OGH 3Ob145/12p

OGH3Ob145/12p19.9.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI Dr. K***** S*****, vertreten durch Mag. Alexander Todor-Kostic, LL.M., Rechtsanwalt in Velden am Wörthersee, gegen die beklagten Parteien 1.) M***** K*****, 2.) J***** S*****, beide vertreten durch Dr. Gernot Murko und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Ausfolgung eines Schlüssels (Streitwert 4.360,37 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 19. April 2012, GZ 4 R 118/12p-171, womit das Urteil des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 2. Februar 2012, GZ 40 C 360/10x-162, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 8. Februar 2012, und des Ergänzungsbeschlusses vom 2. März 2012, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 492,56 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 82,09 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Das Berufungsgericht wies das Begehren des Klägers ab, die Beklagten zur Ausfolgung eines Schlüssels zu einer bestimmten Absperrung auf einem Weg zu verpflichten, an dem der Kläger Wegerechte aufgrund vertraglich vereinbarter oder gutgläubig ersessener Dienstbarkeit behauptete. Weder habe der Kläger eine ausdrückliche oder schlüssige Vereinbarung zwischen ihm oder seinen Rechtsvorgängern einerseits und den Beklagten oder ihren Rechtsvorgängern andererseits nachweisen können, noch könne aus dem festgestellten Sachverhalt abgeleitet werden, dass er die behaupteten Wegerechte ersessen habe. Überdies hätten die Beklagten die Freiheit von allfällig bestehenden Wegerechten mangels Rechtsdurchsetzung des Klägers ersessen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Die vom Berufungsgericht bei Erörterung der „Freiheitsersitzung“ nach § 1488 ABGB erörterte Frage des Einflusses einer erfolgreichen Wiederaufnahmsklage auf den Fristlauf ist vorliegend nicht zu beantworten, weil es nicht darauf ankommt, ob die vereinbarte oder ersessene Dienstbarkeit gemäß § 1488 ABGB erloschen sei, wenn schon die Begründung der behaupteten Dienstbarkeit zutreffend verneint wurde.

Ebenso wenig relevant ist die weiters als erheblich bezeichnete Rechtsfrage nach der Relevanz der zwischenzeitigen Veräußerung des (angeblich) herrschenden Grundstücks. Gegen die ohnehin zu Gunsten des Revisionswerbers gelöste Frage in diesem Zusammenhang enthält seine Revision (naheliegenderweise) keine Ausführungen.

Weder aus der langen Verfahrensdauer noch aus in derselben Rechtssache oder in mit ähnlichen Problemen verbundenen weiteren Verfahren zwischen den Streitteilen geäußerten Rechtsansichten der Vorinstanzen lässt sich unmittelbar das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO ableiten.

Die Beurteilung der Umstände eines konkreten Einzelfalls dahin, ob daraus eine ausdrückliche oder schlüssige vertragliche Vereinbarung abgeleitet werden kann, geht in ihrer Bedeutung über den Einzelfall nicht hinaus und bildet, vom Fall einer hier nicht vorliegenden vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifenden Fehlbeurteilung abgesehen, keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO. Dies trifft insbesondere auf die von den Vorinstanzen aus einer einen anderen Weg betreffenden Vereinbarung eines Rechtsvorgängers des Klägers mit dem Beklagten (ihren Rechtsvorgängern) gezogenen Schlüsse zu. Aus der Regelung, wer die Erhaltungskosten für einen öffentlichen Weg zu tragen hat, lässt sich nicht zwingend auf an diesem Weg bestehende Sondernutzungsrechte oder Dienstbarkeiten schließen. Auf die vom Revisionswerber als überraschend gerügte Beurteilung der Vereinbarung als unwirksam, weil nicht von beiden betroffenen Grundeigentümern geschlossen, kommt es in diesem Zusammenhang gar nicht an.

Voraussetzung der Ersitzung ist der qualifizierte Besitz während der gesetzlich bestimmten Zeit. Der zur Ersitzung erforderliche Rechtsbesitz wird dadurch erworben, dass ein - wirkliches oder angebliches - Recht gegen jemanden gebraucht wird und dieser sich fügt (RIS-Justiz RS0108666). Die auch hier nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu treffende Beurteilung des Berufungsgerichts geht in ihrer Bedeutung nicht über diesen Fall hinaus und ist vom Obersten Gerichtshof nicht aufzugreifen.

Die vom Kläger behauptete und von ihm zu beweisende ausdrückliche Vereinbarung eines Fahrtrechts zu seinen Gunsten vor oder anlässlich der Neuerstellung des Weges vermochten die Vorinstanzen nicht festzustellen. Aus der festgestellten tatsächlichen Übung ist die vom Kläger seinem Begehren zugrunde gelegte unbeschränkte Verpflichtung, ihn über den strittigen Weg jederzeit fahren zu lassen, nicht abzuleiten, weil er (seine Rechtsvorgänger) immer wieder um das Aufsperren ersuchte und dies im Einzelfall gewährt, sein Ersuchen um Ausfolgung eines Schlüssels (zwecks unbehinderter Wegbenützung, ohne eigens fragen zu müssen) aber ausdrücklich abgelehnt wurde (etwa unter Hinweis auf die Hirschbrunft).

Die Revision des Klägers ist daher mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Da die Beklagten die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision geltend machten, hat ihnen der Kläger die Kosten der Revisionsbeantwortung gemäß §§ 41 und 50 ZPO zu ersetzen.

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