OGH 3Ob94/12p

OGH3Ob94/12p14.6.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der betreibenden Partei S*****, vertreten durch Putz-Haas & Riehs-Hilbert Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die verpflichtete Partei Mag. S*****, vertreten durch Dr. Christoph Wolf, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1.693,34 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 16. November 2011, GZ 46 R 520/11b, 46 R 521/11z, 46 R 522/11x-22, womit der Rekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 29. Juli 2011, GZ 9 E 4099/11f-2, zurückgewiesen wurde und infolge Rekurses der verpflichteten Partei die Beschlüsse des Bezirksgerichts Floridsdorf je vom 21. September 2011, GZ 9 E 4099/11f-8 und -10, bestätigt wurden, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

1. Erstinstanzliches Verfahren und erstinstanzliche Entscheidungen:

1.1. Zur Hereinbringung dreier Kostenforderungen in Höhe von insgesamt 1.693,34 EUR aus familienrechtlichen Verfahren vor dem Bezirksgericht Donaustadt bewilligte das Erstgericht der betreibenden Partei gegen den Verpflichteten am 29. Juli 2011 (ON 2) die Forderungsexekution durch Pfändung und Überweisung des Guthabens der verpflichteten Partei auf einem Bankkonto.

Die Exekutionsbewilligung wurde dem Verpflichteten mit Beginn der Abholfrist 12. August 2011 zugestellt.

Am 12. September 2011 sprach der Verpflichtete erstmals bei Gericht vor und begehrte die Einstellung der Exekution und die Aufhebung der Pfändung des Kontoguthabens. Der Verpflichtete wurde damals belehrt, dass er sein Anliegen am folgenden Tag (= Amtstag) unter Vorlage der notwendigen Unterlagen zu Protokoll geben könne.

Am 13. September 2011 gab der Verpflichtete beim Erstgericht (erkennbar) einen Rekurs zu gerichtlichem Protokoll: Er habe erst am 9. September 2011 durch den Erhalt des Kontoauszugs von der Pfändung erfahren; eine Hinterlegungsanzeige hinsichtlich der Zustellung der Exekutionsbewilligung sei ihm nicht zugekommen.

1.2. Am 13. September 2011 überreichte der Verpflichtete weiters einen Einspruch gegen die Exekutionsbewilligung.

Mit Beschluss vom 21. September 2011 (ON 8) wies das Erstgericht den Einspruch als verspätet zurück: Die Exekutionsbewilligung sei am 12. August 2011 zugestellt und der Einspruch erst am 13. September 2011 überreicht worden.

1.3. Mit weiterem Beschluss vom 21. September 2011 (ON 10) wies das Erstgericht den Antrag des Verpflichteten ab, die Pfändung des Kontoguthabens im Betrag von 613,56 EUR aufzuheben und der betreibenden Partei aufzutragen, diesen Betrag wieder auf das Konto des Verpflichteten rückzubuchen.

2. Rekurse des Verpflichteten:

Der Verpflichtete überreichte am 27. September 2011 beim Erstgericht einen Verfahrenshilfeantrag zwecks Rekurserhebung. Der für ihn bestellte Verfahrenshelfer brachte am 7. November 2011 Rekurse gegen die Exekutionsbewilligung und die Zurückweisung des Einspruchs (ON 15) sowie einen Rekurs gegen die Abweisung des Antrags auf Aufhebung der Pfändung des Kontoguthabens ein (ON 16).

3. Entscheidung des Rekursgerichts:

Das Rekursgericht wies den Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung als verspätet zurück und gab den Rekursen gegen die beiden Beschlüsse vom 21. September 2011, ON 8 und 10, nicht Folge.

3.1. In Anbetracht der Vorsprache des Verpflichteten bei Gericht am 12. September 2011 sei davon auszugehen, dass ihm spätestens an diesem Tag die Exekutionsbewilligung zugegangen sei. Der am 27. September 2011 überreichte Verfahrenshilfeantrag sei jedenfalls um einen Tag zu spät eingebracht worden, um noch fristverlängernd zu wirken.

3.2. In Bezug auf den Einspruch sei zu bemerken, dass der Verpflichtete in seinem Rekurs Ortsabwesenheit vom 8. August bis 24. August 2011 behaupte. Daraus folge, dass er ab 25. August 2011 wieder ortsanwesend gewesen sei, sodass der am 13. September 2011 bei Gericht überreichte Einspruch verspätet und die erstgerichtliche Zurückweisungsentscheidung zutreffend sei.

3.3. Der am 13. September 2011 gestellte Antrag auf Aufhebung der Pfändung des Kontoguthabens sei erst zu einem Zeitpunkt gestellt worden, zu dem - in Bezug auf das gepfändete Guthaben - ein Kontenschutz zugunsten des Verpflichteten nicht mehr eingegriffen habe.

4. Außerordentlicher Revisionsrekurs:

4.1. Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich das als außerordentlicher Revisionsrekurs bezeichnete Rechtsmittel des Verpflichteten, mit dem Antrag auf Abänderung dahingehend, dass allen seinen in erster Instanz gestellten Anträgen stattgegeben werde.

Rechtliche Beurteilung

4.2. Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass das den Rechtsmitteln zugrunde liegende Verfahren ein Exekutionsverfahren ist. Für Rekurse in Exekutionsverfahren gelten gemäß § 78 die Vorschriften der Zivilprozessordnung, soweit die Exekutionsordnung nicht abweichende Bestimmungen enthält. Diese Grundsätze gelten auch für Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof (RIS-Justiz RS0002321 [T1]): Abgesehen von - hier nicht relevanten - Sonderbestimmungen in der EO ist auf den Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof § 528 ZPO anzuwenden, einschließlich der in dieser Bestimmung vorgesehenen Rechtsmittelbeschränkungen (RIS-Justiz RS0002321). Unabhängig davon, ob eine familienrechtliche Streitigkeit vorliegt (siehe dazu E. Kodek in Rechberger 3 § 528 ZPO Rz 29; RIS-Justiz RS0112314 [T4]), erklärt § 528 Abs 2 Z 2 ZPO den Revisionsrekurs jedenfalls für unzulässig, wenn der erstrichterliche Beschluss zur Gänze bestätigt wurde.

Im vorliegenden Fall trifft dies auf die erstinstanzlichen Beschlüsse ON 8 und ON 10, je vom 21. September 2011, zu; diebezüglich ist der Revisionsrekurs - wie das Rekursgericht zutreffend ausgesprochen hat - jedenfalls unzulässig.

4.3. Gegen einen Beschluss, mit dem das Rekursgericht einen Rekurs gegen eine erstinstanzliche Entscheidung als verspätet zurückgewiesen hat (also nicht als „Durchlaufgericht“ entschieden hat), ist in Exekutionssachen ein Rekurs an den Obersten Gerichtshof gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO generell nur bei Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zulässig (RIS-Justiz RS0044269 [T1 und T2]).

Eine solche erhebliche Rechtsfrage liegt in Bezug auf die Zurückweisung des Rekurses gegen die Exekutionsbewilligung nicht vor. In Anbetracht der gegebenen Umstände ist die Annahme des Rekursgerichts, die Exekutionsbewilligung müsse dem Verpflichteten bereits bei seiner Vorsprache bei Gericht am 12. September 2011 tatsächlich zugekommen gewesen sein, durchaus vertretbar, auch wenn ausführliches Vorbringen erst am 13. September 2011 zu Protokoll gegeben wurde. Auch in Punkt 2.2. des Revisionsrekurses gesteht der Verpflichtete zu, dass ihm die Exekutionsbewilligung am 12. September 2011 zugestellt wurde.

4.4. Somit ist das Rechtsmittel des Verpflichteten als unzulässig zurückzuweisen.

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