OGH 6Ob147/12d

OGH6Ob147/12d13.9.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen L***** M*****, geboren am 14. März 2000, vertreten durch das Amt für Jugendwohlfahrt der Stadt Innsbruck, über den „außerordentlichen Revisionsrekurs“ der Kuratorin gemäß § 5 Abs 2 Z 1 lit b AußStrG Mag. Fiona Arnold, Rechtsanwältin in Innsbruck, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 21. Juni 2012, GZ 54 R 86/12m-47, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom 18. April 2012, GZ 3 Pu 47/11t-40, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Der Vater war mit Beschluss des Erstgerichts vom 2. Februar 2005 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 380 EUR an seine Tochter verpflichtet worden. 2011 beantragte die Tochter eine Erhöhung dieser Unterhaltsverpflichtung auf 485 EUR monatlich.

In diesem Unterhaltsverfahren bestellte das Erstgericht mit Beschluss vom 18. April 2012 die Rechtsmittelwerberin zur Kuratorin gemäß § 5 Abs 2 Z 1 lit b AußStrG für den Vater, dessen Aufenthalt unbekannt sei.

Das Rekursgericht gab dem dagegen gerichteten Rekurs der bestellten Kuratorin nicht Folge und sprach aus, der Revisionsrekurs sei nicht zulässig.

Dagegen richtet sich der „außerordentliche Revisionsrekurs“ der Kuratorin, den das Erstgericht samt den Akten dem Obersten Gerichtshof unmittelbar vorlegte.

Diese Aktenvorlage ist verfehlt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 62 Abs 3 und 4 AußStrG ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat, soweit der Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur ist. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts - beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen (Zulassungsvorstellung), den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde. Die Zulassungsvorstellung ist mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden.

Auch bloß verfahrensrechtliche Entscheidungen sind schon wegen ihres entscheidenden Einflusses auf die Entscheidung in der Hauptsache als solche vermögensrechtlicher Natur anzusehen, wenn die Hauptsache selbst (hier: das Unterhaltsverfahren) vermögensrechtlicher Natur ist (vgl RIS-Justiz RS0010054). Dies trifft auch auf Kuratorbestellungen im Unterhaltsverfahren zu (10 Ob 2/12k = RIS-Justiz RS0007215 [T11]).

Für die Berechnung des maßgebenden Entscheidungsgegenstands sind gesetzliche Unterhaltsansprüche gemäß § 58 Abs 1 JN mit der dreifachen Jahresleistung zu bewerten (RIS-Justiz RS0103147 [T2]); eine Hinzurechnung des begehrten rückständigen Unterhalts kommt nach der jüngeren Rechtsprechung nicht in Betracht (RIS-Justiz RS0042366 [T7]; RS0103147 [T1 und T6]). Maßgeblich ist nur der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz zwischen den Parteien noch strittige Betrag. Dieser errechnet sich somit aus der 36-fachen Differenz zwischen dem bisherigen mit 380 EUR festgesetzten und dem nunmehr begehrten höheren Zuspruch von 485 EUR an laufendem monatlichen Unterhalt und ergibt somit 3.780 EUR (105 EUR x 36).

Davon ausgehend wäre das Rechtsmittel nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen gewesen, weil im Streitwertbereich des § 63 AußStrG Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch des § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen sind (§ 69 Abs 3 AußStrG). Solange das Rekursgericht nicht auf eine Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs entschieden hat, ist der Oberste Gerichtshof sowohl betreffend die Fragen der Zulässigkeit und der Rechtzeitigkeit des Revisionsrekurses als auch dessen inhaltlicher Berechtigung funktionell unzuständig (RIS-Justiz RS0109516 [T3]).

Das Erstgericht wird somit das Rechtsmittel dem Rekursgericht vorzulegen haben. Ob der dem Rekursgericht vorzulegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS-Justiz RS0109623 [T8]; RS0109516 [T10]).

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