OGH 12Os94/11g

OGH12Os94/11g9.8.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. August 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Böhm als Schriftführer in der Strafsache gegen Lukas B***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Dominik S***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Jugendschöffengericht vom 24. März 2011, GZ 14 Hv 21/11p-63, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten Dominik S***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Dominik S***** wurde mit dem auch Schuldsprüche anderer Angeklagter und einen Freispruch enthaltenden angefochtenen Urteil des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 12 dritter Fall, 15 Abs 1, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 3. November 2010 in Gratkorn zur Ausführung der strafbaren Handlung des Lukas B*****, der Franz M***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe eine fremde bewegliche Sache, nämlich Bargeld, mit dem Vorsatz abzunötigen versuchte, sich und Dritte durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er Franz M***** drohend ein Messer gegen den Körper hielt und mehrmals mit den Worten „Give the money or I kill you!“ die Übergabe von Bargeld forderte, wobei es nicht zur Tatvollendung kam, weil das Opfer einen Alarm auslöste, worauf der Täter die Flucht ergriff, beigetragen, indem er unmittelbar vor der Tatbegehung die Tatörtlichkeit (das Innere der Tankstelle) auskundschaftete, insbesondere erkundete, ob sich an der Tatörtlichkeit neben Franz M***** noch weitere, die Tatausführung allenfalls störende dritte Personen aufhalten, und Lukas B***** hievon in Kenntnis setzte.

Die dagegen vom Angeklagten aus den Gründen der Z 5, 5a, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Rechtliche Beurteilung

Die Mängelrüge (Z 5) spricht mit dem Verweis auf den Zweifelsgrundsatz (§ 14 StPO) keinen der von der Z 5 bezeichneten Fehler an (RIS-Justiz RS0117445, RS0117561, RS0102162).

Auf die Behauptung, dass aus den vorliegenden Umständen auch andere Schlüsse gezogen werden könnten und dass die des Urteils nicht zwingend sind, kann eine Rüge nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO ebenso wenig gestützt werden (RIS-Justiz RS0099455, RS0099438). Daher versagen die vorgebrachten Spekulationen des Beschwerdeführers über das Aussageverhalten des Mitangeklagten Lukas B***** und die zugrunde liegende Motivation (vgl US 7 Mitte, 9 unten).

Mit dessen Angaben und jenen des Zeugen Thomas G***** haben sich die Tatrichter gar wohl befasst (US 6 ff; Z 5 zweiter Fall). Inwiefern der Beschwerdeführer eine „ordnungsgemäße“ Auseinandersetzung des Erstgerichts mit der Aussage des Letztgenannten vermisst, legt er nicht deutlich und bestimmt dar (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO).

Nach Art und Zielrichtung stellt sich das aus Z 5 erstattete Vorbringen als eine im Verfahren zur Anfechtung von kollegialgerichtlichen Urteilen in der Prozessordnung nicht vorgesehene Schuldberufung dar.

Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).

Mit den Hinweisen auf die Aussagen der beiden Mitangeklagten und auf jene des Zeugen G***** vermag der Beschwerdeführer keine erheblichen Bedenken im Sinn des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes zu wecken.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) geht entgegen der Prozessordnung nicht vom festgestellten Sachverhalt, sondern von dessen Bestreitung aus (RIS-Justiz RS0099810).

Die Sanktionsrüge (Z 11) zeigt weder einen Rechtsfehler bei der Beurteilung des Tatgeschehens als bloß versuchter Raub (US 2) noch in anderer Hinsicht auf, dass für die Strafbemessung maßgebende entscheidende Tatsachen offenbar unrichtig beurteilt worden wären. Der Hinweis auf vom Erstgericht bei Bemessung der Strafe nicht in Anschlag gebrachte oder nach Ansicht des Beschwerdeführers zu gering gewichtete Umstände stellt ein Berufungsvorbringen dar (RIS-Justiz RS0116960, RS0099920).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten Dominik S***** beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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