OGH 11Os1/12z

OGH11Os1/12z16.2.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Februar 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag. Krasa als Schriftführer, in der Strafsache gegen Dr. A***** G***** wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 31. August 2011, GZ 25 Hv 36/11k-18, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dr. A***** G***** des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er im September 2010 in Eisenstadt als Beamter mit dem Vorsatz, das Land Burgenland an seinen Rechten zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Landes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht, indem er als Vorstand der für die Gemeindeaufsicht zuständigen Abteilung 2 des Amtes der Burgenländischen Landesregierung in Ausübung einer entsprechenden Befugnis dieser Abteilung mit dem Vorsatz, das Land in seinem Recht darauf zu schädigen, dass er sich als Beamter gemäß § 49 des Burgenländischen Landesbeamten-Dienstrechtsgesetzes 1997 der Ausübung seines Amtes zu enthalten und seine Vertretung zu veranlassen hat, wenn wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu setzen, im Verfahren über die Änderung des Flächenwidmungsplans der Gemeinde S***** eine amtliche Stellungnahme abgab, in der er sich für eine von der Gemeinde S***** nicht in Aussicht genommene Umwidmung des zur Hälfte im Eigentum seiner Ehefrau und zur Hälfte in seinem Eigentum stehenden Grundstücks Nr 3347/1 der Katastralgemeinde S***** von Grünland in Bauland aussprach, diese zunächst als Entwurf an seinen Stellvertreter Stefan H***** mit der Weisung übergab, sie zu unterfertigen und abfertigen zu lassen und - nach dessen Weigerung - selbst unterfertigte und abfertigen ließ.

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 4 und 9 [lit] a StPO.

Die Verfahrensrüge (Z 4) bezieht sich auf die schöffengerichtliche Abweisung (ON 17 S 64; US 11) des Antrags „Zum Thema Befugnismissbrauch die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich Raumplanung, zum Beweis dafür, inwieweit diese Stellungnahme einen Missbrauch darstellt, nämlich in dem Sinne, dass sie nicht sachlich ist und daher unvertretbar ist, da Hofrat G***** immer wieder sagt, dass diese Stellungnahme sachlich vertretbar und gerechtfertigt gewesen ist und daher kein Missbrauch vorgelegen ist. Der Sachverständige möge beurteilen, ob die Kritik, die von Hofrat G***** geübt wurde, eine sachliche gewesen ist.“ (ON 17 S 62, 63).

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend hat bereits das Erstgericht ausgeführt, dass es auf den Inhalt der vom Angeklagten im Rahmen der Hoheitsverwaltung abgegebenen Stellungnahme nicht ankommt: Gegenstand des Strafvorwurfs war vielmehr der Verstoß gegen § 49 des Burgenländischen Landesbeamten-Dienstrechtsgesetzes 1997, wonach sich der Beamte der Ausübung seines Amtes zu enthalten und seine Vertretung zu veranlassen hat, wenn wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu setzen (vgl RIS-Justiz RS0096816).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet vorerst, hoheitliches Handeln der Landesregierung könne gemäß § 18 Abs 5 ff Burgenländisches Raumplanungsgesetz erst nach Beschließen des Flächenwidmungsplans durch den Gemeinderat einsetzen, davor hätten „Veranlassungen der Landesregierung oder deren Organwalter ... rein unverbindlichen Charakter“. Diese Argumentation setzt sich einerseits über die erstgerichtlichen Feststellungen US 4 hinweg, wonach schon vor dem Beschluss des Gemeinderats die Landesregierung durch eine Stellungnahme zwecks frühzeitiger Koordination fachlicher Interessen amtlich tätig werden kann. Sie bleibt überdies eine vollständige Auseinandersetzung mit der Rechtslage schuldig: Denn gemäß § 18 Abs 2 Burgenländisches Raumplanungsgesetz ist die Auflage des Entwurfs des Flächenwidmungsplans dem Amt der (burgenländischen) Landesregierung mitzuteilen und kann (auch) dieses nach Abs 3 leg cit („jedermann“) begründete schriftliche Erinnerungen dazu vorbringen (was im Gegenstand vorgenommen wurde - US 4 ff). Anzumerken bleibt, dass an der Einordnung einer derartigen in Erfüllung der Vollziehungsaufgaben der Landesregierung ergangenen Stellungnahme als Amtsgeschäft kein Zweifel bestehen kann (vgl in diesem Sinne ausdrücklich § 18a Abs 2 Burgenländisches Raumplanungsgesetz; strafrechtlich Marek/Jerabek, Korruption und Amtsmissbrauch4 § 302 Rz 16 ff).

Des Weiteren bringt der Beschwerdeführer vor (Z 9 lit a), er habe - weil eine Vertretung nicht sogleich bewirkt werden konnte und (zufolge Ablaufs der Frist zur Stellungnahme) wegen Gefahr in Verzug - gemäß § 7 Abs 2 AVG (iVm § 49 letzter Satz Burgenländisches Landesbeamten-Dienstrechtsgesetz) selbst als befangener Beamter im Sinne des Schuldvorwurfs handeln müssen. Dabei übergeht er jedoch das Feststellungssubstrat des Ersturteils, wonach sich sein Vertreter gerade aufgrund der Vorformulierung durch den Angeklagten selbst weigerte, diese so geartete Stellungnahme zu unterfertigen und die Frist dazu eben nur wegen der umfassenden, aber letztlich vergeblich gebliebenen Bemühungen des Abteilungsleiters, eine ihm genehme Äußerung der Landesregierung - zu einem von ihm als Privatperson bereits jahrelang angestrebten Ziel (US 3) - zu erwirken, abzulaufen drohte (US 4 bis 6). Der Vollständigkeit halber ist zu betonen, dass nur dann ein echter Vertretungsfall vorgelegen hätte, wenn der Angeklagte von Anfang an - sohin bei weit offenstehender Frist (US 4) - pflichtgemäß im Sinne des § 49 Burgenländisches Landesbeamten-Dienstrechtsgesetz vorgegangen wäre.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der unter einem erhobenen Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte