Spruch:
Der Antrag, die Rechtssache an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zu delegieren, wird abgewiesen.
Text
Begründung
Mit der vorliegenden Klage macht die klagende Partei 18.000 EUR sA an Werklohn im Zusammenhang mit einem Bauvorhaben in 1150 Wien geltend. Sie bringt vor, es sei ihr ein gesonderter Pauschalauftrag über Sanierungsarbeiten an der Fassade des Innen- und Hinterhofs erteilt worden.
Der Beklagte wendete ein, es sei über das gesamte Bauvorhaben ein Pauschalpreis nach Quadratmetern vereinbart worden, den er bereits bezahlt habe. Das Klagebegehren sei unschlüssig. Die Arbeiten seien mangelhaft durchgeführt worden. Es seien zahlreiche Schäden entstanden, die die Klageforderung bei weitem übersteigen.
Mit Schriftsatz vom 2. November 2011 beantragte die klagende Partei die (Rück-)Delegierung des Verfahrens an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien. Dieser Antrag wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 24. 1. 2012, AZ 10 Nc 23/11f, im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass mangels jeder Differenzierung des Beweisanbots bisher unklar sei, welche Beweismittel zum vorrangigen Beweisthema des Inhalts der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung angeboten werden, weshalb derzeit nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Delegierung nach Wien zu einer zwingenden Vereinfachung, Beschleunigung oder Verbilligung des Verfahrens führe.
In der folgenden vorbereitenden Streitverhandlung spezifizierte der Klagevertreter seine Beweisanträge dahingehend, dass er zum Beweis für den Inhalt der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung den Geschäftsführer, dessen Sohn (beide pA der klagenden Partei in Wien) und einen in Gerasdorf bei Wien wohnhaften Baumeister namhaft machte. Der Beklagtenvertreter beantragte zum Beweis des Auftragsinhalts die Einvernahme des in Graz wohnhaften Beklagten als Partei sowie die zeugenschaftliche Einvernahme der - an der selben Adresse ansässigen - Gattin des Beklagten.
Der Klagevertreter erklärte daraufhin, er „halte den vorliegenden Delegationsantrag aufrecht bzw stelle einen solchen“.
Der Beklagtenvertreter sprach sich gegen die Delegierung nach Wien aus.
Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz befürwortete eine Delegierung für den Fall, dass es sich mit den vom Beklagten behaupteten Mängeln auseinandersetzen müsse.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht im Interesse aller am Verfahren Beteiligter liegt (RIS-Justiz RS0046589 ua). Kann die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zugunsten beider Parteien beantwortet werden und widerspricht eine von ihnen, so ist von der Delegierung abzusehen (RIS-Justiz RS0046333 [T7]).
Wie bereits in der Vorentscheidung 10 Nc 23/11f ausgeführt, wird zunächst zu klären sein, welche Vereinbarungen zwischen den Parteien getroffen worden sind. Dafür hat die klagende Partei nunmehr die Einvernahme dreier Personen mit Wohnsitz im (Nah-)Bereich von Wien und der Beklagte die Einvernahme zweier Personen mit Wohnsitz in Graz angeboten. Von einer klar erkennbaren Zweckmäßigkeit einer Delegierung nach Wien kann bei dieser Situation keine Rede sein. Da sich die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zugunsten einer der beiden Parteien lösen lässt und der Beklagte der Delegierung widersprochen hat, war der Delegierungsantrag abzuweisen.
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