OGH 6Ob86/12h

OGH6Ob86/12h24.5.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** X*****, vertreten durch Dr. Hannes K. Müller, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Dipl.-Ing. C***** X*****, vertreten durch Dr. Christian Wolf, Rechtsanwalt in Graz als Verfahrenshelfer, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 4. Jänner 2012, GZ 2 R 327/11i-58, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 3. Oktober 2011, GZ 249 C 84/10f-44, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass ein Verfahrensmangel, der dem Erstgericht unterlaufen sein soll, dessen Vorliegen aber bereits das Berufungsgericht verneinte, in dritter Instanz nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg ins Treffen geführt werden kann (RIS-Justiz RS0042963). Dieser Grundsatz gilt zwar etwa dann nicht, wenn das Berufungsgericht den Mangel mit einer rechtlich unhaltbaren Begründung verneinte (RIS-Justiz RS0042963 [T37]); diese Ausnahme ist jedoch nur auf krasse Fälle anzuwenden, die jedes Beurteilungsspielraums entbehren (Zechner in Fasching/Konecny, ZPO² [2005] § 503 Rz 35). Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor, hat der Beklagte doch in seiner Berufung die Relevanz des Umstands, dass seine Einvernahme durch das Erstgericht zunächst unterbrochen, dann aber nie zu Ende geführt wurde, nicht dargetan.

Dass offenkundige Relevanz eines Mangels des Verfahrens erster Instanz in der Berufung nicht gesondert darzulegen ist, entspricht zwar ebenfalls herrschender Ansicht (stRsp, siehe etwa 4 Ob 157/98m; 9 Ob 6/02a; 5 Ob 106/09p Pimmer in Fasching/Konecny, ZPO² [2005] § 496 Rz 36; E. Kodek in Rechberger, ZPO³ [2006] § 471 Rz 6). Bei Beurteilung der allfälligen Offenkundigkeit stand dem Berufungsgericht jedoch ein gewisser Beurteilungsspielraum zur Verfügung; jedenfalls hätten keinerlei Zweifel daran bestehen dürfen, welche streitentscheidenden Feststellungen des Erstgerichts der Beklagte ohne Verfahrensfehler zu widerlegen können glaubte (1 Ob 613/78 RZ 1979/8; 7 Ob 541/83; 5 Ob 106/09p [„präzises Vorbringen“]).

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