OGH 11Ns32/12p

OGH11Ns32/12p12.6.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Juni 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter in den Strafsachen gegen Thomas P***** wegen Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs 2 SMG, AZ 14 U 130/09z des Bezirksgerichts Linz, und wegen Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG, AZ 8 U 5/12d des Bezirksgerichts Purkersdorf, über den Kompetenzkonflikt betreffend die Durchführung des zu AZ 8 U 5/12d des Bezirksgerichts Purkersdorf anhängigen Strafverfahrens nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 60 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo. 2005 den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Für die Durchführung des Strafverfahrens gegen Thomas P*****, AZ 8 U 5/12d des Bezirksgerichts Purkersdorf, ist das Bezirksgericht Linz zuständig.

Text

Gründe:

Das Strafverfahren gegen Thomas P***** wegen - von April 2007 bis 14. April 2009 verübter - Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs 2 SMG, AZ 14 U 130/09z des Bezirksgerichts Linz, wurde - nach vorläufiger Einstellung gemäß § 35 Abs 1 iVm § 37 SMG am 16. November 2009 (ON 10 im genannten Strafakt), zwischenzeitlicher Verfahrensfortsetzung gemäß § 38 Abs 1 Z 2 erster Fall SMG am 7. Februar 2011 (ON 12) und neuerlicher vorläufiger Einstellung gemäß § 35 Abs 1 iVm § 37 SMG am 17. Mai 2011 (ON 15) - zuletzt mit Beschluss dieses Gerichts vom 22. Februar 2012 gemäß § 38 Abs 1 Z 2 erster Fall SMG abermals fortgesetzt (ON 16).

Im Strafverfahren AZ 8 U 5/12d des Bezirksgerichts Purkersdorf liegt Thomas P***** zur Last, von 1. Juni 2009 bis 16. Juni 2010 ca 160 Gramm Cannabiskraut erworben und besessen zu haben (§ 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG). Nach Abtretung dieses Verfahrens an das Bezirksgericht Linz zur Verbindung mit dem zuvor genannten Verfahren übermittelte das zuletzt erwähnte Gericht den Akt am 17. Februar 2012 neuerlich an das Bezirksgericht Purkersdorf mit dem Hinweis auf die am 7. Februar 2011 (richtig: 17. Mai 2011) erfolgte vorläufige Verfahrenseinstellung (ON 1 S 3 in 8 U 5/12d des Bezirksgerichts Purkersdorf). Das Bezirksgericht Purkersdorf trat das Verfahren am 28. Februar 2012 neuerlich an das Bezirksgericht Linz mit dem Bemerken ab, dass eine vorläufige Einstellung einer Verfahrensverbindung nach § 37 Abs 3 StPO nicht entgegenstehe, woraufhin das Bezirksgericht Linz die Akten dem Obersten Gerichtshof unter Hinweis auf den zwischenzeitlich gefassten, aber bislang nicht zustellbaren Forsetzungsbeschluss vom 22. Februar 2012 zur Entscheidung gemäß § 38 dritter Satz StPO vorlegte.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:

Nach der - auch im Verfahren vor den Bezirksgerichten geltenden (Oshidari, WK-StPO § 37 Rz 7) - Bestimmung des § 37 Abs 3 StPO sind, sofern zu dem Zeitpunkt, zu dem die Anklage rechtswirksam wird, ein Hauptverfahren gegen den Angeklagten anhängig ist, die Verfahren zu verbinden, wobei die Zuständigkeit des Gerichts sich auch in diesem Fall nach Abs 1 und 2 leg cit bestimmt. Gemäß § 37 Abs 2 zweiter Satz StPO kommt das Verfahren im Fall mehrerer Straftaten dem Gericht zu, in dessen Zuständigkeit die frühere Straftat fällt.

Die den Konnexitätstatbestand des § 37 Abs 3 StPO auslösende Anhängigkeit des Hauptverfahrens (vgl Oshidari, WK-StPO § 37 Rz 7 zur zeitlichen Zäsur der Urteilsfällung erster Instanz) wird dabei - worauf bereits das Bezirksgericht Purkersdorf zutreffend hingewiesen hat - durch ein noch nicht mit Einstellungsbeschluss beendetes „Diversionsverfahren“ nicht berührt (RIS-Justiz RS0126517; Fabrizy, StPO11 § 37 Rz 4).

Das Bezirksgericht Linz, in dessen Zuständigkeit die frühere Straftat (April 2007) fällt, ist daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - nach § 37 Abs 3 iVm § 37 Abs 2 zweiter Satz StPO für die Durchführung des (demnach zu verbindenden) Strafverfahrens AZ 8 U 5/12d des Bezirksgerichts Purkersdorf zuständig.

Bleibt anzumerken, dass § 38 StPO keine Grundlage für mehrfache Rückabtretungen bietet. Vielmehr ist ein seine Zuständigkeit bezweifelndes Gericht, dem der Akt überwiesen wird, zu einem sofortigen Vorgehen gemäß § 38 dritter Satz StPO verpflichtet.

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