OGH 3Ob133/12y

OGH3Ob133/12y8.8.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*****, vertreten durch Mag. Hannes Arneitz, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagten Parteien 1. D***** und 2. M*****, beide vertreten durch Mag. Astrid Roblyek, Rechtsanwältin in Klagenfurt, wegen § 36 EO, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 29. März 2012, GZ 2 R 53/12i-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Villach vom 9. Jänner 2012, GZ 7 C 352/11w-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtenen Urteile der Vorinstanzen werden abgeändert, sodass sie zu lauten haben:

„Die vom Landesgericht Klagenfurt als Rekursgericht mit Beschluss vom 22. August 2011, GZ 2 R 226/11d-16, über die verpflichtete Partei verhängte Geldstrafe von 500 EUR ist unzulässig.“

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 1.702,02 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin enthalten 265,72 EUR an USt und 130,83 EUR an Barauslagen), die mit 1.336,38 EUR bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten 198,90 EUR an USt und 143 EUR an Barauslagen) und die mit 1.032,06 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 136,44 EUR an USt und 213,40 EUR an Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin (Verpflichtete) ist Eigentümerin einer Liegenschaft, über die der sogenannte Bachweg, ein auf ihrer Liegenschaft lastender Servitutsweg, verläuft, der ua die Liegenschaft der beklagten Parteien (in Hinkunft: Betreibende) erschließt.

Die P***** GmbH (in Hinkunft: GmbH) besorgte in der Vergangenheit die Müllentsorgung auf der Liegenschaft der Betreibenden. Die Verpflichtete macht ua das Befahren mit den Müllabfuhrfahrzeugen dafür verantwortlich, dass die Trasse des Dienstbarkeitswegs sukzessive breiter geworden sei. Im Mai 2009 gab die GmbH gegenüber der Verpflichteten eine Erklärung auf Unterlassen des Befahrens des Bachwegs außerhalb der befestigten Fahrbahn ab.

Mit der Behauptung, der Privatweg der Klägerin sei im April 2010 wiederum von einem Mitarbeiter außerhalb der befestigten Ränder befahren worden, brachte die Verpflichtete gegen die GmbH am 8. Juni 2010 eine Klage auf Unterlassung und Wiederherstellung ein. Im April 2010 stellte die Verpflichtete zur Begrenzung des Servitutswegs einen Holzzaun auf, wodurch ein Befahren mit den breiten Fahrzeugen der Müllabfuhr nicht mehr möglich ist. Am 4. Februar 2011 - zu diesem Zeitpunkt war das Verfahren gegen die GmbH noch anhängig und in diesem auch eine interne Dienstanweisung der GmbH schon aus dem Jahre 2008 vermutlich für die Müllabfuhr bekannt geworden, den Bachweg überhaupt nicht mehr zu befahren - befuhr ein zweiachsiger, kleinerer LKW der GmbH den Bachweg, um den Betreibenden Pellets zu liefern. Die Klägerin fotografierte das Fahrzeug.

Exekutionstitel zwischen den Streitteilen ist das Urteil des Oberlandesgerichts Graz vom 7. Mai 2009, AZ 2 R 38/09i, mit dem ua die Verpflichtete im Punkt 1.a) zur Einwilligung in die Erweiterung des Wegerechts „um die ungemessene Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens zu privaten Zwecken sowie zu gewerblichen Zwecken in jenem Ausmaß, das mit dem Betrieb der früher auf dem herrschenden Grundstück 904/5 betriebenen Fremdenpension einher ging“ verpflichtet wurde; laut Punkt 1.b) ist ua die Verpflichtete gegenüber den Betreibenden schuldig, „jede Behinderung von Personen, die über den sogenannten Bachweg zum Haus der [Betreibenden] … gehen oder fahren, insbesondere jede Anhaltung mit dem Hinweis, der Privatweg dürfe nicht zu den Klägern befahren werden und jede Anfertigung von Fotos von Fußgängern und Autofahrern zum Zwecke der Abschreckung sowie jede ähnliche Störung im Sinne der zu Punkt a) des Urteilsspruchs einzuverleibenden erweiterten Dienstbarkeit zu unterlassen.“ Begründet wurde diese Unterlassungsverpflichtung (abgesehen von der angenommenen Wiederholungsgefahr) im Wesentlichen damit, dass die Verpflichtete - insbesondere im Zusammenhang mit dem Betrieb der Psychotherapie-Praxis der Zweitbetreibenden - Personen, die den Bachweg (gemeint: rechtmäßig) benützt haben, unbefugt daran behindert hat, indem sie diese mit dem Hinweis anhielt, dass der Privatweg zu den Betreibenden nicht befahren werden dürfe, und indem sie Fußgänger und Autofahrer durch Anfertigung von Fotos von der (gemeint: rechtmäßigen) Benützung des Bachwegs abschreckte.

Aufgrund behaupteter Verstöße gegen Punkt 1.b) des Urteilsspruchs im Juli 2010 (mehrfaches vorübergehendes Blockieren des Wegs und Anhalten mit der Vorhaltung, zu schnell gefahren zu sein) wurde gegen die Verpflichtete mit Beschluss vom 5. Oktober 2010 vom Erstgericht zu AZ 14 E 4238/10x die Unterlassungsexekution bewilligt und eine Geldstrafe von 120 EUR verhängt (ON 3).

Am 13. Mai 2011 und 14. Juli 2011 beantragten die Betreibenden die Verhängung einer weiteren Geldstrafe mit der - verbesserten - Behauptung, die Klägerin habe „am 4. Februar 2011 um 14.41 Uhr einen LKW der [...] GmbH [...], der am Servitutsweg zum Grundstück der betreibenden Parteien zugefahren ist, fotografiert“. Der gegenständliche LKW sei mit Pellets beladen gewesen. Das Foto habe die Verpflichtete aus dem Grund angefertigt, „um den Lkw-Fahrer […] vom Befahren des Weges abzuschrecken und ihn an der Durchfahrt zum Haus der betreibenden Parteien zu behindern“. Dadurch habe die Verpflichtete gegen das Verbot aus dem Exekutionstitel verstoßen (ON 7 und ON 10 des Exekutionsaktes).

Nach Abweisung des Strafantrags durch das Erstgericht bewilligte das Rekursgericht über Rekurs der Betreibenden mit Beschluss vom 22. August 2011, ergänzt um einen Kostenausspruch vom 13. Oktober 2011, den Strafantrag ON 3 und verhängte eine Geldstrafe von 500 EUR (ON 16).

Mit der vorliegenden Impugnationsklage wendet sich die Verpflichtete gegen diesen Strafbeschluss mit der Begründung, sie habe den behaupteten Sachverhalt nicht verwirklicht; sie habe weder den LKW angehalten noch Lichtbilder zum Zwecke der Abschreckung angefertigt. Der Bachweg sei ständig von Mitarbeitern der GmbH außerhalb der befestigten Ränder befahren und durch Reifenspuren und Abdrücke beschädigt worden. Eine dazu von der Verpflichteten gegen die GmbH eingebrachte Unterlassungsklage habe am 9. März 2011 zu einem Vergleichsabschluss geführt, in dem sich die GmbH verpflichtet habe, das Befahren des Bachwegs außerhalb der befestigten Fahrbahn zukünftig zu unterlassen. Die Lichtbilder seien am 4. Februar 2011 zur Durchsetzung eigener Rechtsansprüche gegenüber der GmbH angefertigt worden, daher ausschließlich zu Beweiszwecken, ua zur Widerlegung der Prozessbehauptung der GmbH, den Bachweg überhaupt nicht mehr zu befahren. Es sei ein zweifelsfreies Recht der Verpflichteten, LKW der GmbH beim Zufahren zu beobachten und allenfalls auch Lichtbilder darüber anzufertigen, um bei allfälligen Beschädigungen oder einer Benützung des Dienstbarkeitswegs über Gebühr auch Beweise für allfällige Schadenersatzansprüche oder eine Unterlassungsexekution sammeln zu können.

Die Betreibenden bestritten und wendeten ein, die Verpflichtete habe jede Anfertigung von Fotos von Fußgängern und Autofahrern zum Zwecke der Abschreckung zu unterlassen; daher stelle die Anfertigung eines Fotos eines Zulieferers zum Haus der Betreibenden jedenfalls einen Titelverstoß dar. Damit sei die GmbH erfolgreich abgeschreckt worden, weil sie seither die Anlieferung von Pellets ablehne. Es sei alleinige Absicht der Verpflichteten gewesen, den Fahrer des LKW von der Durchfahrt zum Grundstück der Betreibenden abzuschrecken und dadurch den Weitertransport zu behindern. Wegen der bereits erfolgten Abplankung des Bachwegs sei ein Überfahren des Wegs am 4. Februar 2011 nicht möglich gewesen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren auf der Grundlage folgenden Sachverhalts ab:

Als die Klägerin auf den LKW aufmerksam wurde - dieser musste in Retourfahrt zufahren - begab sie sich mit ihrem Fotoapparat zunächst ins Obergeschoss ihres Hauses, um fotografisch den Umstand festzuhalten, dass die GmbH doch wiederum zum Anwesen der Beklagten zufährt. Sie fotografierte dabei unter anderem das Entladen vor dem Haus der Beklagten. Als sie wahrnahm, dass der LKW wiederum abfahren werde, begab sie sich außer Haus, um den LKW beim Reversieren und nach dem Passieren ihres Hauses von der Rückseite zu fotografieren. Danach untersuchte sie den Servitutsweg nach Reifenspuren außerhalb der Trasse und erachtete, dass der LKW beim ersten Zaunsteher über den Rand der Trasse hinaus geraten sein musste. Ob die Klägerin beim Fotografieren vom Lenker des LKW wahrgenommen worden ist, kann nicht festgestellt werden. Ebenso wenig kann festgestellt werden, dass der LKW beim Befahren des Bachwegs über den Bereich der bisherigen Fahrspur hinaus geraten ist. Beim nächsten Verhandlungstermin im Unterlassungsprozess gegen die GmbH am 9. März 2011 legte die Verpflichtete einige der am 4. Februar 2011 angefertigten Lichtbilder vor, um ihrem Begehren Nachdruck zu verleihen. In dieser Tagsatzung wurde ein Vergleich geschlossen, in dem sich die GmbH verpflichtete, das Befahren des Bachwegs außerhalb der befestigten Fahrbahn in Hinkunft zu unterlassen. Die GmbH vermeidet das Befahren des Bachwegs, um sich nicht der Gefahr von Anzeigen und Klagen durch die Verpflichtete auszusetzen.

Die Behauptung der Betreibenden, die Verpflichtete habe die Lichtbilder in der alleinigen Absicht angefertigt, den Fahrer des LKW von der Durchfahrt zum Grundstück der betreibenden Parteien abzuschrecken und dadurch den Weitertransport zu behindern, treffe in dieser unmittelbaren Form nicht zu. Nach den Feststellungen könne nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass die Verpflichtete beim Fotografieren - im Freien erfolgte dies offenbar erst im Zuge des Abfahrens des LKW - überhaupt wahrgenommen worden sei. Es treffe aber auch nicht zu, dass die Lichtbilder nur zu Beweiszwecken angefertigt und - nach objektiver Sichtweise - insbesondere dazu verwendet worden seien. Die Vorlage der Lichtbilder könne sich nur daraus erklären, dass die Verpflichtete ihrem Unterlassungsbegehren weiteren Nachdruck verleihen habe wollen. Die Klagsführung gegen die GmbH stelle eine Störung der Dienstbarkeit dar, weil sowohl die gerechtfertigte als auch die ungerechtfertigte Belangung, die dennoch zur Verunsicherung führe, abschreckend wirke. Das Vorgehen der Verpflichteten sei aber zur Abwehr einer unzulässigen Erweiterung der Dienstbarkeit gerechtfertigt, die negativen Nebenwirkungen auf die reguläre Dienstbarkeitsausübung seien in diesem Fall als gerechtfertigt anzusehen. Um einer Bestrafung für diesen Titelverstoß zu entgehen, müsse die Verpflichtete als Rechtfertigungsgrund unter Beweis stellen, dass am 4. Februar 2011 tatsächlich von der GmbH der Dienstbarkeitsweg über dessen Grenzen hinaus in Anspruch genommen worden sei. Angesichts des Unterlassungsgebots gingen dabei sämtliche Unsicherheiten zu Lasten der Verpflichteten, weil von ihr der Rechtfertigungsgrund zu beweisen sei. Durch das Anfertigen der Lichtbilder, nach außen wirksam durch deren nachträgliche Vorlage im Verfahren gegen die GmbH, habe die Verpflichtete eine Handlung gesetzt, die auf die Ausübung der Dienstbarkeit störend gewirkt habe. Sie habe daher ein tatbestandsmäßiges Verhalten gesetzt, ohne gerechtfertigt zu sein.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Verpflichteten nicht Folge, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteigend und erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Frage von Abschreckungswirkungen durch Fotografieren und mögliche Rechtfertigungsgründe nicht vorliege. In der Sache beschränkte sich das Berufungsgericht im Wesentlichen auf einen Verweis auf die Ausführungen des Erstgerichts iSd § 500a ZPO.

Dagegen richtet sich die Revision der Verpflichteten mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dem Klagebegehren stattzugeben; hilfsweise wird die Aufhebung und Zurückverweisung an die erste Instanz begehrt. Nur jenes Verhalten, das von den Betreibenden zur Grundlage des Strafantrags gemacht worden sei, dürfe beurteilt werden; daher nur die Handlung des Fotografierens, nicht jedoch die gerichtliche Belangung der GmbH und die Vorlage der Lichtbilder in diesem Prozess. Da nur konkret wahrgenommenes Fotografieren abschreckend wirken könne, komme es entscheidend auf die Wahrnehmbarkeit des Fotografierens durch die GmbH an. Die aus dem Haus der Verpflichteten geschossenen Fotos könnten somit keinen Titelverstoß darstellen; jene beim Abfahren des LKW aufgenommenen Lichtbilder seien nicht mehr im Sinn des Titels geeignet, eine Behinderung der Zufahrt des LKW zum Haus der Betreibenden zu bewirken. Diesen sei der Nachweis eines Titelverstoßes nicht gelungen. Selbst wenn von einem solchen auszugehen sei, wäre das Fotografieren der Verpflichteten gerechtfertigt, weil es ihrer keinesfalls rechtsmissbräuchlichen Prozessführung gegen die GmbH gedient habe; dabei komme es nicht darauf an, ob damit ein Beweis für ein Befahren außerhalb des Servitutswegs geliefert werde, weil sie dennoch zur Unterstützung des Begehrens der Verpflichteten in Form der Widerlegung gegnerischer Prozessbehauptungen beigetragen hätten.

Die Betreibenden begehren in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision primär als unzulässig zurückzuweisen oder ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt, weil den Vorinstanzen im Zusammenhang mit der Annahme eines Titelverstoßes eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung unterlaufen ist.

1. Der hier zu beurteilende Exekutionstitel verpflichtet die Verpflichtete (grundsätzlich) zur Unterlassung von Behinderungen von Personen, die über den Servitutsweg zum Haus der Betreibenden gehen oder fahren; im Sinn einer beispielhaften Aufzählung von zu unterlassenden Handlungen werden im Anschluss sowohl das Anhalten von Personen samt Hinweisen auf die Unzulässigkeit der Benützung des Wegs als auch das Fotografieren von gehenden und fahrenden Personen mit dem Zweck, diese von der Benützung abzuschrecken, beschrieben.

Die titelmäßige Verpflichtung ist aufgrund des Wortlauts des Titels mit dem daraus hervorgehenden objektiven Wortsinn festzustellen (RIS-Justiz RS0000205 [T1]; RS0000207). Unklarheiten darüber, welches Verhalten durch das aus dem Exekutionstitel hervorgehende Gebot oder Verbot noch gedeckt ist, gehen zu Lasten der betreibenden Partei (RIS-Justiz RS0000595 [T2]).

Es bedarf keiner näheren Begründung, dass mit der Schaffung der Unterlassungspflicht das Unterbleiben von rechtswidrigen Eingriffen der Verpflichteten in die Ausübung des Wegerechts bezweckt werden soll. Sie hat demnach nur Behinderungen von Personen gegenüber den Betreibenden zu unterlassen, die den Bachweg rechtmäßig in Ausübung der Dienstbarkeit benützen. In diesem Sinn sind auch die erwähnten Beispiele auszulegen, weshalb der Verpflichteten - bezogen auf den vorliegenden Sachverhalt - (nur) das Behindern von Personen durch Fotografieren mit dem Zweck, diese von der rechtmäßigen Benützung abzuschrecken, untersagt ist.

In diesem Sinn haben offensichtlich auch die Betreibenden den Exekutionstitel verstanden, wenn sie der Verpflichteten als Titelverstoß sinngemäß zum Vorwurf machen, sie habe fotografiert, um den Lkw-Fahrer von der zulässigen Versorgungslieferung abzuschrecken und ihn an der Durchfahrt zum Haus der Betreibenden zu behindern, ihn also von der schon begonnenen, rechtmäßigen Nutzung des Dienstbarkeitswegs abzuhalten.

2. Substrat der Exekutionsbewilligung nach § 355 EO oder eines darauffolgenden Strafbeschlusses ist nur das vom betreibenden Gläubiger behauptete Verhalten. Nur dieses kann dann Gegenstand eines vom Verpflichteten eingeleiteten Impugnationsverfahrens sein. Dem beklagten betreibenden Gläubiger ist es verwehrt, die Berechtigung der Exekutionsbewilligung oder des Strafantrags im Verfahren über die Impugnationsklage auf ein im Exekutionsverfahren nicht behauptetes Zuwiderhandeln zu stützen (RIS-Justiz RS0080946).

Für den hier zu prüfenden Strafantrag bedeutet dies, dass - wie die Revision zutreffend aufzeigt - nur zu prüfen ist, ob die Verpflichtete am 4. Februar 2011 ein Lichtbild vom LKW-Fahrer mit dem Zweck anfertigte, ihn zu behindern und von der bereits begonnenen Fahrt abzuschrecken. Hingegen haben die Tatsachen der Prozessführung der Verpflichteten gegen die GmbH und die Vorlage der Lichtbilder vom 4. Februar 2011 in diesem Verfahren - entgegen der Ansicht der Vorinstanzen - unbeachtet zu bleiben, weil dies von den Betreibenden gar nicht als Titelverstoß geltend gemacht wurde.

3. Im Impugnationsprozess hat die beklagte Partei (die betreibende Gläubigerin im Exekutionsverfahren) den von ihr im Exekutionsantrag nur zu behauptenden Verstoß der verpflichteten Partei gegen den Exekutionstitel zu beweisen (RIS-Justiz RS0000756; RS0004418 [T2]).

Der von den Betreibenden im Strafantrag geltend gemachte Verstoß gegen den Unterlassungstitel ist zwar hinsichtlich der Tatsache des Fotografierens (allerdings eines LKW, nicht jedoch einer den Weg benützenden Person) durch die Verpflichtete unstrittig, die von den Betreibenden behauptete Absicht dahinter - die zum Tatbestand des Titelverstoßes zählt und deshalb von den Betreibenden zu beweisen ist - wurde aber von der Verpflichteten bestritten.

Zum Zweck der Aufnahme der Lichtbilder stellte das Erstgericht fest, die Verpflichtete habe den Umstand festhalten wollen, dass die GmbH - entgegen ihrer Prozessbehauptung gegenüber der Verpflichteten - doch wiederum zum Anwesen der Betreibenden zufahre. Die von den Betreibenden behauptete, auf die Fahrt vom 4. Februar 2011 bezogene Absicht der Verpflichteten ist damit aber keinesfalls erwiesen. Im Übrigen hatte der Prozess zwischen der Verpflichteten und der GmbH ua ein Unterlassungsbegehren wegen unzulässiger Ausweitung des Servitutsrechts, also wegen einer unrechtmäßigen Benützung des Bachwegs, zum Gegenstand.

Aber auch die Negativfeststellung des Erstgerichts zur Wahrnehmung des Fotografierens für den Lenker des LKW geht zu Lasten der Betreibenden. Sie ist nach den Ausführungen des Erstrichters in der rechtlichen Beurteilung (arg „kann nicht davon ausgegangen werden, dass … wahrgenommen worden ist“) nicht im Sinn eines non liquet zu verstehen, sondern als Feststellung, dass der Fahrer das Fotografieren nicht wahrgenommen hat. Das steht nicht nur mit den Behauptungen der Betreibenden zur Erlangung der Kenntnis von den Fotos im Einklang (Information durch die GmbH von der Vorlage in deren Prozess gegen die Verpflichtete), sondern auch mit den weiteren Feststellungen zu den Umständen beim Fotografieren der Verpflichteten (vom Haus aus und außerhalb des Hauses auf die Rückseite des LKW). Wenn aber die Person, die nach den Behauptungen im Strafantrag (und im Impugnationsprozess) an der konkreten Benützung des Wegs gehindert und davon abgeschreckt werden sollte, wegen der Art und Weise, wie die Lichtbilder aufgenommen wurden, realistisch betrachtet gar nicht oder kaum bemerken kann und auch nicht bemerkt hat, dass von ihr Lichtbilder aufgenommen werden, ist der der Verpflichteten unterstellte Zweck der Anfertigung der Lichtbilder (Verhinderung der konkreten Fahrt) offenkundig gar nicht zu erreichen; in diesem Sinn ist auch den dem abfahrenden LKW nachgeschossenen Lichtbildern die Eignung, den behaupteten Zweck zu verwirklichen, abzusprechen. Es kann daher auch nicht aus den Umständen der Aufnahme der Lichtbilder am 4. Februar 2011 auf einen von der Verpflichteten verfolgten Zweck geschlossen werden, die damalige Pelletslieferung über den Servitutsweg verhindern zu wollen.

4. Der Impugnationsklage, mit der die Verpflichtete bestritt, den als Titelverstoß behaupteten Sachverhalt verwirklicht zu haben, kommt somit schon deshalb Berechtigung zu, weil den Betreibenden der Nachweis des im Strafantrag behaupteten Titelverstoßes nicht gelungen ist. Einer Auseinandersetzung mit der von den Vorinstanzen geprüften Rechtfertigung der Handlung der Verpflichteten bedarf es daher gar nicht.

Die klagsabweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen erweisen sich daher als unzutreffend, was im Sinn der Revision durch Abänderung zu korrigieren war.

5. Der Erfolg der Impugnationsklage hat die Verpflichtung der Betreibenden zum Ersatz der Prozesskosten der Verpflichteten nach §§ 41 und 50 ZPO als Folge.

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