OGH 8Nc38/11x

OGH8Nc38/11x17.8.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras und die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei G***** K*****, vertreten durch Schiffner & Diebald, Rechtsanwälte in Köflach, gegen die beklagte Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch Pfurtscheller Orgler Huber, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 3.671,70 EUR sA, über den Delegierungsantrag der beklagten Partei in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag der beklagten Partei, an Stelle des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht das Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache AZ 54 Cga 13/11h zu bestimmen, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Der in der Steiermark wohnhafte Kläger begehrt in seiner Klage die Zahlung restlicher Entgeltansprüche aus einem beendeten Dienstverhältnis zur Beklagten, die ihren Sitz in Tirol hat.

Nach Durchführung der vorbereitenden Tagsatzung und umfangreichem Schriftsatzwechsel beantragte die Beklagte die Delegierung des Verfahrens gemäß § 31 JN an das Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht. Alle vier bisher im Verfahren namhaft gemachten Zeugen hätten ihren Wohnsitz im Sprengel dieses Gerichts; es sei auch wahrscheinlich, dass der Kläger selbst in der Wintersaison wieder im Westen Österreichs arbeiten werde. Die Delegierung werde daher zu einer Verkürzung und Verbilligung des Prozesses führen.

Der Kläger sprach sich unter Verweis auf § 4 Abs 1 Z 1 lit a ASGG gegen die beantragte Delegierung aus. Er sei aufrecht im Sprengel des angerufenen Gerichts beschäftigt, sodass seine Rechtsdurchsetzung im Fall einer Übertragung der Rechtssache an ein weit entfernt gelegenes Gericht erheblich erschwert würde. Die Zeugen könnten auch im Rechtshilfeweg oder per Videokonferenz einvernommen werden.

Das Erstgericht befürwortete die Delegierung, weil sämtliche Zeugen ihre ladungsfähige Adresse im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck hätten.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist nicht gerechtfertigt.

Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung darf nur den Ausnahmefall darstellen und soll nicht zu einer Durchbrechung der an sich maßgeblichen gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen. Insbesondere dann, wenn der Kläger den auf seine Interessen Bedacht nehmenden Gerichtsstand nach § 4 Abs 1 Z 1 lit a ASGG in Anspruch genommen hat, ist bei der Beurteilung der Zweckmäßigkeit einer von der beklagten Partei beantragten Delegierung zur Vermeidung der Aushöhlung dieser Schutzbestimmung ein besonders strenger Maßstab anzulegen (RIS-Justiz RS0046357; 9 Nc 23/08v; 9 Nc 25/07m).

Gegen den Willen der anderen Partei kann die Delegierung daher nur dann ausgesprochen werden, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zu Gunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS-Justiz RS0046589 ua).

Davon ist aber hier nicht auszugehen. Die beantragte Delegierung läge vielmehr nur im Interesse einer, nämlich der beklagten Partei.

Die Vermutung, der Kläger werde in der kommenden Wintersaison wieder im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck arbeiten, ist durch nichts bescheinigt und schon aus diesem Grund unbeachtlich. Zutreffend verweist die Klagsseite auch darauf, dass die Beklagte bereits eine unmittelbare Beweisaufnahme gemäß § 277 ZPO beantragt hat. Technische oder sonstige besondere Gründe, die einer Vernehmung der Zeugen per Videokonferenz entgegenstehen würden, sind aus dem Akt nicht ersichtlich. Unter diesen Umständen ist aber auch nicht zu erwarten, dass die beantragte Delegierung zu einer wesentlichen Verkürzung und/oder Verbilligung des Verfahrens führen würde.

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