OGH 3Ob140/11a

OGH3Ob140/11a8.11.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eigentümergemeinschaft H*****, vertreten durch den Hausverwalter Mag. M*****, vertreten durch Mag. Hubertus P. Weben, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. W*****, und 2. I*****, beide vertreten durch Dr. Karl Ulrich Janovsky, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung (7.200 EUR), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 22. März 2011, GZ 1 R 284/10m-32, womit über Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 2. Mai 2010, GZ 15 C 471/08y-27, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Auf einem Grundstück 1478/1 wurde im Jahr 1964 das Wohnungseigentumsobjekt „H*****“ (im Folgenden „Wohnanlage“) errichtet. Diese Wohnanlage ist nördlich der K***** Allee und westlich der H***** situiert.

Die beiden Beklagten sind aufgrund der Einantwortungsurkunde vom 18. November 1986 je zur Hälfte Miteigentümer zweier Liegenschaften, bestehend (ua) aus den Grundstücken 1472/2, 1474/2, 1474/3 und 1440/1. Diese vier genannten Grundstücke sind westlich von Grundstück 1478/1 situiert. Ob den beiden Liegenschaften der Beklagten ist im Grundbuch keine Dienstbarkeit zugunsten des Grundstücks 1478/1 eingetragen. Im Norden der vier Grundstücke der Beklagten war zum Zeitpunkt der Errichtung der Wohnanlage von den Rechtsvorgängern der Beklagten eine Schottergrube betrieben worden, deren Zufahrt von der K***** Allee über die nunmehrigen Grundstücke der Beklagten erfolgte.

Westlich der angeführten Grundstücke der Beklagten liegt das Grundstück 1474/1 (K***** Allee 64), das bis zum Jahr 2007 im Eigentum von P***** stand.

Da entlang der Westseite der Wohnanlage nur beschränkte Parkmöglichkeiten bestanden (dies einerseits wegen eines früher an die Grundgrenze von Grundstück 1478/1 heranreichenden Schotterhaufens und andererseits wegen eines Spielplatzes), waren die Parkmöglichkeiten für die Bewohner der Wohnanlage nicht ausreichend, sodass bei Bedarf zum Parken die westlich davon gelegenen Grundstücke der Rechtsvorgänger der Beklagten (1474/2, 1472/2, 1474/3 und 1440/1) benützt wurden. Insbesondere dienten diese Grundstücke zum Abfahren vom Grundstück 1478/1, weil es die räumliche Ausdehnung gebot, von der K***** Allee kommend in den Grundstreifen westlich der Wohnanlage zu- und wiederum westlich davon über die nunmehr im Eigentum der Beklagten stehenden Grundstücke abzufahren.

Die klagende Eigentümergemeinschaft begehrt die Verpflichtung der Beklagten, es ab sofort zu unterlassen, die Durchfahrt über ihre Grundstücke und das Parken auf ihren Grundstücken 1472/2, 1474/2, 1473/3 und 1440/1 für die klagende Partei durch Anbringung einer Absperrung auf dem Grundstück 1440/1 oder auf einem anderen Grundstück der beklagten Parteien im Bereich der Durchfahrt zum Grundstück 1478/1 der klagenden Partei zu verhindern und weiters Maßnahmen zu unterlassen, durch welche die freie Durchfahrt und das Parkrecht der klagenden Partei von Grundstück 1478/1 zu den Grundstücken der beklagten Parteien gehindert würden. Bei Präzisierung ihres Begehrens ON 17/Seite 5 f) verwies die klagende Partei auf den einen Bestandteil des Urteilsbegehrens bildenden Vermessungsplan ./S.

Der klagenden Partei stehe seit dem Jahr 1964 auf den Grundstücken der Beklagten ein vereinbartes Durchfahrts- und Parkrecht zu. Die Beklagten hätten als Erben Kenntnis von diesem offenkundigen Durchfahrts- und Parkrecht erlangt; guter Glaube der Beklagten scheide aus. Jedenfalls sei das Durchfahrts- und Parkrecht auf den Grundstücken der Beklagten auch mehr als 30 Jahre genützt und daher ersessen worden. Die im Zuge von Baumaßnahmen erfolgte Absperrung der Durchfahrt vom Grundstück der klagenden Partei zum Parkplatz auf den Servitutsflächen sei rechtswidrig.

Schließlich werde zur Berechtigung der klagenden Eigentümergemeinschaft und zur aktiven Klagslegitimation auf die Bestimmung des § 18 Abs 2 WEG 2002, wonach Unterlassungsansprüche abgetreten werden könnten, sowie auf das Abstimmungsergebnis hinsichtlich einer Klageführung verwiesen.

Die Beklagten wandten ein, der Nachbar P*****, der zuvor gemeint habe, Eigentümer der Grundstücke der Beklagten zu sein, habe nur eine prekaristische Nutzung zum Parken und Durchfahren eingeräumt; das Prekarium sei widerrufen worden. Das Recht des Parkens und der Durchfahrt sei überdies mangels Ausübung erloschen. Zudem hätten die Beklagten die Grundstücke gutgläubig und lastenfrei erworben. Letztlich sei das Begehren auch nicht ausreichend konkretisiert und exequierbar.

Unmittelbar vor Schluss der Verhandlung wandten die Beklagten überdies die mangelnde Aktivlegitimation der klagenden Eigentümergemeinschaft ein. Für die Geltendmachung der behaupteten Rechte seien einzig die Miteigentümer der Liegenschaft berechtigt. Die Eigentümergemeinschaft könne nur in Angelegenheiten der Verwaltung Rechte erwerben, Verbindlichkeiten eingehen, klagen und geklagt werden. Die geltend gemachten Ansprüche der klagenden Partei seien einer Abtretung durch die Miteigentümer nicht zugänglich; die vorgelegten Abstimmungszettel sowie die Aufstellung über das Abstimmungsergebnis stellten keine Abtretung dar.

Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren statt. Neben dem eingangs wiedergegebenen unstrittigen Sachverhalt traf das Erstgericht nähere Feststellungen über die - im Wesentlichen nie beanstandete - Benützung der Grundstücke durch die benachbarten Wohnungseigentümer. Ferner stellte es fest:

„Über Initiative des Hausausschusses der klagenden Partei wurde im Jahr 1973 der Bereich westlich des klägerischen Hauses asphaltiert, gleichzeitig auch die Durchfahrt zum Grundstück der Beklagten sowie diese Grundstücke selbst, während von P***** die Asphaltierung seines eigenen westlich daran angrenzenden Grundstücksteils veranlasst wurde. Dem vorausgegangen war eine Vereinbarung zwischen Vertretern der klagenden Partei und der damaligen Eigentümerin der Beklagtengrundstücke, als Ausgleich für die von der klagenden Partei bislang in Anspruch genommenen Parkrechte; eine schriftliche, verbücherungsfähige Vereinbarung wurde nicht getroffen; man kümmerte sich auch nicht darum, ob der Verhandlungspartner für die Abgabe einer derartigen Erklärung überhaupt berechtigt sei.“

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, dass die klagende Partei durch ihre Mitglieder seit 1964 die Grundstücke der Beklagten zum Durchfahren und Parken in Anspruch genommen und diese Rechte ersessen habe. Da die Grundstücke der Beklagten nach wie vor in Anspruch genommen würden, habe eine Freiheitsersitzung nicht stattgefunden.

Infolge Berufung der beklagten Parteien änderte das Berufungsgericht das Ersturteil im klageabweisenden Sinn ab. Auf die Tatsachenrüge - die sich ua gegen die oben wiedergegebene Feststellung über eine zwischen Vertretern der klagenden Partei und der damaligen Eigentümerin geschlossene Vereinbarung richtete - ging das Berufungsgericht nicht ein, weil es die Rechtsauffassung der Beklagten teilte, dass die klagende Partei zur Klageführung nicht legitimiert sei. Die Geltendmachung petitorischen Rechtsschutzes sei nicht unter den Verwaltungsbegriff des § 18 Abs 1 WEG 2002 zu subsumieren. Nach § 18 Abs 2 WEG idF der WRN 2006, BGBl I 2006/124, könnten Verfügungsakte von der Eigentümergemeinschaft dann geltend gemacht werden, wenn eine Abtretung der Rechte in einstimmiger Form erfolgt sei. Dass eine einstimmige Abtretung des Unterlassungsanspruchs erfolgt sei, sei in der Berufungsbeantwortung der klagenden Partei ausdrücklich in Abrede gestellt worden. Soweit die klagende Partei zuvor noch auf ein Abstimmungsergebnis hinsichtlich einer Klageführung (Beilage ./W) verwiesen habe, so ergebe sich dort gerade keine Einstimmigkeit der Wohnungseigentümer hinsichtlich einer Klageführung. Da sich die klagende Partei - mangels einer Abtretung der Rechte in einstimmiger Form - nicht auf § 18 Abs 2 WEG 2002 berufen könne, sei die Klage bereits aus diesem Grund abzuweisen, ohne dass auf die weiteren Argumente in der Berufung und der Berufungsbeantwortung eingegangen werden müsste.

Über Abänderungsantrag nach § 508 ZPO erklärte das Berufungsgericht nachträglich die Revision mit der Begründung für zulässig, dass es im Schrifttum gegenläufige Standpunkte darüber gebe, ob für die Abtretung von Unterlassungsansprüchen der einzelnen Wohnungseigentümer nach § 18 Abs 2 WEG 2002 die Einstimmigkeit der Wohnungseigentümer erforderlich sei. Nach Ansicht der klagenden Partei würden in der Entscheidung 5 Ob 18/06t - in Abkehr von der früheren höchstgerichtlichen Rechtsprechung - der Eigentümergemeinschaft petitorische Ansprüche ohne Abtretungsvorgang zugewiesen. Daher sei nicht auszuschließen, dass die Berufungsentscheidung dieser höchstgerichtlichen Entscheidung zuwiderlaufe. Weiters sei noch keine Entscheidung des Höchstgerichts zur Auslegung der durch die WRN 2006 geänderten Bestimmung des § 18 Abs 2 WEG 2002 ergangen.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der klagenden Partei aus den Revisionsgründen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Aktenwidrigkeit und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag auf Abänderung im klagsstattgebenden Sinn. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die beklagten Parteien beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig; sie ist im Sinne des Eventualantrags auf Aufhebung auch berechtigt.

Das Revisionsvorbringen der klagenden Partei lässt sich dahin zusammenfassen, dass für die Geltendmachung des klagegegenständlichen Anspruchs durch die Eigentümergemeinschaft keine einstimmige Abtretung sämtlicher Wohnungseigentümer erforderlich sei. Aktenwidrig sei das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die klagende Partei keine Prozessbehauptung in Richtung einer erfolgten Abtretung aufgestellt habe. Zu dieser Frage hätte das Berufungsgericht eine Erörterung vornehmen müssen und nicht das Vorbringen in eine Richtung interpretieren dürfen, die dem Behauptungswillen der Partei offenbar widerspreche.

Dazu wurde erwogen:

1. Mit der Klage wird die Unterlassung eines nach den Klagebehauptungen unzulässigen Eingriffs in ein näher bezeichnetes Servitutsrecht begehrt. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Erhebung der Servitutenklage (actio confessoria) keine Angelegenheit der Verwaltung iSd § 18 Abs 1 WEG ist (5 Ob 268/02a = wobl 2003/74, 146 [zust Call]; RIS-Justiz RS0117352). In diesem Umfang bedarf es zur Begründung der Aktivlegitimation der Eigentümergemeinschaft der durch die WRN 2006 geschaffenen Möglichkeit der Abtretung nach § 18 Abs 2 WEG (Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht § 18 WEG Rz 25 mwN). Die Entscheidung 5 Ob 18/06t (wobl 2006/97, 222 [Call]; kritisch dazu Löcker in Hausmann/Vonkilch § 18 WEG Rz 29b, und Terlitza, Zur Abgrenzung von Verwaltung und Verfügung - eine dogmatische Frage von eminenter praktischer Bedeutung, wobl 2011, 185 [193]) betraf - wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend erkannte - einen anders gelagerten Sachverhalt: Die Legitimation der Eigentümergemeinschaft wurde dort damit begründet, dass der konkret geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der Benützung bzw auf Räumung eines notwendig allgemeinen Teils der Liegenschaft (Heizraum) nicht nur auf das dingliche Recht (Eigentum), sondern auch darauf gestützt werden könne, dass die Eigentümergemeinschaft als „Verwaltungsgemeinschaft“ dafür zu sorgen habe, dass die Zweckbestimmung allgemeiner Liegenschaftsteile gewährleistet sei. Davon unterscheidet sich ein Begehren, das - ausschließlich gestützt auf eine Servitut, somit ein dingliches Recht - die ungehinderte Nutzung fremder Liegenschaftsteile verfolgt.

2. Die klagende Partei hat ihre Klagelegitimation ausdrücklich auch auf § 18 Abs 2 WEG gestützt; sie brachte dazu in erster Instanz vor, dass sich aus § 18 Abs 2 WEG ergebe, dass Unterlassungsansprüche abgetreten werden können. Diesbezüglich werde auf das Abstimmungsergebnis hinsichtlich einer Klageführung (Beilage ./W) verwiesen.

2.1. § 18 Abs 2 Satz 1 WEG idF der WRN 2006 (BGBl I 2006/124) lautet wie folgt:

Die Wohnungseigentümer können der Eigentümergemeinschaft aus ihrem Miteigentum erfließende Unterlassungsansprüche sowie die Liegenschaft betreffende Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche abtreten, wodurch die Eigentümergemeinschaft diese Ansprüche erwirbt und in eigenem Namen geltend machen kann.

2.2. Die Gesetzesmaterialien (RV 1183 BlgNR 22. GP 21 ff) begründen die Neuregelung - als „Abtretungslösung in ihrer einfachsten Variante“ bezeichnet - mit der Problematik der Abgrenzung der Legitimation der Eigentümergemeinschaft von jener der einzelnen Wohnungseigentümer insbesondere bei Gewährleistungsansprüchen, die sich auf Mängel an allgemeinen Teilen der Liegenschaft beziehen, ihre rechtliche Wurzel aber in von den Wohnungseigentümern selbst geschlossenen Verträgen haben. Betont wird zur Klarstellung, dass die Abtretung als Konsensualvertrag voraussetzt, dass die Forderung von einem Wohnungseigentümer übertragen und die Übertragung von der Eigentümergemeinschaft angenommen wird. Wörtlich halten die Gesetzesmaterialien (RV 1183 BlgNR 22. GP 23) fest:

„In diesem Zusammenhang wurde im Begutachtungsverfahren von mehreren Stellen angeregt, man möge doch im Gesetz klarstellen, ob die Annahme der Abtretungserklärung eines Wohnungseigentümers der außerordentlichen oder aber der ordentlichen Verwaltung (oder gar dem Bereich der 'Verfügungen') angehöre. Dies lässt sich aber nicht generell sagen, weil die Lösung dieser Frage vor allem davon abhängt, um welchen Anspruch es sich handelt. Es wird sich aber in jedem Fall - also auch im Fall der Zugehörigkeit des Anspruchs zur ordentlichen Verwaltung, bei der der Verwalter sein Handeln ja nicht auf einen Beschluss der Wohnungseigentümer gründen muss - empfehlen, über die Frage der Abtretungsannahme und der Anspruchsverfolgung einen Beschluss herbeizuführen“.

2.3. Bei dieser von einem Teil der Lehre als „dogmatisch unsauber“ (Vonkilch, Anmerkungen zum Ministerialentwurf für eine Wohnrechtsnovelle 2005 (WRN 2005, wobl 2005, 82 [86]; Call zu 5 Ob 206/07s, wobl 2008/60, 175; Terlitza, wobl 2011, 193) bezeichneten Regelung ist die Wirksamkeit der Abtretung nach außen - die die Aktivlegitimation der Eigentümergemeinschaft begründet - streng von der Frage zu trennen, ob der Verwalter die Annahme der Abtretung von einem Beschluss der Wohnungseigentümer abhängig machen muss, um nicht pflichtwidrig zu handeln: Auch eine pflichtwidrige Annahme ist wirksam und begründet die Legitimation der Eigentümergemeinschaft zur Geltendmachung des Anspruchs im Prozess (Löcker in Hausmann/Vonkilch § 18 WEG Rz 29d). Ob es sich daher bei der Annahme der Abtretung um eine ordentliche oder außerordentliche Verwaltungsmaßnahme handelt, ist daher hier nicht zu klären.

2.4. Bei dem auf eine behauptete Grunddienstbarkeit gegründeten Anspruch auf Unterlassung von Störungen des Servitutsgebrauchs handelt es sich um einen iSd § 18 Abs 2 WEG abtretbaren Anspruch: Wenngleich das Gesetz in diesem Zusammenhang nur aus dem Miteigentum erfließende Unterlassungsansprüche explizit nennt, ist davon nach dem Zweck der Regelung auch die Servitutsklage erfasst, die auf eine Abwehr jener Störungen gerichtet ist, die eine Benützung des herrschenden Grundstücks beeinträchtigen.

2.5. Die auf die nicht näher begründete Meinung von Prader (WEG³ § 18 Anm 1) gestützte Auffassung des Berufungsgerichts, bei Unterlassungs-, Besitzstörungs- oder Eigentumsfreiheitsklagen setze eine wirksame Abtretung Einstimmigkeit der Wohnungseigentümer voraus, ist in dieser Allgemeinheit unzutreffend:

2.5.1. Die Erhebung einer Servitutsklage stellt keine Verwaltungs-, sondern Verfügungshandlung dar (siehe 1.). Die Anordnung der Abtretungsmöglichkeit ändert an dieser Qualifikation nichts, führt aber dazu, dass der Eigentümergemeinschaft insoweit über § 18 Abs 1 WEG hinaus Rechtspersönlichkeit zur Annahme der Abtretung und Geltendmachung des aufgrund des Abtretungsvertrags erworbenen Anspruchs (Stabentheiner, Die miet- und wohnungseigentumsrechtlichen Teile der Wohnrechtsnovelle 2006 (Teil II), wobl 2006, 277 [291]) im eigenen Namen zusteht (Terlitza, wobl 2011, 193).

2.5.2. Die Frage, ob ein einzelner Wohnungseigentümer der Eigentümergemeinschaft einen Anspruch, der von § 18 Abs 2 WEG erfasst ist, zedieren kann, ist danach zu beantworten, ob er - ohne Zession - den Anspruch auch selbst geltend machen könnte. Das resultiert aus dem allgemeinen Grundsatz des § 1394 ABGB, wonach der Zessionar bloß an die Stelle des Zedenten tritt, sich also nur die Rechtszuständigkeit der abgetretenen Forderung, nicht aber ihr Inhalt ändert.

2.5.3. Diese Frage wäre daher etwa bei Ansprüchen auf Feststellung des Bestehens einer Grunddienstbarkeit zu verneinen, weil diese nur einheitlich von allen Miteigentümern des herrschenden Grundstücks geltend gemacht werden können (RIS-Justiz RS0101793).

2.5.4. Geht es hingegen nicht um die Feststellung und Verbücherung von Servituten, sondern - wie hier - um die Abwehr von Eingriffen in ein bestehendes Recht, ist jeder Miteigentümer allein zur Klage legitimiert (1 Ob 6/00i; Memmer in ABGB-ON 1.00 § 523 Rz 4 je mwN; siehe auch RIS-Justiz RS0013417). Daraus folgt, dass auch ein einzelner Wohnungseigentümer den in diesem Verfahren geltend gemachten Unterlassungsanspruch abtreten konnte.

2.5.5. Kann aber - wie im Anlassfall - auch bloß ein Wohnungseigentümer den gegen einen Dritten gerichteten Anspruch abtreten, bedarf es aus den zu 2.3. dargelegten Gründen weder zur Wirksamkeit der Annahme noch zur Begründung der Klagelegitimation der Eigentümergemeinschaft - unabhängig davon, ob die Annahme als ordentliche oder außerordentliche Maßnahme anzusehen ist - einer Beschlussfassung der Wohnungseigentümer. Die Anordnung der Abtretungsmöglichkeit impliziert vielmehr eine Rechtspersönlichkeit der Eigentümergemeinschaft zur Annahme eines solchen Anspruchs (Terlitza, wobl 2011, 193). Der zedierte Einzelanspruch „verwandelt“ sich in einen Gemeinschaftsanspruch (vgl auch § 18 Abs 2 Satz 2 WEG, wonach der betreffende Wohnungseigentümer den Anspruch „für die Eigentümergemeinschaft“ geltend machen kann, wenn diese die Geltendmachung eines ihr abgetretenen Anspruchs unterlässt und dadurch eine Fristversäumnis droht). Agiert der Verwalter im Bereich der außerordentlichen Verwaltung ohne die erforderliche Zustimmung der Mehrheit der Wohnungseigentümer iSd § 29 Abs 1 WEG oder im Bereich der ordentlichen Verwaltung gegen den Willen der Eigentümer, sind seine Vertretungsakte (hier: Annahme der Abtretung und Klageführung) aufgrund der Formalvollmacht des § 20 WEG - die insoweit auch für den Gemeinschaftsanspruch gilt - dennoch wirksam (Löcker in Hausmann/Vonkilch § 18 WEG Rz 72; RIS-Justiz RS0013747).

3. Ausgehend von der vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligten Auffassung, dass eine „einstimmige“ Abtretung durch sämtliche Wohnungseigentümer erforderlich sei, ist das Berufungsgericht auf die übrigen, von den Beklagten in ihrer Berufung erhobenen Einwendungen nicht näher eingegangen:

3.1. Der Einwand der mangelnden Bestimmtheit bzw Exequierbarkeit des Urteilsbegehrens ist unberechtigt: Aus dem Verweis auf den dem Urteil angeschlossenen Vermessungsplan ist der Bereich, der vom Durchfahrts- und Parkrecht umfasst sein soll, ableitbar.

3.2. Richtig ist, dass das von der klagenden Eigentümergemeinschaft in Anspruch genommene Park- und Durchfahrtsrecht nicht von ihr persönlich, sondern nur von den Wohnungseigentümern ausgeübt werden kann. Die Fassung des Urteilsbegehrens - die im Übrigen insoweit auch einer amtswegigen Präzisierung zugänglich wäre (RIS-Justiz RS0039357) - ist aber ohnedies unzweifelhaft dahin zu verstehen, dass es sich auf eine Unterlassung der Behinderung der Wohnungseigentümer bezieht (s auch die ursprüngliche Fassung des Begehrens, die ausdrücklich auf die freie Durchfahrt der Wohnungseigentümer Bezug nimmt).

3.3. Die Beklagten haben das Vorbringen der klagenden Partei über eine Abtretung des Unterlassungsanspruchs unter Hinweis darauf bestritten, dass die vorgelegten Abstimmungszettel sowie die Aufstellung über das Abstimmungsergebnis keine Abtretung darstellten; es mangle auch an einer Annahme.

Zu diesem Thema fehlen Feststellungen der Vorinstanzen.

3.4. Da eine Aufhebung des Berufungsurteils schon deshalb unumgänglich ist, weil sich das Berufungsgericht mit der Beweisrüge der Beklagten in Ansehung von Feststellungen, die für die Beurteilung der materiellen Berechtigung des Klagebegehrens wesentlich sind, nicht befasste, ist es aus verfahrensökonomischen Gründen (s auch § 496 Abs 3 ZPO) geboten, dass das Berufungsgericht - allenfalls nach Erörterung des Parteivorbringens - im Rahmen einer Beweisergänzung jene Feststellungen trifft, die beurteilen lassen, ob der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zumindest stillschweigend abgetreten und die Abtretung von der klagenden Partei angenommen wurde. Bejahendenfalls wird es auf die Tatsachenrüge in der Berufung der Beklagten und die damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden behaupteten Feststellungsmängel einzugehen haben.

4. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf §§ 50 Abs 1, 52 ZPO.

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