OGH 15Os94/12f

OGH15Os94/12f26.9.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. September 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Dr. Michel-Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Krausam als Schriftführerin in der Strafsache gegen Obima O***** wegen des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster Satz zweiter Fall SMG und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 65 Hv 125/11v des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über den Antrag des Verurteilten Obima O***** auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a Abs 1 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Obima O***** wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 21. Oktober 2011, GZ 65 Hv 125/11v-59, der Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster Satz zweiter Fall SMG (1./) und der Vorbereitung des Handels mit psychotropen Stoffen nach § 31 Abs 1 zweiter Fall SMG (2./) schuldig erkannt und nach § 28 Abs 1 SMG unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten verurteilt. Mit einem zugleich gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO gefassten Beschluss wurde die zu AZ 20 BE 255/09k des Landesgerichts Linz gewährte bedingte Entlassung aus Freiheitsstrafen widerrufen.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat Obima O***** von einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt des Jahres 2011 bis zum 13. Juli 2011 in W***** vorschriftswidrig

1./ zumindest 2,3 Gramm Reinsubstanz Heroin und zumindest 4,97 Gramm Reinsubstanz Kokain, mithin Suchtgift in einer insgesamt die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, und

2./ zumindest 5,45 Gramm Reinsubstanz Alprazolam, mithin einen psychotropen Stoff in einer die Grenzmenge (§ 31b SMG) übersteigenden Menge

jeweils mit dem Vorsatz, dass es (er) in Verkehr gesetzt werde, besessen.

Das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht gab mit Urteil vom 29. März 2012, AZ 23 Bs 66/12t (ON 78 des Hv-Aktes), der dagegen erhobenen Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit sowie der Aussprüche über die Schuld und die Strafe (sowie dessen implizierter Beschwerde) nicht, hingegen der Berufung der Staatsanwaltschaft wegen des Ausspruchs über die Strafe Folge und erhöhte die Freiheitsstrafe auf zwei Jahre.

Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht richtet sich, gestützt auf die Behauptung einer Verletzung im Grundrecht nach Art 7 Abs 1 erster Satz MRK, der Antrag des Verurteilten Obima O***** auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO (RIS-Justiz RS0122228).

Dem Antrag kommt - in Übereinstimmung mit den zutreffenden Ausführungen der Generalprokuratur - keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Für einen (wie hier vorliegenden) nicht auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gestützten Erneuerungsantrag gelten alle gegenüber dem genannten Gerichtshof normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen der Art 34 und 35 Abs 1 und 2 MRK sinngemäß (RIS-Justiz RS0122737).

Demnach hat - da die Opfereigenschaft nach Art 34 MRK nur dann anzunehmen ist, wenn der Beschwerdeführer substantiiert und schlüssig vorträgt, in einem bestimmten Konventionsrecht verletzt zu sein - ein Erneuerungsantrag gemäß § 363a StPO deutlich und bestimmt darzulegen, worin eine - vom angerufenen Obersten Gerichtshof sodann selbst zu beurteilende - Grundrechtsverletzung im Sinn des § 363a Abs 1 StPO zu erblicken sei (RIS-Justiz RS0122737 [T17]). Dabei hat er sich mit der als grundrechtswidrig bezeichneten Entscheidung in allen relevanten Punkten auseinanderzusetzen (RIS-Justiz RS0124359).

Diesen Anforderungen wird der - auf den Rechtsstandpunkt eines neben der Gewahrsame auch einen Besitzwillen (§ 309 zweiter Satz ABGB) voraussetzenden Besitzbegriffs im (Suchtmittel-)Strafrecht gestützte - Erneuerungsantrag nicht gerecht. Denn mit der schlichten Behauptung, dem Normunterworfenen könne entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts keine extensivere Interpretation des Begriffs Besitz (als in § 309 ABGB normiert) „zugemutet werden“, zumal der Oberste Gerichtshof auch andere Begriffe des Strafrechts, etwa den Begriff des Anbietens (§ 28a Abs 1 SMG) nach zivilrechtlichen Gesichtspunkten interpretiere, unterlässt der Erneuerungswerber jegliche argumentative Auseinandersetzung mit den auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gestützten Rechtsausführungen des Berufungsgerichts (US 6 f) zum vom zivilrechtlichen Besitzbegriff eben abweichenden, auf die - von der subjektiven Tatseite umfasste - tatsächliche Innehabung ohne Erfordernis eines Willens, „die Sache als die Seine zu behalten“, abstellenden, strafrechtlich autonom definierten Besitzbegriff (vgl RIS-Justiz RS0096666, RS0088344; Litzka/Matzka/Zeder SMG² § 27 Rz 8; Hinterhofer in: Hinterhofer/Rosbaud, SMG [2006] § 27 Rz 23; Schwaighofer in WK2 § 27 SMG Rz 14; jeweils mwN).

Soweit sich der Verurteilte in seinem Erneuerungsantrag und in seiner Äußerung zur Stellungnahme der Generalprokuratur auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs AZ 15 Os 5/10i beruft, ist ihm zu entgegnen, dass diese zum Besitzbegriff des § 28 Abs 1 SMG keine Aussage trifft (vgl RIS-Justiz RS0118429 [T7]).

Der Erneuerungswerber vermag somit nicht aufzuzeigen, dass er wegen einer nach inländischem Recht nicht strafbaren Handlung verurteilt worden sei (Art 7 Abs 1 erster Satz MRK).

Sein Erneuerungsantrag war daher gemäß § 363b Abs 2 Z 3 StPO bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen.

Stichworte