OGH 6Ob79/12d

OGH6Ob79/12d24.5.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 1. Oktober 2009 verstorbenen Dr. S***** C*****, geboren am 14. September 1941, *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des erblasserischen Sohnes, T***** G*****, vertreten durch Dr. Alexander Hofmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 13. März 2012, GZ 16 R 41/12m-3, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung

Die Erblasserin hinterlässt ihren Ehemann und zwei Söhne. Im Zuge des Abhandlungsverfahrens war strittig, ob das Guthaben auf zwei - im Einzelnen näher bezeichneten - Konten zur Hälfte in den Nachlass fällt oder dem Witwer allein zusteht. Das Erstgericht wies mit zwischenzeitig in Rechtskraft erwachsenem Beschluss den Antrag, die betreffenden Guthaben aus dem Inventar auszuscheiden, ab.

Im Einantwortungsbeschluss antwortete das Erstgericht den Nachlass den drei gesetzlichen Erben ein. Unter Punkt 3. des Spruchs wurden die Erben berechtigt, nach Rechtskraft des Beschlusses über die Hälfte der auf den betreffenden Konten erliegenden Guthaben „jeweils zu einem Drittel zu verfügen“.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss dahingehend ab, dass es lediglich aussprach, dass „die Erben über die Hälfte der auf den fraglichen Konten erliegenden Guthaben verfügungsberechtigt“ seien. Mit der Einantwortung des Nachlasses ohne vorherige Erbteilung erwerbe jeder Erbe seinem Anteil entsprechendes Miteigentum an den Verlassenschaftsgegenständen. Daher sei klarzustellen, dass der Einantwortungsbeschluss keine Erbteilungsregelung enthalte. Diese könne vielmehr - wenn sich die Erben nicht einigten - nur im Streitverfahren erfolgen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss erhobene Revisionsrekurs eines erblasserischen Sohnes ist nicht zulässig.

1.1. Mit dem Tod eines Erblassers, der mehrere Erben hinterlässt, entsteht zwischen diesen zunächst bis zur Einantwortung eine sich auf das Erbrecht beziehende schlichte Rechtsgemeinschaft gemäß den §§ 825 ff ABGB. Nach der Einantwortung werden die Erben, solange keine Erbteilung stattfindet, Miteigentümer der körperlichen Nachlasssachen nach dem Verhältnis ihrer Erbteile (RIS-Justiz RS0012313 [T1]). Die Rechtsgemeinschaft der Erben wird durch Erbteilung aufgehoben, die von jedem Miterben vor oder nach der Einantwortung verlangt werden kann. Sie erfolgt durch Erbteilungsübereinkommen, das der Einstimmigkeit bedarf. Kommt keine Einigung zustande, ist die Aufhebung mit Erbteilungsklage (Leistungsklage) durchzusetzen (RIS-Justiz RS0012311).

1.2. Anders verhält es sich mit Nachlassforderungen. Die Aufhebung der Gemeinschaft tritt bei teilbaren Nachlassforderungen ex lege ein. Mit Einantwortung zerfällt eine teilbare Nachlassforderung in selbständige obligatorische Teilforderungen iSd §§ 888 f ABGB, die keinen Gegenstand der Erbteilung bilden und von jedem Miterben unmittelbar nach Abschluss der Nachlassabhandlung und Rechtskraft der Einantwortungsurkunde, worin die den einzelnen Miterben zustehenden Anteile ihnen aufgrund ihrer Erbteile zuzuweisen sind, geltend gemacht werden können (6 Ob 599/94; 6 Ob 58/02a; Welser in Rummel, ABGB3 § 550 Rz 2). An dieser Rechtslage hat sich auch durch das Inkrafttreten des AußStrG BGBl I 2003/111 nichts geändert (Werkusch in Kletecka/Schauer, ABGB-ON § 550 Rz 2; Eccher in Schwimann, ABGB3 § 550 Rz 2; Apathy in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB3 § 550 Rz 1).

2. Angaben zur Verfügungsberechtigung im Einantwortungsbeschluss sind nur in besonderen Fällen notwendig (Fucik, Das neue Verlassenschaftsverfahren, Rz 272). Diese Voraussetzung kann bei einem Bankkonto erfüllt sein, weil die ausdrückliche gerichtliche Anordnung der Verfügungsbefugnis hier gegenüber der Bank eine klarstellende Bedeutung entfalten kann.

3.1. Im vorliegenden Fall bestand jedoch für den Ausspruch einer anteiligen Verfügungsbefugnis über jeweils die Hälfte des auf den betreffenden Konten bestehenden Guthabens keine Grundlage: Nach wie vor ist nämlich zwischen den Erben strittig, ob die Erblasserin überhaupt Hälfteeigentümerin der betreffenden Konten war oder diese in der alleinigen Rechtszuständigkeit (Eigentum) ihres Ehegatten standen. Mit der Aufnahme in das Inventar und der Abweisung der auf Ausscheidung aus dem Inventar gerichteten Anträge des erblasserischen Ehegatten wurde nämlich lediglich bindend entschieden, dass sich die Bankkonten (auch) im Besitz der Erblasserin befanden. Die Frage, ob diese - was für die Einräumung einer anteiligen Verfügungsberechtigung erforderlich wäre - auch Eigentümerin der Hälfte der Guthaben auf den betreffenden Konten war, war im Verlassenschaftsverfahren hingegen nicht zu klären (RIS-Justiz RS0007816). Demgemäß wird mit der Entscheidung, dass ein Bankguthaben in die Verlassenschaft fällt, noch nicht über die Berechtigung an dem Guthaben abgesprochen (ErläutRV 224 BlgNR 22. GP 107; vgl auch Sailer in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB3 § 802 Rz 2). Diese Entscheidung ist für die endgültige Entscheidung über die Rechtszuständigkeit (Eigentumsfrage) im streitigen Verfahren nicht präjudiziell (Apathy/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht2 II Rz 3/92).

3.2. Sofern sich daher die Erben nicht einigen, bedarf es in der Tat einer streitigen Auseinandersetzung zwischen den Erben. Insoweit erweist sich die Entscheidung des Rekursgerichts im Ergebnis als zutreffend. Grund für die Unmöglichkeit des Ausspruchs einer anteiligen Verfügungsberechtigung einzelner Erben ist jedoch entgegen der Annahme des Rekursgerichts nicht, dass die betreffenden Nachlassforderungen keiner beschlussmäßigen Teilung zugänglich wären, sondern dass nach wie vor unklar ist, ob der Erblasserin überhaupt die Hälfte des jeweiligen Guthabens auf den gegenständlichen Konten zustand oder die Konten im Alleineigentum ihres Ehegatten standen. Diese Frage ist aber einer Klärung im Verlassenschaftsverfahren nicht zugänglich. In einem derartigen Fall kommt die Zuweisung einer bestimmten Verfügungsquote im Einantwortungsbeschluss grundsätzlich nicht in Betracht. Im vorliegenden Fall war die Vorgangsweise der Vorinstanzen jedoch deshalb unschädlich, weil der erblasserische Ehegatte, der Alleineigentum an den beiden Kontenguthaben behauptete, auch Erbe ist. Damit führt die Formulierung des Rekursgerichts aber dazu, dass - wenn sich die Erben nicht einigen - eine Klärung der Verfügungsbefugnis nur im Streitverfahren erreicht werden kann. Insoweit entspricht die Entscheidung des Rekursgerichts aber der Rechtslage.

4. Damit hängt die Entscheidung aber nicht von der im Revisionsrekurs relevierten Rechtsfrage, ob den Erben die selbständige Verfügungsbefugnis über ihre ideelle Quote im Einantwortungsbeschluss eingeräumt werden kann, ab, sodass der Revisionsrekurs spruchgemäß zurückzuweisen war.

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