OGH 12Os188/11f

OGH12Os188/11f31.1.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Jänner 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Brandstetter als Schriftführer in der Strafsache gegen Ernst M***** wegen Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Privatbeteiligten Melanie R*****, Denise M*****, Barbara M***** und Raphael M***** gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Schöffengericht vom 18. August 2011, GZ 16 Hv 50/11y-52, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Ernst M***** jeweils mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (A./1./ und C./), des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (A./2./ und B./) sowie der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB idF BGBl 1974/60 (D./) schuldig erkannt.

Danach hat er in K***** und O***** in zahlreichen Angriffen

A./ zwischen Anfang 2010 und September 2010 mit dem am 3. April 2004 geborenen, somit unmündigen Raphael M*****

1./ dem Beischlaf gleichzusetzende Handlungen unternommen, indem er Oralverkehr an ihm vornahm, von ihm an sich vornehmen ließ sowie seinen Penis in den Anus des Unmündigen einführte;

2./ außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen an ihm vorgenommen sowie von ihm an sich vornehmen lassen, indem er ihn dazu verleitete, bis zur Ejakulation Handonanie an seinem erigierten Glied durchzuführen und seine Hand auf dem Penis des Minderjährigen auf- und abbewegte;

B./ zwischen September 2003 und einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2005 von der am 3. Jänner 1997 geborenen, zu den Tatzeitpunkten somit unmündigen Barbara M***** außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen an sich vornehmen lassen, indem er sie dazu verleitete, bis zur Ejakulation Handonanie an seinem erigierten Glied durchzuführen;

C./ in den Jahren 2001 und 2002 mit der am 12. Juni 1995 geborenen, zu den Tatzeitpunkten somit unmündigen Denise M***** dem Beischlaf gleichzusetzende Handlungen unternommen, indem er seinen Finger in die Scheide der Unmündigen einführte;

D./ von 1990 bis 1994 die am 14. Dezember 1984 geborene, zu den Tatzeitpunkten somit unmündige Melanie R*****, geborene M*****, auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht missbraucht, indem er einmal Oralverkehr an ihr vornahm sowie in zahlreichen Angriffen von ihr an sich vornehmen ließ und sie dazu verleitete, bis zur Ejakulation Handonanie an seinem erigierten Glied durchzuführen.

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Die Verfahrensrüge (Z 4) kritisiert die Abweisung der in der Hauptverhandlung am 18. August 2011 gestellten Anträge auf Vernehmung der Zeugen Eva-Maria L*****, Michael M*****, Alexander L*****, Friedrich M*****, Regina M*****, Elisabeth B*****, Walter B***** (in der Nichtigkeitsbeschwerde jeweils P*****) und Robert M***** zum Beweis dafür, dass „es keine derartigen Vorfälle wie behauptet auf der Liegenschaft in K***** im Haus des Angeklagten gegeben hat“ (ON 51 S 23). Entgegen der Beschwerdeauffassung wurden dadurch Verteidigungsrechte nicht geschmälert.

Rechtliche Beurteilung

Denn der Beweisantrag ließ - auch nach entsprechender Aufforderung durch den vorsitzenden Richter (ON 51 S 23) - die nach Lage des Falls gebotene Begründung vermissen, weshalb die genannten Zeugen in der Lage sein sollten, die inkriminierten Tathandlungen auszuschließen, ergibt sich doch schon aus dem Vorbringen des Angeklagten selbst, dass sich diese nicht durchgehend in der Nähe der Tatorte aufgehalten haben. Einem Beweisantrag muss aber neben Beweismittel und Beweisthema stets auch - sofern dies (wie hier) nicht auf der Hand liegt - zu entnehmen sein, aus welchen Gründen die beantragte Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erwarten lasse (zum notwendigen Inhalt eines Beweisantrags vgl § 55 Abs 1 und 2 StPO; RIS-Justiz RS0118444; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330).

Das die Beweisanträge ergänzende Beschwerdevorbringen hat auf sich zu beruhen, weil die Berechtigung eines Antrags stets auf den Antragszeitpunkt bezogen zu prüfen ist (RIS-Justiz RS0099618).

Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider hat sich das Erstgericht eingehend mit der leugnenden Verantwortung des Angeklagten auseinandergesetzt, dieser jedoch keine Glaubwürdigkeit zugebilligt (US 8 ff). Der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit eines Zeugen aufgrund des von diesem in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch-psychologische Vorgang als solcher ist der Anfechtung mit Mängelrüge entzogen (RIS-Justiz RS0106588).

Die Frage, ob die beim Angeklagten sichergestellten Filme pornographische Inhalte aufwiesen, betrifft keine entscheidende Tatsache (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 399), sodass für das Erstgericht - entgegen dem Beschwerdevorbringen (Z 5 zweiter Fall) - auch kein Anlass bestand, sich mit dem diesbezüglichen Auswertungsergebnis auseinanderzusetzen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte