OGH 6Ob33/11p

OGH6Ob33/11p18.7.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** AG, *****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei C***** AG, *****, vertreten durch Dr. Kurt Berger und andere Rechtsanwälte in Wien, und deren Nebenintervenienten 1. Dr. S***** W*****, 2. J***** T*****, beide vertreten durch Sunder-Plaßmann Loibner & Partner Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 899.378,74 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 20. Oktober 2010, GZ 2 R 138/09t-40, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 16. März 2010, GZ 31 Cg 69/07t-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 3.568,14 EUR (darin 594,69 EUR Umsatzsteuer) und den Nebenintervenienten die mit 3.924,74 EUR (darin 654,12 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Hauptversammlungsbeschluss der beklagten Aktiengesellschaft vom 8. 1. 2004 wurde ihr Vorstand, der sich aus den beiden Nebenintervenienten zusammensetzte, für die Dauer von 18 Monaten zum Erwerb eigener Aktien der Gesellschaft bis maximal 10% des Grundkapitals ermächtigt.

Am 8. 3. 2005 schloss die Beklagte (vormals S***** AG) mit der F***** GmbH (kurz: F*****) einen Kaufvertrag über 118.100 Stück Nennbetragsaktien der Beklagten zu je 7,28 EUR. Dieser Aktienkauf wurde noch am selben Tag durchgeführt.

Ebenfalls am 8. 3. 2005 schloss die F***** mit der klagenden Bank eine Vereinbarung, in welcher der F***** eine Put-Option hinsichtlich 118.100 Stück Nennbetragsaktien der Beklagten eingeräumt wurde (Put-Option 1). In dieser verpflichtete sich die Klägerin, von der F***** 118.100 Stück Aktien der Beklagten zu je 7,54 EUR zu kaufen, sofern diese ihre Put-Option im Zeitraum vom 10. bis 18. 4. 2006 ausüben sollte.

Schließlich schloss die Beklagte am selben Tag eine Vereinbarung mit der Klägerin, in welcher sich die Beklagte dazu verpflichtete, von der Klägerin 118.100 Stück eigener Nennbetragsaktien zu je 7,54 EUR, also um insgesamt 890.474 EUR zu kaufen, sofern die Klägerin von diesem Recht im Zeitraum von 10. bis 28. 4. 2006 Gebrauch machen sollte (Put-Option 2).

Bei Vertragsabschluss erbrachte die Beklagte bei der Klägerin eine Sicherheitsleistung von 445.237 EUR und zahlte an diese zusätzlich eine Transaktionsgebühr von 12.000 EUR.

Für die Beklagte lag der Zweck des Abschlusses des zwischen ihr und der F***** abgeschlossenen Kaufvertrags in der Umplatzierung der Aktien von der vormaligen Eigentümerin, der C***** Bank, auf einen anderen Großinvestor. Bei einem Paketverkauf der eigenen Aktien über die Börse wäre es allerdings zu erheblichen Kursverlusten gekommen.

In den Mitte 2004 aufgenommenen Vertragsgesprächen zwischen der Beklagten und der F***** forderten deren Geschäftsführer als Bedingung für den Abschluss des Aktienkaufvertrags durch die F***** die Übernahme einer Garantie durch eine Bank für eine allfällige negative Kursentwicklung der Aktien. Zu diesem Zweck bot die Beklagte den Abschluss eines Aktienkaufvertrags und den gleichzeitigen Abschluss eines Vertrags in Form der Put-Option 1 an. Die F***** wurde von der Beklagten nicht von deren Zielsetzung, nämlich der Umschichtung der Aktien von einem Großinvestor auf einen anderen informiert, wichtigstes Ziel für die F***** war aber das Fernhalten eines Kursverlustrisikos.

Die Beklagte informierte daraufhin die Klägerin vom beabsichtigten Aktienkaufvertrag zwischen ihr und der F***** sowie der Put-Option 1; als Ziel und Motivation für den Abschluss der Verträge wurden dabei von der Beklagten die Sammlung von Eigenkapital und die dadurch bessere Finanzierung von großen Immobilien angegeben. Die Beklagte habe in der F***** einen Kunden, der bereit sei, Aktien der Beklagten zu kaufen, jedoch das Kursrisiko durch eine Put-Option abgesichert haben wolle, wobei das Kursrisiko nicht die Beklagte, sondern eine Bank übernehmen solle.

Da die Klägerin lediglich das Bonitätsrisiko übernehmen wollte, machte sie ihrerseits den Abschluss der Put-Option 2 zur Bedingung für die Put-Option 1; außerdem verlangte sie von der Beklagten eine Sicherheit in Form des erwähnten Bardepots. Vom Abschluss der Put-Option 2 wurde die F***** nicht in Kenntnis gesetzt.

Die F***** machte innerhalb des vereinbarten Zeitraums Gebrauch von ihrer Put-Option 1 und veräußerte 118.100 Stück Nennbetragsaktien der Beklagten an die Klägerin. In weiterer Folge wollte auch die Klägerin von ihrer Put-Option 2 Gebrauch machen und verfasste am 25. 4. 2006 ein diesbezügliches Schreiben an die Beklagte. Tatsächlich kam es aber zu keinem Erwerb der Aktien durch die Beklagte. Zu diesem Zeitpunkt lag der Kurs der Aktien der Beklagten bei 4,8 EUR pro Stück, der letzte Börsenkurs betrug 1,1 EUR.

Sowohl zum Zeitpunkt des Abschlusses der drei Verträge am 8. 3. 2005 als auch bis zum 25. 4. 2010 bestand bei der Beklagten durchgehend nicht die Möglichkeit der gemäß § 65 Abs 2 AktG iVm § 225 Abs 5 HGB erforderlichen Rücklagenbildung für den Erwerb eigener Aktien. Davon wurde die F***** bei Abschluss der Verträge vom 8. 3. 2005 nicht informiert; sie erkundigte sich auch nicht danach. Die Klägerin erfuhr von diesem Umstand erstmals am 18. 4. 2006; es steht aber nicht fest, dass die Klägerin in Kenntnis dieses Umstands die Put-Optionen 1 und 2 nicht abgeschlossen hätte. Im Jahr 2006 befand sich die Beklagte sodann in massiven wirtschaftlichen Schwierigkeiten.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten - Zug um Zug gegen Rückgabe der Aktien - 899.378,74 EUR, in eventu den Abschluss einer Vereinbarung, in welcher sich die Beklagte zur Namhaftmachung eines geeigneten Käufers für die gegenständlichen Aktien oder zur Leistung eines Barausgleichs verpflichtet. Beim Klagsbetrag handle es sich um den Kaufpreis für 118.100 Stück Nennbetragsaktien zuzüglich der Nebenkosten. Mit Ausübung der Put-Option 2 durch das Schreiben vom 25. 4. 2006 sei zwischen der Klägerin und der Beklagten ein Kaufvertrag über 118.100 Stück Nennbetragsaktien um je 7,54 EUR zustande gekommen. Zweck der Vereinbarung sei es gewesen, der Beklagten die kostengünstige Aufnahme von Fremdmitteln zu ermöglichen. Die Beklagte habe durch die vereinbarte Kursgarantie das Verlustrisiko der Klägerin übernommen. Die drei Verträge vom 8. 3. 2005 bildeten eine wirtschaftliche Einheit; sie seien als ein Kauf mit Rücktrittsrecht und besicherter Rückzahlung zu sehen, der aktienrechtlich jedenfalls wirksam sei. Verstoße der Rückkauf als solcher jedoch gegen das Verbot des Erwerbs eigener Aktien nach § 65 AktG, habe die Beklagte aus dem Titel des Schadenersatzes zu leisten; die Beklagte habe die Klägerin nicht darüber aufgeklärt, dass sie nicht in der Lage sei, die vom Gesetz für die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien notwendigen Rücklagen zu bilden. Schließlich habe sich die Beklagte für den Fall der Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen oder der mangelhaften Durchführung des Kaufvertrags mit der Klägerin verpflichtet, eine Vereinbarung abzuschließen, die dem wirtschaftlichen Zweck der Put-Option 2 entspreche; die Beklagte sei daher in eventu gehalten, eine Vereinbarung mit einer Verpflichtung dahin abzuschließen, dass sie entweder einen Käufer namhaft macht, der zur Zahlung des garantierten Mindestpreises für die Aktien bereit ist, oder dass sie selbst den Barausgleich zwischen diesem Mindestwert und dem aktuellen Wert der Aktien gewährleistet.

Die Beklagte wendet demgegenüber ein, die Put-Option 2 sei wegen Verstößen gegen das Verbot des Erwerbs eigener Aktien nach § 65 AktG und wegen des Verbots der Einlagenrückgewähr nichtig; außerdem verstoße sie gegen das Gleichbehandlungsgebot des § 47a AktG, weil sie weder betrieblich gerechtfertigt gewesen noch eine angemessene Gegenleistung vereinbart worden sei. Die Gewährung von Schadenersatz widerspräche dem Normzweck der §§ 52 und 65 AktG. Im Übrigen habe die Beklagte bei Abschluss der Vereinbarung nicht gewusst, dass sie die notwendigen Rücklagen nicht bilden werden könne, weshalb ihr eine mangelnde Aufklärung nicht vorzuwerfen sei.

Die Nebenintervenienten wenden ergänzend ein, es sei zum Zeitpunkt des Abschlusses des Optionsvertrags durchwegs realistisch gewesen, dass die Beklagte die gesetzlich geforderten Rücklagen für den Erwerb eigener Aktien bilden könne.

Die Vorinstanzen wiesen sowohl Haupt- als auch Eventualbegehren ab. Das Berufungsgericht sprach außerdem aus, dass die Revision zulässig ist; es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob der Grundsatz der Gleichbehandlung nach § 47a AktG auch auf Put-Optionsvereinbarungen anzuwenden ist, die mit Dritten im Hinblick auf deren spätere Aktionärsstellung abgeschlossen werden, zur Frage, ob eine gesonderte Beschlussfassung der Hauptversammlung zur Legitimierung einer anderen Bezugsart nach § 65 Abs 1b AktG erforderlich ist, und zur Frage der Beweislast beim Themenkreis „Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien von bestimmten Aktionären bei sachlich gerechtfertigter Differenzierung zwischen den Aktionären“.

In der Sache selbst vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, auch wenn die drei Verträge vom 8. 3. 2005 aus der Perspektive der Beklagten einen einheitlichen wirtschaftlichen Zweck gehabt hätten, bestehe keine rechtliche Verknüpfung der Verträge. Es sei daher ausschließlich zu prüfen, ob die Put-Option 2 zwingenden aktienrechtlichen Vorschriften widerspreche. Dabei falle auch eine Put-Optionsvereinbarung in den Schutzbereich des § 65 AktG, wobei hier die Ausgabe von Put-Optionen auf eigene Aktien durch die Beklagte vor dem Hintergrund des § 65 Abs 1 Z 8 AktG zu prüfen sei. Außerdem sei der Gleichbehandlungsgrundsatz des § 47a AktG zu berücksichtigen, auch wenn die Klägerin vor Abschluss der Put-Option 2 nicht Aktionärin der Beklagten gewesen sei, sei die Option doch gerade im Hinblick auf die mögliche spätere Aktionärsstellung geschlossen worden. Zwar habe ein Hauptversammlungsbeschluss der Beklagten zum Ankauf eigener Aktien berechtigt, doch habe die Klägerin nicht einmal behauptet, warum es der Beklagten zum Zeitpunkt des Abschlusses der Put-Option 2 nicht (auf anderem Weg) möglich gewesen wäre, Kurseinbrüche durch gelindere Mittel zu verhindern. Damit sei der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt worden. Da die Beklagte nicht in der Lage gewesen sei, die gemäß § 225 Abs 2 UGB vorgeschriebene Rücklage für den Erwerb eigener Aktien zu bilden, sei die Put-Option auch gemäß § 65 Abs 4 AktG rechtsunwirksam gewesen. Damit sei auf Fragen der Einlagenrückgewähr nicht mehr weiter einzugehen. Infolge der Nichtigkeit der Put-Option 2 fielen auch deren Nebenabreden weg, sodass der Abschluss einer Vereinbarung mit anderem Inhalt von der Klägerin nicht durchgesetzt werden könne. Schließlich stehe der Klägerin auch kein Schadenersatz wegen der Verletzung von vorvertraglichen Aufklärungspflichten zu, würde dies doch eine Umgehung des § 65 AktG bedeuten; im Übrigen träfe beide Streitteile im Wesentlichen gleiches Verschulden, sodass gemäß § 878 Satz 3 ABGB Culpakompensation anzunehmen wäre.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

1. Nach § 52 AktG dürfen den Aktionären einer Aktiengesellschaft die Einlagen nicht zurückgewährt werden. Als Rückgewähr von Einlagen gilt nicht die Zahlung des Erwerbspreises beim zulässigen Erwerb eigener Aktien (§§ 65, 66 AktG). Der Erwerb eigener Aktien steht aber in einem Spannungsverhältnis zum Grundsatz der Vermögensbindung. Wirtschaftlich gesehen stellt der Erwerb eigener Aktien nämlich einen Fall der Einlagenrückgewähr dar (Artmann in Jabornegg/Strasser, AktG4 [2006] § 52 Rz 77 mit weiteren Nachweisen aus der deutschen Literatur) und ist daher grundsätzlich verboten (Karollus in Jabornegg/Strasser, AktG4 [2006] § 65 Rz 2). Deshalb gestattet das Aktiengesetz den Erwerb eigener Anteile nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen (Artmann aaO; Karollus aaO); selbst bei Erfüllung dieser Bedingungen und damit zulässigem Erwerb eigener Aktien ist aber eine verbotene Leistung anzunehmen, wenn ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt (Artmann aaO mit zahlreichen weiteren Nachweisen; ebenso Karollus aaO Rz 80), so etwa bei einem Erwerb der eigenen Aktien durch die Aktiengesellschaft zu einem überhöhten Erwerbspreis (Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG [2003] § 65 Rz 154; Artmann aaO; Karollus aaO Rz 80, 82).

2. Die Vorinstanzen haben eine getrennte Beurteilung der drei am 8. 3. 2005 geschlossenen Vereinbarungen vorgenommen, die Klägerin geht in ihrer Revision von einer wirtschaftlichen Einheit der Verträge aus. Die Beklagte habe zunächst das Aktienpaket an die F***** veräußert und habe sich zum Rückerwerb desselben Aktienpakets etwa ein Jahr später verpflichtet. Darauf kommt es letztlich aber nicht an:

2.1. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen veräußerte die Beklagte am 8. 3. 2005 das Aktienpaket zum Preis von 7,28 EUR pro Aktie, aufgrund der Put-Option 2 war sie jedoch verpflichtet, bis längstens 28. 4. 2006 das Paket zum Preis von 7,54 EUR pro Aktie von der Klägerin zu kaufen. Zu diesem Zeitpunkt lag der Kurs der Aktie bei 4,8 EUR pro Stück, wies also einen um rund 1/3 geringeren Kurswert auf. Der von der Klägerin am 25. 4. 2006 aufgrund der Put-Option 2 geforderte Erwerb eigener Aktien durch die Beklagte hätte demnach einen Erwerb zu einem erhöhten Erwerbspreis dargestellt und wäre im Hinblick auf § 52 AktG unwirksam gewesen (vgl dazu ausführlich Artmann in Jabornegg/Strasser, AktG4 [2006] § 52 Rz 11, 12).

Bejaht man daher die von der Klägerin behauptete wirtschaftliche Einheit der drei am 8. 3. 2005 geschlossenen Vereinbarungen, so beinhaltete die Gesamtkonstruktion eine Kursgarantie sowohl zugunsten der F***** (Put-Option 1) als auch zugunsten der Klägerin (Put-Option 2), was nach den Feststellungen der Vorinstanzen so auch Gegenstand der vorvertraglichen Verhandlungen gewesen ist. Diese Absicherung der F***** und der Klägerin - zu Lasten der Beklagten - wäre im April 2006 im Hinblick auf den Kursverfall der Aktie der Beklagten auch tatsächlich schlagend geworden. Die Kursgarantie der Beklagten für die eigenen Aktien wäre somit - selbst bei einer gemeinsamen Betrachtung aller Verträge - nur dann nicht nichtig, wenn die Put-Option 2 den Anforderungen des § 65 AktG entsprochen hätte. Dies gilt erst recht, wenn man die Verträge gesondert beurteilt.

Im Übrigen kann - wie die Klägerin meint - auch nicht von einem Rückerwerb der Aktien nach Veräußerung ausgegangen werden, wurde doch die F***** mit eigenem Optionsrecht zwischengeschaltet.

2.2. Es ist im Revisionsverfahren nicht strittig, dass die Zulässigkeit der Put-Option 2 anhand des § 65 Abs 1 Z 8 AktG in der Fassung BGBl I Nr 42/2001 zu prüfen ist. Nach dieser Bestimmung durfte die Aktiengesellschaft eigene Aktien (unter anderem) nur aufgrund einer höchstens 18 Monate geltenden Ermächtigung der Hauptversammlung erwerben, wenn die Aktien an einem anerkannten, für das Publikum offenen, ordnungsgemäß funktionierenden Wertpapiermarkt in einem Vollmitgliedstaat der OECD zugelassen waren; diese Voraussetzungen lagen hier vor. Nach § 65 Abs 2 Satz 2 AktG war der Erwerb in einem solchen Fall ferner nur zulässig, wenn die Gesellschaft die gemäß § 225 Abs 5 HGB vorgeschriebene Rücklage für eigene Anteile bilden konnte, ohne dass das Nettoaktivvermögen das Grundkapital und eine nach Gesetz oder Satzung gebundene Rücklage unterschritt. Diese Voraussetzung lag jedoch nach den Feststellungen der Vorinstanzen weder im März 2005 noch im April 2006 vor.

Nach § 65 Abs 4 Satz 2 AktG ist ein schuldrechtliches Geschäft über den Erwerb eigener Aktien unter anderem rechtsunwirksam, soweit der Erwerb gegen § 65 Abs 2 AktG verstößt. Das Geschäft ist in einem solchen Fall nichtig (Karollus in Jabornegg/Strasser, AktG4 [2006] § 65 Rz 84), die noch offenen Leistungspflichten aus dem Titelgeschäft können nicht durchgesetzt werden (Kalss in MünchKomm AktG³ [2008] § 71 Rz 366; Karollus aaO Rz 83).

2.3. Die Klägerin hält in ihrer Revision § 65 AktG auf den gegenständlichen Sachverhalt für nicht anwendbar; die Bestimmung sei teleologisch zu reduzieren und auf die Rückabwicklung einer Veräußerung eigener Aktien nicht anzuwenden.

Die Klägerin übersieht damit jedoch, dass nach herrschender Auffassung der Erwerb von Put-Optionen, bei denen die Gesellschaft Stillhalterin ist und daher über den Aktienerwerb nicht mehr die Kontrolle hat, grundsätzlich in den Anwendungsbereich des § 65 AktG fällt (Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG [2003] § 65 Rz 12; Gruber/Aburumieh, Aktienrückkauf unter Einsatz von Call- und Put-Optionen zur Bedienung von Aktienoptionsplänen, ÖBA 2006, 45). Die Ausgabe von Put-Optionen auf eigene Aktien der Gesellschaft ist daher nur zulässig, sofern die Voraussetzungen des § 65 AktG bereits im Zeitpunkt der Ausgabe der Optionen durch die Gesellschaft erfüllt sind (Gruber/Aburumieh aaO), wobei ein Verstoß gegen das Gebot der Einlagenrückgewähr jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn der vereinbarte Kaufpreis über den Börsekurs der Aktie hinausgeht und dieser (höhere) Kaufpreis nicht durch zusätzliche Vorteile für die Gesellschaft gerechtfertigt ist (Saurer in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG [2003] § 52 Rz 20; Gruber/Aburumieh aaO). Worin die Vorteile für die Beklagte gelegen sein sollen, einen um etwa 50 % überhöhten Börsekurs für den Rückerwerb der eigenen Aktien zu bezahlen, ist nicht ersichtlich. Dass die gesamte Vertragskonstruktion jedoch der Erlangung eines lediglich mit etwa 3,57 % verzinsten Kredits gedient hätte, widerspricht den Feststellungen der Vorinstanzen; demnach lag der Zweck der Vertragskonstruktion in der Umplatzierung der Aktien von der vormaligen Eigentümerin auf einen anderen Großinvestor, wobei einerseits Kursverluste an der Börse vermieden und andererseits das Kursrisiko von der F***** und der Klägerin weg auf die Beklagte verschoben werden sollte.

Aber auch für eine teleologische Reduktion des § 65 AktG besteht kein Anlass. Diese Bestimmung fungiert als Verbotsausnahme gegenüber § 52 AktG und ist daher nicht auf typische Gefährdungslagen zu reduzieren (Oechsler in MünchKomm Akt³ [2008] § 71 Rz 67 mit weiteren Nachweisen). Bei der Auslegung kommt es nämlich nicht auf den Einzelnachweis an, dass tatsächlich schützenswerte Interessen eines in den persönlichen Schutzbereich Einbezogenen berührt werden; vielmehr genügt der Eintritt einer abstrakten Gefährdung durch Überschreiten der Erlaubnistatbestände beziehungsweise Nichteinhaltung der Beschränkungen (Oechsler aaO).

2.4. Mangels Einhaltung der Voraussetzungen des § 65 Abs 2 Satz 2 AktG haben die Vorinstanzen somit im Ergebnis zutreffend das Hauptbegehren abgewiesen, soweit es auf eine vertragliche Grundlage - die Put-Option 2 - gestützt wurde.

3. Die Klägerin hat ihr Hauptbegehren ursprünglich auch auf den Titel des Schadenersatzes aufgrund Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten gestützt. Darauf kommt sie in ihrer Revision nicht mehr zurück.

4. Die Vorinstanzen haben auch das Eventualbegehren der Klägerin abgewiesen. Danach sollte die Beklagte zum Abschluss eines Vertrags verpflichtet werden, wonach sie eine Barabfindung in Höhe der Differenz zwischen dem garantierten Aktienpreis (899.378,74 EUR) und jenem Preis, den ein von der Beklagten als Käufer namhaft gemachter Dritter gegen Herausgabe der Aktien bezahlen würde, zu leisten habe.

Dies muss schon allein daran scheitern, dass die Klägerin Aktionärin der Beklagten und damit direkte Verbotsadressatin des § 52 AktG ist (Artmann in Jabornegg/Strasser, AktG4 [2006] § 52 Rz 30). Dass die vom Eventualbegehren erfasste Konstruktion einer Put-Option samt Recht zum Cash Settlement (= Put-Option, die die Gesellschaft bei Ausübung nach ihrer Wahl auch durch Zahlung in Geld erfüllen kann [Barausgleich]; vgl ausführlich Ihrig, Optionen auf eigene Aktien, in FS Ulmer [2003] 829) nicht vom Verbot der Einlagenrückgewähr erfasst wäre, vermag der Oberste Gerichtshof jedoch nicht zu erkennen. Den Aktionären droht im Fall des Cash Settlement wirtschaftlich dieselbe Beeinträchtigung wie im Fall des effektiven Erwerbs eigener Aktien (Paefgen, AG [1999] 67; aA Ihrig aaO, der letztlich auf das Formalargument abstellt, die Gesellschaft sei in diesem Fall nicht gezwungen, die Aktien selbst zu erwerben); im vorliegenden Fall wäre die Beklagte im April 2006 gezwungen gewesen, die Differenz zwischen 7,54 und 4,8 EUR pro Aktie an die Klägerin zu bezahlen und hätte nicht einmal die theoretische Chance gehabt, auf eine Kurssteigerung zu hoffen, wäre sie ja nicht mehr in den Besitz ihrer eigenen Aktien gekommen.

5. Damit war aber der Revision der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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