OGH 3Ob149/12a

OGH3Ob149/12a19.9.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** L*****, vertreten durch Mag. Christian Posch, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei S***** AG, *****, vertreten durch Kaufmann & Thurnher Rechtsanwälte GmbH in Dornbirn, wegen 25.550 EUR sA und Feststellung (Streitwert 5.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 21. Juni 2012, GZ 2 R 110/12m-30, womit das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 27. April 2012, GZ 5 Cg 142/11d-26, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen wiesen die Schadenersatzklage eines außerhalb der gesicherten Piste zum Sturz gekommenen Schifahrers mit der Begründung ab, die Beklagte sei ihrer Markierungspflicht ausreichend nachgekommen, eine zusätzliche Absicherung käme einer Überspannung der Verkehrssicherungspflichten gleich. Der Unfall sei ausschließlich auf die Unachtsamkeit des Klägers selbst zurückzuführen.

Der Kläger vermag keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht sind der Pistenhalter und seine Leute grundsätzlich verpflichtet, dort entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, wo den Schifahrern durch nicht oder schwer erkennbare Hindernisse Gefahren drohen (RIS-Justiz RS0023255). Nach einhelliger Auffassung sind nur atypische Gefahren zu sichern, also solche Hindernisse, die der Schifahrer nicht ohne weiteres erkennen kann, und solche, die er trotz Erkennbarkeit nur schwer vermeiden kann; atypisch ist eine Gefahr, die unter Bedachtnahme auf das Erscheinungsbild und den angekündigten Schwierigkeitsgrad der Piste auch für einen verantwortungsbewussten Schifahrer unerwartet oder schwer abwendbar ist (RIS-Justiz RS0023417). Für die Art und den Umfang der Pistensicherungspflicht ist das Verhältnis zwischen Größe und Wahrscheinlichkeit der atypischen Gefahr sowie ihre Abwendbarkeit einerseits durch das Gesamtverhalten eines verantwortungsbewussten Pistenbenützers und andererseits durch den Pistenerhalter mit den nach der Verkehrsanschauung adäquaten Mitteln maßgebend (RIS-Justiz RS0023237). Ob der Pistensicherungspflicht genüge getan wurde, hängt von den besonderen Umständen jedes einzelnen Falls ab. Eine für alle Eventualitäten gültige Regel, wann ein Hindernis überhaupt vollständig zu entfernen oder eine bestimmte Absicherungsmaßnahme ausreichend ist, lässt sich nicht aufstellen (RIS-Justiz RS0109002).

Ausgehend von den Feststellungen, dass die vom Kläger übersehene Geländemulde zum Unfallzeitpunkt zwar sehr ausgeprägt und steil, aber keine senkrechte Abbruchkante und daher für den hochalpinen Raum geradezu typisch war einerseits und die nicht ungewöhnliche, sondern sogar häufig so praktizierte Aufstellung der Randmarkierungstafel etwa einen Meter außerhalb des Randes der ca 10 m breiten Piste schon im Bereich der Steilböschung andererseits, ist die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen vom Obersten Gerichtshof nicht zu beanstanden. Fest steht überdies nur, dass ein Schifahrer, der rechts von der außerhalb des rechten Pistenrandes aufgestellten Randmarkierungsstange vorbeigefahren wäre, einen Gleichgewichtsverlust und möglicherweise folgenden Absturz nicht verhindern hätte können. Bei der vorhandenen Anzahl an Randmarkierungsstangen war es aber auch bei so schlechten Sichtverhältnissen wie am Unfalltag möglich, in langsamer Fahrt zur Talstation zu gelangen. Dass unter diesen Umständen die Forderung des Klägers nach einer zusätzlichen Absicherung der außerhalb des Pistenrandes befindlichen Steilböschung (typisch für hochalpines Gelände) eine Überspannung der den Pistenerhalter treffenden Verkehrssicherungspflicht bedeuten würde, ist daher ebenso vertretbar wie die rechtliche Schlussfolgerung, dass der Kläger, welcher vorher von ihm passierte Richtungshinweise nicht wahrgenommen hatte, den Unfall infolge eigener Unachtsamkeit allein selbst zu verantworten hat.

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