OGH 3Ob81/12a

OGH3Ob81/12a15.5.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Teja H. Kapsch, Rechtsanwalt in Graz, gegen die verpflichtete Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Arno Likar, Rechtsanwalt in Graz als Zustellkurator, wegen Räumungsexekution, über die außerordentlichen Revisionsrekurse der Einschreiter 1. Verlassenschaft nach Dr. M*****, vertreten durch Mag. Ulrich Salburg, Rechtsanwalt in Wien, und 2. B***** GmbH, *****, vertreten durch Kadlec & Weimann, Rechtsanwalts KG in Wien, gegen Punkt I des Beschlusses des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 3. November 2011, GZ 7 R 85/11p-360, womit über Rekurs der betreibenden Partei der Beschluss des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 5. Juli 2011, GZ 213 E 194/07v-332, abgeändert wurde, und über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs der Ersteinschreiterin gegen Punkt II des Beschlusses des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 3. November 2011, GZ 7 R 128/11m-360, womit den Rekursen beider Einschreiterinnen gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 25. August 2011, GZ 213 E 194/07v-348, nicht Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revisionsrekurse werden zurückgewiesen. Die betreibende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 25. August 2011 bestellte das Erstgericht über Antrag der betreibenden Partei einen Rechtsanwalt zum Zustellkurator für die verpflichtete Partei.

Den dagegen von beiden Einschreiterinnen erhobenen Rekursen gab das Rekursgericht nicht Folge und sprach aus, dass der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene „außerordentliche“ Revisionsrekurs der Ersteinschreiterin ist schon gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 78 EO jedenfalls unzulässig.

2. Mit Beschluss vom 5. Juli 2011 stellte das Erstgericht das (teilweise aufgeschobene) Räumungsexekutionsverfahren „aufgrund des Wegfalls der Partei- und Prozessfähigkeit der verpflichteten Partei“ mit der Begründung ein, dass die verpflichtete Partei am 16. Februar 2011 amtswegig im Firmenbuch infolge Vermögenslosigkeit gelöscht worden sei und ihr deshalb die Parteifähigkeit auch im Exekutionsverfahren fehle.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der betreibenden Partei Folge.

Das Rekursgericht begründete die Behebung des erstgerichtlichen Exekutionseinstellungsbeschlusses damit, dass nach der ständigen Rechtsprechung davon auszugehen sei, dass weder die Auflösung noch die Löschung einer GmbH im Firmenbuch, sondern erst ihre Vollbeendigung zum Verlust der Rechtspersönlichkeit und damit der Parteifähigkeit führe. Dieser materiellrechtlichen Voraussetzung der Vermögenslosigkeit stehe entgegen, dass die verpflichtete Partei den titelmäßigen Räumungsanspruch der betreibenden Partei bislang nicht erfüllt habe und faktisch im Besitz des Exekutionsobjekts sei.

Gegen diesen Beschluss wenden sich die außerordentlichen Revisionsrekurse der Einschreiterinnen mit den (erkennbaren) Anträgen auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Einstellungsbeschlusses.

Die Revisionsrekurse sind unzulässig, weil es beiden Einschreiterinnen an der Legitimation zur Erhebung eines Revisionsrekurses mangelt:

2.1 Nach ständiger Rechtsprechung besteht ein Rechtsmittelrecht eines (sonstigen) Beteiligten des Exekutionsverfahrens nur dann, wenn in seine zivilrechtliche Stellung eingegriffen wird oder wenn ihm aufgrund besonderer gesetzlicher Vorschriften ein Rekursrecht eingeräumt wird (RIS-Justiz RS0110287).

2.2 Die Beteiligtenstellung und Rekurslegitimation eines Dritten im Exekutionsverfahren ist nur ausnahmsweise zu bejahen, wenn der angefochtene Beschluss auf die Rechtsstellung des Dritten unmittelbaren Einfluss hat (3 Ob 68/06f; RIS-Justiz RS0110287 [T1]; Rassi in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO §§ 65-67 Rz 21).

2.3 Selbst wenn Dritte in ihren Rechten betroffen sind, steht ihnen dann ein Rekursrecht nicht zu, wenn ihnen das Gesetz einen anderen Rechtsbehelf zur Wahrung ihrer Interessen in die Hand gibt. Ein solcher Rechtsbehelf ist insbesondere die Exszindierungsklage (Jakusch in Angst², EO § 65 Rz 6; Rassi in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO §§ 65-67 Rz 21).

2.4 Eine Klärung des strittigen Sachverhalts kommt nur im Exszindierungsverfahren in Betracht; ein Einstellungsantrag allein - ohne Erhebung einer Exszindierungsklage - ist nicht das geeignete Instrumentarium zur Klärung des strittigen Sachverhalts. Nur (und erst) nach rechtskräftiger Stattgebung der Exszindierungsklage ist die Exekution gemäß § 37 Abs 4 EO einzustellen (Klicka in Angst², EO § 349 Rz 25).

2.5 Der Exszindierungskläger hat demnach zwar in Fragen der Aufschiebung und Exekutionseinstellung Parteistellung (Rassi in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO §§ 65-67 Rz 21); das gilt jedoch nur, soweit es um die Aufschiebung bzw Einstellung aufgrund der eingebrachten Exszindierungsklage geht.

2.6 An einer Exekutionseinstellung aus anderen Gründen als dem in § 37 Abs 4 EO genannten mag der Exszindierungskläger ein wirtschaftliches Interesse haben; ein Eingriff in seine zivilrechtliche Rechtsstellung ergibt sich aber aus der Verweigerung einer Exekutionseinstellung, aus einem anderen als in § 37 Abs 4 EO genannten Grund nicht. Insofern unterscheidet sich die Rechtsstellung des Exszindierungklägers nicht von jener eines anderen Dritten, der ein bloß mittelbares, wirtschaftliches Interesse an der Einstellung des gegen den Verpflichteten geführten Exekutionsverfahrens hat.

2.7 Beiden Revisionsrekurswerberinnen fehlt es daher an der Legitimation zur Stellung eines Exekutionseinstellungsantrags wegen der behaupteten fehlenden Parteifähigkeit der verpflichteten Partei und damit auch an der Legitimation zur Erhebung eines Revisionsrekurses gegen den die Einstellung verweigernden Beschluss des Rekursgerichts.

3. Die demnach insgesamt unzulässigen Revisionsrekurse sind somit zurückzuweisen.

Infolge der grundsätzlichen Einseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens nach der EO (RIS-Justiz RS0116198) stehen der betreibenden Partei für ihre zwar nicht unzulässige (RIS-Justiz RS0118686 [T11]), aber nicht zweckentsprechende (RIS-Justiz RS0118686 [T12]) Revisionsrekursbeantwortung Kosten nicht zu.

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