OGH 13Os112/11m

OGH13Os112/11m8.3.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. März 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Linzner als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Dr. Paul A***** wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 15. Juni 2011, GZ 13 Hv 122/10v-76, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dr. Paul A***** mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt.

Danach hat er jeweils Ende März (US 6) der Jahre 1998 und 1999 in Wien vorsätzlich unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflichten Verkürzungen an Einkommensteuer für die Jahre 1997 und 1998 in der Gesamthöhe von rund 756.000 Euro bewirkt, indem er es unterließ, die vom Gesetz geforderten Abgabenerklärungen (§§ 133 ff BAO) zu erstatten.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 3, 5, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist im Recht.

Die Mängelrüge (Z 5) zeigt im Ergebnis zutreffend auf, dass die zu Urteilsfeststellungen über entscheidende Tatsachen - nämlich über den auf das Bewirken einer Abgabenverkürzung gerichteten Vorsatz (§ 8 Abs 1 FinStrG) - angestellten Erwägungen in sich widersprüchlich sind (Z 5 dritter Fall):

Hintergrund des Schuldspruchs sind im Jahr 1997 initiierte Bemühungen der U*****, eine in Wien ansässige Tochtergesellschaft, die C***** AG (C*****-AG), zu veräußern. Nach den Feststellungen der Tatrichter bediente sich die U***** zu diesem Zweck ua der CW-***** AG (im Folgenden: S***** AG) mit Sitz in Liechtenstein, die ihrerseits zur Abwicklung der Veräußerung einen „Verkaufsunterstützungsvertrag“ mit der (ebenfalls in Liechtenstein ansässigen) T***** AG, deren alleiniger Aktionär „in der Folge“ der Beschwerdeführer war, abschloss (US 3). Die aufgrund dieses Vertrags von der S***** AG an die T***** AG geleisteten Zahlungen waren nach den Urteilskonstatierungen „schon im Zeitpunkt der Überweisungen“ dem Beschwerdeführer (persönlich) zuzurechnende Einkünfte und solcherart in Österreich einkommensteuerpflichtig (US 7).

Die (auch) hinsichtlich des diesbezüglich auf das Bewirken einer Abgabenverkürzung gerichteten Vorsatzes leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers (ON 75 S 5) erachtete das Erstgericht mit der Begründung als widerlegt, dieser habe die von der S***** AG an die T***** AG geleisteten Zahlungen als schon im Überweisungszeitpunkt wirtschaftlich ihm zuzurechnendes Entgelt erkannt, was sich wiederum daraus ergebe, dass „das Kapital“ aufgrund der gewählten Vertragskonstruktion dem Beschwerdeführer „spätestens anlässlich der Liquidation der Gesellschaft als Liquidationserlös zufließt“ (US 9). Die zentralen Ansätze dieser Argumentationskette, nämlich einerseits die Urteilsannahme, die Zahlungen der S***** AG seien dem Beschwerdeführer unmittelbar persönlich zugeflossen, und andererseits die Prämisse, er habe durch diese Zahlungen - als Aktionär der T***** AG - (bloß) einen Anspruch auf Zuteilung eines allfälligen Liquidationserlöses erlangt, können aber nach den Denkgesetzen nicht nebeneinander bestehen und sind solcherart widersprüchlich im Sinn des dritten Falles des § 281 Abs 1 Z 5 StPO (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 438 f).

In Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur war daher der Nichtigkeitsbeschwerde schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort Folge zu geben (§ 285e StPO) und die angefochtene Entscheidung - ohne Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen - (zur Gänze) aufzuheben.

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