OGH 4Ob145/12w

OGH4Ob145/12w18.10.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Land Steiermark, Graz, Hofgasse 15, vertreten durch Dr. Edwin Mächler, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei H***** M*****, vertreten durch Mag. Gregor Kohlbacher, Rechtsanwalt in Graz, wegen 14.238,94 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 16. Mai 2012, GZ 2 R 79/12y-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 30. März 2012, GZ 17 Cg 141/11i-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung nunmehr zu lauten hat:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 14.238,94 EUR samt 4 % Zinsen seit 20. April 2011 zu bezahlen und die mit 2.662,28 EUR (darin 336,88 EUR USt und 641 EUR Barauslagen) bestimmten Prozesskosten zu ersetzen, beides binnen 14 Tagen.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.502,20 EUR (darin 361,70 EUR USt und 2.332 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte wurde von seinem am 8. 2. 2005 verstorbenen Onkel testamentarisch zum Alleinerben eingesetzt und gab im Verlassenschaftsverfahren eine unbedingte Erbserklärung aus dem Rechtsgrund des Testaments zum gesamten Nachlass ab. Die Witwe des Erblassers erklärte im Verlassenschaftsverfahren am 18. 4. 2005, auf den ihr zustehenden Pflichtteil von rund 82.000 EUR zu verzichten. Im Oktober 2005 wurde die Witwe in einem Pflegewohnheim in Deutschlandsberg aufgenommen; sie beantragte am 22. 11. 2005 nach dem Steiermärkischen Sozialhilfegesetz (StSHG) die Zuzahlung zu den Heimkosten für ihre Unterbringung aus den Mitteln der Sozialhilfe.

Die Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg wies mit Bescheid vom 13. 3. 2007 den Sozialhilfeantrag mit der Begründung ab, der Verzicht auf den der Antragstellerin zustehenden Pflichtteil sei eine Vermögensverschiebung zu Lasten des Sozialhilfeträgers. Über die von der Witwe dagegen erhobene Berufung wurde im Verwaltungsverfahren nicht mehr entschieden, weil die Berufungswerberin am 22. 8. 2007 verstarb. Die Behörde stellte daraufhin das Verwaltungsverfahren ein.

Im Verlassenschaftsverfahren nach der Witwe machte das Pflegewohnheim eine offene Heimkostenforderung von 16.978,94 EUR geltend. Die Verlassenschaft erhob in der Folge eine Amtshaftungsklage gegen das Land Steiermark; die unrichtige abweisende Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg im Sozialhilfeverfahren sei schuldhaft und rechtswidrig erfolgt, weshalb der Verlassenschaft Schadenersatz in Höhe der (angemeldeten) Heimkosten zustehe.

Der im Rahmen des Amtshaftungsverfahrens angerufene Verwaltungsgerichtshof sprach mit Erkenntnis vom 29. 9. 2010, GZ Zl 2009/10/0198 (= ÖZPR 2011/56; siehe auch 2008/10/0335) aus, dass der von der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg erlassene Sozialhilfebescheid rechtswidrig war; der Witwe wäre ungeachtet der Gründe für ihre Hilfsbedürftigkeit Sozialhilfe zu gewähren gewesen:

„Die Konsequenz für die Übertragung von Vermögen ohne Gegenleistung liegt in einem Fall wie dem Vorliegenden nicht im Verlust des Sozialhilfeanspruchs des Übertragenden, sondern im Entstehen eines Rückersatzanspruches des Sozialhilfeträgers gegen den Empfänger. Dazu sei festgehalten, dass die Ansicht der belangten Behörde, § 28a StSHG, der diesen Rückersatz regelt, sei auf Fälle nicht anzuwenden, in denen die Vermögensübertragung in Kenntnis oder verschuldeter Unkenntnis des bevorstehenden Eintritts der Hilfsbedürftigkeit erfolgt sei, schon nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung nicht der Rechtslage entspricht.“

Dieses Erkenntnis führte zur Verurteilung des Landes Steiermark im Amtshaftungsverfahren; es wurde mit Urteil vom 25. 2. 2011 zur Zahlung von 16.978,94 EUR sA verpflichtet und hat diese Judikatschuld gezahlt.

Mit seiner am 20. 5. 2011 eingelangten Klage begehrt das Land Steiermark vom Beklagten Regresszahlung nach §§ 28, 28a StSHG in (nicht strittiger) Höhe von 14.238,94 EUR sA. Die von der Witwe abgegebene Pflichtteilsverzichtserklärung sei als Schenkung gegenüber dem Beklagten, zumindest aber als „Vermögensübertragung ohne entsprechende Gegenleistung“ zu beurteilen und führe zum Entstehen eines Ersatzanspruchs des Sozialhilfeträgers gegenüber dem Beklagten als Geschenknehmer nach den Bestimmungen des StSHG. Trotz Streitverkündung im Amtshaftungsverfahren sei der Beklagte dem Verfahren nicht beigetreten. Als Zeitpunkt des Beginns der Sozialhilfeleistung sei der 13. 10. 2005 (Tag der Aufnahme der Witwe in das Pflegeheim) anzusehen, weil ihr ab diesem Zeitpunkt Leistungen aus der Sozialhilfe bis zu ihrem Tod zugestanden wären. Die unentgeltliche Vermögensübertragung (Schenkung) an den Beklagten sei innerhalb der in § 28 Abs 1 StSHG festgelegten Frist von drei Jahren erfolgt. Das klagende Land mache seinen Ersatzanspruch gegen den Beklagten als Geschenknehmer auch innerhalb der Verjährungsfrist des § 29 Abs 3 StSHG geltend; Ersatzansprüche verjährten nämlich erst, wenn seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Hilfe geleistet worden sei, drei Jahre verstrichen seien. Diese Frist beginne mit der Erfüllung des Urteils im Amtshaftungsverfahren, frühestens mit dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils, nicht jedoch bereits mit dem Tod der Witwe; der Ersatzanspruch sei daher nicht verjährt.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Witwe habe sich ihres Pflichtteilsanspruchs entschlagen, was zu einer Anwachsung des Nachlassvermögens geführt habe, aber schon begrifflich keine Schenkung sei; der Beklagte sei daher kein Geschenknehmer iSd § 28a StSHG. Die Zahlung des Landes aufgrund des Urteils im Amtshaftungsverfahren sei keine Sozialhilfeleistung, sondern Schadenersatz, weil Sozialhilfeleistungen zu Unrecht nicht ausbezahlt worden seien. Ein allfälliger Ersatzanspruch sei gemäß § 29 Abs 3 StSHG verjährt, weil als „Beginn der Hilfeleistung“ (§ 28a Abs 1 StSHG) der 13. 10. 2005 (Beginn der Heimunterbringung) anzusehen sei. Auch wenn tatsächlich keine Sozialhilfe geleistet worden sei, führe dies zum Erlöschen des Ersatzanspruchs bezüglich jener Sozialhilfeleistungen, die in dieser Zeit nicht oder nicht zur Gänze hätten geltend gemacht werden können, wenn seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Hilfe geleistet worden sei, drei Jahre verstrichen seien. Die Verjährungsfrist habe spätestens mit Ablauf des Kalenderjahres 2007 begonnen. Der Witwe sei bereits zu Lebzeiten ein Schaden in ihrem Vermögen entstanden; ihr Schadenersatzanspruch gegenüber dem Land habe bereits im Zeitpunkt ihres Todes bestanden, der den Beginn der Verjährungsfrist ausgelöst habe.

Das Erstgericht sprach aus, dass der Rechtsweg zulässig sei und wies das Klagebegehren ab. Die Hilfeleistung des Landes in Form der Zahlung an die Verlassenschaft nach der Witwe sei 2011 erfolgt, nicht (schon) durch die Aufnahme der Witwe im Pflegeheim. Deren Erklärung, auf den Pflichtteil zu verzichten, sei am 18. 4. 2005 und damit außerhalb der in § 28a Abs 1 StSHG bestimmten dreijährigen Frist abgegeben worden, sodass sich daraus ein Anspruch gegenüber dem Beklagten nicht ableiten lasse. Da die Ersatzleistung erst 2011 erfolgt sei, sei die vom Beklagten eingewendete Verjährung nach § 29 Abs 3 StSHG aber nicht eingetreten.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil; es sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zum Regress des Sozialhilfeträgers nach § 28a StSHG zulässig sei. Ein Regressanspruch gegenüber dem Beklagten scheitere schon daran, dass der Sozialhilfeträger gegenüber der Witwe keine Hilfeleistung iSd § 28a StSHG erbracht habe, weil das Verwaltungsverfahren über den Antrag auf Zuzahlung zu den Heimkosten aus Mitteln der Sozialhilfe infolge Todes der Witwe vor einer Entscheidung über ihre Berufung gegen den abweisenden Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg eingestellt worden sei. Das klagende Land habe mit Zahlung seiner Judikatschuld einen Schadenersatzanspruch erfüllt, was von einer Hilfeleistung im Sinn des StSHG zu unterscheiden sei. Ein Regressanspruch sei damit zu verneinen, weshalb die Verjährungsfrage dahingestellt bleiben könne. Ein allfälliger Anfechtungsanspruch des Landes sei nicht näher zu prüfen, weil das Land nie Gläubiger der Verlassenschaft nach der Witwe gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Das klagende Land macht geltend, die von ihm an die Verlassenschaft nach der Witwe erbrachten Leistungen seien ungeachtet des Umstands, dass die Verpflichtung dazu erst in einem Amtshaftungsverfahren festgestellt worden sei, als Sozialhilfeleistungen zu beurteilen. Damit werde dem Land ein Regress gegen den Beklagten eröffnet, weil dieser Nutznießer einer unentgeltlichen Vermögensverschiebung zu Lasten der Witwe im zeitlichen Nahebereich zu deren Antrag auf Sozialhilfeleistung geworden sei. Den Regressregelungen der §§ 28, 28a StSHG läge die Absicht zugrunde, derartige Vermögensverschiebungen zu Lasten der öffentlichen Hand zu verhindern. Daraus folge weiters, dass als Beginn der Hilfeleistung iSd § 28a Abs 1 StSHG der Beginn der Heimunterbringung der Witwe anzusehen sei. Der Regressanspruch sei auch nicht verjährt, weil er frühestens mit Begründung einer gegen den Kläger durchsetzbaren Verpflichtung (hier demnach vor Rechtskraft des Urteils im Amtshaftungsverfahren) entstanden sei.

1. Der Beschluss des Erstgerichts über die Zulässigkeit des Rechtswegs ist in Rechtskraft erwachsen. Auf diese Frage ist daher nicht näher einzugehen.

2. § 28a Abs 1 StSHG lautet:

„Hat ein Hilfeempfänger innerhalb der letzten drei Jahre vor Beginn der Hilfeleistung, während oder drei Jahre nach der Hilfeleistung Vermögen verschenkt oder sonst ohne entsprechende Gegenleistung an andere Personen übertragen, so ist der Geschenknehmer (Erwerber) zum Kostenersatz verpflichtet, soweit der Wert des Vermögens das Fünffache des Richtsatzes für Alleinstehende übersteigt. Dies gilt auch für Schenkungen auf den Todesfall“.

Diese Bestimmung wurde mit Landesgesetz vom 27. 4. 2004, LGBl 47/2004, in das StSHG eingefügt und trat mit 1. 10. 2004 in Kraft (§ 46 Abs 4 StSHG), sodass sie auf den vorliegenden Sachverhalt zeitlich anwendbar ist.

Die Änderung ging auf einen Initiativantrag (XIV. GP EZ 1503/1; siehe auch den Schriftlichen Bericht des Ausschusses für Soziales und Kindergärten, BlgNR 202) zurück, in dem es heißt:

„Im Bundesländervergleich fällt auf, dass in den meisten Ländern für die Kosten von Leistungen sozialer Hilfe, auf die ein Rechtsanspruch besteht, neben dem Hilfeempfänger, seinen Erben sowie seinen unterhaltspflichtigen Angehörigen auch Personen, denen der Hilfeempfänger Vermögen geschenkt oder sonst ohne entsprechende Gegenleistung übertragen hat, Ersatz zu leisten haben [...] In der Steiermark gibt es nach der geltenden Rechtslage keine Möglichkeit, selbst bei offensichtlichen Vermögensübertragungen kurz vor Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen, den Geschenknehmer zu einem Kostenrückersatz zu verpflichten. Auch ist die Frist für den Kostenrückersatz durch den Empfänger der Hilfeleistung mit drei Jahren zu kurz bemessen und sollte auf fünf Jahre ausgedehnt werden. Angesichts der in anderen Bundesländern geschaffenen Regelungen zum Kostenrückersatz und der aufgrund der explosiv steigenden Ausgaben für den sozialen Bereich angespannten finanziellen Lage von Gemeinden und Land sollte das Steiermärkische Sozialhilfegesetz in den dargestellten Punkten geändert werden.“

3.1. Einzige Voraussetzung eines Kostenrückersatzanspruchs gegen den Geschenknehmer nach § 28a StSHG ist - neben der zeitlichen Komponente -, dass der Hilfeempfänger „Vermögen verschenkt oder sonst ohne entsprechende Gegenleistung an andere Personen übertragen hat“. Dieser Tatbestand ist nach den in den Materialien zum Ausdruck kommenden Motiven des Gesetzgebers weit zu verstehen: Offensichtliche Vermögensübertragungen kurz vor Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen sollen nicht zu Lasten der Allgemeinheit erfolgen.

3.2. Hat demnach die Witwe im Verlassenschaftsverfahren nach ihrem Gatten auf den ihr zustehenden Pflichtteil von rund 82.000 EUR verzichtet, und ist dieser Vermögenswert infolge dieser Erklärung dem Beklagten als testamentarischem Alleinerben zugeflossen, ist dieser Vorgang nach dem gebotenen weiten Begriffsverständnis zwanglos als „Vermögensübertragung ohne entsprechende Gegenleistung“ zu beurteilen. Die Kenntnis der Beteiligten von der Pflegebedürftigkeit der Witwe - auf die es nach der genannten Norm aber nicht ankommt - ist im Übrigen sogar festgestellt.

3.3. Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass der Beklagte als Geschenknehmer des Hilfeempfängers iSd § 28a StSHG anzusehen ist.

4.1. Voraussetzung eines auf den fünften Abschnitt des StSHG gestützten Ersatzanspruchs für Aufwendungen der Sozialhilfe (hier: gemäß § 28a StSHG gegenüber dem ersatzpflichtigen Geschenknehmer) ist eine Aufwendung im Rahmen der Sozialhilfe. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt diese Voraussetzung hier vor.

4.2. Das Amtshaftungsgesetz ist nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung eine lex specialis zu den schadenersatzrechtlichen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts in seiner Gesamtheit; Amtshaftungsrecht ist ein Teil des Schadenersatzrechts (Vrba/Zechner, Kommentar zum Amtshaftungsrecht 18 mwN; Ziehensack, AHG § 1 Rn 1, 802).

4.3. Primärer Zweck des Schadenersatzrechts ist es, dem Geschädigten durch einen Ersatzanspruch einen Ausgleich für die erlittene Einbuße zu verschaffen (Koziol/Welser II13 301). Notwendige Konsequenz dieser Ausgleichsfunktion ist es daher im hier gegebenen Zusammenhang, eine im Rahmen von Schadenersatz (hier: infolge Amtshaftung) zugesprochene Leistung als Surrogat der - aufgrund des Todes der Anspruchsberechtigten nicht mehr durchsetzbaren - Sozialhilfeleistung zu beurteilen: Ein Vermögensgegenstand (Forderung) wird durch einen anderen Gegenstand (eine Ersatzforderung) ersetzt und das sonst beeinträchtigte Vermögen damit wieder ausgeglichen, ohne dass sich dadurch die Schuld inhaltlich verändert hätte.

4.4. Die Verlassenschaft nach der Witwe hat demnach durch Erlangen des klagsstattgebenden Urteils im Amtshaftungsverfahren jenen Vermögensnachteil ausgeglichen, der der Witwe durch Entfall der Sozialhilfeleistung infolge gesetzwidriger Auslegung des StSHG entstanden ist. Damit hat die Zahlung der Klägerin aufgrund des Urteils im Amtshaftungsverfahren jene Hilfeleistungen nach dem StSHG substituiert, die der Witwe ohne die Fehlleistung von - der Klägerin zurechenbaren - Organwaltern während ihres Heimaufenthalts seit 13. 10. 2005 zu erbringen gewesen wären. Die Klägerin hat damit materiell Aufwendung im Rahmen der Sozialhilfe erbracht, die ihr einen auf den fünften Abschnitt des StSHG gestützten Ersatzanspruch für Aufwendungen der Sozialhilfe eröffnen.

4.5. Substituiert demnach die aus einem Amtshaftungsanspruch resultierende Forderung die zu Unrecht nicht erbrachten Sozialhilfeleistungen für die Heimunterbringung, ist die Zahlung aufgrund des Urteils jenen Zeiträumen zuzuordnen, in denen Sozialhilfeleistungen zu erbringen gewesen wären. Damit ist aber der Pflichtteilsverzicht der Witwe (die Vermögensübertragung ohne entsprechende Gegenleistung) innerhalb von drei Jahren vor der Hilfeleistung erfolgt. Der Tatbestand des § 28a Abs 1 StSHG ist somit erfüllt.

5.1. Damit stellt sich zuletzt die Frage der Verjährung des Ersatzanspruchs gegen den Geschenknehmer nach § 29 Abs 3 StSHG bzw dessen Präklusion („Erlöschen“; vgl dazu Mayr, Verhältnis von Verjährungsbestimmungen im Landesrecht zu jenen im allgemeinen Zivilrecht des Bundes - Ausschlussfristen in landesrechtlichen Sozialhilfe- und Mindestsicherungsgesetzen im Spannungsverhältnis von Notwendigkeit und Verfassungswidrigkeit, ÖJZ 2011/80), hat doch der Beklagte eine entsprechende Einwendung erhoben (vgl auch RIS-Justiz RS0072883 = 1 Ob 623/91 zu § 10 Abs 1 TirSHG, wonach auf eine Präklusion des Ersatzanspruchs von Sozialleistungen von Amts wegen Bedacht zu nehmen ist).

5.2. § 29 Abs 3 erster Satz StSHG lautet:

„Ersatzansprüche verjähren, wenn seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Hilfe geleistet worden ist, drei Jahre verstrichen sind.“

5.3. Ganz allgemein beginnt die kurze Verjährung von Ersatzansprüchen (§ 1489 erster Satz ABGB) nicht vor dem tatsächlichen Eintritt des Schadens zu laufen (vgl RIS-Justiz RS0083144). Besteht Ungewissheit darüber, ob überhaupt ein Schaden entstanden ist, und ist über diese Frage ein Rechtsstreit anhängig, ist auf die Rechtskraft der Gerichtsentscheidung beziehungsweise den Ausgang eines Verwaltungsverfahrens abzustellen, weil erst dann der Schadenseintritt (= die Zahlungspflicht des Regressberechtigten) „unverrückbar“ feststeht und ausreichend sichere Informationen für eine Schadenersatzklage verfügbar sind (1 Ob 203/11a).

5.4. Auch im Zusammenhang mit Ersatzansprüchen aufgrund eines Aufwands des Sozialhilfeträgers hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass die Verjährungsfrist erst mit Erbringung des Aufwands durch den Sozialhilfeträger zu laufen beginnt (1 Ob 2302/96b = RIS-Justiz RS0107337 zu § 41 Abs 6 NöSHG; Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht 536 unter Hinweis auf VwGH 82/11/0199).

5.5. Diese Grundsätze gelten auch im Anlassfall: Der dem klagenden Leistungserbringer entstandene Aufwand (Ersatzleistung für zu Unrecht nicht erbrachte Sozialhilfeleistungen) ist erst mit rechtskräftiger Verurteilung im Amtshaftungsverfahren eingetreten; zuvor bestand keine objektive Möglichkeit, Ersatzansprüche gegenüber dem Beklagten geltend zu machen. Die am 20. 5. 2011 eingebrachte Klage ist damit nicht verjährt.

5.6. Es wäre im Übrigen auch ein Wertungswiderspruch, würde man das Sozialhilfeleistungen erbringende Land allein aufgrund eines amtshaftungsbegründenden Verhaltens seiner Organwalter schlechter stellen, was die Verjährung seines Ersatzanspruchs betrifft, als wenn rechtmäßig vorgegangen worden wäre.

6. Der Revision ist deshalb Folge zu geben; die Urteile der Vorinstanzen sind im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern.

7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 Abs 1 ZPO, im Rechtsmittelverfahren iVm § 50 Abs 1 ZPO.

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