OGH 9Nc25/12v

OGH9Nc25/12v5.6.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn als weitere Richter (Dreiersenat gemäß § 7 Abs 1 Z 2 OGHG) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Kraft & Winternitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei S***** G*****, vertreten durch Plankel, Mayrhofer & Partner, Rechtsanwälte in Dornbirn, wegen 3.065,71 EUR sA, über den Delegierungsantrag (§ 31 JN) der beklagten Partei den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag der beklagten Partei, zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache AZ 32 Cga 168/11a des Arbeits- und Sozialgerichts Wien das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht zu bestimmen, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Mit ihrer am 23. 12. 2011 beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eingebrachten Klage begehrte die in Wien ansässige Klägerin von der in Graz wohnhaften Beklagten die Rückzahlung von Provisionsvorschüssen.

Mit Schriftsatz ON 9 beantragte die Beklagte wie aus dem Spruch ersichtlich, weil ihre Anreise nach Wien zu ihrer Einvernahme einen enorm höheren Zeit- und Kostenaufwand bedeuten würde. Zur Tagsatzung am 17. 4. 2012 erschien sie nicht, weil die Distanz für die Anreise aus Graz unzumutbar weit sei.

Die Klägerin äußerte sich dazu nicht.

Das Erstgericht sprach sich gegen eine Delegierung aus, weil sich aufgrund eines Unterbrechungs- und des Delegierungsantrags der Beklagten der Verdacht einer bezweckten Verfahrensverzögerung erschließe. Abgesehen von der Beklagten sei lediglich die Einvernahme einer Zeugin mit Wiener Ladungsadresse ausständig. Auch würde der Wahlgerichtsstand des § 4 Abs 1 ASGG konterkariert.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 31 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung soll allerdings nur den Ausnahmefall darstellen. Keinesfalls soll durch eine zu großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden (stRspr; RIS-Justiz RS0046441). Aus Zweckmäßigkeitsgründen soll die Delegierung vor allem dann angeordnet werden, wenn die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht eine wesentliche Verkürzung beziehungsweise Verbilligung des Verfahrens zu bewirken verspricht. Es entspricht daher der stRspr, dass die Delegierung gegen den Willen der anderen Partei nur dann auszusprechen ist, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zu Gunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS-Justiz RS0046589; RS0046324 ua).

Diesen Voraussetzungen genügt das Vorbringen der Beklagten nicht. Dem Zeit- und Kostenaufwand ihrer Anreise nach Wien steht jener der Zeugin mit Wiener Adresse bei einer Anreise von Wien nach Graz gegenüber. Andere prozessökonomische Vorteile spricht die Beklagte nicht an. Mangels einer eindeutigen Zweckmäßigkeit der Delegierung ist ihrem Antrag daher ein Erfolg zu versagen.

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