Spruch:
Der Akt wird dem Bezirksgericht Favoriten zurückgestellt.
Text
Begründung
Die beim Bezirksgericht Voitsberg eingebrachte Mahnklage wurde nach einem Postfehlbericht dem Beklagten an einer Adresse im Sprengel des Bezirksgerichts Favoriten zugestellt. Nach Einspruchserhebung beantragte die Klägerin auf Grund der „nunmehr hervorgekommenen Anschrift“ die Überweisung der Rechtssache „gemäß § 230a ZPO“ an das nicht offenbar unzuständige Bezirksgericht Favoriten. Mit Beschluss vom 2. 3. 2012 sprach das Bezirksgericht Voitsberg aus, dass es für die Behandlung der Rechtssache örtlich unzuständig sei und über Antrag der Klägerin die Rechtssache an das nicht offenbar unzuständige Bezirksgericht Favoriten überweise. Dieser Beschluss wurde den Parteien nicht zugestellt.
Das Bezirksgericht Favoriten sprach in einer Note aus, dass es die Rechtssache „nicht übernehme“. Es liege weder ein Fall des § 230a ZPO noch des § 261 Abs 6 ZPO vor, sodass die Überweisung unzulässig gewesen sei.
Das Bezirksgericht Voitsberg retournierte den Akt an das Bezirksgericht Favoriten mit dem Hinweis, dass beide Gerichte an den Überweisungsbeschluss gebunden seien.
Das Bezirksgericht Favoriten legt nun den Akt dem Obersten Gerichtshof als dem gemeinsam übergeordneten Gericht zur Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit vor.
Rechtliche Beurteilung
Die Aktenvorlage ist verfehlt:
Ein Zuständigkeitsstreit im Sinne des § 47 JN liegt nur vor, wenn mehrere Gerichte ihre Zuständigkeit bejaht oder in einer Weise verneint haben, dass die Möglichkeit der Zuständigkeit eines weiteren Gerichts ausgeschlossen ist (RIS-Justiz RS0046374). Ein negativer Kompetenzkonflikt liegt erst dann vor, wenn rechtskräftige, die Zuständigkeit verneinende Beschlüsse der für die Zuständigkeit in Betracht kommenden Gerichte vorliegen (RIS-Justiz RS0046354, RS0046374, RS0046299, RS0118692).
Es liegt kein rechtskräftiger, die Zuständigkeit verneinender, Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten vor. Außerdem wurde der Beschluss des Bezirksgerichts Voitsberg den Parteien noch nicht zugestellt. Damit sind die Voraussetzungen nach § 47 JN nicht gegeben.
Zur Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerungen ist schon jetzt auf Folgendes hinzuweisen:
Bei einer Entscheidung nach § 47 Abs 1 JN ist auf eine allfällige Bindungswirkung des ersten die Zuständigkeit verneinenden Beschlusses, auch wenn dieser unrichtig war, Bedacht zu nehmen, haben doch die Vorschriften über die Bindung an rechtskräftige Entscheidungen über die Zuständigkeit und an Überweisungsbeschlüsse den Zweck, Kompetenzkonflikte nach Möglichkeit von vornherein auszuschließen. Damit nimmt der Gesetzgeber in Kauf, dass allenfalls auch ein an sich unzuständiges Gericht durch eine unrichtige Entscheidung gebunden wird (RIS-Justiz RS0046391).
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