OGH 3Ob203/11s

OGH3Ob203/11s8.11.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1. G*****, 2. K*****, wegen Gewährung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Nichtigkeitsklage gegen die im Verfahren AZ 2 C 1331/06i des Bezirksgerichts Saalfelden ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 24. August 2011, AZ 3 Ob 137/11k, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Text

Begründung

Im Verfahren AZ 2 C 1331/06i des Bezirksgerichts Saalfelden wurde dem Erstantragsteller als Erstkläger mit Beschluss des Bezirksgerichts Saalfelden vom 29. September 2006 die Verfahrenshilfe bewilligt und - nach einer Umbestellung durch die Salzburger Rechtsanwaltskammer - am 20. Oktober 2006 Dr. C***** als Verfahrenshelfer beigegeben.

Der Zweitantragstellerin als Zweitklägerin wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Saalfelden vom 2. Juli 2010 Verfahrenshilfe bewilligt und Mag. R***** als Verfahrenshelfer beigegeben.

Das klageabweisende Endurteil des Bezirksgerichts Saalfelden vom 1. März 2011 wurde den Verfahrenshelfern der Antragsteller am 4. März 2011 zugestellt.

Am 1. April 2011 erhob der Erstantragsteller, vertreten durch seinen Verfahrenshelfer, Berufung. Am selben Tag langte eine von den Antragstellern selbst verfasste Berufung per Fax beim Bezirksgericht Saalfelden ein. In dieser Berufung beantragten die Antragsteller - wie im Verfahren bereits mehrfach - erneut die „Umbestellung/Neubestellung der Verfahrenshelfer“, und zwar zur „Verbesserung oder Ergänzung der Berufung“.

Dieser Antrag wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Saalfelden vom 4. April 2011 rechtskräftig zurückgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 1. April 2011 erklärte der Verfahrenshelfer des Erstantragstellers, seine Berufungsschrift zurückzunehmen, weil der Erstantragsteller bereits zeitlich unmittelbar davor eine eigene Berufungsschrift beim Erstgericht eingebracht und dem Verfahrenshelfer die Einbringung einer Berufung untersagt habe. Die Zweitantragstellerin richtete an ihren Verfahrenshelfer per Fax am 1. April 2011 ebenfalls das Verbot, eine Berufungsschrift für sie einzubringen.

Mit Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 18. Mai 2011, AZ 22 R 192/11f, 22 R 193/11b, wies das Landesgericht Salzburg die Berufung der Antragsteller mit der Begründung zurück, sie seien im Verfahren mehrfach und umfassend darüber belehrt worden, dass die von ihnen angestrebte Umbestellung der Verfahrenshelfer mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht stattfinden könne. Die von den Antragstellern ohne Anwaltsunterschrift versehene Berufung sei zur geschäftsordnungsgemäßen Behandlung ungeeignet. Die Zurückweisung habe ohne weiteren Verbesserungsversuch zu erfolgen: Verletze ein Rechtsmittelwerber trotz wiederholter Rechtsbelehrung die Formvorschriften bewusst, liege ein Missbrauch der Verbesserungsvorschriften vor.

Gegen diesen Beschluss des Landesgerichts Salzburg erhoben die Antragsteller, jeweils durch ihre im Verfahren bestellten Verfahrenshelfer, Rekurs an den Obersten Gerichtshof. Mit Beschluss vom 24. August 2011, AZ 3 Ob 137/11k, wurde diesen Rekursen nicht Folge gegeben.

Die Antragsteller beantragen nun mit einem an den Obersten Gerichtshof gerichteten Schriftsatz die „volle Verfahrenshilfe“ zur Einbringung einer Nichtigkeitsklage gegen den Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 24. August 2011 aus den Gründen des § 529 Abs 1 Z 1 und 2 ZPO.

Zu § 529 Abs 1 Z 1 ZPO bringen die Antragsteller vor, der Rekurs der Zweitantragstellerin sei durch ihren Verfahrenshelfer ausdrücklich an das Oberlandesgericht Linz erhoben worden. Dieses habe bis heute nicht über den Rekurs entschieden. Da der Oberste Gerichtshof nicht angerufen worden sei, sei „dieses Gericht (Senat des Obersten Gerichtshofs laut Beschluss)“ als erkennender Richter gemäß § 529 Abs 1 Z 1 ZPO ausgeschlossen.

Zu § 529 Abs 1 Z 2 ZPO bringen die Antragsteller vor, dass die ihnen beigegebenen Verfahrenshelfer massiv und schwer gegen § 9 RAO verstoßen hätten. Sie seien nicht aufgrund der Interessen der Antragsteller und somit nicht als deren „Vertreter“ aufgetreten, sondern vielmehr „befangen und ausgeschlossen“ gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Dazu wurde erwogen:

Für die von den Antragstellern beabsichtigte Nichtigkeitsklage ist der Oberste Gerichtshof zuständig (RIS-Justiz RS0044317; Jelinek in Fasching/Konecny² § 532 ZPO Rz 15). Auch die Entscheidungskompetenz über den Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe kommt somit dem Obersten Gerichtshof zu (RIS-Justiz RS0036094). Eine bereits bewilligte Verfahrenshilfe umfasst nicht die Einbringung von Rechtsmittelklagen (3 Ob 221/05d mwN).

Allerdings ist Verfahrenshilfe im vorliegenden Fall nicht zu gewähren, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung offenbar aussichtslos ist.

Inwiefern der Nichtigkeitsgrund des § 529 Abs 1 Z 1 ZPO verwirklicht sein soll, ist nicht ersichtlich: Der von der Zweitantragstellerin gegen den Zurückweisungsbeschluss des Landesgerichts Salzburg vom 18. Mai 2011 erhobene Rekurs (ON 110, 3. Band) benannte zwar irrtümlich das „Oberlandesgericht Linz“ als Rechtsmittelgericht; tatsächlich ist allerdings zur Entscheidung über Rekurse gegen im Berufungsverfahren ergangene Beschlüsse der Oberste Gerichtshof zuständig.

Auch der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund des § 529 Abs 1 Z 2 ZPO ist nicht nachvollziehbar: § 529 Abs 1 Z 2 ZPO dient ausschließlich dem Schutz des rechtlichen Gehörs (Jelinek in Fasching/Konecny³ § 529 ZPO Rz 38).

Die Antragsteller waren im Verfahren durch die ihnen beigegebenen Verfahrenshelfer vertreten. Die weitwendig, allerdings unsubstantiiert, behauptete Schlechtvertretung durch die bestellten Verfahrenshelfer begründet keinen gesetzlichen Grund für die Erhebung der Nichtigkeitsklage.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung ist somit als offenbar aussichtslos zu qualifizieren, weshalb der Verfahrenshilfeantrag abzuweisen war (RIS-Justiz RS0036094).

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