OGH 15Os32/12p

OGH15Os32/12p25.4.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. April 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Dr. Michel-Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Uljanov als Schriftführerin in der Strafsache gegen Georgi G***** wegen des Verbrechens des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels nach § 217 Abs 2 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 16. November 2011, GZ 21 Hv 61/11h-42, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Georgi G***** (zu A./) der Verbrechen des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels nach § 217 Abs 2 zweiter Fall StGB, (zu B./1./) der Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 3 StGB, (zu B./2./) der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB sowie (zu B./3./) des Vergehens der Zuhälterei nach § 216 Abs 2 erster, zweiter und dritter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien und anderen Orten Gina Y*****

A./ wiederholt, nämlich vor dem 30. Mai 2010, vor dem 17. Juni 2010 und Ende August 2010 in Bulgarien mit dem Vorsatz, dass sie in einem anderen Staat als in dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, der Prostitution nachgehe, mit Gewalt und durch gefährliche Drohung, nämlich indem er wiederholt auf sie einschlug und ihr weitere Schläge androhte, dazu genötigt, sich in einem anderen Staat, nämlich nach Österreich zu begeben;

B./ im Zeitraum vom 30. Mai 2010 bis 23. Februar 2011 in Wien

1./ wiederholt mit Gewalt und durch gefährliche Drohung, nämlich indem er sie regelmäßig schlug und drohte, wenn sie nicht gut arbeite, werde sie ihren dreijährigen Sohn, der bei Angehörigen des Angeklagten in Bulgarien untergebracht war, nie wieder sehen und er werde diesen verkaufen oder ins Waisenhaus geben, zu einer Handlung, nämlich zur Ausübung der Prostitution gezwungen;

2./ sie wiederholt, nämlich zumindest zwei Mal im Monat, mit Gewalt, nämlich durch Versetzen von massiven Schlägen zur Duldung des Beischlafs und einer dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlung, nämlich des Analverkehrs genötigt;

3./ mit dem Vorsatz, sich aus ihrer Prostitution eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, sie ausgebeutet, insbesondere durch die zu B./1./ genannten Handlungen eingeschüchtert und ihr die Bedingungen der Ausübung der Prostitution vorgeschrieben und ihr anschließend den gesamten Erlös aus der Prostitution abgenommen bzw abnehmen lassen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf Z 4 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie verfehlt ihr Ziel.

Mit der Verfahrensrüge kritisiert der Beschwerdeführer, durch die Abweisung seines Antrags auf Ladung und Vernehmung des Zeugen Lauris Gr***** „zum Beweis dafür, dass die Behauptungen der Zeugin Y***** nicht richtig sind“ (ON 28 S 42) bzw - präzisiert über Aufforderung des Gerichts - „zum Beweis dafür, dass er [der Zeuge] anwesend war wie die Zeugin Gina Y***** offensichtlich vom Angeklagten misshandelt worden sein soll und dann mit ihr am nächsten Tag offenbar zum Gesundheitsamt gefahren sein soll, wo sie offenbar nicht freiwillig den Prostitutionsausweis lösen hätte sollen“ (ON 41 S 17), sei er in seinen Verteidigungsrechten verletzt worden.

Die Abweisung des Beweisantrags (ON 41 S 17 f) erfolgte jedoch zu Recht, weil - wie der Schöffensenat zutreffend ausführte - entgegen der Begründung des Beweisantrags weder der Angeklagte noch die Zeugin Y***** angegeben haben, dass der beantragte Zeuge bei Misshandlungen durch den Angeklagten anwesend gewesen sei. Vielmehr sagte Gina Y***** über den beantragten Zeugen aus, dass er der Bruder von Ana sei, er lediglich an einem Tag, als sie in einer Sauna arbeiten musste, auf sie aufgepasst habe, so lange „Goschko“ weggewesen sei, er aber sonst kein „Aufpasser“ gewesen sei (ON 3 S 85, ON 28 S 41). Warum die beantragte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse, ist somit nicht ersichtlich (§ 55 Abs 1 letzter Satz StPO; zu den Antragserfordernissen: Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327 f).

Die Frage, ob der Zeuge bei der Autofahrt zur zuständigen Magistratsabteilung anwesend war, betrifft keinen für die Lösung der Schuld- oder Subsumtionsfrage erheblichen Umstand. Im Übrigen sind die Tatrichter - der Aussage der Zeugin Y***** (ON 28 S 42) folgend - ohnehin davon ausgegangen (ON 41 S 18).

Die den Beweisantrag ergänzenden Beschwerdeausführungen sind unbeachtlich, weil die Berechtigung eines Antrags stets auf den Antragszeitpunkt bezogen zu prüfen ist (RIS-Justiz RS0099618, RS0099117).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte