OGH 3Ob12/12d

OGH3Ob12/12d22.2.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der betreibenden Partei Dr. Christian Puswald, Rechtsanwalt in St. Veit/Glan, als Masseverwalter im Konkurs des Gemeinschuldners R*****, AZ 41 S 116/08v des Landesgerichts Klagenfurt, gegen die verpflichtete Partei R*****, vertreten durch Dr. Branko Perc, Rechtsanwalt in Bleiburg, wegen kridamäßiger Versteigerung einer Liegenschaft, anlässlich des „außerordentlichen Revisionsrekurses“ der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 9. Dezember 2011, GZ 1 R 305/11i-73, womit über Rekurs der verpflichteten Partei der Beschluss des Bezirksgerichts Bleiburg vom 15. September 2011, GZ E 491/09m-67, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluss des Konkursgerichts vom 30. Juni 2009 wurde die kridamäßige Versteigerung der Liegenschaft des Gemeinschuldners gemäß § 119 KO bewilligt. Am 22. Februar 2011 erließ das Erstgericht ein Versteigerungsedikt, in dem es die Versteigerung für den 14. April 2011 festsetzte und den Schätzwert und das geringste Gebot mit jeweils 154.400 EUR bekanntgab (ON 60); dagegen wurde auch vom Verpflichteten kein Rechtsmittel erhoben. Am 11. April 2011 stellte der Betreibende einen Aufschiebungsantrag gemäß § 45a EO (ON 63), den das Erstgericht bewilligte und den bereits anberaumten Versteigerungstermin absetzte (ON 64). Ein Fortsetzungsantrag des Betreibenden langte am 31. August 2011 ein, dem am folgenden Tag unter Hinweis auf eine Einigung zwischen Schuldner und Gläubigern der Antrag folgte, das geringste Gebot beim ersten Versteigerungstermin mit dem Schätzwert und bei einem allfälligen zweiten Versteigerungstermin mit dem halben Schätzwert festzusetzen (ON 66).

Mit Beschluss vom 15. September 2011 bewilligte das Erstgericht im Punkt 1) die Fortsetzung des Verfahrens und im Punkt 2) den Antrag des Betreibenden auf Festsetzung des geringsten Gebots mit dem Schätzwert bei dem in der Folge anzuberaumenden Versteigerungstermin (ON 67).

Dagegen richtete sich ein Rekurs des Verpflichteten, nach dessen Rechtsmittelerklärung der Beschluss ON 67 „seinem ganzen Inhalt nach angefochten“ wird. Gegen die Fortsetzung des Versteigerungsverfahrens wurde jedoch nichts eingewendet, sondern im Wesentlichen nur geltend macht, die Zweijahresfrist nach § 142 EO sei bereits abgelaufen, sodass eine neuerliche Schätzung der Liegenschaft unabdingbar sei und der angefochtene Beschluss nicht erlassen hätte werden dürfen (ON 71).

Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel nicht Folge und sprach aus, dass der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei; ein Bewertungsausspruch unterblieb.

Es verwies zunächst darauf, dass der Ausspruch, eine neuerliche Schätzung habe nicht stattzufinden, nach § 239 Abs 1 Z 3 EO unanfechtbar sei. Im Übrigen könne der Beschluss über die Festlegung von Änderungen der gesetzlichen Versteigerungsbedingungen (hier: geringstes Gebot in Höhe des Schätzwerts) in das Versteigerungsedikt aufgenommen werden. Diese Vorgehensweise habe das Erstgericht hier gewählt, indem es im Versteigerungsedikt vom 22. Februar 2011 den Schätzwert mit 154.400 EUR und das geringste Gebot in eben dieser Höhe angeführt habe. Dieser Ausspruch des Erstgerichts sei mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen. Punkt 2) des angefochtenen Beschlusses habe demnach nur mehr deklarative Bedeutung, sodass dem unberechtigten Rekurs ein Erfolg zu versagen sei.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Verpflichteten, der keine Begründung zur Zulässigkeit enthält. Dem Hinweis des Rekursgerichts auf § 239 Abs 1 Z 3 EO hält er entgegen, im bekämpften Beschluss sei nicht verfügt worden, dass eine neuerliche Schätzung der Liegenschaft unterbleibe, weshalb der Rechtsmittelausschluss gar nicht zur Anwendung komme. Im Übrigen wird darauf verwiesen, die Befundaufnahme des Schätzungsgutachtens falle auf den 14. April 2009, sodass bei Fassung des Beschlusses über die Fortsetzung des Verfahrens am 15. September 2011 bereits mehr als zwei Jahre verstrichen gewesen seien; aufgrund des im § 142 EO normierten Gesetzeszwecks wäre eine neuerliche Schätzung anzuordnen bzw die Beteiligten zu vernehmen gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs erweist sich als absolut unzulässig iSd § 528 Abs 2 Z 2 ZPO:

1. Zunächst erscheint es angebracht, den Umfang der Anfechtung im Rekurs zu prüfen. Wie bereits dargestellt, enthält das Rechtsmittel entgegen seiner umfassenden Rechtsmittelerklärung keinerlei Argumente gegen die Bewilligung der vom Betreibenden beantragten Fortsetzung; vielmehr kommt die vom Rekurswerber verlangte neuerliche Schätzung nur für den Fall der Fortsetzung des aufgeschobenen Versteigerungsverfahrens in Frage. Daraus ergibt sich zwanglos, dass vom Verpflichteten in Wahrheit nur Punkt 2) des Beschlusses ON 67 bekämpft wurde. Daher betrifft die Rekursentscheidung auch nur diesen Teil des bekämpften erstgerichtlichen Beschlusses.

2. Das Rekursgericht hat zutreffend betont, dass das Erstgericht von der in § 146 Abs 1 letzter Satz EO vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch machte, den Beschluss über den Antrag des Betreibenden auf Abänderung der gesetzlichen Versteigerungsbedingungen (ON 38) - nach der gebotenen Anhörung der Parteien - in das Versteigerungsedikt ON 60 aufzunehmen. Dagegen erhob der Verpflichtete kein Rechtsmittel; der - in das Edikt aufgenommene - Beschluss auf Festsetzung des geringsten Gebots mit dem Schätzwert ist daher in Rechtskraft erwachsen.

An der Bindung an diesen Beschluss ändert aber weder die Abberaumung des Versteigerungstermins (weil das auf den Inhalt der Versteigerungsbedingungen keinen Einfluss hat) noch die Aufschiebung der Exekution nach § 45a EO; gemäß § 43 Abs 1 EO bleiben nämlich alle Exekutionsakte und Befriedigungsrechte des betreibenden Gläubigers aufrecht (Angst in Angst² § 200a Rz 2; Jakusch in Angst² § 45a Rz 7; Breinl in Burgstaller/Deixler-Hübner § 200a EO Rz 7), sodass es nach der Fortsetzung weder einer neuerlichen Schätzung noch einer neuerlichen Auseinandersetzung mit den Versteigerungsbedingungen bedurfte.

Wurde aber eine Änderung der Versteigerungsbedingungen bereits rechtskräftig beschlossen und wirkt diese über eine Aufschiebung des Versteigerungsverfahrens hinaus, erweist sich Punkt 2) des erstgerichtlichen Beschlusses tatsächlich als bloße Wiederholung einer bereits getroffenen, nach wie vor aufrechten gerichtlichen Entscheidung, die das Rekursgericht ausdrücklich bestätigte. Eine Ausnahme von der Unbekämpfbarkeit bestätigender Beschlüsse nach dem auch im Exekutionsverfahren geltenden (RIS-Justiz RS0002511; RS0002321) § 528 Abs 2 Z 2 ZPO gibt es im Exekutionsverfahren seit der EO-Novelle 2000 aber nur noch in den Fällen des § 84 Abs 4 und des § 402 Abs 1 letzter Satz EO. In allen anderen Fällen ist im Exekutionsverfahren ein weiterer Rechtszug gegen die zur Gänze bestätigende Rekursentscheidung unzulässig (3 Ob 116/09v mwN; RIS-Justiz RS0012387 [T13, T14]).

3. Kosten der Revisionsrekursbeantwortung waren nicht zuzusprechen, weil das Rechtsmittelverfahren in Exekutionssachen - von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen - stets einseitig ausgestaltet ist (RIS-Justiz RS0116198). Diesen Grundsatz hat die ZVN 2009 (BGBl I 2009/30) ausdrücklich festgeschrieben (§ 65 Abs 3 EO). Dies gilt auch für das Rechtsmittelverfahren vor dem Obersten Gerichtshof. Die Revisionsrekursbeantwortung zum absolut unzulässigen Revisionsrekurs ist zwar nicht zurückzuweisen, führt aber zu keinem Kostenersatz (§ 78 EO iVm §§ 50, 40 ZPO; RIS-Justiz RS0124565), zumal auf den tatsächlich vorliegenden, amtswegig wahrzunehmenden Zurückweisungsgrund nicht hingewiesen wurde.

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