OGH 6Ob93/12p

OGH6Ob93/12p22.6.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** AG, *****, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Amhof & Dr. Damian GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. I***** OEG, 2. G***** I*****, 3. C*****gesellschaft mbH, alle *****, vertreten durch Dr. Michael Brunner, Rechtsanwalt in Wien, 4. Mag. I***** W*****, vertreten durch Dr. Michael Ginhart, Rechtsanwalt in Wien, als Verfahrenshelfer, dieser vertreten durch Mag. Stephan Zinterhof, Rechtsanwalt in Wien, wegen 188.766,71 EUR sA, über die außerordentliche Revision der viertbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. März 2012, GZ 1 R 239/11s, 1 R 240/11p-69, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung ist für das Vorliegen eines Unternehmens weder eine bestimmte Betriebsgröße, noch ein bestimmtes Mindestkapital oder eine sonstige Mindestorganisation erforderlich. Maßgeblich ist lediglich, dass sich eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit in Bezug auf das konkrete Rechtsgeschäft als unternehmerisch darstellt, weil die Beurteilung als Verbrauchergeschäft nur vom funktionellen Verständnis zwischen den Streitteilen abhängt (RIS-Justiz RS0065309). Dabei sind jeweils die konkreten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0065317 [T3]). Auch die von der Revisionswerberin zitierte Entscheidung 7 Ob 78/10m betont, dass jeweils auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen ist.

Geschäfte, die ein Unternehmer abschließt, gelten im Zweifel als zum Betrieb seines Unternehmens gehörig (RIS-Justiz RS0065326). Ist eine Zuordnung zum Unternehmen nicht eindeutig herstellbar oder liegt ein Geschäft sowohl im privaten als auch im Unternehmensinteresse, kommt § 344 UGB zum Tragen, wonach im Zweifel die von einem Unternehmer vorgenommenen Rechtsgeschäfte als zum Betrieb seines Unternehmens gehörig gelten (RIS-Justiz RS0065326 [T2]). Ob der berufliche Zweck des Geschäfts tatsächlich nur eine ganz untergeordnete Rolle spielt, hängt ausschließlich von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0065326 [T5]). Demgemäß hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 4 Ob 135/01h ausgesprochen, dass ein Geschäft zur Gänze als Unternehmensgeschäft zu werten ist, wenn es teils zur privaten, teils zur unternehmensbezogenen Sphäre gehört.

Unter „Betriebsstätte“ ist nichts anderes als der Ort der Geschäftstätigkeit bzw der unternehmerischen Tätigkeit anzusehen, also etwa, wo der Vertreter üblicherweise anzutreffen ist (RIS-Justiz RS0061381). Entgegen dem Rechtsstandpunkt der Revisionswerberin traf das Erstgericht ausdrückliche Feststellungen zur beabsichtigten Verwendung des Objekts als Wohnung sowie als Raum für Beratungen. Wenn die Vorinstanzen bei dieser Sachlage eine Zuordnung der Kreditgewährung für den Erwerb der Wohnung zum unternehmerischen Bereich der viertbeklagten Partei annahmen, ist darin eine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung nicht zu erblicken.

Damit bringt die Revisionswerberin aber keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität zur Darstellung, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.

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