OGH 12Os115/11w

OGH12Os115/11w18.10.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Oktober 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bilinska als Schriftführerin in der Strafsache gegen Haris A***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Haris A*****, Abubakar D*****, Ibragim Z***** und Letschi M***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich sämtlicher Angeklagter gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Jugendschöffengericht vom 12. Mai 2011, GZ 12 Hv 28/11y-147, sowie über die (teilweise impliziten) Beschwerden der Angeklagten Haris A*****, Abubakar D*****, Ibragim Z***** und Letschi M***** gegen den unter einem gefassten Beschluss gemäß §§ 494 Abs 1, 494a Abs 1 Z 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten werden zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Umfang der den Angeklagten Ali C***** betreffenden Schuldsprüche C./I./4., D./II. und F./I./, demgemäß auch in dessen Strafausspruch einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung sowie der ihn betreffende Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 2 StPO aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Die Staatsanwaltschaft wird mit ihrer Ali C***** betreffenden Berufung auf die Kassation des Strafausspruchs verwiesen.

Zur Entscheidung über die übrigen Berufungen und Beschwerden werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Den Angeklagten Haris A*****, Abubakar D*****, Ibragim Z***** und Letschi M***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch unbekämpft gebliebene Schuldsprüche des Ali C***** und Artur R***** sowie unangefochten gebliebene Freisprüche der Angeklagten enthält, wurde Haris A***** des Verbrechens des Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1 StGB (A./II./2./), Ali C***** der Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 und 2 und 15 Abs 1 StGB (A./I./1./a./, A./I./3./b./d./e./ und A./II./3./a./), nach §§ 142 Abs 1 und 15 Abs 1 StGB (A./I./2./ und A./II./2./), der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 2 Z 1 und 2 und 15 Abs 1 StGB (B./I./1./, 2./, 3./, 5./ und B./II./1./), der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (C./I./3./ und 4./), der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB (D./I./ und II./), der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 (E./II./), der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (F./I./ und II./), Abubakar D***** des Verbrechens des Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1 und 2 StGB (A./II./3./b./), des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (F./II./), Ibragim Z***** der Verbrechen des Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1 StGB (A./II./2./), der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 2 Z 1 und 2 StGB (B./I./5./), der Vergehen der Nötigung nach §§ 105 Abs 1 und 15 Abs 1 StGB (C./I./1./b./, C./I./2./, C./II./2./ und 3./), der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB (E./III./), der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (F./II./), Letschi M***** der Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (A./I./1./b./), nach § 142 Abs 1 und 2 und 15 Abs 1 StGB (A./I./3./c./ und A./II./3./c./), der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 2 Z 1 und 2 StGB (B./I./4./ und B./II./2./), des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 und 2 StGB (G./) und Artur R***** des Verbrechens des Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1 und 2 StGB (A./II./1./) und des Vergehens der Nötigung nach §§ 15 Abs 1, 105 Abs 1 StGB (C./II./1./) schuldig erkannt.

Danach haben, zusammengefasst und soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerden von Bedeutung,

A./ mit Gewalt gegen eine Person oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) anderen Personen fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, durch deren Zueignung sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern,

I./ weggenommen oder abgenötigt,

1./b./ Letschi M***** und der gesondert verfolgte Alishan G***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken am 14. Mai 2010 dem Alen Ra***** 10 Euro, indem Alishan G***** von ihm Geld forderte und Letschi M***** ihm einen Schlag in den Bauch versetzte;

3./ wobei die einzelnen Angriffe ohne Anwendung erheblicher Gewalt an Sachen geringen Werts begangen wurden und die Taten nur unbedeutende Folgen nach sich zogen und es sich um keinen schweren Raub handelte, und zwar

c./ Letschi M***** und der gesondert verfolgte Alishan G***** sowie unbekannt gebliebene Personen, im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter Anfang 2010 dem Alen Ra***** 20 Euro Bargeld, indem Letschi M*****, während sie in einem Kreis um ihn herum standen, Geld forderte und ankündigte, sie würden in der Weigerung seinen Körper zu „polieren“ bzw „kaputt zu machen“;

II./ wegzunehmen oder abzunötigen versucht,

2./ Haris A*****, Ali C***** und Ibragim Z***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter Mitte Dezember 2009 dem Alexander H***** Bargeld, indem ihn Ali C***** zwischen zwei Stände am Christkindlmarkt drängte, ihn aufforderte, ihnen Bargeld zu geben und Faustschläge in den Bauchbereich versetzte, wobei auch Ibragim Z***** auf Alexander H***** einschlug und ihn Haris A***** festhielt;

3./ wobei die einzelnen Angriffe jeweils ohne Anwendung erheblicher Gewalt an Sachen geringen Werts erfolgten, die jeweils im Entwicklungsstadium des Versuchs gebliebenen Taten nur unbedeutende Folgen nach sich zogen und es sich um keinen schweren Raub handelte, und zwar

b./ Abubakar D***** am 4. Mai 2010 dem Christian T***** ein Mobiltelefon der Marke iPhone, indem er dessen Hand ergiff und unter Einsatz von Körperkraft zur Seite drehte;

c./ Letschi M***** im Mai 2010 den Maximilian S***** Marihuana und Bargeld, in dem er ihn festhielt und unter Einsatz von Körperkraft in dessen Hosentasche griff;

B./ anderen Personen mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Genötigten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Erpressungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, wobei die Erpressungen gegen die selbe Person jeweils eine längere Zeit hindurch fortgesetzt wurden, mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung zu Handlungen

I./ genötigt, die diese am Vermögen schädigten, und zwar

4./ Letschi M***** mit unbekannt gebliebenen Personen im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter von etwa Anfang 2010 bis Juni 2010 den Alen Ra***** in mehrfachen Angriffen zur Übergabe von Bargeldbeträgen in der Höhe von jeweils 10 bis 20 Euro, indem sie ihm Schläge androhten;

5./ Ali C*****, Ibragim Z***** und der gesondert verfolgte Alishan G***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter im Zeitraum vom 8. Mai 2010 bis 22. Mai 2010 den Andreas Do***** in mehrfachen Angriffen zur Übergabe von Bargeldbeträgen von etwa gesamt 150 Euro, sowie in drei Angriffen zur Übergabe von jeweils etwa 2 Gramm Marihuana, indem sie ihm Schläge androhten bzw Alishan G***** drohte, sie würden ihm sonst mit einem Messer die Haut abziehen;

II./ genötigt bzw zu nötigen versucht, wodurch diese am Vermögen geschädigt werden sollten, und zwar

2./ Letschi M***** am 15. Mai 2010 den Alen Ra***** zur Übergabe seines Autos und von Bargeld, indem er ihm unter Ansetzen einer Waffenattrappe an den Bauch Schläge androhte;

C./ Nachgenannte mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung zu Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen

I./ genötigt, und zwar

1./ durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Körperverletzung

b./ Ibragim Z***** am 7. September 2010 den Alen Ra***** zur Zurückziehung der Anzeige gegen seine Freunde, indem er ihn am Hals packte und äußerte, er werde ihn sonst umbringen;

2./ Ibragim Z***** Mitte Mai 2010 den Andreas Do***** zum Mitkommen in die Wohnung des Abubakar D*****, indem er sinngemäß äußerte, er solle mitkommen, sonst würde er ihm „den Arsch aufreißen“ und ihn gleich hier zusammenschlagen;

4./ Ali C***** Mitte November 2008 den Stefan Te***** unmittelbar vor der zu A./I./1./a./ beschriebenen strafbaren Handlung zum Mitkommen auf das WC, indem er äußerte, er würde ihn sonst zusammenschlagen;

II./ zu nötigen versucht, und zwar

2./ Ibragim Z***** und der gesondert verfolgte Alishan G***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter am 15. November 2009 den Gunnar He***** zur Unterlassung einer Aussage vor der Polizei wegen des Vorfalls vom 14. November 2009 sowie zur Vernichtung der Videoaufzeichnung des Vorfalls, indem sie äußerten, er werde auch einmal alleine sein und sie würden ihn dann treffen;

3./ Ibragim Z***** am 22. Mai 2010 den Andreas Do***** zum Mitkommen, indem er sinngemäß äußerte, er würde ihn sonst gleich hier zusammenschlagen;

D./II./ Ali C***** am 22. Mai 2010 den Andreas Do***** gefährlich mit dem Tod bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er nach der unter Punkt F./II./ angeführten strafbaren Handlung zu Kevin Do***** sagte, er werde Andreas Do***** auch so erwischen und ihn umbringen;

E./ Nachgenannte vorsätzlich schwer am Körper verletzt und zwar

III./ Ibragim Z***** am 21. Mai 2010 den Daniel Ma*****, indem er ihm einen wuchtigen Faustschlag in das Gesicht versetzte, wodurch der Genannte eine an sich schwere Verletzung, und zwar einen Bruch des linken Oberkiefers und eine Gehirnerschütterung erlitt;

F./ andere Personen gefangen gehalten oder diesen auf andere Weise die persönliche Freiheit entzogen, und zwar

I./ Ali C***** und der gesondert Verfolgte Alishan G***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter in mehreren Angriffen im Zeitraum zwischen Anfang 2007 und April 2010 den Lukas K*****, indem sie diesen oft über mehrere Stunden in der Wohnung des Abubakar D***** gefangen hielten;

II./ Ali C*****, Abubakar D*****, Ibragim Z***** und der gesondert verfolgte Alishan G***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter am 22. Mai 2010 dem Kevin Do*****, indem sie ihn permanent umzingelten, sodass er nicht flüchten konnte (US 30) und durch diese „konkludente Drohung mit Gewalt“ dazu zwangen, in ihrer unmittelbaren Nähe zu bleiben, bis sein Bruder Andreas Do***** erscheinen würde;

G./ Letschi M***** und der gesondert verfolgte Alishan G***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter am 14. Mai 2010 ein Fahrzeug, das zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet ist, und zwar den VW Polo mit dem amtlichen Kennzeichen ***** des Alen Ra***** ohne dessen Einwilligung in Gebrauch genommen, wobei sie die Tat mittels eines widerrechtlich erlangten Schlüssels, sohin durch eine der in den §§ 129 bis 131 StGB geschilderten Handlungen, begingen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Haris A*****, Abubakar D*****, Ibragim Z***** und Letschi M*****. Diese verfehlen ihr Ziel.

Zur gegen den Schuldspruch A./II./2./ gerichteten und auf die Gründe der Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Haris A*****:

Aktenwidrig (Z 5 fünfter Fall) ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder einer Urkunde in seinem wesentlichen Teil unrichtig oder unvollständig wiedergibt. Die Behauptung eines Widerspruchs zwischen getroffenen Feststellungen und den Angaben eines Zeugen ohne Bezugnahme auf ein Fehlzitat begründet den Vorwurf nicht (RIS-Justiz RS0099492).

Soweit die Mängelrüge mit dem Vorbringen eines anderen Motivs die aus dem Festhalten des Alexander H***** gezogenen Schlussfolgerungen der Tatrichter bekämpft, zeigt sie keine Aktenwidrigkeit auf.

Das Erstgericht leitete die Mittäterschaft des Beschwerdeführers aus einer vernetzten Betrachtung der Angaben des Zeugen H***** ab. Dem Vorwurf der Unvollständigkeit zuwider (Z 5 zweiter Fall) blieb die Aussage des Ali C*****, wonach eine Person, der er einen Faustschlag versetzen wolle, nicht festgehalten werden müsse (US 41), nicht unberücksichtigt, vielmehr wurde dem Rechtsmittelwerber selbst gar keine Gewaltanwendung unterstellt (US 42).

Das Tatmotiv betrifft keine entscheidende Tatsache und kann demnach auch kein Gegenstand einer Mängelrüge sein.

Die Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).

Mit bloßer Bezugnahme auf die leugnende Verantwortung des Nichtigkeitswerbers und mit Kritik an der Überzeugung des erkennenden Gerichts von der Glaubwürdigkeit des Zeugen H***** werden keine erheblichen Bedenken geweckt.

Mit der Berufung auf den Zweifelsgrundsatz („in dubio pro reo“) wird in unzulässiger Weise die dem Schöffensenat vorbehaltene Beweiswürdigung bekämpft (RIS-Justiz RS0102162).

Zur auf die Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Abubakar D*****:

Bekämpft wird der Schuldspruch A./II./3./b./, mit der Tatsachenrüge überdies der Schuldspruch F./II./.

Entgegen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) blieben die Angaben des Zeugen Christian T***** nicht unerörtert (US 43 f).

Die Tatrichter legten auch dar, weshalb sie aufgrund der Angaben des Zeugen vor der Polizei, wonach ihm der Beschwerdeführer das „Handy“ entreißen wollte, zur Annahme der subjektiven Tatseite gelangten (US 44).

Soweit die Rüge (der Sache nach Z 9 lit a) - ohne Ableitung aus dem Gesetz - weitere Feststellungen zur subjektiven Tatseite vermisst, verfehlt sie die Orientierung an der Verfahrensordnung (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 584).

Der zur Überzeugung des Schöffengerichts von der Glaubwürdigkeit eines Zeugen aufgrund des von diesem in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch psychologische Vorgang als solcher ist der Anfechtung mit Tatsachen- und Mängelrüge entzogen (RIS-Justiz RS0106588).

Indem die Tatsachenrüge den Beweiswerterwägungen des Erstgerichts (US 44) eigene Überlegungen zur Glaubwürdigkeit der Angaben des Zeugen Christian T***** in der Hauptverhandlung anstellt, weckt sie keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen. Gleiches gilt, wenn sich der Beschwerdeführer den Schuldspruch F./II./ betreffend auf seine schlechten Deutschkenntnisse beruft, aber die Überlegungen der Tatrichter übergeht, wonach sich die Mittäter, als sie Kevin Do***** festhielten, in ihrer Muttersprache unterhielten (US 54).

Zur auf die Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Ibragim Z*****:

Entgegen der gegen den Schuldspruch A./II./2./ gerichteten Behauptung einer Scheinbegründung der Feststellungen (Z 5 vierter Fall) leiteten die Tatrichter das arbeitsteilige Zusammenwirken der Angeklagten ohne Verstoß gegen Logik oder allgemeine Erfahrungssätze aus den Angaben des Alexander H***** vor der Polizei ab (US 41 f; vgl ON 13 S 87 f).

Der zur Frage der Anzahl der zum Einsatz gelangten Nötigungsmittel (nur Gewalt oder auch durch gefährliche Drohung), demnach ausschließlich mit Bezug auf die Frage der Strafzumessung erhobene Vorwurf der Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) betreffend den Schuldspruch B./I./5./ verfehlt den Bezugspunkt des Nichtigkeitsgrundes (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 398 ff). Im Übrigen trifft der Einwand der Undeutlichkeit nicht zu (US 29 f).

Mit der im Rahmen der Subsumtionsrüge gegen den Schuldspruch C./I./1./b./ vorgebrachten Kritik an der rechtlichen Annahme von Vollendung statt Versuch spricht der Beschwerdeführer keine für die Schuld oder Subsumtion entscheidende, sondern die angeblich unrichtige Beurteilung einer Strafbemessungstatsache an (vgl verst Senat 12 Os 119/06a) und macht damit der Sache nach den Nichtigkeitsgrund der Z 11 zweiter Fall des § 281 Abs 1 StPO geltend. Mit Blick auf den beim Faktenkomplex C./ vom Erstgericht ohnehin als mildernd in Anschlag gebrachten Umstand, dass es zum Teil beim Versuch geblieben ist (US 70), liegt im Ergebnis aber auch keine fehlerhafte Bewertung einer Strafzumessungstatsache vor.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) bestreitet die Eignung der Drohung begründete Besorgnis einzuflößen, indem sie den von den Tatrichtern konstatierten Bedeutungsgehalt der Drohung (US 29) eigenständig gegenteilig interpretiert und verfehlt solcherart die gebotene Ausrichtung an der Verfahrensordnung.

Die von der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zum Schuldspruch F./II./ vermisste Begründung der Feststellungen findet sich auf US 51 f.

Weshalb ein über mehrere Stunden erfolgtes permanentes Umzingeln des Kevin Do***** durch vier Personen, deren Gewaltbereitschaft diesem bekannt war (US 30), dem Tatbestand des § 99 Abs 1 StGB nicht genügen könne, legt die Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar. Sie entzieht sich einer meritorischen Erwiderung, indem sie - ohne einen Feststellungsmangel geltend zu machen - lediglich urteilsfremd behauptet, das Opfer hätte sich durch Rufe befreien können, dabei aber das konstatierte, über etwa vier Stunden erfolgte permanente Umzingeln des Tatopfers ohne Fluchtmöglichkeit (US 30 und US 52 f) übergeht.

Zur auf die Gründe der Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Letschi M*****:

Soweit die Mängelrüge (Z 5) im Zusammenhang mit den das Opfer Alen Ra***** betreffenden Schuldsprüchen gegen den Rechtsmittelwerber dessen Aussage referiert und vorbringt, es wäre nicht nachvollziehbar, weshalb das Erstgericht von Widersprüchen in den Angaben des Zeugen ausgegangen, den Depositionen im Kern aber dennoch gefolgt sei, verkennt sie den von einer Schuldberufung verschiedenen Anfechtungsrahmen.

Mit Berufung auf den Zweifelsgrundsatz „in dubio pro reo“ wird kein Nichtigkeitsgrund angesprochen.

Das auch unter dem Aspekt einer Tatsachenrüge (Z 5a) erstattete Vorbringen ist für sich allein nicht geeignet, aus den Akten jene erheblichen Bedenken darzutun, auf die dieser Nichtigkeitsgrund abstellt (RIS-Justiz RS0099674).

Warum es im Zusammenhang mit einem GTI-Treffen und zum Beginn von Problemen mit dem Beschwerdeführer weiterer Feststellungen bedurft hätte, leitet die Rüge (der Sache nach Z 9 lit a) nicht aus dem Gesetz ab.

Die prozessordnungskonforme Darstellung einer Tatsachenrüge (Z 5a) verlangt, aus dem in der Hauptverhandlung vorgekommenen Beweismaterial (§ 258 Abs 1 StPO) unter konkreter Bezugnahme auf solches an Hand einer Gesamtbetrachtung der tatrichterlichen Beweiswürdigung erhebliche Bedenken gegen die Urteilsfeststellungen zu entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 481, 487). Diesen Kriterien wird die Beschwerde nicht gerecht, indem sie sich darauf beschränkt, den Überlegungen des erkennenden Gerichts eigene Erwägungen, insbesondere zur Glaubwürdigkeit vernommener Zeugen entgegenzusetzen, um solcherart der leugnenden Verantwortung des Angeklagten doch noch zum Durchbruch zu verhelfen.

Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) ohne Bezugnahme auf einen bestimmten Schuldspruch „aus anwaltlicher und verfahrensrechtlicher Vorsicht“ Feststellungen zur subjektiven Tatseite vermisst, legt sie nicht deutlich und bestimmt dar, welche weiteren Feststellungen hinsichtlich welcher Schuldsprüche erforderlich gewesen wären (RIS-Justiz RS0118342) und entzieht sich damit einer meritorischen Erwiderung.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) verfehlt betreffend den Schuldspruch A./II./3./c./ gleichfalls die Anfechtungskriterien, indem sie sich nicht am Urteilssachverhalt orientiert, wonach der Beschwerdeführer Maximilian S***** festhielt und mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatz in die Hosentasche des Genannten griff, um darin befindliches Geld oder Drogen zu entnehmen (US 28), sondern an Passagen der Aussage des Maximilian S*****, wonach Letschi M***** versucht habe ihn zu „filzen“.

Dem im Rahmen der Subsumtionsrüge erhobenen Vorwurf der unzureichenden Begründung (Z 5 vierter Fall) zuwider leiteten die Tatrichter die Anwendung von nicht unerheblicher physischer Kraft zur Überwindung eines möglichen Widerstands ohne Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze aus den Angaben des Zeugen Maximilian S***** in der Hauptverhandlung ab, wonach er mit dem Rücken zur Wand von Letschi M***** festgehalten worden sei und nicht ausweichen konnte, weil zwei weitere Personen daneben gestanden seien (US 45 f).

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen.

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden überzeugte sich der Oberste Gerichtshof hinsichtlich des Angeklagten Ali C*****, der kein Rechtsmittel ergriffen hatte, von gemäß § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO von Amts wegen wahrzunehmenden Rechtsfehlern mangels Feststellungen (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) in Ansehung der Schuldsprüche C./I./4./, D./II./ und F./I./.

Beim Schuldspruch C./I./4./ wegen des Vergehens der Nötigung fehlen jegliche Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 22). Im zweiten Rechtsgang wird bei gleicher Motivationslage mit Blick auf die allfällige erneute Annahme eines Verbrechens im Sinne des Schuldspruchs A./I./1./a./ auch eine allenfalls mit dem Raubgeschehen bestehende Handlungseinheit zu beachten sein (vgl RIS-Justiz RS0093085; RS0122006; Ratz in WK2 Vorbem zu §§ 28-31 Rz 104).

Hinsichtlich D./II./ tragen die Feststellungen zur subjektiven Tatseite den Schuldspruch wegen gefährlicher Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB deshalb nicht, weil der Tatbestand in Bezug auf die Versetzung in Furcht und Unruhe nicht nur das im Urteil konstatierte Wollen (US 31), sondern Absicht iSd § 5 Abs 2 StGB verlangt, wobei im zweiten Rechtsgang auch zu berücksichtigen sein wird, dass der Bedeutungsinhalt des ausschließlich verbal angedrohten Todesübels eine zu klärende Tatfrage darstellt.

In Ansehung des Schuldspruchs F./I./ lässt sich den Feststellungen, wonach Lukas K***** immer wieder über längere Zeit in der Wohnung verweilen musste und die Wohnung nicht verlassen durfte (US 21 f), nicht entnehmen, durch welche konkreten Tathandlungen er von Ali C***** gefangen gehalten, also daran gehindert wurde, die Wohnung zu verlassen.

Da diese Fehler die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung unvermeidlich machen, waren daher das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, in den den Angeklagten Ali C***** betreffenden Schuldsprüchen C./1./4./, D./II./ und F./I./, demgemäß auch in dessen Strafausspruch einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung ebenso wie der ihn betreffende Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 2 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung aufzuheben (§ 285e StPO) und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.

Im zweiten Rechtsgang wird im Hinblick auf eine neuerliche Beschlussfassung nach § 494a StPO das Verbot der reformatio in peius zu beachten sein (13 Os 140/09a).

Die Staatsanwaltschaft war mit ihrer Ali C***** betreffenden Berufung auf die Aufhebung des Strafausspruchs zu verweisen.

Die Kompetenz zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten Haris A*****, Abubakar D*****, Ibragim Z*****, Letschi M***** sowie der Staatsanwaltschaft in Ansehung des Artur R***** und der oben genannten Angeklagten sowie über die (teils gemäß § 498 Abs 3 dritter Satz StPO impliziten) Beschwerden des Haris A*****, Abubakar D*****, Ibragim Z*****, Letschi M***** kommt dem Oberlandesgericht Graz zu (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter SatzStPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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