die CMR keine Regelung enthält.

3. Die von der Klägerin behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Eine zu hohe Ladefläche des von der Beklagten verwendeten LKWs und damit einen Fahrzeugmangel hat die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren nicht eingewendet. Ihr erstmals in der Revision erhobener Einwand einer zu hohen Ladefläche und die Rüge fehlender Feststellungen dazu verstößt gegen das Neuerungsverbot (§ 504 Abs 2 ZPO).

4. Gemäß Art 29 Abs 1 CMR kann sich „der Frachtführer auf die Bestimmungen dieses Kapitels, die seine Haftung ausschließen oder begrenzen oder die Beweislast umkehren, nicht berufen, wenn er den Schaden vorsätzlich oder durch ein ihm zur Last fallendes Verschulden verursacht hat, das nach dem Recht des angerufenen Gerichts dem Vorsatz gleichsteht“. Das gilt nach Abs 2 leg cit auch, wenn nicht dem Frachtführer selbst, sondern seinen Bediensteten oder sonstigen Beförderungsgehilfen ein solches grobes Verschulden zur Last fällt. Dem Vorsatz gleichstehende Fahrlässigkeit bedeutet in Österreich grobe Fahrlässigkeit; die Beweislast für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Frachtführers trifft den Geschädigten (RIS‑Justiz RS0073961; RS0062591). Wenn die Voraussetzungen des Art 29 CMR vorliegen, entfällt nach einhelliger Meinung jedenfalls das Recht des Frachtführers auf Haftungsbegrenzung nach Art 17 Abs 2 und 4 CMR, nach Art 18 CMR, aber auch nach Art 23 und 25 CMR (7 Ob 126/09v mwN).

Will also der Anspruchsteller den Frachtführer für den eingetretenen Schaden ohne jede Beschränkung haftbar machen, so hat er ihm gemäß Art 29 CMR qualifiziertes Verschulden nachzuweisen. Den Anspruchsteller trifft in diesem Fall die volle Beweislast hinsichtlich der Umstände, aus denen sich die qualifiziert schuldhafte Schadensverursachung durch den Frachtführer ergibt. Dafür wird es als ausreichend angesehen, wenn der Anspruchsteller das konkrete Verhalten des Schädigers und alle objektiven Tatsachen des Geschehens beweist. Aus diesen objektiven Tatsachen kann regelmäßig auf die innere Einstellung des Täters geschlossen werden (7 Ob 126/09v mwN).

Dieser Beweis ist der Klägerin nicht gelungen. Eine Vereinbarung der Parteien des Frachtvertrags, dass die beklagte Unterfrachtführerin zur Überprüfung der durch den „Absender“ (das ist die Klägerin als Vertragspartnerin der Unterfrachtführerin [RIS‑Justiz RS0106763]) oder einen Dritten vorgenommenen Verladung verpflichtet war (vgl RIS‑Justiz RS0062529), wurde nicht festgestellt. Dem Mitarbeiter der Beklagten (Lenker) war die Überschreitung der behördlich festgelegten Transporthöhe von 4,3 m nicht bekannt. Ihm wurde von Mitarbeitern des Herstellers versichert, dass die Beladung „so sei wie immer“. Neben der Messung mit einer „provisorisch zusammengenagelten Holzlatte“ nahm der Fahrer auf befestigten Untergrund deshalb keine weitere Messung vor, weil der Transportbegleiter, der über eine Messlatte verfügte, auf eine rasche Abfahrt drängte. Auch nach dem für den Frachtführer geltenden strengen Maßstab (RIS‑Justiz RS0073798) besteht daher im Hinblick auf die alleinige Verantwortung des Absenders für die Verladung nach den Umständen des Einzelfalls keine Veranlassung, den Frachtführer zur Haftung heranzuziehen.

Worin die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des LKW‑Fahrers liegen soll, der ‑ bei behördlich zulässiger Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn von 80 km/h ‑ die Brücke mit 75 km/h passierte, die er bei einer lichten Durchfahrtshöhe von rund 4,54 m mit der zulässigen Gesamthöhe von 4,3 m problemlos durchfahren hätte können, ist nicht ersichtlich. Wie der LKW‑Fahrer in dieser Situation bei zumutbarer „gebotener Aufmerksamkeit“ die Brücke „sogar beschädigungsfrei“ passieren hätte können, wie die Klägerin meint, ist nicht nachvollziehbar. Der Klägerin ist daher der Nachweis qualifizierten Verschuldens der Beklagten im Sinn des Art 29 CMR nicht gelungen.

5. Die CMR enthält keine Regelung darüber, wer das Verladen und Verstauen des Frachtgutes vorzunehmen hat. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass nach der CMR im Zweifel die Verladung Sache des Absenders ist (RIS‑Justiz RS0073756; 7 Ob 182/08b).

6. Nach Art 17 Abs 4 lit c CMR ist der Beförderer von der Haftung für Transportschäden befreit, wenn der Schaden aus den besonderen Gefahren entstanden ist, die mit dem Verladen, Verstauen oder Abladen des Gutes durch den Absender, den Empfänger oder Dritte, die für den Absender oder Empfänger handeln, verbunden sind. Die Haftung des Frachtführers für einen während des Transports entstandenen Schaden am Frachtgut entfällt demnach, wenn er die Verladung weder übernommen noch tatsächlich durchgeführt hat und das Schadensereignis aus einer durch die Verladung begründeten Gefahr entstanden ist, das heißt Folge unsachgemäßer Verladung oder Verstauung ist. Die Haftungsbefreiung nach dieser Bestimmung richtet sich ausschließlich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Maßgebend ist allein, wer die Verladung tatsächlich vorgenommen hat (RIS‑Justiz RS0073871), wer somit „Herr des Verladevorgangs“ war. Darunter wird derjenige verstanden, der selbst oder durch seine Leute tatsächlich verladen hat oder (persönlich oder durch seine Leute) die Oberaufsicht über den Verladevorgang innehatte (6 Ob 318/01k mwN). Der Verlust oder die Beschädigung des Frachtgutes ist auf das Verladen durch den Absender, für das der Frachtführer, wenn nichts anderes vereinbart ist, nicht haftet, auch dann zurückzuführen, wenn der Schaden nicht beim Verladen selbst, sondern nach Übernahme des Gutes als Folge mangelhafter Verladung oder Stauung während der Fahrt eintritt (RIS‑Justiz RS0073865).

Eine Vereinbarung darüber, wer für die Verladetätigkeit verantwortlich sein sollte, wurde nicht getroffen. Die Verladung des Rotorblattes, das sich bereits im Transportgestell befand, auf den Sattelauflieger der Beklagten wurde von Leuten des Herstellers durchgeführt. Diese Mitarbeiter sind „Dritte“, die für die Klägerin handelten. Durch deren unsachgemäße Verladung wurde die behördlich vorgeschriebene Transporthöhe von 4,3 m überschritten. Durch diesen Fehler bei der Verladung wurde in der Folge auch der Schaden beim Durchfahren der Autobahnbrücke mit einer Durchfahrtshöhe mit rund 4,54 m herbeigeführt. Dass beim Verladevorgang auf die von den dänischen Behörden bewilligte Transporthöhe Bedacht zu nehmen ist, war der Klägerin bekannt, hat sie doch die Transportgenehmigung eingeholt. Sachgemäß vorgenommen ist die Ladung dann, wenn sie transportsicher erfolgt, das heißt, dass das Gut gegen die normalen, also bei einem ordnungsgemäßen Transport üblicherweise zu erwartenden äußeren Einwirkungen geschützt ist (RIS‑Justiz RS0073881). Dagegen verstießen die Mitarbeiter des Herstellers (Beladers), die der Klägerin als „Absenderin“ zuzurechnen sind. Zutreffend hat daher das Berufungsgericht erkannt, dass der Beklagten der Haftungsausschluss nach Art 17 Abs 4 lit c CMR zugutekommt.

7. Durch den Haftungsausschluss des Art 17 Abs 4 lit c CMR wird die Anwendung von Art 17 Abs 5 CMR nicht ausgeschlossen, wenn Umstände, für die der Frachtführer nach Art 17 CMR haftet, zum Schaden beigetragen haben. Diese Umstände muss der „Verfügungsberechtigte“, hier die Klägerin, darlegen und beweisen (Art 18 Abs 2 zweiter Satz CMR; dazu BGH I ZR 86/76 = BeckRS 1978, 30374010 = VersR 1979, 417 = FHZivR 25 Nr 4300). Eine solche mitwirkende Verursachung im Sinn des Art 17 Abs 5 CMR kann die Klägerin nicht aufzeigen.

Nach der jüngeren Rechtsprechung kann die Überprüfungspflicht des Lenkers nach straßenpolizeilichen Vorschriften ihm nicht als Sorgfaltsverstoß zugerechnet werden, weil diese Pflicht des öffentlichen Rechts mangels Rechtswidrigkeitszusammenhangs nicht heranzuziehen ist (3 Ob 2035/96b mwN; 3 Ob 265/02w). Auf die Kritik von Jesser‑Huss (in ecolex 2000, 22 [24 f]) an dieser Rechtsprechung braucht nicht eingegangen zu werden, weil die Klägerin zwar völlig unbestimmt auf „einschlägige öffentlich‑rechtliche Vorschriften“ verweist, jedoch keine dänische Rechtsvorschrift zu nennen vermag, aus der sich eine spezielle Überprüfungsverpflichtung des LKW‑Lenkers, über die tatsächlich durchgeführte Überprüfung hinaus, ergibt. Ihm war die nicht vorschriftsmäßige Ladehöhe, für die die Klägerin einzustehen hat, auch nicht bekannt. „Einschlägige Fachregeln“ ‑ auf die die Klägerin verweist ‑ hat das Erstgericht in diesem Zusammenhang nicht festgestellt, sondern in die Feststellungen rechtliche Beurteilungen aufgenommen, die nicht dem Tatsachenbereich zuzuordnen sind.

Eine Warnpflichtverletzung der Beklagten scheidet aus, weil ihrem Mitarbeiter die Überschreitung der Transporthöhe nicht bekannt war. Mag sich die Transportbewilligung (neben der Klägerin, die sie einholte) auch an die Beklagte richten, so ergibt sich daraus für diese noch keine besondere Mitwirkungspflicht bei der Verladung und keine besondere Überprüfungspflicht in Bezug auf die Einhaltung der Ladehöhe. Der Frachtführer braucht nämlich grundsätzlich die Ladung nicht auf die „Beförderungssicherheit“ hin zu überprüfen, weil der Absender der Warenfachmann ist und die Transporttauglichkeit des Gutes besser kennt (Koller, Transportrecht7 [2010], Art 17 Rn 43). Mitverschulden des (Unter‑)Frachtführers könnte dann vorliegen, wenn sein Fahrer die Mangelhaftigkeit der Ladung erkennt, den Absender gewähren lässt und die Beförderung beginnt, ohne Abhilfemaßnahmen zu veranlassen (Thume in: Thume, CMR‑Kommentar², Art 17 Rn 158; Csoklich in Jabornegg/Artmann, UGB² [2010], Art 17‑19 CMR Rz 25). Dies ist hier aber nach den Feststellungen nicht der Fall. Auch eine vertragliche Verpflichtung des Frachtführers zur Überprüfung der dem Absender (Klägerin) zuzurechnenden Verladung steht nicht fest.

8. Die Revision muss daher erfolglos bleiben.

Da das Berufungsgericht die Kostenentscheidung gemäß § 52 Abs 1 und 2 ZPO idF BBG 2011, BGBl I 2010/111, vorbehielt, entscheidet das Erstgericht nach rechtskräftiger Erledigung der Streitsache über die Kostenersatzpflicht auch des Revisionsverfahrens (§ 52 Abs 3 ZPO idF BBG 2011; 7 Ob 88/12k).

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