OGH 3Ob236/11v

OGH3Ob236/11v18.1.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadt Wien - Wiener Wohnen, *****, vertreten durch Dr. Peter Rudeck und Dr. Gerhard Schlager, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. M***** S*****, vertreten durch Dr. Veronika Kozak, Rechtsanwältin in Wien als bestellte Verfahrenshelferin, diese vertreten durch Dr. Wolfgang Langeder, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 19. Oktober 2011, GZ 38 R 156/11i-54, womit das Urteil des Bezirksgerichts Meidling vom 7. Dezember 2010, GZ 36 C 859/09s-31, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Vorinstanzen gaben der auf qualifizierten Mietzinsrückstand gemäß § 1118 ABGB gestützten Räumungsklage mit der Begründung statt, die Beklagte habe den für den Zeitraum Mai 2008 bis März 2010 mit rechtskräftigem Beschluss gemäß § 33 Abs 2 MRG vom 16. August 2010 festgestellten Mietzinsrückstand von 8.873,97 EUR bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz nicht bezahlt.

Die Beklagte macht als erhebliche Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO geltend, das Berufungsgericht habe im Widerspruch zur Rechtsprechung entschieden, wonach die innerprozessuale Bindung einer Entscheidung nach § 33 Abs 2 MRG nur für Schuldtilgungsgründe gelte, welche auf einen zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits abgeschlossenen Tatbestand gestützt würden, nicht hingegen für eine nach dem genannten Stichtag bewirkte Schuldtilung.

Rechtliche Beurteilung

Der rechtskräftige Beschluss nach § 33 Abs 2 MRG spricht über die Vorfrage des Mietzinsrückstands für das Räumungsverfahren mit bindender Wirkung ab (RIS-Justiz RS0070369). Eine formell in Rechtskraft erwachsene Zwischenentscheidung nach § 33 Abs 2 MRG ist dem weiteren Verfahren daher derart zugrundezulegen, dass der im Zeitpunkt der Tagsatzung, die der erstinstanzlichen Beschlussfassung nach § 33 Abs 2 MRG unmittelbar voranging, als Grundlage der Aufhebungserklärung herangezogene Rückstand die festgestellte Höhe aufweist. Schuldtilgungsgründe, die auf einen Tatbestand gestützt werden, der im angegebenen Zeitpunkt bereits abgeschlossen gewesen ist (Zahlung, Vorauszahlung, Aufrechnung oder ähnliches), sind nicht mehr zu beachten (7 Ob 46/01t mwN). Lediglich die Behauptung einer erst nach dem erwähnten Stichtag bewirkten Schuldtilung ist unter Umständen erheblich (9 Ob 145/01s).

Einen erst nach dem erwähnten Stichtag verwirklichten Sachverhalt, welcher die Tilgung des rechtskräftig festgestellten Mietzinsrückstands bewirkt hätte, behauptete die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren, an dem sie sich zuletzt nicht mehr beteiligte, nicht. Die auf § 1118 ABGB gestützte Räumungsklage erweist sich daher als berechtigt, ohne dass auf die von der Beklagten ins Treffen geführten Schlichtungsstellenverfahren und daraus allenfalls abzuleitende Gegenforderungen einzugehen gewesen wäre.

Da die Beklagte sohin keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermochte, war ihre außerordentliche Revision zurückzuweisen.

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