OGH 7Ob57/11z

OGH7Ob57/11z31.8.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** reg GenmbH, *****, vertreten durch Dr. Leopold Boyer, Rechtsanwalt in Zistersdorf, gegen die beklagte Partei J***** P*****, vertreten durch Dr. Katharina Sedlazeck-Gschaider, Rechtsanwältin in Salzburg, wegen 6.411 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 15. Dezember 2010, GZ 22 R 307/10v-12, womit das Urteil des Bezirksgerichts Mondsee vom 16. Juli 2010, GZ 3 C 57/10v-8, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 559,15 EUR (darin enthalten 93,19 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Das Berufungsgericht erklärte in Abänderung seines Ausspruchs im Urteil die ordentliche Revision für zulässig. Es fehle oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob es genüge, dass der scheinbar Überweisende ausschließlich dem Überweisungsempfänger gegenüber tätig werde und bei diesem den Anschein einer gültigen Anweisung erwecke, ohne dass er im Zusammenhang mit der konkreten Überweisung auch unmittelbar gegenüber der Bank ein Verhalten gesetzt habe, das als Überweisungsauftrag angesehen werden könnte.

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig. Die Entscheidung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Der an eine Bank erteilte Überweisungsauftrag gilt als Sonderfall der bürgerlich rechtlichen Anweisung (RIS-Justiz RS0109095, RS0019656 [T2 und T3]). Er ist kein Auftrag im technischen Sinn, sondern eine einseitige, nicht zustimmungsbedürftige Weisung des Kunden an die Bank (RIS-Justiz RS0017140). Die im Girovertrag vereinbarte grundsätzliche Verpflichtung der Bank, den bargeldlosen Zahlungsverkehr abzuwickeln, wird durch den Überweisungsauftrag des Kunden konkretisiert (RIS-Justiz RS0032931). Der Überweisungsempfänger erwirbt aufgrund eines derartigen Überweisungsauftrags noch keinen unmittelbaren Rechtsanspruch gegen die Bank (RIS-Justiz RS0017140). Ein solcher Anspruch entsteht erst mit der Gutschrift auf dem Konto des Überweisungsempfängers, die ein abstraktes Schuldversprechen der Bank begründet und nach herrschender Auffassung als zugangsbedürftige Annahme der Anweisung zu verstehen ist. Sie ist jedenfalls ab dem Zeitpunkt unwiderruflich, in dem nach dem Willen der Bank die Daten der Gutschrift zur vorbehaltslosen Bekanntgabe an den Überweisungsempfänger zur Verfügung gestellt werden (2 Ob 107/08m, 6 Ob 8/07f je mwN; RIS-Justiz RS0033004). Die Bank hat sich bei der Durchführung eines Überweisungsauftrags grundsätzlich strikt an die Weisungen des Auftraggebers im Überweisungsauftrag zu halten. Es herrscht das Prinzip der formellen Auftragsstrenge. Maßgeblich ist der objektive Erklärungswert des Überweisungsauftrags, ausnahmsweise ist allerdings nicht dieser, sondern der innere Wille des Auftraggebers maßgebend, sofern eine Falschbezeichnung vorliegt und die Bank trotz dieser den Auftrag richtig verstanden hat (7 Ob 122/02w mwN).

Im vorliegenden Fall steht - für den Obersten Gerichtshof bindend - fest, dass der Überweisende an die Beklagte eine Email schickte, in der er sie ermächtigte und beauftragte, eine Abbuchung von seinem Konto und eine Gutbuchung auf ihrem Konto (jeweils bei der Klägerin) vornehmen zu lassen, und dass die erfolgte Überweisung von seinem Willen getragen war. Unter Verwendung dieser Vollmacht veranlasste die Beklagte bei der Klägerin die Überweisung des Klagsbetrags, die die Klägerin durchführte. Mag auch der Überweisungsauftrag nicht den üblichen Formerfordernissen bei Bankgeschäften entsprechen, so entsprach die von der Klägerin dennoch durchgeführte Überweisung dem Willen des Überweisenden. Die Klägerin nahm den Überweisungsauftrag an und führte ihn durch. Der Überweisende und die Bank vereinbarten jedenfalls konkludent, von den allfälligen Formvorschriften im konkreten Geschäftsfall abzusehen. Die Zahlung wurde, worüber nach den Feststellungen beim Überweisenden, beim Bankangestellten und bei der beklagten Überweisungsempfängerin Einigkeit bestand, in Erfüllung einer Schuld des Überweisenden gegenüber der Beklagten geleistet und damit die Schuld des Überweisenden getilgt. Die Beklagte ist daher nicht ungerechtfertigt bereichert. Wenn sich nun der Überweisende, dem die Kontoauszüge zukamen und der damit über den Vollzug der von ihm gewollten Überweisung informiert war, rund ein Jahr später plötzlich darauf beruft, er habe keinen Überweisungsauftrag unterschrieben, und die Klägerin dies zum Anlass nimmt, ihm den Klagsbetrag gutzuschreiben, so führt dies nicht dazu, dass die Beklagte den Betrag aus dem Titel der Bereicherung der Klägerin ersetzen muss. Dies hat das Berufungsgericht im Ergebnis richtig erkannt.

Die von den Vorinstanzen und der Revision erörterten Rechtsfragen im Zusammenhang mit einer Überweisung ohne zugrunde liegenden Überweisungsauftrag stellen sich daher nicht. Es stehen keine erheblichen Rechtsfragen zur Entscheidung an.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Die Beklagte verwies auf die Unzulässigkeit der Revision.

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