OGH 7Ob80/12h

OGH7Ob80/12h4.7.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Dr. Schwarzenbacher und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen N***** W*****, geboren am *****, Mutter: S***** W*****, vertreten durch Dr. Christine Kolbitsch und andere Rechtsanwälte in Wien, Vater: DI (FH) J***** K*****, vertreten durch Mag. Gernot Steier, Rechtsanwalt in Neulengbach, wegen Regelung der Obsorge, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 15. März 2012, GZ 43 R 598/11a‑124, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 62 Abs 1 AußStrG ist gegen einen im Rahmen des Rekursverfahrens ergangenen Beschluss der Revisionsrekurs nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Eine solche Frage zeigt der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters nicht auf:

1. Der vom Vater gerügte Verfahrensmangel, der in der Unterlassung der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens liegen soll, wurde bereits vom Rekursgericht verneint und kann daher auch nach der zum neuen Außerstreitgesetz ergangenen Judikatur keinen Revisionsrekursgrund bilden (RIS‑Justiz RS0050037 [T7]). Dies gilt umso mehr, wenn ein behaupteter Mangel des Verfahrens erster Instanz ‑ die angeblich unterlassene Einvernahme des Vaters ‑ im Rekurs, in dem er sich noch auf seine „unwidersprochenen Aussagen“ (ON 110, S 7) berief, gar nicht gerügt wurde (RIS‑Justiz RS0050037 [T13]). Eine Beeinträchtigung der Interessen des Kindeswohls durch die Entscheidungen der Vorinstanzen, die das Kindeswohl umfassend berücksichtigten, ist nicht erkennbar (vgl RIS‑Justiz RS0030748 [T2, T5 und T6]; RS0050037 [T1, T4, T8 und T11]).

2. Der Oberste Gerichtshof ist nicht Tatsacheninstanz. Fragen der Beweiswürdigung, wie sie der Vater anschneidet, können vom Obersten Gerichtshof daher nicht mehr überprüft werden (RIS‑Justiz RS0007236 [T2, T3 und T4]).

Die Ausführungen im außerordentlichen Revisionsrekurs zum Gesundheitszustand der Mutter entfernen sich von den ‑ in dritter Instanz nicht mehr angreifbaren ‑ Feststellungen. Danach ist die Mutter erziehungsfähig; bei ihr finden sich keine psychischen Auffälligkeiten, die sich auf ihre Erziehungsfähigkeit auswirken könnten.

3. Im Revisionsrekursverfahren herrscht gemäß § 66 Abs 2 AußStrG Neuerungsverbot (RIS‑Justiz RS0119918). Dieses steht den unbelegten Behauptungen des Vaters, die Mutter verweigere die Teilnahme an der Elternberatung an den Übergabetagen und sie habe einmal zu Weihnachten 2011 einseitig die Besuchszeiten geändert, entgegen. Eine ausnahmsweise Durchbrechung des Neuerungsverbots aus Gründen des Kindeswohls (RIS‑Justiz RS0119918 [T4]) ist hier nicht geboten.

4. Bei der Entscheidung über die Obsorge für ein Kind ist ausschließlich dessen Wohl maßgebend, wobei nicht nur von der momentanen Situation ausgegangen werden darf, sondern auch Zukunftsprognosen zu stellen sind (RIS‑Justiz RS0048632). Die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung, welchem Elternteil bei Gegenüberstellung der Persönlichkeit, Eigenschaften und Lebensumstände die Obsorge für das Kind übertragen werden soll, ist eine solche des Einzelfalls, der in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG zukommt, wenn dabei auf das Kindeswohl ausreichend Bedacht genommen wurde (RIS‑Justiz RS0007101; RS0115719). Eine diesbezüglich vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung liegt hier nicht vor, weil der festgestellte Sachverhalt eine ‑ insgesamt betrachtet ‑ günstigere Zukunftsprognose für die Übertragung der alleinigen Obsorge an die Mutter ergibt.

5. Mangels eines tauglichen Zulassungsgrundes ist der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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