Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden im Umfang der Teillöschungsabweisungen der Eintragungen C-LNR 6 und 7 jeweils in EZ 1107 GB ***** dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:
„Aufgrund der Freilassungserklärung der E***** AG vom 5. 11. 2010 wird in EZ 1107 GB ***** die Einverleibung der Teillöschung der Pfandrechte zu Gunsten der E***** AG C-LNR 6 und C-LNR 7 ob den Anteilen der Dr. G*****, geb. am ***** (B-LNR 13, 14 und 15) und des F*****, geb. am ***** (B-LNR 11 und 12) bewilligt.
Hievon werden verständigt:
1. Vavrosky, Herbst und Kinsky Rechtsanwälte GmbH, Dr. Karl Lueger-Platz 5, 1010 Wien
2. Mag. U*****
3. Dr. G*****
4. F*****
5. E***** AG, *****.“
Der Vollzug dieses Beschlusses und die Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.
Text
Begründung
Das Erstgericht bewilligte ob den zunächst unter B-LNR 7 ausgewiesenen Anteilen an der Liegenschaft EZ 1107, GB ***** (B-LNR 11 bis 15) die Einverleibung des Eigentumsrechts für die Zweitantragstellerin und den Drittantragsteller. Die restlichen unter dieser B-LNR ausgewiesenen Anteile verblieben bei der Erstantragstellerin. Zugleich wies es den zeitgleich gestellten Antrag auf Einverleibung der Teillöschung der zu C-LNR 6 und 7 zu Gunsten der E***** AG einverleibten Pfandrechte hinsichtlich der von der Zweitantragstellerin und dem Drittantragsteller erworbenen Anteile ab. Dieses Teillöschungsbegehren sei durch die Freilassungserklärung vom 5. 11. 2010 nicht gedeckt, weil darin die Zustimmung der Pfandgläubigerin zur Löschung hinsichtlich von 239/1.391 (Zweitantragstellerin) bzw 138/1.391 (Drittantragsteller) Anteilen erteilt werde, was mit den im Grundbuch nunmehr hinsichtlich der Antragsteller einverleibten „1.403-stel“ Anteile nicht übereinstimme.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Das Grundbuchgericht habe den Antrag auf seine formale Deckung in den Urkunden zu prüfen. Die zugleich mit der Teillöschung beantragte (und bewilligte) Einverleibung des Eigentumsrechts beziehe sich auf gesamt 239/1.403 (Zweitantragstellerin) bzw gesamt 135/1.403 (Drittantragsteller) Anteile ob der Liegenschaft, sodass es an der Übereinstimmung dieser Miteigentumsanteile mit den von der Freilassungserklärung erfassten Anteilen fehle. Daher sei zweifelhaft, ob sich die Zustimmungserklärung der Pfandgläubigerin auf die der Zweitantragstellerin und dem Drittantragsteller zukommenden Anteile beziehe.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Beurteilung der Eintragungsgrundlagen iSd § 94 Abs 1 GBG durch das Rekursgericht korrekturbedürftig ist; er ist im Sinne des Eventualantrags auf Stattgebung auch berechtigt.
Vorauszuschicken ist, dass der Name des in der elektronischen Fertigung (§ 79 GOG) der Ausfertigungen der Rekursentscheidung angeführten Vorsitzenden inzwischen durch Beschluss des Rekursgerichts vom 4. 5. 2011 berichtigt wurde, sodass insoweit auf die daraus Nichtigkeit der Rekursentscheidung ableitenden Argumente des Revisionsrekurses nicht mehr eingegangen werden muss.
Das Grundbuchsgericht darf eine bücherliche Eintragung nach § 94 Abs 1 GBG unter anderem nur dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint (Z 3). Grundsätzlich zutreffend geht das Rekursgericht daher davon aus, dass das Ansuchen nur dann zu einer bücherlichen Eintragung führen kann, wenn der Urkundeninhalt nicht nur in formaler Beziehung unbedenklich erscheint, sondern auch hinsichtlich der materiell-rechtlichen Fragen keine Zweifel aufkommen lässt (RIS-Justiz RS0060878).
Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass es dem Grundbuchsgericht verwehrt ist, eine undeutliche und zu begründeten Zweifeln Anlass gebende Urkunde auszulegen. Durch den Inhalt der Urkunden erweckte und nicht restlos beseitigte Zweifel haben daher zur Abweisung des Grundbuchsgesuchs zu führen (RIS-Justiz RS0060573). Eine ergänzende oder gar vom Wortsinn der vorgelegten Grundbuchsurkunde abweichende Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen ist dem Grundbuchsrichter verwehrt. Das gilt auch für Freilassungserklärungen, sodass die Zustimmungserklärung des Pfandgläubigers die genaue Angabe des davon erfassten Rechts (hier der Teillöschung von Pfandrechten) enthalten muss (RIS-Justiz RS0122019). Es ist dem Grundbuchsgericht aber nicht verwehrt, aus Urkunden unmittelbare logische Schlussfolgerungen zu ziehen (vgl 5 Ob 115/92 = SZ 65/123; 5 Ob 189/03k = NZ 2004, 186 AGS 590 [Hoyer]; 5 Ob 82/08g = NZ 2009, 125 AGS 728 [Hoyer]). Die Eintragung hindernde Zweifel liegen etwa dann nicht vor, wenn die Löschungsurkunde nicht den bücherlichen Eigentümer, sondern den Namen des bücherlichen Vormanns von Miteigentumsanteilen anführt (vgl 5 Ob 85/90 = JBl 1991, 584 = NZ 1991, 181).
Ausgehend von diesen Grundsätzen wenden sich die Revisionsrekurswerber mit Recht gegen die Ansicht der Vorinstanzen, die Freilassungserklärung vom 5. 11. 2010 stelle keine taugliche Grundlage für die beantragte Teillöschung von Pfandrechten dar, weil sie den Gesamtinhalt der Urkunde nicht ausreichend bedacht haben.
Die Pfandgläubigerin legt in ihrer Erklärung dar, dass ua die Zweitantragstellerin und der Drittantragsteller ziffernmäßig näher bezeichnete Miteigentumsanteile an der Liegenschaft zur Begründung von Wohnungseigentum an jeweils konkret bezeichneten Objekten erworben haben und sie sich diesen gegenüber nach § 9 Abs 3 BTVG zur vollständigen Lastenfreistellung verpflichtet hat. Mit der Einverleibung der (Teil-)Löschung sollen die von diesen erworbenen Anteile vollkommen lastenfrei gestellt werden, weswegen die Einwilligung zur Teillöschung hinsichtlich derjenigen (in 1.391stel ausgedrückten) Anteile erteilt wird, mit welchen für die Zweitantragstellerin bzw den Drittantragsteller Wohnungseigentum verbunden werden soll.
Der Urkundeninhalt lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass die Freilassungserklärung die Erfüllung der gegenüber den beiden Antragstellern als Erwerber nach § 9 Abs 3 BTVG bestehenden gesetzlichen Verpflichtung darstellt. Nach § 9 Abs 3 BTVG muss - sofern nichts anderes vorgesehen ist - die (künftige) Lastenfreiheit gesichert sein. Daher muss nach dieser Bestimmung zwischen dem Hypothekargläubiger und dem Bauträger zugunsten des Erwerbers vereinbart sein, dass die Liegenschaft oder der Anteil des Erwerbers freigestellt wird. Übereinstimmend mit dem Inhalt der Freilassungserklärung ergibt sich aus dem Grundbuch die Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum zugunsten der beiden Antragsteller, sodass die Einwilligung der Pfandgläubigerin ohne jeden Zweifel die von diesen zur Begründung von Wohnungseigentum jeweils erworbenen Mindestanteile iSd § 2 Abs 9 WEG erfasst. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen schadet es daher nicht, wenn die Miteigentumsanteile in der Urkunde der Pfandgläubigerin einen kleineren Nenner aufweisen als es dem Grundbuchstand entspricht, weil als einzig logische Schlussfolgerung der Berücksichtigung des gesamten Urkundeninhalts, insbesondere der Berufung auf § 9 Abs 3 BTVG, die Einwilligung der Pfandgläubigerin zur Löschung des Pfandrechts auf den für die beiden Antragsteller zur Begründung von Wohnungseigentum erforderlichen Mindestanteilen verbleibt. Zu Recht weisen die Revisionsrekurswerber auch darauf hin, dass der in der Erklärung der Pfandgläubigerin freigegebene ideelle Miteigentumsanteil größer ist als der auf die Antragsteller jeweils einverleibte Miteigentumsanteil, sodass das Begehren auch unter diesem Aspekt im Urkundeninhalt Deckung findet.
Dem Revisionsrekurs war daher wie aus dem Spruch ersichtlich Folge zu geben.
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