OGH 13Os76/12v

OGH13Os76/12v30.8.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. August 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Temper als Schriftführerin in der Strafsache gegen Robert S***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127 und 130 erster Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Gagandeep J***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 23. April 2012, GZ 125 Hv 20/12w-48, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Gagandeep J***** wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über seine Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Diesem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Robert S***** und Gagandeep J***** jeweils des (richtig:) Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall und 15 StGB (I), Robert S***** überdies des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127 und 130 erster Fall StGB (II) schuldig erkannt.

Danach haben - soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung - Robert S***** und Gagandeep J***** in Wien

(I) im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 erste Alternative StGB) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die Zahlungsfähigkeit und -willigkeit des Robert S*****, unter Verwendung falscher oder verfälschter Beweismittel, und zwar durch Einkopieren der persönlichen Daten dieses Angeklagten und einer falschen Meldeanschrift inhaltlich veränderter Kopien von Meldebestätigung, Honoraraufstellungen und Firmenbuchauszug, Angestellte folgender Unternehmen zu die genannten Unternehmen am Vermögen schädigenden Handlungen

1) am 16. August 2011 zu verleiten versucht, und zwar jeweils zur Herstellung und Freischaltung eines Mobiltelefonanschlusses für Robert S***** und Erbringung von Sprachtelefonieleistungen durch Angestellte der A***** AG sowie zur Ausfolgung von Mobiltelefonen, nämlich

a) eines Mobiltelefons Samsung Nexus in einer Filiale des Unternehmens S*****,

b) eines Mobiltelefons Samsung Galaxy S 2 in einem A*****-Shop;

2) am 17. August 2011 verleitet, und zwar Angestellte der S***** Bank zum Abschluss eines Kreditvertrags und Überweisung von 2.499 Euro zur Finanzierung des Ankaufs eines Laptops Apple MacBook durch Robert S***** in einer Filiale des Unternehmens S*****.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Gagandeep J***** ist nicht im Recht.

Die Kritik der Mängelrüge (der Sache nach Z 5 vierter Fall), das Erstgericht habe „im angefochtenen Urteil Umstände verwertet, die nicht im Beweisverfahren vorgekommen“ seien, bezeichnet die angeblich zu Unrecht verwerteten Beweismittel nicht deutlich und bestimmt (RIS-Justiz RS0111533 T9; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 462).

Bei der Urteilsannahme, der Beschwerdeführer habe zwei Laptops mittels Ratenkaufs angeschafft und daher gewusst, welche Unterlagen für ein solches Geschäft benötigt würden (US 41), handelt es sich bloß um die sachverhaltsmäßige Bejahung eines von mehreren erheblichen Umständen, die erst in Zusammenschau die Grundlage für die Feststellung entscheidender Tatsachen (hier: der Herstellung der bei den Betrügereien verwendeten Beweismittel durch den Beschwerdeführer) gebildet haben, ohne dass die Tatrichter darin erkennbar eine notwendige Bedingung für die Konstatierung erblickt haben. Eine derartige Annahme ist demzufolge nicht nach den Kriterien der Z 5 begründungspflichtig und daher nicht Gegenstand einer Mängelrüge (RIS-Justiz RS0116737; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 410).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) versucht, erhebliche Bedenken aus den Erwägungen der Tatrichter selbst abzuleiten, und erschöpft sich auch sonst in spekulativen Erwägungen ohne konkreten Aktenbezug. Sie bewegt sich damit außerhalb des Anfechtungsrahmens dieses Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0119424).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) reklamiert zu den Schuldsprüchen I/1/a und b unter Hinweis auf „Richtlinien“ der involvierten Unternehmen, wonach „für eine solche Anmeldung“ (gemeint: eines Mobiltelefons durch einen ausländischen Kunden) besondere Voraussetzungen erfüllt werden müssten, „absolut untauglichen Versuch“ (§ 15 Abs 3 StGB). Da sich der Inhalt derartiger „Richtlinien“ in den Entscheidungsgründen nicht findet, scheitert diese Rechtsfolgebehauptung schon an der fehlenden Geltendmachung eines Feststellungsmangels (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 602). Im Übrigen folgt aus der allgemeinen Überlegung der Tatrichter, „bei ausländischen Käufern“ werde „in der Regel entweder der Nachweis einer auch in Zukunft gefestigten Erwerbsposition in Österreich“ oder eine „Anzahlung“ verlangt (US 53), keineswegs, Tatvollendung wäre nach Art der inkriminierten Handlung bei der gebotenen ex-ante Betrachtung geradezu denkunmöglich gewesen (vgl RIS-Justiz RS0102826, RS0120982).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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