OGH 8ObA62/12v

OGH8ObA62/12v24.10.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Josef Schleinzer und AR Angelika Neuhauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei KR Ing. K***** K*****, vertreten durch Dr. Teja H. Kapsch, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei S***** reg.Gen.m.b.H., *****, vertreten durch die Held, Berdnik, Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 87.234,88 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 31. Juli 2012, GZ 7 Ra 41/12x-68, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Ausführungen in der außerordentlichen Revision wenden sich in erster Linie gegen die von den Vorinstanzen ermittelte Tatsachengrundlage. Die Beweiswürdigung kann vor dem Obersten Gerichtshof allerdings nicht mehr bekämpft werden (RIS-Justiz RS0043099).

Mit den Ausführungen zur angeblichen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens vermag der Kläger die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision nicht zu begründen. Das Berufungsgericht hat die Beweisfrage ausführlich behandelt und die vom Kläger bekämpften Feststellungen des Erstgerichts nachvollziehbar überprüft (RIS-Justiz RS0043371). Mit dem Hinweis auf die von ihm begehrten Zusatzfeststellungen, die vom Berufungsgericht als unerheblich qualifiziert wurden, zeigt der Kläger ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage auf.

2.1 Anders als das Erstgericht hat sich das Berufungsgericht nicht auf den Entlassungstatbestand des § 27 Z 3 AngG, sondern auf eine Vertrauensunwürdigkeit nach § 27 Z 1 dritter Fall AngG bezogen. Aus diesem Grund kommt dem Hinweis des Klägers, eine Judikatur über die Ausdehnung des Tatbestandsmerkmals „Geschäftszweig“ in § 7 AngG (RIS-Justiz RS0027828) auf Tochter- und Holdinggesellschaften nicht zu kennen, keine Bedeutung zu.

2.2 Nach der Rechtsprechung kann eine dem Entlassungstatbestand der Vertrauensunwürdigkeit unterliegende Treuepflichtverletzung auch bei indirekter Konkurrenzierung vorliegen, wenn der Angestellte ein bestimmtes Verhalten setzt, das ihn des Vertrauens seines Dienstgebers unwürdig macht (RIS-Justiz RS0027833).

Das Berufungsgericht ist von den zutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Die Beurteilung, ob das Gesamtverhalten des Dienstnehmers den herangezogenen Entlassungsgrund verwirklicht, stellt eine Frage des Einzelfalls dar, die die Zulässigkeit der Revision regelmäßig nicht rechtfertigen kann (RIS-Justiz RS0106298; 8 ObA 47/11m).

2.3 Das direkte Konkurrenzverhältnis zwischen I***** (als Teil der P*****-Gruppe) und V***** war in jedem Fall geeignet, sich - zumindest indirekt - auch auf die Beklagte auszuwirken. Zum einen wurde fast die gesamte Frischware der Beklagten im Rahmen einer langjährigen Geschäftsbeziehung an I***** weitergegeben. Ob dies aufgrund einer direkten Vertragsbeziehung oder über eine Vertragskette erfolgt ist, bleibt für die besondere wirtschaftliche Verflechtung beider Unternehmen unerheblich. Außerdem erfolgte die Abwicklung der Geschäftsbeziehung über die B*****. I***** war wichtigste Abnehmerin der B*****, deren Anteile von der P*****-Gruppe und der Beklagten gemeinsam gehalten werden. Die Beklagte steht mit der P*****-Gruppe somit auch in einer besonderen gesellschaftsrechtlichen Beziehung. Potentielle Beeinträchtigungen der wirtschaftlichen Situation der B***** schlagen auch auf die Beklagte durch.

Eine Beratungstätigkeit bei V***** war dem Kläger ebenso wenig gestattet wie die Übernahme der Geschäftsführerposition. Die Umstände, die die dargestellte Konkurrenzsituation begründeten, mussten dem Kläger bewusst sein. Ob die Abnahme der Beklagten tatsächlich in Gefahr geraten und ihr ein konkreter Schaden entstanden ist, stellt entgegen der Ansicht des Klägers keine Voraussetzung für eine Vertrauensverwirkung gegenüber dem Dienstgeber dar (8 ObA 192/02x).

2.4 Insgesamt stellt die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit erfüllt und die Entlassung des Klägers zu Recht erfolgt sei, keine korrekturbedürftige Schlussfolgerung dar. Sie beinhaltet auch die Würdigung, dass dem Dienstgeber die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann.

3. Die weiteren Argumente des Klägers in der außerordentlichen Revision erweisen sich ebenfalls als nicht stichhaltig. Dies gilt für den Hinweis, die V***** wäre als potentielle Kundin der Beklagten in Betracht gekommen. Tatsächlich stand für die Beklagte die Belieferung eines weiteren Großabnehmers nicht zur Diskussion. Richtig ist zwar, dass der Kläger mit Schreiben vom 2. 3. 2007 als Geschäftsführer der Beklagten abberufen wurde. Für das Ergebnis, das vom Gesamtverhalten des Klägers unter Berücksichtigung der konkreten Gesamtumstände bestimmt wird, spielt dieser Umstand keine Rolle.

Mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

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