OGH 12Os16/12p

OGH12Os16/12p13.3.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. März 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel‑Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Brandstetter als Schriftführer in der Strafsache gegen Mohammed D***** wegen des Verbrechens des Raubes nach §§ 12 dritter Fall, 142 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Jugendschöffengericht vom 25. August 2011, GZ 34 Hv 109/11h‑14, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mohammed D***** der Verbrechen des Raubes nach §§ 12 dritter Fall, 142 Abs 1 StGB (I./) und des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und „Z 3“, 15 Abs 1 StGB (II./) sowie des Vergehens der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB (III./) schuldig erkannt.

Danach hat er am 26. Dezember 2010 in B***** bzw R***** (zusammengefasst)

I./ mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz gemeinsam mit anderen zur Ausführung der strafbaren Handlung des Daniel K*****, der am selben Tag mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) Kevin M***** fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld im Betrag von 10 Euro, vier Gutscheine im Gesamtwert von 40 Euro sowie ein Handy der Marke Samsung wegnahm, indem er ihm einen Faustschlag und einen Kopfstoß versetzte sowie ankündigte, ihn abzustechen (US 5 f), durch Erstellung des Tatplans und Proben der Ausführung beigetragen;

II./ mit Daniel K*****, Gelu H***** und Kerem Y***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz fremde bewegliche Sachen

1./ wegzunehmen versucht, und zwar indem sich Daniel K***** und Kerem Y***** bemühten, eine Scheibe eines Containers einzuschlagen, (somit durch Einbruch), während Gelu H***** und Mohammed D***** „Schmiere“ standen;

2./ weggenommen, und zwar Gewahrsamsträgern der S***** GmbH Lebensmittel, indem sie an einem Automaten schüttelten;

III./ fremde bewegliche Sachen, und zwar eine Holzstange des Hannes Ki*****, indem er diese mitnahm, aus dessen Gewahrsam dauernd entzogen (US 4).

Rechtliche Beurteilung

Die

nach rechtzeitiger Anmeldung (ON 15) unausgeführt gebliebene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung von Nichtigkeitsgründen bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2, 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO bleibt anzumerken, dass das Erstgericht - wie auch die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt - das unter Punkt II./2./ angeführte Tatgeschehen zu Unrecht der Qualifikation nach § 129 Z 3 StGB unterstellt hat.

Richtet sich der diebische Angriff gegen einen Warenautomaten, kann die in der Überwindung einer Sperrvorrichtung bestehende Tatbegehung nach gefestigter Judikatur ausschließlich nach der Z 2 des § 129 StGB geprüft werden, die für derartige Behältnisse (RIS-Justiz RS0094025) eine abschließende Regelung trifft (vgl die Wortfolge: indem er „ sonst eine Sperrvorrichtung“ in Z 3 des § 129 StGB; RIS-Justiz RS0094083; Fabrizy, StGB10 § 129 Rz 6; Kienapfel/Schmoller, StudB BT II § 129 Rz 61, 69 und 76). Einer Subsumtion der Tat unter die gleichwertige Qualifikationsnorm der Z 2 des § 129 StGB steht aber gegenständlich entgegen, dass die Sachwegnahme nicht durch ein den Zugriff auf den Inhalt zulassendes Aufbrechen des Behältnisses oder Öffnen des Verschlussmechanismus mit einem in Z 1 des § 129 StGB genannten Mittel, sondern durch ein die Sperrvorrichtung als solche intakt lassendes Schütteln des Automaten (US 4) bewirkt wurde (vgl in Bezug auf eine Geldkassette 13 Os 69/11p).

Da die verfehlte rechtliche Beurteilung aber weder einen Freispruch von dieser Tat noch eine Veränderung der nach § 29 StGB gebildeten Subsumtionseinheit nach sich zieht, weil bereits der Schuldspruch zu II./1./ die Einbruchsqualifikation nach § 129 StGB trägt und das Erstgericht die rechtsirrig bejahte Qualifikation bei der Strafzumessung nicht als aggravierend berücksichtigt hat, sieht sich der Oberste Gerichtshof mangels Benachteiligung des Angeklagten über die unrichtige Lösung der Rechtsfrage hinaus zu amtswegiger Wahrnehmung (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) der Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) nicht veranlasst (Ratz, WK-StPO § 290 Rz 22 ff). An die verfehlte rechtliche Unterstellung besteht keine dem Berufungswerber zum Nachteil gereichende Bindung des Oberlandesgerichts (RIS-Justiz RS0118870).

Der Vollständigkeit halber ist zum Schuldspruch II./1./ und zur angenommenen Tathandlung des „Schmiere Stehens“ (US 5) noch festzuhalten, dass der Angeklagte die strafbare Handlung als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB zu verantworten hat. Unmittelbarer Täter ist nämlich nur jener, der eine Ausführungshandlung setzt (Fabrizy, StGB10 § 12 Rz 5).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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