OGH 4Nc23/11m

OGH4Nc23/11m24.11.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** K***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Carl Benkhofer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei G***** S*****, vertreten durch die Greiml & Horwath Rechtsanwalts Partnerschaft in Graz, wegen 22.660 EUR sA, AZ 45 Cg 63/11z des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag, die Rechtssache an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zu delegieren, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die klagende GmbH mit Sitz in Wien begehrt vom in Graz ansässigen Beklagten 22.660 EUR sA. Dazu bringt sie vor, sie habe über Auftrag des als Unternehmer anzusehenden, in mehreren Objekten eine gewerbliche Vermietung betreibenden Beklagten die schlüsselfertige Sanierung diverser Wohnungen in einem Haus in 1150 Wien durchgeführt. Die Klage wurde ursprünglich beim Handelsgericht Wien eingebracht, von diesem wegen sachlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen, über Antrag der Klägerin an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien überwiesen und sodann aufgrund der Unzuständigkeitseinrede des Beklagten und Antrag der Klägerin an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz überwiesen.

In der Folge beantragte die klagende Partei die (Rück-)Delegierung des Verfahrens an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien. Die Delegierung trage zu einer wesentlichen Verkürzung des Verfahrens bei, weil sich das verfahrensgegenständliche Bauwerk im Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien befinde; dort sei auch der Wohnort sämtlicher Zeugen. Außerdem bliebe dadurch dem zu bestellenden Bausachverständigen eine Anreise nach Graz erspart und schließlich habe auch die klagende Partei ihren Sitz im Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien.

Der Beklagte trat dem Delegierungsantrag entgegen. Es seien auch zwei Zeugen geführt, die ihren Wohnsitz in bzw bei Graz hätten. Außerdem sei keine Befundaufnahme notwendig, weil die Klägerin bisher nicht aufschlüsseln habe können, wie sich ihre Klagsforderung errechne.

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz befürwortete die Delegierung im Wesentlichen mit der Begründung, die Klagserzählung sei schlüssig, sodass derzeit von der Aufnahme der von der Klägerin angebotenen Beweise auszugehen sei. Da zwölf der von ihr namhaft gemachten fünfzehn Zeugen ihren Wohnsitz in Wien hätten und auch ein Sachverständiger aus dem Baufach beizuziehen sein werde, erweise sich die Delegierung als zweckmäßig iSd § 31 JN, weil damit eine maßgebliche Verringerung der Kosten zu erwarten sei. Bei einer Delegierung auch der weiteren zwölf zwischen den Streitteilen anhängigen Verfahren könnten sämtliche Verfahren beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien und beim Bezirksgericht Fünfhaus „gebündelt“ werden, was zu einem kostenmäßigen „Multiplikatoreffekt“ führte.

Rechtliche Beurteilung

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.

Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegation soll stets den Ausnahmefall darstellen. Durch großzügige Handhabung der Möglichkeiten der Delegation soll nicht eine Durchlöcherung der Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden. Gegen den Widerstand des Prozessgegners hat eine Delegation nur dann zu erfolgen, wenn ihre Zweckmäßigkeit klar erkennbar ist (hg 6 Nc 21/11g mwN).

Im vorliegenden Fall kann keine Rede davon sein, dass die Delegierung des Verfahrens nach Wien zwingend zu einer Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens führen würde. Die Klägerin hat ihr Klagebegehren bisher noch nicht aufgeschlüsselt. Daher ist auch noch nicht absehbar, ob es wirklich zur Notwendigkeit einer Befundaufnahme in Wien und der Einvernahme von Wiener Zeugen kommen wird.

Bei dieser Sachlage kann aber dem Beklagten ein schutzwürdiges Interesse an der Beibehaltung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung nicht abgesprochen werden.

Der Delegierungsantrag war daher spruchgemäß abzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte