OGH 5Ob109/12h

OGH5Ob109/12h4.7.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers Dr. U***** A*****, vertreten durch Dr. Harald Mlinar, Rechtsanwalt in St. Veit an der Glan, gegen die Antragsgegnerin K*****, Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Frimmel/Anetter Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Klagenfurt, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 11. November 2011, GZ 1 R 270/11t-27, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Der Rechtsmittelschriftsatz der Antragsgegnerin vom 11. 5. 2012 wird zurückgewiesen.

2. Der als außerordentlicher Revisionsrekurs zu wertende ordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin vom 24. 2. 2012 wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung

Zu Punkt 2:

Zwischen den Parteien wurde im Jahr 1986 ein Hauptmietvertrag über Geschäftsräumlichkeiten zu einem für damalige Verhältnisse besonders günstigen Hauptmietzins von 280 S abgeschlossen, wobei ausdrücklich vereinbart wurde, dass dieser Hauptmietzins nicht der Wertsicherung unterliege und jede Erhöhung dieses Hauptmietzinses während der gesamten Dauer des aufrechten Bestands des Mietverhältnisses ausgeschlossen sei. Neben dem Hauptmietzins wurde die Tragung eines „allfälligen Substanzerhaltungs- und Verbesserungsbeitrags gemäß § 45 MRG“ sowie Entrichtung der gesetzlichen Mehrwertsteuer und des auf den Mietgegenstand entfallenden Anteils der Betriebskosten und öffentlichen Abgaben vereinbart. Zusätzlich verzichtete die Antragsgegnerin während der ersten zehn Jahre auf die Forderung von Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag. Diese besonders günstige Vertragsgestaltung erfolgte deshalb, weil der Antragsteller gleichzeitig auf Mietrechte an einem Geschäftslokal in einem anderen der Antragsgegnerin gehörenden Haus verzichtete, wofür ebenfalls nur ein Hauptmietzins von 280 S monatlich ohne Wertsicherung zu bezahlen war.

Mit Schreiben vom 28. 11. 1994 verlangte die Antragsgegnerin vom Antragsteller erstmals zusätzlich zum vereinbarten Hauptmietzins einen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag, wobei sie sich verpflichtete, diesen zur Finanzierung von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten, deren Kosten durch die anrechenbare Mietzinse nicht gedeckt sind, zu verwenden. Über die Berechtigung der Antragsgegnerin, einen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag nach § 45 MRG idF des 3. WÄG einzuheben, kam es zu einer Kontroverse zwischen den Vertragsparteien, die mit einer Vereinbarung dahin endete, dass der Antragsteller sich verpflichtete - ausdrücklich unter Vorbehalt seines Rechtsstandpunkts, nach der vertraglichen Vereinbarung dazu nicht verpflichtet zu sein - für die Dauer von fünf Jahren den ihm vorgeschriebenen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag zu leisten. Doch sollte dieser nur für Reparaturen am Haus verwendet werden dürfen. Insgesamt sollte es zu keinem „finanziellen Überschuss“ zugunsten der Antragsgegnerin durch solche Zahlungen kommen.

Nach Ablauf der fünf Jahre kam es zu keinen weiteren Gesprächen zwischen den Vertragsparteien, der Antragsteller zahlte bis 31. 12. 2008 den ihm zuletzt in Höhe von 438,98 EUR vorgeschriebenen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag weiter.

Mit dem gegenständlichen Antrag nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG begehrt der Antragsteller die Feststellung der Unzulässigkeit der Vorschreibung eines Mietzinses nach § 45 MRG idF MRN 2001, weil es sich dabei nicht mehr um den ursprünglichen Erhaltungsbeitrag, sondern um eine Mietzinserhöhung handle, die vertraglich unzulässig sei.

Die Antragsgegnerin hielt dem entgegen, der Antragsteller habe sich jedenfalls schon im Mietvertrag zu einem Ergänzungsbeitrag iSd § 45 MRG verpflichtet und habe daher den sich aus § 45 MRG idF der MRN 2001 ergebenden Betrag zu zahlen.

Beide Vorinstanzen gelangten zur Rechtsansicht, dass der Antragsteller zur Zahlung eines Mietzinses nach § 45 MRG idF MRN 2001 nicht verpflichtet sei und eine entsprechende Vorschreibung insofern unzulässig sei.

Das Rekursgericht vertrat die Ansicht, dass ein zulässiger Verzicht auf jedwede Mietzinserhöhung für die Dauer des Bestandverhältnisses zwar die Einhebung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags nach § 45 MRG idF vor dem 3. WÄG (EVB „alt“) zulasse, nicht aber die Geltendmachung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags des Inhalts, wie er mit dem 3. WÄG geschaffen worden sei. Durch den gesetzlichen Entfall der befristeten Rückforderbarkeit bei Nichtverwendung zum gesetzlichen Zweck sei es de facto zu einer gesetzlichen Anhebungsmöglichkeit der Hauptmietzinse für Altverträge gekommen. Redliche Parteien, hätten sie bei Vertragsabschluss Kenntnis von der künftigen Gesetzesänderung gehabt, hätten auch diesen neuen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag als vom Verzicht auf jedwede Mietzinserhöhung umfasst angesehen (4 Ob 283/01y). Der Antragsteller habe stets diese Auffassung vertreten, es sei weder ausdrücklich noch konkludent eine von der ursprünglichen Vereinbarung abweichende Regelung getroffen worden.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen im außerordentlichen Revisionsrekurs vorgetragenen Argumente zeigen keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG auf: Soweit damit argumentiert wird, im ursprünglichen Mietvertrag sei ausdrücklich die Verpflichtung zur Zahlung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags nach § 45 MRG vereinbart worden, woraus sich ergebe, der Mieter habe sich über die Zahlung von Hauptmietzins hinaus jedenfalls zur Tragung solcher Kosten verpflichtet, wird der durch mehrere Novellierungen stattgefundene rechtliche Bedeutungswandel der Norm des § 45 MRG (vgl dazu ausführlich 5 Ob 55/10i wobl 2011/36) verkannt.

Im Zeitpunkt des Abschlusses des Hauptmietvertrags (1986) stand § 45 MRG idF der Novelle 1985 (BGBl 1985/559) in Geltung, der für vor dem 1. 1. 1982 abgeschlossene Mietverträge ein „Verlangen“ auf einen „Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag“ bis zur Höhe von zwei Drittel des höchstzulässigen Hauptmietzinses (unter Einberechnung des vereinbarten Hauptmietzinses) vorsah. Wenn auch mit der Novelle 1985 die ursprünglich nur auf Erhaltung gerichtete Zweckwidmung nunmehr auf Erhaltung und Verbesserung erweitert und die Frist zur Rückzahlung nicht widmungsgemäß verwendeter Beträge auf zehn Jahre erstreckt wurde, änderte sich an der Konstruktion des Beitrags als spezifischer, zweckgebundener Ergänzungsbeitrag zum Hauptmietzins nichts. Erst dadurch, dass durch das 3. WÄG (BGBl 1993/800) die Rückzahlbarkeit der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge abgeschafft wurde, und § 45 Abs 4 MRG anordnete, dass für diese Beiträge die sonstigen Bestimmungen über die Mietzinse zu gelten haben, wurde eine Unterscheidung von Hauptmietzins zu Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag obsolet. Klargestellt wurde schließlich durch die MRN 2001 (BGBl I 2001/161), dass mit der Bestimmung des § 45 MRG in der neuen Fassung eine „Wertbeständigkeit des Mietzinses“ bewirkt werden sollte und damit eine Anhebung früher vereinbarter Hauptmietzinse auf gesetzlich normierte Beträge als Mindestmietzins in der Höhe der Summe aus vereinbartem Hauptmietzins und dem gesetzlichen Zuschlag erfolgte (vgl 5 Ob 55/10i mwN; 4 Ob 283/01y wobl 2003/54).

Der Revisionsrekurswerberin ist zuzugestehen, dass sich der vorliegende Sachverhalt insofern von dem den Entscheidungen 6 Ob 736/88 MietSlg 41.433/10 und 4 Ob 283/01y wobl 2003/54 zu Grunde liegenden Sachverhalt unterscheidet, als es in jenen Fällen um den Verzicht auf Mietzinserhöhungen in vor 1982, somit vor Inkrafttreten des § 45 MRG in der Stammfassung des MRG abgeschlossenen Mietverträgen ging, hier hingegen die „Vereinbarung“ der Zahlung von Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag unter gleichzeitigem Verzicht auf jedwede künftigen Mietzinserhöhungen in einem nach Inkrafttreten des MRG abgeschlossenen Hauptmietvertrag auszulegen ist. Zum Unterschied von jenen Fällen hat sich der Antragsteller zur Zahlung eines „Substanzerhaltungs- und Verbesserungsbeitrags gemäß § 45 MRG“ in der damals geltenden Fassung verpflichtet. Nach den maßgeblichen Feststellungen sollte für die ersten zehn Jahre der Bestanddauer kein Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag verlangt werden dürfen, weil Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten infolge einer Neurenovierung nicht zu erwarten waren, was die vereinbarte Zweckwidmung noch zusätzlich betont.

Der Revisionsrekurswerberin ist zuzugestehen, dass eine einfache Vertragsauslegung ergibt, dass sich der Antragsteller neben dem Hauptmietzins dazu verpflichtete, Erhaltungs- und Verbesserungsaufwände des Hauses mitzutragen, und zwar in der in § 45 MRG in der damals geltenden Fassung vorgesehenen Weise. Andererseits ist aber klar, dass der exorbitant niedrige Hauptmietzins als Abgeltung für einen Mietrechtsverzicht hinsichtlich eines anderen Geschäftslokals vereinbart wurde und gewährleistet sein sollte, dass dieser in der vereinbarten Höhe bis zum Bestandende gleich bleiben sollte, ja nicht einmal Wertsicherungserhöhungen stattfinden durften. Schon nach dem Wortlaut ist eindeutig, dass die Gewährleistung jenes Hauptmietzinses, der auch für das aufgegebene Objekt vereinbart gewesen war, nicht nur einen bestimmten wirtschaftlich gerechtfertigten Grund, sondern auch eine besondere Bedeutung für den Antragsteller hatte.

Vor diesem spezifischen, den besonderen Einzelfall prägenden Hintergrund ist das Ergebnis der objektiven, „ergänzenden“ Vertragsauslegung durch das Rekursgericht nicht zu beanstanden.

Die dargestellten besonderen einzelfallbezogenen Umstände lassen entgegen der Ansicht des außerordentlichen Revisionsrekurses keine verallgemeinerungsfähigen Ausführungen zu.

Unter welchen Voraussetzungen vom Antragsteller Beiträge zur Erhaltung oder Verbesserung der Liegenschaft verlangt werden können, ist nicht Gegenstand des Verfahrens.

Insgesamt war daher der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Zu Punkt 1:

Auch im außerstreitigen Verfahren darf dieselbe Partei nicht mehrere Rechtsmittelschriftsätze gegen die gleiche Entscheidung einbringen. Das Rekursgericht hat in seinem Beschluss über die Zurückweisung der Zulassungsvorstellung der Antragsgegnerin klargestellt, dass der rechtzeitig erhobene „ordentliche Revisionsrekurs“ in einen außerordentlichen Revisionsrekurs umzudeuten war. Damit wurde gleichzeitig klargestellt, dass eine Verbesserung des unrichtig bezeichneten Rechtsmittelschriftsatzes nicht erforderlich war. Der am 11. 5. 2012 erstattete außerordentliche Revisionsrekurs (ON 31) verstößt gegen den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels (RIS-Justiz RS0041666; RS0007007) und ist daher zurückzuweisen.

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