European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2012:0110OS00112.12Y.1113.000
Spruch:
Der am 29. Juni 2012 in der Hauptverhandlung in Urteilsform ergangene Ausspruch des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht, wonach das Landesgericht Klagenfurt in der gegenständlichen Zusammensetzung wegen Zuständigkeit des Landesgerichts Klagenfurt als Jugendschöffengericht unzuständig sei, verletzt das Gesetz in § 261 StPO.
Das „Unzuständigkeitsurteil“ des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 29. Juni 2012, GZ 14 Hv 74/12d‑22, wird aufgehoben und es wird dem Landesgericht Klagenfurt aufgetragen, sich in einer §§ 28, 46a Abs 1 JGG entsprechenden Besetzung der Verhandlung und Urteilsfällung zu unterziehen.
Mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem in der Strafsache gegen Milutin J***** wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB in der Hauptverhandlung vom 29. Juni 2012 verkündeten „Urteil“ erklärte sich das Landesgericht Klagenfurt als Schöffengericht mit der Begründung für unzuständig, dass das Landesgericht Klagenfurt als Jugendschöffengericht zuständig sei.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die aus Z 6 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft.
Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht die Vorgangsweise des Landesgerichts Klagenfurt mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Eine Urteilsfällung nach § 261 Abs 1 StPO kommt nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Bestimmung ausschließlich im Fall einer nach Ansicht des Schöffengerichts drohenden Verletzung der Zuständigkeit des („höherrangigen“) Geschworenengerichts in Betracht (vgl Lewisch , WK‑StPO § 261 Rz 2 f, Fabrizy , StPO 11 § 261 Rz 3 StPO).
Für andere gerichtliche Unzuständigkeits-entscheidungen kann die Urteilsform auch im Wege der Analogie nicht in Anspruch genommen werden, weil es an der Gleichartigkeit des Entscheidungsgegenstands fehlt (vgl RIS‑Justiz RS0098800). Bestehen ‑ wie hier ‑ Zweifel an einer gehörigen Besetzung, so ist die Hauptverhandlung vielmehr abzubrechen und die Entscheidung einer neuen Hauptverhandlung vor einem ordnungsgemäß besetzten Gericht vorzubehalten (vgl Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 100; Schroll in WK 2 JGG § 1 Rz 9 und § 28 Rz 3 mwN).
Das „Unzuständigkeitsurteil“ des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 29. Juni 2012, GZ 14 Hv 74/12d‑22, dem jede Bindungswirkung fehlt, war zur Klarstellung zu beseitigen (vgl RIS‑Justiz RS0116267, Ratz , WK‑StPO § 292 Rz 45 und § 281 Rz 496) und es war dem Landesgericht Klagenfurt aufzutragen, sich ‑ ausgehend von der Verdachtslage einer Tatbegehung als junger Erwachsener ‑ in einer §§ 28, 46a Abs 1 JGG entsprechenden Besetzung der Verhandlung und Urteilsfällung zu unterziehen.
Mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass auch eine Anfechtung aus Z 6 des § 281 Abs 1 StPO ein aufgrund der Bestimmung des § 261 StPO gefälltes Unzuständigkeitsurteil voraussetzt (vgl Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 496; RIS‑Justiz RS0098840).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)